Nr. 59. �Z9.Iahrglws. 1. Irilnjc to Jsiiitls" Knlim MsM ZoMag, 19. Marz 1913. )Zbgeorcinetenkaus. SS. Sitzung, Sonnabend, g. März. vorm. 11 Uhr. Am Ministertisch v. Breitenbach. Der Bauetat. 2. Tag. Abg. Dr. Röchling(natl.): Wir lehnen den sozialdemokratischen Antrag ab. Wir wollen keine Arbeiterbaukontrol- l e u r e. Die Bedingung der Wohnungsfürsorge für Bauarbeiter auf dem Lande würde die Bauten verzögern. Die Schutzborschriften können nicht für das ganze platte Land verallgemeinert werden. Das kommt für uns n a t ü r l i ch gar nicht in Frage. Der Redner tritt dann für die Mosel - und Saarkanalisierung ein. Minister v. Breitenbach wendet sich gegen diese Befürwortung der von ihm abgelehnten Kanalisierung, für die die Tarifermähi- gungen für Kohle, Koks und Erze und eventuell eine Ruhr-Mosel- bahn vollen Ersatz bringen werde, ohne daß die Staatsbahn den sonst unumgänglichen großen Einnahmeausfall von 33 Millionen erleide. Abg. Lippmann(Bp.s: Die Schiffahrtsabgaben dürfen nicht die ganzen Vorteile der Schiffahrtsverbesserungen erschöpfen. Völlig verkehrt wäre es von uns. durch einen Maas -Schelde- und einen Ems-Weser-Kanal die Entwickelung Emdens zum Handels- emporium und oie Hamburgs zugunsten Antwerpens zu durch- kreuzen. Die Mosel - und Saarkanalisierung wird nicht aufzuhal- ten sein. Die 250 Millionen Bauetat des Rhein -Hannoverkanals sind um 25 Millionen überschritten worden, zumeist beim Grund- erwerb. Wir begrünen die Einstellung von 50 000 M. für Förde- rung der Luftschlffahrt, aber— L u f t s ch i f f a h r t sabga b e n wurden uns die Sache verekeln.(Heiterkeit.) Abg. Dr. Faßbender(Z.) klagt über Mißstände im Sub- MlssionSwesen. Abg. v. Pappenheim (k.): Wir wollen aus den Schiffahrts abgaben niemals eine Einnahme machen, sie sollen nur ein ge» rechter Ausgleich für Austvettdungen sein. Die Kostenüber- schreitungen beim Grunderwerb am Rhein-Hannoverkanal wären vielleicht durch Expropriation zu vermeiden getvesen. Aber wir verstehen es, wie schwer sich jeder von seiner Scholle, von der Stätte, wo wir getauft sind und wo wir das Gelübde erneuert haben, trennt. Und dann mußte doch auch für die Zukunft der- jenigen gesorgt werden, die ihre Scholle verlieren mutzten.(Leb hafte Zustimmung rechts.) Mmister v. Brritenbach: Daß das Schiffahrtsabgabengesetz nur verkehrsfördernde Absichten hat, wird sich bei der für das nächste Jahr geplanten Regulierung der Oder zeigen. Für den Ausbau des Fischereihafens von Geestemünde werden wir immer bereit sein, Mittel zur Verfügung zu stellen. Wenn ich gestern dem Abg. L e i n e r t erwiderte, daß die Bauverwaltung Wert darauf legt, direkt mit ihren Arbeitern ohne Vermittler zu verkehren, so folgt daraus nicht, daß die Eingabe eines Gewerkschaftssekretärs an das Kanalbauamt etwa unter den Tisch fallen müßte. Wir wollen wohl den unmittelbaren Verkehr mit den Arbeitern aufrecht erhalten, aber wir wollen Mängel abstellen, die zu unserer Kenntnis kommen, von welcher Seite es auch sei. Abg. Hirsch-Essen(natl.) polemisiert gegen den Mg. Röchling In Sachen der Mosel - und Saarkanalisation, die nur reichen Leuten, die es gar nicht nötig haben, geben wolle. Abg. Schreiner(Z.): Die Regierung erklärt immer nur, daß der Mosel - und Saarkanal nicht gebaut wird. Lange genug hat man Südwestdcutschland vernachlässigt. Die Tarifermäßigungen können uns nicht bestimmen, den Kampf um Mosel - und Saar- kqnaliiation einzustellen. Abg. Dv Wendlandt(natl.) begründet seinen Antrag, die Wasserbaubehörden zu zentralisieren. Er befürwortet die Kanali- sicrung der Werra . Ein Schlußantrag wird angenommen. Abg. Hirsch(Soz.). beantragt, den Antrag Borchardt und Gen. betreffend den Bauarbeiterschutz der Kommission für Handel und Gewerbe zu überweisen. Der UebcrweisungSantrag wird abgelehnt, ebenso gegen die Sozialdemokraten und Fortschrittler der erste Teil des Antrags Borchardt(gesetzlicher Bauarbeiterschutz, Baukontrolleure aus der Arbeiterklasse) und gegen' die Sozialdemokraten allein der zweite Teil(keine Bauarbeiten auf dem Lande vor Erbringung des Nach- weises, daß ausreichende Bauarbeiterwohnungen vorhanden sind, Ausdehnung der Bauarbeiterschutzvorschriften auf das platte Land). Der Antrag Wendlandt wird ebenfalls abgelehnt. Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Im vorigen Jahre habe ich auf die außerordentlich schwierigen kleines feuiUetoti. Ein Roman von Wells auf der Bühne. Der auch bei uns in Deutschland vielgelesene Romanschriftsteller Wells, der sich ebenso durch seine utopisch. phantastischen Schilderungen wie durch seine feinen psychologischen Charakterbilder bekannt gemacht hat, ist nun unter die Dramatiker gegangen. Er hat eines seiner vorzüglichsten Werke, den Roman„KippS". zusammen mit Rudolf Besier zu einem Bühnenstück verarbeitet, dessen Uraufführung am Londoner Baude- ville-Theoter. wie berichtet wird, vielen Erfolg hatte. Freilich von der warmen Lebenssülle, die in der Erzählung die Gestalt de« armen Ladenjüngling« und dann durch eine Erbschaft reich gewordenen ParvenuS Kipp? umgibt, ist auf der Bühne nur ein Schatten übrig- geblieben. Dafür wirken die starken Kontraste der Handlung recht eindringlich, denn im ersten Akt sehen wir den bescheidenen Tuch- Verkäufer in seiner wahren einfältigen Naivität, während der zweite Akt den über Nacht Reichgeworeenen in seinem prächtigen Hause in- mitten Mner bunten Gesellschaft vorführt. Und dann steht der reiche Kipps zwischen der vornehmen Dame, mit der er sich verlobt, und dem kleinen Dienstmädchen, das er immer noch liebt, bis er schließ- lick bekehrt und geheilt vom Wahn des Goldes in die Arme seiner braven Jugendliebe Ann sinkt.... Die Motive des RonmnS sind in geschickter Weise für die dramatische Wirkung umgeformt. Die Entstehung der Notenschrift. Eine der schwierigsten Fragen der Mnsilgeschichle ist die über die Entstehung und Entwickelung der Notenschrift, Um sie zu lösen, ha» der ge- lehrte Augustiner I. V. Tbibaut, Mitglied de« Russischen Archäo- koaiichen Instituts zu Koustantinopel. i» der St, Petersburger öffent- lichen Bibliothek frühmittelalterliche Musikhondschriften durchstudiert. Bei dieser Gelegenheit ergab sich, daß dies die reichste derariige Sammlung ist. die sich irgendwo in der Welt findet; wenn bisher now niemand etwas von diesen Schätzen wußte, s» kam das daher, daß die betreffende Abteilung der Bibliothek nicht einmal einen dieser neu aufgefundenen Dokumente ist nun Tbibaut zu Ansichten uekommen, die von Ergebnissen der modernen Musik- aeichichten von Riemann u. Fletscher. beträchtlich abweichen. Wie er in einem im Petersburger Kontervatorium gehaltenen Vortrag mitteilte siebt Tbibaut als Ausgangspunkt der ganzen Entwickelung der Notenschrift die I n t e r p u n k t, o n S z e i ch e n an. die zuerst der heilig- Hi-.o,tymus m d.e Evangelien- und sonstigen sakralen Handschriften einführt-. Anfangs beschrankten sich d.ese Zeichen auf-inen leeren Raum zw'schen den einzelnen Penoden, spater differenzierten sie sich und nahmen eme B.els-stalligke.t an, die sich nur durch die Annahme erklaren laßt,-« handle sich um musikalische Vortragszeichnunaen für den rezmerenden Sanger. All- mählich fing man an, die Zeichen mcht nur am Ende de« Sanes Verhältnisse, unter denen die kleinen Binnenschiffer ihrem Gewerbe nachzugehen haben, eingehend hingewiesen. Es wurde mir damals der Vorwurf gemacht, daß ich leichtfertig Pflicht- treue Beamte des Schmiergeldernehmens bezichtigt hätte. Inzwischen ist mir von so vielen Seiten aus Schifferkreisen Zu- st i m m u n g zu meinen Ausführungen zugegangen, daß ich g a r keinen Zweifel habe, daß meine damaligen Erörterungen den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Der Abg. Fürst zu Löwen stein hat in einer Schifferversammlung auch zugeben müssen, daß meine Anklagen im wesentlichen zu- treffen.(Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Hier im Hause hat er aber nicht Veranlassung genommen, sich auf meine Seite zu stellen. Die Klagen, die ich zu monieren hatte, sind noch immer nicht abgestellt. Nach wie vor leiden die Schiffer unter einer ungeheuren Masse von Polizeiverordnungen und werden bei den geringsten Uebertretungen mit einer Fülle von Polizeistrafen belegt. Um die Ueberschreitung der Geschwindigkeit, auch wenn sie noch so klein ist, festzustellen, hat man ein k o m p l i- ziertes Spionagenetz ausgebreitet. Besonders charakte- ristisch ist ein Fall, mit dem sich gegenwärtig das Schöffengericht Neukölln zu beschäftigen hat. Der Fall ist typisch. Der Schiffs- eigner ist seit Jahr und Tag damit beschäftigt, für eine bestimmte Firma von Berlin nach Neukölln Steine usw. zu verladen. Seine Fahrtdauer beträgt nur etwa% Stunde. Seine Liegezeit 8 bis 14 Tage, je nachdem. Trotzdem verlangt die Polizei, daß er die beiden Leute, die er zu der halbstündigen Fahrt immer neu enga- gieren muß, jedesmal anmeldet. Die Polizeistrasen wegen dieser Bagatellgeschichte find schon auf 200 bis 300 Mark gestiegen.(Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Weiter leiden die Schiffer außer- ordentlich unter der Erhöhung der Abgaben, z. B. der Schleusenabgaben in Spandau . Auch das Meldewesen der Schiffer soll für Berlin weiter verteuert werden. Herr v. Pappen- heim behauptete wieder einmal, die Schiffahrtsabgaben seien von der Rechten nur gefordert, um den Mißstand zu beseitigen, daß einzelnen Erwcrbszweigen aus allgemeinen Kosten besondere Vor- teile erwüchsen. Das ist zunächst gar nicht einmal der Fall. Er- leichterungen des Verkehrs kommen stets der Allgemeinheit zugute. Außerdem ergibt ein einziger Blick auf die Geschichte der preußischen Kanalvorlage, daß der springende Punkt bei der Stellungnahme der Konservativen die Rücksicht darauf war...(Vizepräsident Dr. P o r s ch ersucht den Redner, nicht zu sehr von dem Titel abzu- schweifen)— ich wollte nur darauf hinweisen, daß ausschließlich agrarische Interessen bei der Forderung der Schiffahrtsabgaben maßgebend gewesen sind, so daß also die Ausführungen des Herrn v. Pappenheim nicht ernst genommen werden können.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten. Lachen rechts.) Besonders verhängnisvoll ist das Jahr 1011 für die Schiffer gewesen. Zu der Dürre kam das Zusammenbrechen deS OderwehrS an der Neißemündung, das die Schisfahrt auf lange Zeit lahm- legte und im Anschluß daran der Schaden an der neuen Schleuse bei Fürstenberg. Die Sachverständigen erklären, daß nur die völlig« Unzuverlässigkeit der Wasserbaubeamten schuld an diesen schweren Schädigungen der kleinen Schiffer trage. Die Kon» trolle der Wehre ist eine durchaus mangelhafte. Ein Grund ist auch die ungehörige Art, in der diese Wasserbauten bis- her in Submission vergeben worden sind. Die Schleuse ist zweifel- los nicht genügend fundiert worden, wodurch eine Unterspülung möglich wurde. Die nötigen Reparaturen hätten während der Dürre und im Winter erfolgen müssen. Die Regierung.trägt die Verantwortung für diese Vorkommnisse und sie hat deshalb die Pflicht, den Schaden, der den kleinen Schiffern daraus entstanden ist und den sie selbst zu tragen nicht in der Lage sind, ihnen auf Heller und Pfennig zu ersetzen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo- krateu.) Wäre unsere Landwirtschaft von einem ähnlichen Unglück betroffen, so wäre längst eine Notstandsaktion größten Stils in Szene gesetzt worden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn die kleine Schiffahrt in dieser schweren Weise leidet, so trägt die Regierung und die großen Parteien dieses Hauses die Schuld daran, die die Lasten für die kleinen Schiffer zu sehr erhöht haben.(Unruhe rechts. Zuruf: Wahlrede!) Daher gehen die kleinen Schiffer auch mehr und mehr zur Sozial- demokratie über- Prinz Löwenstein ist mit seinen Versuchen, die Schiffer für die Konservativen einzufangen. gründlich ab- gefallen. Es ist außerordentlich erfteulich, daß die Binnen- schiffer sich jetzt zusammengeschlossen haben, um nach dem Rezept: selbst ist der Mann, zu kämpfen. Sie haben längst durchschaut, daß die Konservativen ihnen erst die schwersten Lasten auferlegen, um sich hinterher als Wölfe im Schafskleid an sie heran- zuschleichen.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Die Schiffer wünschen, daß die Notstandsunterstützungen, die eine notwendige Folge der unzureichenden Bauverwaltung der Re- anzugeben(wo sie nur als Gedächtnis-Hilfsmittel für den auswendig Singenden dienen konnten), sondern sie über die einzelnen Wörter und Silben zu setzen. Im neunten Jahrhundert war dieser Zustand sowohl im lateiniscben als im griechischen Sprachgebiet erreicht; aus dem letzteren gelangte die neue Errungenschaft auch in die slawischen gottesdienstlichen Bücher. Im griechisch-slawischen Kulturgebiet entwickelte sich diese Art der Notierung bis zu dem von Thibaut genannten„hagiopolitischen* System, das vom Abendlande übernommen wird und hier.nenmatische" Notierung heißt (10. Jahrhundert). Den Namen leitet Thibaut. abweichend vom bisherigen Usus, von Pneuma— Atem ab. Also Neum «— musi kalische Formel, die mit einem Atemzug gesungen wird. Seit Guido v. Arezzo kommt— zwecks genauer Fixierung der Tonhöhe — zuerst«ine. dann mehrere Linien in Gebrauch. Mit dem Be ginn der Mehrstimmigkeit<l2. und 13. Jahrhundert) tritt der Rhythmus in den Hintergrund(rnusica plana): die Vielgestaltig feit der Neumen geht allmählich in die Gleichförmigkeit der vier- eckigen Note über. Die profane(Figural-) Musik bemächtigt sich dieses Systems, gestaltet es ihren Bedürfnissen entsprechend um— und unsere Notenschrift ist fertig. Interessant ist auch eine von Thibaut erdachte Parallele zwischen der Entwickelung der musika lischen Zeichensprache und derjenigen der menschlichen Sprache über- Haupt. Haben für Strobo„Worte, Verse und Gesänge einen ge meinsamen Ursprung",.spricht' nach Rousseau „die Melodie", so ist fiir ihn die Musik die zur höchsten Potenz erhobene Sprache. Mttfie. Helle Kunstfrende bereitete uns Direktor M o r» s in der K u r- f ü r st e n o p e r. als er(am Freitag).Die verkaufte Braut' S m« t a n a S. des.tschechische» Mozort", neueinstudiert vorführte. Nach der Sensation des„Quo vadis?" wieder eiinnal echtes Künstlcrtum. allerdings noch aus dem Uebergang vom„Klassischen" mit feinen metrisch gesteiften Tbcmen und seinen Wiederholungen und Schlußformeln zur reinen AuSdruckSmusik! Wir möchten daeauf aufmerksam machen, ivie viel auS Smetana auch für unsere Volks- konzert- und Volksoper-Beftrebungen zu holen ist. Einstweilen können wir mit dem westliche» Opernhaus zufrieden sein. Gab's »reitich auch manches allzu Gepreßte in einigen Darbietungen des GeiangeS, so war doch das Ensemble naineiitlich durch die Regie aus einer beachtenswerten Höhe gehalten. In dem an fröhlichster Heiterkeit und zugleich an musikalischem Wert so reichen letzten Akt war die Darstellung der Gauklerschmiere, deren Tätigkeit im böhmischen Dorf dem— einen Heiratsvermittler überlistenden— Liebhaber so gelegen kommt, ein gutes Stück Naturtreue ohne Forcierung. Eine wehmütig verliebte Sopranarie im Schlußakt brauchte nicht wieder gestrichen zu werden; wir hatten in Berlin auch schon. eine Aufführung ohne den Strich, und Zeit konnte an einigem Dacapo gespart werden, das doch nicht einmal für eine Satzes I Operette taugt. ez. gierung sind, ohne Rücksicht auf die Staats zuge- Hörigkeit den Geschädigten zufließen.(Lautes Gelächter rechts.) So weit sind Sie mit Ihrem Gerechtigkeitssinn ge- kommen? Nicht einmal Ihnen hätte ich das zuge- traut! Was würden Sie sagen, wenn infolge schlechter Strom- bauarbeiten in Oesterreich deutsche Schiffer monatelang fest- liegen müßten?(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. — Lachen rechts und Rufe: Wahlrede!— Abg. Hoffmann(Soz.): Ja, wollen Sie denn schon wieder wählen? Haben Sie noch nicht genug?) Die Schiffseignertagung in Berlin . in Kellers Fest- sälen hat anerkannt, daß nur die Sozialdemokratie ihre Interessen vertritt, so bei den Schiffahrtsabgaben, während sie Ihnen(nach rechts) verachtungsvoll den Rücken kehren. Ich habe es nicht nötig, Wahlreden zu halten für die Schiffer in meinem Reichstagswahl- kreis, denn die stehen längst geschlossen hinter, der Sozialdemokratie.(Hört, hört! rechts.) Und so wird es überall kommen, nicht zuletzt dank Ihrer(nach rechts) Volksfeind- lichen und verräterischen„Mittelstandspolitik".(Bravo ! bei den Sozialdemokraten. — Anhaltende Unruhe rechts, Rufe: Wahlrede!) Abg. v. Klöden(b. k. Fr.) tritt für die Wünsche der Strom- meister ein..„., Ein Regierungskommissar: Ich muß die vom Abg. Lreb- knecht völlig zu Unrecht angegriffenen Behörden auf das ent- schiedenste in Schutz nehmen. Strom- und Schiffahrtspolizei unter- stehen dem Handelsminister, ich kann darauf nicht eingehen. Die Organisation des Meldewesens in Berlin macht dem Schiffer das Leben nicht schwerer, sondern leichter. Die Dezentralisation der Meldung und die telephonische Benachrichtigung der Empfänger ist ein kolossaler Vorteil für die Schiffer. Wären die Schleusen im Sommer repariert worden, so hätten die Schiffer doch viel größeren Schaden erlitten. Die Regierung hat die Ab- gaben wegen der Dürre aus eigener Initiative herabgesetzt. Die Abgaben auf der Oder haben den gewaltigen Aufschwung der Schiffahrt nicht gehindert. Der Staat verdient daran nicht, son- dern nur der Schiffer. Der württembergische Minister v. P i s ch e k hat nicht gesagt, daß Abgaben die Frachten verteuern zum Nachteil der Schiffer. Diese profitieren nur von der Verbesserung der Schiffahrt. Trinkgelderempfang wird strenge bestraft, aber, die Geber sind Mitschuldige, daher ist es schwer, diese Fälle fe st zu stellen. Die Angriffe des Abg. Liebknecht sind also absolut hinfällig.(Beifall rechts.) Abg. Stroffer(k.): Abg. Liebknecht kann die besten Freunde der Schiffer, die Konservativen, gar nicht wüst und wild genug angreifen. Sie(zu den Sozialdemokraten) sprechen von Gerechtig- keitsgefühl? Bülow hat es Ihnen ja gesagt:„Willst Du nicht mein Bruder sein, schlag ich Dir den Schädel ein!"(Abg. Hoff- mann: Bei Ihnen lohnt es sich nicht! Heiterkeit.) Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Die Mehrheit des deutschen Volkes teilt unsere Gefühle für die Konservativen?(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) Sie rühmen den Schifferfreund Fürsten Löwenstein, dessen Spezialaufgabe es ist, den Schiffern mit seinen Reden Sand in die Augen zu streuen. Das Zentrum hat ja auch so ein paar Renommier« arbeiter.(Aha! rechts. Abg. Strosser:„Sie haben ja gar keine Arfcciter!"— Zurufe des Abg. Hoffmann.— Präs. Dr. Frhr. v. Erffa : Aber, Herr Hoffmann, unterbrechen Sie doch Herrn Dr. Liebknecht nicht!— Große Heiterkeit.) Herr S t r o s s e r, wiederholen Sie das verschimmelte. Bülowzitat noch einigemal da oben, da wird es noch schöner! Draußen vor den Schiffern stimmt Fürst Löwen st ein unseren Fyrderungen größtenteils zu. Hier lehnen Sie sie ab. Sie wollen nur den Leuten draußen Honig um den Mund schmieren! Der Regierungsvertreter hat erklärt, die alten Baumstämme, die die Schiffahrt erschweren, seien keine höhere Gewalt. Warum nimmt die Regierung keine rege!» mäßigen Besichtigungen der Wehre vor, sondern erst nach ihrem Zusammenbruch. Wenn das Kind in den Bruynen ge- fallen ist, wird der Brunnen zugedeckt. Bestehen feste Grundsatze für die Revisionen? Wie war es möglich, daß die Schleuse bei Fürstenberg zusammenbrach? Und weshalb bleibt die neue Schleuse wochenlang geschlossen? Sie ist doch errichtet worden, weil die alte nicht genügte. Unglaublich ist, wie der Kommissar unter dem Wiehern oder dröhnenden Gelächter einiger Herren der Rechten sich lustig machen konnte über mein Verlangen, das Wehr an der Neissemündung während der Dürre, wo keine Schiffahrt möglich war, zu reparieren! Durch die Gebührenerhöhung in Spandau werden, wie der RegicrungAiertretsr zugegeben hat, die größeren Schiffe stärker getroffen. Das sagt nur, daß die Re- gierung es auch noch s.ch l e ch t e r hätte machen können. Der Aufschwung der Schiffahrt trotz der Abgaben beweist nur, daß unser Wirtschaftsleben ungeheuer kräftig ist, und daß die großen Humor und Satire. Bums! Na Gottseidank I nun sind sie umgefallen!— Das Echo tönt noch in den Reichstagshallen von jenem herzhaft lauten Krach des Sturzes— Ach! Wen stören aber diese Kleinigkeiten?— Ein jedes Ding hat schließlich stets zwei Seiten. Und man bewegt den ratlos dicken Bauch sowohl als auch. Gebt acht! bald ist er wieder aufgestanden, Prinzipien weichen, Sympathien schwanden, Links biedert sich von neuem an Klein-Bassermann. So wackelt diese arme Gliederpuppe. DaS liebt die Klänge einer Huppe und macht es nach: Trara! Trara l— Bald hier, bald da!— _ Kurt. Notizen. — vortrage. Der Orientalist O. C. Artvauer hält am Montag, den 11. März, im Klindworth-Scharwenkasaal einen Bortraa mit dem Thema:„D e rKampf umTripolis. Bericht eines Augenzeugen." Der Vortrag wird durch Originallichtbilder illustriert. - A u Sst e l l u« g S ch r o n i t. Die Zeitschrift. D e r S t u r m" veranstaltet vom 12. Marz mittags 2 Uhr ab in der Villa Tiergarten» straße 34a eme Ausstellung von Werken zeitgenössischer Künstler Sie wird Oelgemalde und Graphik von Oskar Kokoschka und Plastiken von Franz Flaum enthalten. Ferner stellt die Ler- e mgung Der blaue Reiter" zum erstenmal kollektiv in Berlin aus Dau-Mn- 2 M. � W v"" 10 5 Uhr geöffnet. Eintritt 1 M.' ,.?'s.s'"äige Kulturpartei. Der weimarische Land» tag lehnte mit allen gegen die Stimmen der Sozialdemokraten die von Elsenacher Burgern beantragte Aufhebung des AufführunaS» ei fers Jesusdrama ab.— Damit hat dieses Verbots von ernsten Künstlers Werk die letzte Kreuzesstation erreicht. Die Muck»» und die Bureaukratie haben also mit Erfolg selbst die Aufführuna semeS Dramas ,n einem besonderen Verern vereitelt. Und färnt, siche bürgerlichen Vertreter im Landtag haben den, zuaessimmt! Weimar ist wirklich ein klassisches Land— der Künstumerdrückuna Die Ergebnisse der Turfan-Expeditione»
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten