Säbel zu ziehen. Der Polizeikommissar Bösebeck kommandierte: .Mit den Pferden drauf, haut sie über den Hausen. Was wollen die Spekulanten hier?" Sofort rannten zwei berittene Beamte mit ihren Pferden auf die Bergleute ein. Diese flüchteten aufs weiche Ackerland, wo die Polizisten nicht folgen konnten. Der Polizeikommissar rief:„So müßt Jhrs überall machen. Jeden, dem sie auf der Straße begegnen, sollten sie so behandeln." Am selben Morgen wurde der Bergmann Michalak von einem Polizei- beamten überritten. Am Dienstag wollte der Bergmann Sud- kowski nach Hause. Seine Wohnung liegt 50 Schritte von der Forellstraße entfernt. Hier traf ihn der Polizeibeamte Nr. 43 und stieß ihn dreimal zurück. Auch dann noch, als S. erklärte, daß er doch nach Hause gehen wollte. Am gleichen Tage wurde vom gleichen Polizeibeamten der Bergarbeiter Jech angehalten und mehrere Male vor die B r u st g e st o tz e n. Jech ging etwa 80 bis. 100 Schritte zurück und blieb stehen. Der Polizeibeamte ging ihm nach, stieß ihn derartig, daß er zu Boden stürzte. Als der Gc- stoßene sich aufgerichtet hatte und seinen Hut aufnehmen wollte, wurde er mehrere Male mit dem Karabiner geschlagen. Der Bergmann Wittkowski und Bergmann Josef Gehrmann standen am 12. März an einer Wirtschaft, als ein Polizeibeamter auf Wittkowski zukam und ihm das Trottoir verwies. W. ging auf die Straße und wollte sich eine Zigarre anstecken. Der Polizei- beamte kam ihm nach, stieß ihn zunächst und zog dann den Säbel, um W. zu schlagen. W. flüchtete. Nun faßte der Polizeibeamte seinen Revolver, um zu schießen, was er denn doch unterließ. Der Polizeihund im Ttreikrevier. Dortmund , 10. März.(Privattelegramm deS„Vorwärts'.) In Dortmund sind Polizeihunde in Dienst gestellt worden. Ihnen fällt die Aufgabe zu, die Streikenden und das unbeteiligte Publikum bei Ansammlungen wegzutreiben und die Polizeibeamten bei Sistierungen zu unterstützen. Das ist auch schon in rigo- rose st er Weise geschehen. Lohn und Profit im Ruhrrevier. Von den Zechen wird natürlich die Behauptung aufgestellt— und auch die„Köln . Ztg." gibt sie in der schon kritisierten Zuschrift wieder, daß eine Erfüllung der Arbeiterforderungen ihnen jeden Profit raube. Zunächst ist überhaupt einmal die Frage auf- zuwerfen, ob Lohn und Profit in gleicher Weise gestiegen sind. Seit 1907 ist zwar ein Steigen der Arbeitsleistung des Gruben- Proletariats zu konstatieren, die Löhne stehen aber tiefer als in jenem Jahre. Um nur einige Beispiele herauszugreifen. In der Ruhrtalzeche Alte Haase stiegen die Durchschnitts- l e i st u n g e n pro Schicht 1907 bis 1911 von 0,77 Tonnen auf 0,80 Tonnen. Die Durchschnittslöhne pro Schicht fielen dagegen von 4,89 M. im Jahre 1907 auf 4,61 M. im Jahre 1911. In der Königsgrube nahmen in den Jahren 1907 bis 1911 die Leistungen von 0,989 Tonnen auf 1,048 Tonnen zu; die Löhne sanken aber von 5,42 M. auf 5,16 M. Trotz höherer Leistungen erniedrigter Lohnt Daß eine Erhöhung der Löhne ohne weiteres eine Schmäle- rung des Dividendenprofitcs hervorruft, wie behauptet wird, ent- spricht durchaus nicht den Tatsachen. So ist in den Jahren 1880/84 ein viel niedrigerer Lohn gezahlt worden als 1906/1910, und den- noch sind die Ucberschüfse der Werke erheblich gestiegen. Auch die geforderte Lohnerhöhung würde keine Beseitigung des Profites bedeuten. Wer das behauptet, wärmt alte Märchen auf, die bei jetem geäußerten Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen er- zäblt und immer wieder durch die Tatsachen widerlegt werden. Auch der Vergleich zwischen Förderung, Lohnsumme und Dividende von 10 Gesellschaften beweist nicht, daß die Ibprozentige Lohn- erhöhung die volle Dividendenlosigkeit zur Folge hätte. Erstens sind die Verhältnisse der 10 ausgewählten Gesellschaften in einem Jahr(dem Jahr 1911) nicht typisch für die Verhältnisse: im Ruhrbergbau überhaupt. Daß die Dividende im vergangenen Jahr schmäler ausgefallen ist als 1907, hat seine bestimmten Gründe. Die Werke haben zum großen Teil kostspielige Be- triebserweiterungen vorgenommen, um bei der Erneuerung des Kohlensyndikats große Beteiligungsquoten durchzusetzen. Die Neuanlagen verursachen Ausgaben, die sich erst in Jahren rentieren. Auch verschwinden in den Bilanzen der Gesellschaften durch Rücklagen, Abschreibungen, Tantiemen usw. beliebig so hohe Summen, daß die bloße Dividende kein Maßstab für die Renta- bilität eines Unternehmens sein kann. Die Förderung des ver- gangenen Jahres ist gegen 1907/08 durchaus gestiegen; der Mehr- wert hat durch vermehrte Arbeitsleistung demnach zugenommen. Er wird dadurch nicht geringer daß er statt als Gründergewinn, Dividende, Tantiemen usw. in bestimmten Jahren zu Neuanlagen und dergleichen verwandt wird. Jedenfalls ist der Profit seit 1907 unverhältnismäßig gestiegen; der Arbeitslohn sank, die Leistung aber stieg. Nun hat das Kohlensyndikat die Preise vom 1. April ab er- böht, um die Konjunktur auszunutzen. Die Erhöhung macht für die verschiedenen Sorten etwa 7 bis 10 Proz. aus. Da in den Preisen neben dem Arbeitslohn noch weitere preisbildendc Faktoren enthalten sind(die nicht steigen), so wird die geforderte Ibpro- zcntigc Lohnerhöhung ungefähr der 7. bis 10prozentigen Kohlen- Preiserhöhung entsprechen. Allein durch die angekündigte Er- höhung der Preise wird die Lohnforderung gedeckt werden können. Auch die Forderung auf verkürzte Arbeitszeit soll schließlich unerfüllbar sein, da durch sie„schätzungsweise" eine Minderleistung von 10 Proz. eintreten würde. Einsichtige Unternehmer haben allerdings schon lange den Grundsatz vertreten, daß kürzere Arbeitszeiten die Leistung erhöhen. Gerade im Bergbau ist das der Fall, wie von allen Sozialpolitikern anerkannt wird. Auch läßt sich der Wunsch nach Ein- schränkung der lebenSgeföhrdenden und gesundheitsschädlichen Arbeit unter Tage nicht als„sentimentale Regung" ab- tun. Der Proletarier ist nun einmal so„sentimental", sein Leben und seine Gesundheit höher einzuschätzen alS den Profit seiner Ausbeuter. Der„Kumpel" hat kein Interesse daran, daß Krupp ein Vermögen von 215 Millionen besaß, daß die Thyssen, Stinnes, Haniel 55, 30 und 45 Millionen besitzen. Er besteht weiter auf seinen berechtigten Ansprüchen und will gern den ihm angedrohten Schaden seiner Forderung,„den er in letzter Linie zu tragen hätte", auf sich nehmen. Die Kohlennot im Ruhrrevier. Dortmund , 16. März. sEig. Ber.) In den rheinisch-westsälischen Jndustrieblätiern wird peinlich vermieden, orientierende Nachrichten über die Kohlen« Produktion zu bringen. Das hat seine guten Gründe. Die Arbeitswilligen reichen zumeist gerade aus, um zu verhüten, daß die im Abbau begriffenen Strecken zu Bruch gehen, gur Kohlenförderung fehlen die Hände der Streikenden. So können wir, um nur ein Beispiel aus dem Dortmund -Bochumer Revier anzuführen, aus authentischer Quelle mitteilen, daß die D e u t s ch. L u x e m» burgische BergwerkS-Lktien-Gesellschaft trotz ihres großen GrubenbesitzeS kaum noch Kohlen zur Aufrecht« erhaltung des e i g enen B e tri e b e s zur Verfügung hat. Ihre Grube.Tremonia ' hat am Sonnabend ganze neun Grnbenwagen Kohlen gefördert. Bei Dortmund lagern dagegen noch Kohlen im Werte von ungefähr 13 Millionen Mark, die zur großen Verwunderung der Leute, die den scharfen Kohlenmangel der Industrie kennen, bis jetzt nicht angerissen wurden. Sicherem Ver- nehmen handelt eS sich hier um fiskalische und wohl auch eventuell militärische Reserven. Streik in Sachsen ! Zittau , 16. März.(Privattelegramm des„Vorwärts".) Aus dem sächsischen Oelsnitz-Luckauer Stein- kohlenrevier wird gemeldet, daß die Konserenz der Ver- trauensleute den Streik b e s ch l os s e n hat, weil die Unternehmer Schiedsgerichtsverhandlungen vor dem Berg- schiedsgericht abgelehnt haben. Voraussichtlich werden am Sonntag im Luckauer Kohlenrevier die Bergleute ebenfalls den Streik beschließen. Tie Lage in Oberschlesien . Kattowitz . 16. März.(23. T. B.) Wie die„Oberschl. Neuesten Nachrichten" melden, sah die Konferenz der obcrschlesischen Bergarbeitcrführer, die heute hier tagte, nach einer inehrstündigen lebhaften Debatte vorläufig von einem Streikbeschluß ab und faßte folgende Resolution, die morgen in allen Versannn- lungcn angenommen werden soll:„Die heutige, von den fünf oberschlesischen Bergarbeiterorganisationen abgehaltene Kon- ferenz bedauert einmütig, daß die oberschlesischen Bergwerks- bcsitzer nach den von ihnen eingegangenen Antworten auf die Lohneingabe vom 5. d. Mts. die Arbeiterorganisationen nicht als berufene Vertreter anerkennen. Die Konferenz erklärt aber ebenso einmütig, von den Forderungen einer Lohnauf- besserung n i ch t a b z u g e h e n, sie wird jedoch im Interesse des sozialen Friedens zunächst die Belegschaften der einzelnen Gruben veranlassen, die Lohnforderungen durch die Ar- b e i t e r a u s s ch ü s s e" bei den einzelnen Direktionen vor- tragen zu lassen, und hofft, daß sie dort Anerkennung finden. Die Konferenz behält sich weitere Beschlüss.e In Niederschlesien . Die Waldenburger Gruben haben nach dem Vorbild ihrer Kollegen im Ruhrrevier die gewiß minimalen Forderungen der niederschlesischen Bergarbeiter abgelehnt. Der Verein für die bergbaulichen Interessen NiedcrschlesienS, an den die Forde- rungen gerichtet waren, erklärt, daß er dafür nicht zuständig i st. Mit der Lohnfrage haben sich einzig und allein die G r u b e n- Verwaltungen zu beschäftigen. Gleichzeitig teilt der ge- genannte Verein noch mit, daß er die Verbände, die die Lohn- forderungen gestellt haben, nämlich der alte Bergarbeiterverband und der Hirsch-Dunckersche Gewerkverein, nicht als maß- gebend anerkennen kann, Forderungen für die Arbeiter einzureichen. Die Wünsche der Arbeiter zu vertreten, sei Sache der Arbeiterausschüsse der ein- zelnen Gruben. Das Spiel, das hier die Grubenbarone mit den Arbeitern treiben wollen, ist zu durchsichtig, um nicht sofort erkannt zu werden. Man will die berechtigten Forderungen der Arbeiter eben nicht anerkennen und die ganze Lohnbewe- gung verschleppen. Hierfür ein Beweis. Als die Arbeiter- ausschnsse im vergangenen Herbst Lohnforderungen einreichten, er- folgte die Antwort, daß die Arbeiterausschiisse sich n u r mit etwaigen Mi ß st ä n d e n auf den Gruben zu beschäftigen haben und für Lohnfragen nicht zuständig sind. Also im Waldenburger Revier erkennen die Grubenherren überhaupt keine Institution an, die berechtigt ist, Lohnforderungen zu stellen. In der bürgerlichen Presse verbreiten die Grubenherren, daß sie gewillt sind, mit den Arbestern auf friedlichem Wege zu einer Verständigung zu kommen, sobald die Peise für die Kohlen gestiegen sind. DaS ist nichts als Heuchelei. Seit Jahren sind die Kohlenpreise gestiegen, und trotzdem stehen heute die Löhne noch lange nicht auf der Höhe wie im Jahre 1907. Wenn die Bergherren eine friedliche Verständigung wollen, die Arbeiter sind dazu jederzeit bereit. Soviel aber ist sicher, ohne eine nennenswerte Erhöhung der Löhne und Erfüllung der übrigen Forderungen ist dies nicht möglich. Heute, Sonnabendabend, findet eine Revierkonferenz statt, die über die einzuschlagenden Schritte den für morgen, Sonntag. im ganzen Revier einberufenen Bergarbeiterversammlungen den Weg zeigen soll. Nach der Stimmung der Bergarbeiter zu ur- teilen, ist mit dem Ausbruch des Streiks zu rechnen, wenn nicht noch im letzten Augenblick sich die Grubenherren eines Besseren besinnen. Der Streik im Lothringer Kohlengebiet dehnt ftch aus. lieber 5000 Bergarbeiter befinden sich nun im Streik, nachdem die Belegschaft der Schächte II und VI der Saar- und Moselgruben (StinneZ) dieselben Forderungen erheben wie ihre Kameraden auf Schacht V. Auf allen drei Schächten sind mit den UeberwgSarbeitern 200 Arbeitswillige eingefahren. Die Mitglieder deS„chrtst- lichen' ArbeitswilligenvereinS zwangen unter der Drohung des Austritts ihren Sekretär KariuS, feine Zustimmung zum Streik zu geben. Trotzdem kann er seine„edlen" Vorbilder im Ruhrgebiet nicht vergessen und obwohl die christlichen Mitglieder streiken, forderte er einen Wachtmeister auf, für besseren Schutz der Arbeitswilligen zu sorgen. Auch die.Saarpost', ein ZentrumSorgan, verbreitet Schauermären über den Terrorismus der Streikenden. Wie es scheint, wird eS nicht zu verhindern fein, daß in den nächsten Tagen bei der Erregung der Bergarbeitermassen der Streik- funken auf die W e n d e l s ch e n G r u b e n Klein-Rosseln und die fiskalischen Schächte im Saargebiet übergreift. CJesetslicher JMuiumllohn in England. Im Gegensatz zur arbeiterfeindlichen deutschen Regierung hat das englische Ministerium sich von Anfang an bemüht, eine Einigung im Kohlenarbeiterstreik herbeizuführen. Nach- dem die Konferenzen infolge des Starrsinns der Grubenherren ergebnislos geblieben sind, hat sich jetzt die englische Regierung zu gesetzgeberischen Maßnahmen entschlossen. Ueber den Inhalt deS kommenden Gesetzes erklärte Asquith , daß eS eine Bestimmung enthalten werde. auf Grund deren den Arbeitsverträgen der unter Tage arbeitenden Bergleute ein vernünftiger Minimal- lohn eingefügt werden mm ß. Ohne die Regierung auf eine bestimmte Formel festzulegen, deutete Asquith an, daß die Distrikts- Minimallöhne lokal festgesetzt werden sollten durch vereinigte Ausschüsse der Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einem unabhängigen und neutralen Vorsitzenden an der Spitze, der entweder von den Parteien oder, ivenn nötig, von der Regierung erwählt werden solle. Die Vorschläge der Regierung sollen auch Bestimmungen zur Sicherung der raschesten Erledigung aller Streiksälle ent- halten. In einer von den Streikenden abgehaltenen Versammlung erklärte der Arbeiterführer Stanley, daß die Bergarbeiter erst dann wieder die Arbeit aufnehmen würden, wenn das besagte Gesetz vom Parlament angenommen und der genaue Wortlaut desselben von der Regierung veröffent- licht sein würde. Inzwischen werden sich die Arbeiterführer mit den Einzelheiten des neuen Gesetzes eingehend beschäftigen damit die Streikenden in keiner Weise benachteiligt werden' Auf Ersuchen des Premierministers haben die B e r g-- Werksbesitzer und die B e r g a r b e i t e r V e r t r c t e r ernannt, die sich mit der Regierung über den Gesetzentwurf ins Einvernehmen setzen sollen. Streikfolgen. London , 16. März. Die Lage wird immer ernster. Die Ver« luste, die durch den Streik verursacht wurden, werden für diese Woche auf 60 Millionen Mark veranschlagt. In Hunderten von Ortschaften der Grubenbezirke herrscht Hungersnot. Aus Liverpool wird gemeldet, daß die Polizei nur mit großer Mühe die Ordnung und Ruhe vor den Lokalitäten, wo Suppe gratis zur Ver« teilung gelangt, aufrecht erhalten kann. Aus der Grafschaft Wales wird berichtet, daß die Not unbeschreiblich sei. Tausende von Familien sind ohne Nah- rung und Feuerung. Die Gemeindebehörden haben einen Aufruf erlassen, damit die bemittelten Klassen die Notleidenden unterstützen. In der Grafschaft Lancashire sind in 10 Ortschaften die Schulen geschlossen worden, da eZ überall an FeuerungS- material fehlt. In Manchester ist mit der unentgeltlichen Ber- teilung von Suppe begonnen worden. Lohnbewegung unter den belgischen Bergarbeitern. Einer vorausgegangenen Beratung des Komitees de? nationalen Bergarbeiterverbandes zufolge werden am 16. und 17. d. M. Versammlungen der Bergarbeiterföderationen der fünf Bassin? Belgiens stattfinden. Den Unternehmern werden unterdes die Bergarbeiter- forderungen überreicht, die sich auf eine 15 proz. Lohnerhöhung be- ziehen sowie Anerkennung des Prinzips des MinimallohneS und schließlich Anerkennung der nationalen und regionalen Bergarbeiter- verbände durch die Unternehmer verlangen. Auf dem nationalen Bergarbeiterkongreß, der am 24. März im Brüsseler VolkshauS statt- findet, wird über die mittlerweile zu untersuchenden Lohnverhältnisse durch die Delegierten wie über die Haltung der Unternehmer gegen« über den von den Verbänden erhobenen Lohnforderungen berichtet und verhandelt werden. Gleichzeitig mit den obigen Aufrufen richtet die nationale Föderation der belgischen Bergarbeiter einen Appell an ihre Mit- glieder, mit Rücksicht auf die Streiks in England und Deutschland sich streng an die n o r m a l e A r b e i t S l e i st u n g zu halten, um jeder Ueberproduktion an Kohle vorzubeugen. Die Föderation der Bergarbeiter deS Kohlenbasfin» von Charleroi hat in ihrer Generalversammlung in Rücksicht auf die„sukzessive Hausse der Kohlenpreise' beschlossen, den Unternehmern die Forderung einer 15 proz. Lohnerhöhung vorzulegen. Lens, 16. März. Der ausführende Ausschuß deS nationalen Bergarbeiterverbandes hat, von den Bergarbeitern von Anzin über einen sofortigen Streik befragt, eine Kundgebung erlassen, in der er für die unveränderte Aufrechterhaltung des Be- schlusses de? Kongresses von AngerS eintritt. Jeder müsse, so heißt eS weiter, lokale Sonderinteressen zum Schweigen bringen, um sich der großen Majorität anzuschließen. Vereinzelte Kundgebungen könnten nur schaden und zu einem Zusammenbruche statt zu einem Ergebnis führen. Bevorstehender Streik in den Vereinigten Staaten . New Uork, 16. Mär�. Der Vorsitzende des amerika- nischen Bergarbeiterverbandcs hat nach einer langen Konferenz den Besitzern der Anthrazitkohlen- gruben erklärt, daß die Verhandlungen ab- gebrochen seien. Die Erivartung eines Streiks hat eine allgemeine Preissteigerung für Kohlen hervorgerufen._ politifche aeberfiebt. Berlin , den 16. März 1912. Tie Schule im Dienst der herrschenden Klasse«. Es ist ein offenes Geheimnis, daß nach Ansicht der Re- gierung und der herrschenden Klassen die Volksschule nicht iu erster Linie ein Institut zur Vermittelung von Wissen an die Kinder des Proletariats, sondern ein Mittel zur Heranziehung einer hurrapatriotischen Jugend sein soll. Wer noch an der Richtigkeit dieser von uns stets aufgestellten Behauptung gc- zweifelt hat, der wird durch die Rede, die der preußische Kultusminister Herr TrottzuSolz am Sonnabend im Abgcordnetenhause gehalten hat, eines besseren belehrt sein. Unter jubelnder Zustimmung nicht nur der schwarz- blauen Blockbrüder, sondern auch des größten Teils der National- liberalen entwickelte er eine Art Programm, das auf eine völlige Verblödung der Jugend hinausläuft. Wir haben selten ein solches Sammelsurium von inhaltslosen Phrasen gehört. Aber der Chef der preußischen Unterrichtsverwaltung weiß, was er dem Klassenparlament bieten darf. Eine Kriegervereinsrede verschafft in diesem Haufe jedem Redner einen guten Abgang, und so konnte sich auch Herr Trott zu Solz, dem es offenbar mehr auf die Aeußerlichkeiten als auf den Inhalt ankommt, eines durchschlagenden Erfolges bei den Dunkelmännern der ververschiedensten Richtungen erfreuen. Dem Redner der Sozialdemokraten, dem Genoffen B o r ch a r d t. blieb es vorbehalten, die immer wiederkehrende Behauptung, daß Preußen ein Kulturstaat sei, der keine Kultur- aufgäbe vernachlässige, auf das richtige Maß zurückzuführen. An der Hand des Etats wies er zahlenmäßig nach, wie wenig der Staat im Verhältnis zu anderen Zwecken für die Förderung des Volksschulwcscns übrig hat, und wie von gewisser Seite ayf die Verdummung des Volkes Hingearbeitet wird. Daß es dabei zu einem heftigen Zusammenstoß mit dem Präsidenten kam, liegt nicht an unserem Genossen. sondern an der Nervosität des Herrn v. E r f f a. Den Konservativen waren die Darlegungen Borchardts höchst unangenehm, aber anstatt auch nur den Ver- such einer ernsthasten Entgegnung zu machen, ließen sie sich in der Erkenntnis, daß sie dabei den kürzeren ziehen würden, erst gar nicht auf eine Diskussion ein, weil sie sich, wie Herr W i n ck l e r sich geschmackvoll ausdrückte, nicht auf das Niveau des sozialdemokratischen Redners begeben wollten. Bequem ist diese Methode zweifellos, aber ob sie eines Parlamentariers würdig Ist, das Ist eine andere Frage. Wie berechtigt die sozialdemokratische Kritik an dem Volks- fchulwefen ist und welchen Mißbrauch die Regierung und die
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