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Ja, ein Lehrer mußte erlehen, Laß seine Klasse, nachdem er sie für das Abonnement auf denFeierabend".gewonnen hatte, dieses wieder kündigte mit der Begründung, dieArbeiter-Jugend" sei weit besser, sie hätten dieses Blatt abonniert. Vergeblich durchblättert man Nummer um Nummer des Feierabend", um etwas zu finden, was die Fugend aufklären und begeistern könnte. Sport- und Luftschiffahrtsberichte sind aller- dings reichlich vorhanden. Und zum Vorlesen dieser Artikel werden oftmals Unterrichtsstunden geopfert I Erfährt man noch, daß Schulkinder häufig für den Rektor Einladungen zu Vereinsgrüudungen und Sitzungen an Schulent- lassene schreiben und diesen in die Wohnung tragen müssen, so scheint es wirklich an der Zeit, dieser preußischen Jugendpflege durch die Fortbildungsschulen gründlichere Beachtung zu schenken wie bisher, und dafür zu sorgen, daß jede Art von Propaganda aus den Unterrichtsstunden ausgeschaltet wird. Nach der soeben erschienenenUebersicht über das Fach- und Fortbildungsschulwesen der Stadt Berlin " betrug die Zahl der Schüler an allen der Fortbildung dienenden Einrichtungen in Berlin im Winterhalbjahr 1910/11 88 967, darunter waren 33 889 Lehrlinge, und die Gesamtzahl der Schülerinnen betrug in städtischen und privaten Fortbildungsschulen 19 274. Von diesen Proletarierkindern gehören nach der Denkschrift ungefähr 4999 den Schulvereinen an. Eine immerhin schon ganz beträchtliche Zahlt Und wenn auch in der Stadtverordnetenversammlung vom 14. März, als Genosse Tr. Rosenfeld diese Vorgänge zur Sprache brachte, Stadtschulrat Michaelis erwiderte, daß diese Bestrebungen der Offiziere usw. absolut neutral gehalten seien, so besagt das nichts anderes, als daß der Herr Stadtschulrat den patriotischen Drill der Jugend für etwas Selbstverständliches und Neutrales hält. Die Arbeiter sind anderer Meinung, und sie haben das Recht, zu verlangen, daß die städtischen Schulen vor solchneutraler" Jugenderziehung durch Offiziere und dergleichen Leute verschont bleiben. Während unsere Agitationsarbeit unter der Arbeiterjugend nach allen Richtungen erschwert und verboten wird, werden hier unter Benutzung städtischer Einrichtungen die Fugendlichen politi- scheu Zwecken dienstbar gemacht, die den Interessen der Arbeiter- klasse zuwiderlaufen. Doch unsere Zustände sorgen dafür, daß unsere Merbekraft ständig wächst. Beweis dafür ist die Zunahme in der freien Jugendbewegung und die große Zahl der Abonnenten derArbeiter-Jugend". Und das trotz oder vielleicht gerade wegen der vielen polizeilichen Verfolgungen! Zwechverbands-Husklmß und Aohmmgsfiii'loi'ge. Wie wir schon berichteten, fand am Sonnabend im Berliner Rathaus die erste Sitzung des Zweckverbandsausschusses statt. Da zu Beginn der Sitzung der Vorsitzende dem bisherigen Berliner Kämmerer Dr. Steiniger die königliche Bestallung als Verbands- direktor aushändigen konnte, und der neue Direktor darauf dem Verbandsausschuß seine Vorschläge für die Erledigung der zunächst dringendsten Geschäfte unterbreitete, sind nunmehr alle drei Or- gane des neuen Kommunalgebildes Groß-Berlin in Funktion ge- treten. Der Verbandsausschuß besteht bekanntlich aus dem Ober- Bürgermeister der Stadt Berlin als Vorsitzenden, einem von diesem zu bezeichnenden MagistratSmitgliede dieser Stadt, den Ober- bürgermeiftern von Eharlottenburg, Saneberg. Rixdorf, Wilmers- dorf, Lichtenberg , Spandau , den Landräten der beiden zum Ver- bände gehörigen Kreise und acht von der Verbandsversammlung zu wählenden Mitgliedern. Außerdem ist der Verbandsdirektor von Amts wegen Mitglied deS VerbandsauSschusseS. Zu den gewählten Mitgliedern gehören von Berlinern Bürgermeister Reicke, die beiden Stadtverordnetenvorsteher Michelet und Cassel und, als einziger Sozialdemokrat, der Genosse Hugo Heimann. Die gewählten Mitglieder des Verbandsausschusses müssen vom Vorsitzenden ver- eidigt werden. Es wurde aber nur Herr Michelet vereidigt, da die übrigen Mitglieder schon bei Uebernahme ihrer Aemter, Genosse Heimann seinerzeit bei Eintritt in das preußische Abgeordneten- haus, die vorgeschriebene Eidesformel geleistet hatten. War diese erste Sitzung des VerbandsauSschusseS, dessen Funk- tionen ungefähr denen der Magistrate entsprechen, auch nur vor- bereitender Natur, so warf sie doch schon ein helle? Licht auf die im Klusschuß herrschenden Anschauungen. Zu den wichtigsten Aufgaben des Verbandes gehören neben der Regelung des Verkehrswesens die Bestimmungen des Z 8 des Ge- setzeS. Nach diesen kann der Verband für Teile des Verbands- gebieteS Fluchtlinien festsetzen, insoweit die? für die Schaffung oder Ausgestaltung von Durchgangs- oder Ausfallsstraßen, für die Her- stellung von Bahnen oder für die Ausgestaltung der Umgebung von Freiflächen erforderlich erscheint. Für letzteren Zweck können auch Bebauungspläne festgesetzt werden. Auch über den vor- stehend bestimmten Umfang hinaus kann der Verband aus wichtigen Gründen des Verkehrs, der GesundheitS« und der Wohnungs- fürsorge in den nock? nicht bebauten Teilen deS Verbands- gebieteS Fluchtlinien und Bebauungspläne festsehen. Auf dieser letzteren Bestimmung ruhen die Hoffnungen aller der Kreise, die vom Verband eine Initiative zur Besserung der so überaus traurigen Wohnungsverhältnisse und zur Bekämpfung des MietkaserncnsystemS erwarten. Solche Besserung des Woh- nungselendz kann, wenigstens innerhalb gewisser Grenzen, erreicht werden mittels einer durchgreifenden Wohnungsinspektion und durch Festsetzung weiträumiger Bebauungspläne für gesunde Kleinwohnungen mit Scheidung'von Wohnstraßen und Verkehrs- straßen. Nur von den Interessenten wird ja heut noch die Richtig- keit der Thesen angefochten, daß die Preise des Grund und Bodens und damit die Mietpreise der Wohnungen um so mehr in die Höhe schnellen, je größer die Ausnutzungsfähigkeit des Grund und Bodens und die Möglichkeit einer Ucbcrfüllung der Wohnungen ist. Bei seinen eng umgrenzten Aufgaben hat der Verband nicht die Bc- fugniS, für da« Gebiet von Groß-Berlin ein" Wohnungsinspektion zu errichten. Die Einführung solcher segensreicher Institutionen bleibt wie bisher den Einzelgemeinden überlassen, und unsere Ge- Nossen speziell in der Berliner Gemeindeverwaltung haben es ja seit mehr als einem Jahrzehnt an Bemühungen und immer wieder- holten Anträgen nach dieser Richtung nicht fehlen lassen. Will der Verband also auf dem Gebiet deS Wohnungswesens überhaupt bessernd eingreifen und reformierend vorgehen, so hat er nur die eine Möglichkeit, der Mßetkaserne in den Gebieten, in denen sie ihren Einzug noch nicht gehalten hat, den Weg zu versperren und Bebauungspläne nach den Grundsätzen deS mo- dernen Städtebaues aufzustellen. Verschiedene Versuche, die nach dieser Richtung neuerdings unternommen sind cS sei hier nur au die neuen Siedlungen der Baugenossenschaft Ideal in Neukölln erinnert haben das erfreuliche und zunächst überraschende Er- gebniS gehabt, daß die Rentabilität des Grund und-Bodens bei Scheidung von Wohn- und VcrkehrSstraßen und Schaffung großer Bauquacttere mit hoher Randbebauung und kleinen Reihenhäusern im Innern der Bauquartiere, kaum geringer wird, als bei oer bisherigen Ausnutzung mit nur breiten Verkehrsstraßen und Er- richtung von Mietkasernen mit ihren Seitenflügeln und Quer- gebäuden. Es besteht somit immerhin eine Hoffnung, daß, wenn eine tatkräftige Initiative erfolgt, die Einzelgemeinden der Fest- setzung lolchcr modernen Bebauungspläne nicht allzu großen Widerstand entgegensetzen werden. Denn selbstverständlich gibt das ZwcckverbandSgesetz den Grundbesitzermajoritäten in den Einzel­gemeinden die Möglichkeit solchen Widerspruchs. Darüber nämlich, ob die vorangegebenen Voraussetzungen zur Festsetzung von Flucht- liuien undBebauungsplänen durch den Verband vorhanden sind, beschließt im Streitfälle die Beschlutzbehörde für Groß-Berlin". Diese Beschlutzbehörde besteht aus dem Oberpräsidenten oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden, aus den Verwaltungsgerichts- direktoren der Bezirksausschüsse für Berlin und Potsdam , sowie aus vier gewählten Mitgliedern. Gegen den Beschluß diefer Be- Hörde steht den Verbandsgliedern dann noch die Beschwerde an den Minister der öffentlichen Arbeiten offen. Soll also irgend etwas geschehen, so ist es klar, daß es schleu- nigst und planmäßig geschehen mutz, denn wenn der Verband, gestützt auf die mitgeteilten Bestimmungen, nicht den energischen Versuch unternimmt, die Festsetzung neuer Bebauungspläne zu seiner eigenen Sache zu machen, wenn die Stadterweiterung von Groß-Berlin wie bisher den Einzelgemeinden überlassen bleibt, die natürlich ihre Bebauungspläne nur in ihrem Interesse und ohne Rücksicht auf die Nachbargemeinden aufstellen werden, so ist mit Sicherheit zu erwarten, daß alles beim alten bleiben und das noch unbebaute Terrain in der gleichen Weise durch Mietkasernen ver- schandelt werden wird, wie das leider bisher fast stets der Fall gewesen ist. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Verbandsdirektor aus diesen oder welchen Erwägungen sonst die sofortige Anstellung eines akademisch gebildeten, für Städtebau geeigneten Baubeamten ins Auge gefaßt hat. Jedenfalls war in den von ihm dem Verbands- ausschuß unterbreiteten Vorschlägen die alsbaldige Anstellung eine» solchen Beamten vorgesehen. Um so betrübender und unglaublicher ist die Tatsache, daß der Verbandsausschuß als erste Tat mit neun gegen neun Stimmen den Beschluß gefaßt hat. die Stelle zunächst nicht zu besetzen, sondern die Bearbeitung der einschlägigen Fragen dem anzustellenden höheren Ingenieur für die Verkehrs- aufgaben im Nebenamte zu übertragen und bei Auf- teilung größerer Terrains, eventuell von Fall zu Fall, eine Aus- schreibung zu veranlassen! Wird dieser Beschluß durch die VerbandSversammkung nicht aufgehoben, so wird dadurch, noch bevor der Verband Gesetzeskraft erlangt hat, die Behauptung erhärtet, die von Beginn an von sozialdemokratischer Seite aufgestellt worden ist, daß nämlich der Verband nach seiner ganzen künstlich und widernatürlich gefügten Zusammensetzung gar nicht in der Lage ist, selbst auch nur den engen Kreis der ihm zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen, sondern einzig und allein der Aufgabe nachkommen wird, für welche die Regierung ihn ins Leben gerufen hat, ihr zu Wucherpreisen die fiskalischen Wälder abzunehmen, da man gegetriiber dem Ansturm der öffentlichen Meinung doch nicht mehr wagt, all diese Wälder abzuholzen und sie als Bauland zu verkaufen. Sie(iemeindwahlbewegung. Wannsee . Morgen Mittwoch, abends von 68 Uhr. findet tu derDeutschen Eiche" eine Ersatzwahl in der dritten Klasse zur Gemeindevertretung statt. Unser Kandidat ist der Genosse Wilhelm Jungermann. Parteigenossen, tue jeder seine Pflicht. agitiert noch in letzter Stunde, dann ist uns der Sieg sicher. Schmargendorf . Die Parteigenossen beschlossen in der letzten Versammlung sich an der am D o n n e r S t a g, den 21. März, stattfindenden Gemeindevertreterwahl der dritten Klasse nicht zu beteiligen. Bekanntlich find zwei HauS« besitz« zu wählen; eS ist bisher nicht gelungen, geeignete Kandidaten ausfindig zu machen. Die Wähler werden deshalb aufgefordert, sich der Wahl zu enthalten. Wahlergebnisse. AdlerShof . Bei der Gemeindevertreterwahl in der d'ritken Ab- teilung. die am Sonntag stattfand, wurden die sozialdemokratischen Kandidaten Genossen Petrich und Büttner mit je 697 Stimmen ge- wählt. Ein Gegenkandidat war nicht aufgestellt. Bei der Wahl in der zweiten Abteilung, die am Montag stattfand, siegte der Kandidat des Grundbesitzervereins mit 188 Stimmen über seine beiden Geg- ner, den Kandidaten des Bürgervereins, der 67, und den Kandi­daten der Sozialdemokratie, Genossen Baschin, der 82 Stimmen auf sich vereinigte. Friedrichshageo. Bei den am Sonntag, den 17. März, statt­gefundenen Gemeindewahlen für die dritte Abteilung wurden unsere Genossen Hermann Grau im 1. Bezirk mit 366 Stimmen und Fritz Tornow im 2. Bezirk mit 443 Stimmen gewählt. Gegner waren nicht aufgestellt. Die Wahlen für die zweite Abteilung hatten folgendes Ergebnis: Es«dielten die Genossen Schaale 12 und K o r s i n g 11 Stimmen. Die bürgerlichen Kandidaten Geselbracht und Wolter wurden mit 147 resp. 187 Stimmen wiedergewählt. In Brrgfelde siegte Genosse Buch holz mit 21 gegen 17 gegnerische Stimmen. In Stolpe(Nordbahn) wurde Genosse Bergmann in der Stichwahl mit 11 gegen 9 Stimmen gewählt. Partei- EtogelegenKeiten. 23 Volksversammlungen finden heute abend statt, in denen die Bedeutung der Jugend­bewegung für die Arbeiterschaft behandelt wird. Bei der Wichtigkeit der Sache ist zahlreicher Besuch erwünscht. Zur Lokalliste? Littt« Kreis. Da? Lokal ,L u i s e n st ä d t i s ch e S Kasino", Oranienstr. 189, steht der Partei und Gewerkschaslen zu den bekannten Bedingungen zur Verfügung._ Die Lokallomnnsston. Friedenau . Die Wahlvereinsversammlung fällt heute Dienstag, den 19. M"rz. aus-, dieielbe findet am DienSloa, den 2S. März, abends 8 Uhr, bei Mechelte, Handjerhstr. 6961, statt. Der Vorstand. Schmargendorf . Mittwoch, 29. März, abend» 7 Uhr: Flugblatt- Verbreitung vom Lokal S. Pötscher, Spandau « Straße, aus. Der Lorstand. Hoherlehme- Wildau . Am Mittwoch, den 29. März, abends 7>/z Uhr. im Lokale von Otto Schumann : Ocffeiulichc Wähler« verianunlung. Tagesordnung: 1.Die Tätigkeit der Sozialdemo- kraue in den Gemeindeparlamenten". 2. Bertchtirswttung der sozialdemokraiiichcn Gemeindevertreier. 3. Ausstellung des Kandi» baten in der dritten Klasse. Zu dieser Versammlung heute Dienstag, abends 7 Uhr: Flugblattverbreiumg vom BezirkSloknl aus. Der Vorstand. Tempclhof. Die für heute DienStag angesetzte Flugblattver« brcilung fällt umständehalber aus. Zruthcn. Morgen abend von 0 Uhr an: Flugdlattverbreitung von Barnack aus. Biesdorf . Der für Mittwoch, den 29. d. MtS., fällige Zahl- abend fällt au«: der neue Termin vom Stattfinden desselben wird noch bekanntgegeben. Die Bezirksleitung. Lorfigwaldc-Wittena«. Die regelmäßige Mitgliedcrbersammlung fällt heute Dienstag, den 19. März, umständehalber aus. Die Bezirksleitung. Spandau . Am Mittwoch, den 29. März, abends 8>/z Uhr. findet bei Madetzki, Bismarckstraße 3, der 8. Vortragsabend des Genossen W. Pieck- Berlin über:Deutsche Geschichte deS 19� Jahrhunderts" statt Behandelt wird der Verlauf und Ausgang der Märzreoolution. BeteiligungS karten find im Bortragslokal zu haben, _ Der Bildungsausschutz. Berliner JVadrnchten. Für die Räumung von Wohuunge« bei Quartalsumzügcn gelten folgende Bestimmungen: Der abziehende Mieter muß kleine, d. h. höchstens aus 2 Wohnzimmern niit Zubehör bestehende Wohnungen am ersten Bicrteljahrstage; mittlere, d. h. aus 3 bis 4 Wohn- zimmern und Zubehör bestehende Wohnungen am zweiten Vierteljahrstage um 12 Uhr mittags; große, d. h. mehr wie 4 Wohnzimmer umfassende Wohnungen am dritten Viertel- jnhrstage 12 Uhr mittags geräumt haben. Bei Wohnungen von 3 Wohnzimmern und Zubehör muß ein Wohnzimmer, bei Wohnungen von mehr als 3 Wohn- zimmern und Zubehör müssen zwei Wohnzimmer dem ein- ziehenden Mieter für die Unterbringung seiner Sachen zur Verfügung gestellt tverden. Läden. Verkaufs- und Arbeitsräume müssen ausnahmslos am ersten Ouartalstage geräumt tverden. Die Räumung, die am ersten Ouartalstage zu erfolgen hat, ist an keine bestimmte Stunde gebunden und kann des- halb im Laufe des ganzen TageS belvirkt werden. Nochmals: DasKinderhauS" in der Blumcnftraße. In derMedizinischen Reform, Halbmonats- schrift für soziale Hygiene und praktische Medi- z i n", die von Prof. Dr. Rud. Lcnnhofs und Dr. Benno Latz her- ausgegeben wird, ereifert R. L. sich nochmals gegen die Artikel des ..Vorwärts" über Prof. Hugo NeumannsKinder- h a u s". Worauf es unS angekommen Ivar, hat R. L. noch immer nicht begriffen, obwohl es in beiden Artikeln deutlich genug gesagt worden ist. Unsere Pflicht war, öffentlich darauf hinzuweisen» daß in Reumanns Poliklinik ein Vorfall, wie der von uns berichtete, den übrigens bisher weder Neumann noch R. L. zu bestreiten ver- sucht hat, sich ereignet hatte. In ReumannS Poliklinik wurde im Januar das sei noch einmal hervorgehoben ein Maurer, der dort sein Kind hatte untersuchen lassen und einen ihm angeratenen operativen Eingriff nicht bezahlen zu können meinte, von dem un- tersuchenden Arzt gefragt:Maurer? Unddann suchen Sie eine Poliklinik auf?!" und sein Hinweis auf seine Ar- beitslosigkeit wurde beantwortet:Na, d a mußten Sie doch im Sommer soviel verdienen!" Wir hatten nicht das Rech� dem Prof. Neumann als dem Leiter einer nicht öffent- lichen, sondern privaten und wie wir betonten auf eigene Rech­nung betriebenen Anstalt, irgendwelche Ratschläge darüber zu geben, wie weit in seiner Poliklinik der BegriffUnlcmittellheit" gefaßt werden solle. Wohl aber hatten wir die Pflicht, unsere Leser davon in Kenntnis zu setzen, daß in NeumannS Poliklinik ihnen ein Erlebnis, wie das geschilderte, passieren könne. Von jenem Maurer war uns die Angelegenheit vorgetragen worden mit der auSdriick- lichen Bitte, andere zu warnen, damit ihnen peinliche Beleh- rungen und unnütze Wege erspart blieben. DaS hielten auch wir für nötig, und wir handelten daziach. Wir würden in jedem ähn- lichen Fall wieder so handeln, unbekümmert um das Geschrei des wichtigtuenden R. L., der nach toie vor aus unserem Siinweis, daß NeumannGewinn oder Verlust sein-'n eigenen Ko»---, zu buch:» hat", etwa» andere? herauslesen will als die Absicht, unsere Leser über die finanziellen Grundlagen dieser aus Privatmitteln unter- haltenen Poliklinik zu belehren. Die Frage der Uneigennützigkeit NeumannS hat hiermit gar nichts zu tun. ebensowenig die Frage seiner�wissenschaftlichn Bedeutung, und beides ist von uns nicht mit einer Silbe angezweifelt worden. Sein übereifriger Freund R. L. vielleicht tmrd Ncu- mann im stillen um Schutz vor ihm bitten glaubt, jetzt noch einen besonderen Trumpf ausspielen zu können, indem er uns einen im Vorwärts" selber veröffentlichten VersammlunaSbericht über den Vortrag einer Genossin vorhält, die den Prof. Neumann gerühmt hat. Inzwischen wird R. L. gleichfalls aus demVorwärts" erseben haben, daß in der letzten Stadtverordnctensitzung einer unserer Ge- nassen, der Arzt ist, über ein paar private Kindcrheilstätten gesagt hat, die Kinder seien dort schlechter aufgehoben als in Anstalten der Stadt, die Beköstigung sei unzulänglich usw. Da der Redner diesen Vorwurf auch gegen die K i n de r b e i l st ä t t e Borgs- dorf richtete, so wird mancherVorwärts"-?«« hierbei an den Prof. Hugo Neumann gedacht haben, weil die Kinoerheilstätte Borgs- dorf eine Gründung des von Ncumann geleitetenVereins Ver- liner Kinderheilstätte" ist. Vielleicht wird R. L. nunmehr auch den betreffenden Genossen abkanzeln, weil er Prof. Neumann in einen schlimmen Verdacht gebracht habe. Oder will N. L. auch dieses Urteil unseres Genossen uns zur Beachtung empfehlen? Dir Kehrseite deS Protektorats zeigte sich am Sonntag in der Damenausstellung am Zoo, die auf Wunsch, da» heißt Befehl der Kaiserin statt um 19 Uhr erst um 12 Uhr geöffnet wurde. Wie landesmütterlich! In der Zwischenzeit von 19 bis 12 Uhr ist ja wohl Gottesdienst? Dem Ausstellungspersonal war die Ruhepause sicher sehr willkommen. Oder kam es nur auf das Seelenheil an? Das Zcllcrhans, Berlin « Rettungshcim für Trinkerkinder. wird demnächst nach Buckow in dermärkischen Schweiz" verlegt Jahrelang hat dieses bisher in einer Berliner Mietskaserne unter- gebrachte Heim, das einen an sich sehr schönen Gedanken verkörpert. mit seiner Lebensfähigkeit bettelnd hausieren gehen müssen, bis sich zur Führung hochstehende Personen fanden. Der Besitzer von Schloß Buckow. Herr von Flemming. ein Reffe des Reichskanzlers und vermutlich ein großer Pädagoge, hat das Schloß, da« zweck- entsprechend umgebaut werden soll, zur Verfügung gestellt und auch schon die Leitung der Geschäfte übernommen. Der bisherige Leiter, ein Berliner Magistratssckretär, ist zurückgetreten. Tie Kinfcerschntzkoinmisflon Kontrolleurinnen und Helfe­rinnen war am 14. d. M. in denAndreas-Festsälen" ver- sammelt. Genosse Freier hielt einen Vortrag über verschiedene Fragen des Kmdcsrcchls. Er behandelte daS Ktnoerschutz- gesetz und die in dasselbe Gebiet fallenden Vorschriften der Ge- Werbeordnung. Ferner erläuterte er die Bestimmungen des B ü r- gerlichen Gesetzbuchs über die elterliche Gewalt, die Unterhaltspflicht der Eltern, die Unterschiede in der rechtlichen Stellung der ehelichen und Unehelichen Kinder und daS dadurch den unehelichen Kindern angetane Unrecht Die Bestimmungen über Legitimation unehelicher Kinder wurden von dem Referenten ebenfalls erläutert, ebenso die Gründe, auS denen das Vormund- schaftsgericht einschreiten kann. Auch das S t r a f r e ch t, soweit es für Kinder in Frage kommt, zog Redner in den KrclS seiner Erörterungen, außerdem die Bestimmungen über Armenpflege. Zum Schluß bc- handelte Genosse Freier da§ Fürsorgeerziehungsgesetz, im Zusammenband mit einzelnen AuSführungsbcstimmnngen und Ministerialerlassen. Das Fürsorgeerziehungsgesetz sei in seinen Wirkungen ein schlimmes Ausnahmegesetz gegen die Arbeiterschaft, dazu angetan, um für die Landwirtschast recht- und schutzlose Aus- beutungsobjekte zu schaffen, die nach jahrelanger schwerer Arbeit nicht einmal ihren Loh» bekommen. Die Anstaltsetziehung, die im Prinzip vorzuziehen sei, stehe statt unter du Leitung tüchtiger