WerlSbefitzern auZeinanderzukommen. Die ArbeiterauSschüsie wurden beauftragt, beim Bergamt in Freiberg nochmals eine Bermittelungsverhandlung nachzusuchen. Im An- schluß an diese Konferenz fand im Saale und in dem grohen Garten des Lokals„Beloedere" der erste Generalappell der Bergarbeiter statt. Im Saale standen über 2000 Bergarbeiter Kops an Kopf gedrängt. Dort sprach Genosse Sachse. Er schilderte zunächst die Ursache des Streikabbruchs im Ruhrgebiet und liest seine Rede ausklingen: Run erst recht streikt hier; es must dazu kommen, dast die Bcrgherren den berechtigten Wünschen der Arbeiter Entgegen- kommen zeigen. Im Garten, wo etwa 5000 Bergarbeiter versammelt waren, sprach der Bezirksleiter Strunz und der Redakteur Genosse Barth. Die Versammlungen nahmen die Be- schlüsse der Konferenz einstimmig an. Die Versammlung löste sich dann in aller Ruhe und Ordnung auf. Die Anerkennung der Oeffentlichkeit und auch der Polizei über das ruhige Verhalten der Streikenden spricht am besten daraus, dast vor dem Lokal für diese ungeheure Menschenmenge nur ein einziger Schutzmann postiert war. Terrorismus gegen Streikende. In welch brutaler Weise die Grubenherren ihre Gewalt unä ihren Hast gegen die Streikenden geltend machen, beweist folgender Fall: Auf dein Kästnerschacht arbeiteten seit langer Zeit Vater und Sohn. Der Sohn besuchte die Bergschule seit beinahe vier Jahren und steht in-kurzer Zeit vor dem Steigerexamen. Als der Streik Montag ausbrach, schloß sich auch der Vater an und streikte bis Mitte der Woche. Darüber war die Werksleitung so in Wut ge- raten, daß sie sich mit der Leitung der Bergschule in Verbindung setzte und erreichte, dast von dort aus dem Vater und dem Sohne die Pistole auf die Brust gesetzt wurde: entweder der Vater fährt wieder zur Grube oder der Sohn fliegt aus der(von den Werks- Unternehmern ausgehaltenen) Bergschule heraus. Die Bewegung in Frankreich . Paris , 21. März.(Privattelegramm des„Vorwärts".) Am Mittwoch trat in L e n s der Exekutivausschust der Na- tionalen Föderation zusammen, um das endgültige Ergebnis der über die Streiksrage erfolgten Urabstimmung festzu- stellen. Es erklärten sich danach 122 942 Stimmen gegen die unverzügliche Proklamierung des Ausstandes, während Gl 682 Stimmen für den sofortigen Streik waren und 9736 Arbeiter sich der Stimme enthielten. Wenn auch diese Ab- stimmung erkennen läßt, daß die Mehrzahl der Bergarbeiter in Denaiit von einer sofortigen Arbeitsniederlegung nichts wissen will, so hielt der Exekutivausschuß es doch für ange- bratcht, eine Mahnung zur Disziplin an die Arbeiter ergehen zu lassest. Sonntag vormsttag waren die Delegierten aller Lokal- organisationen des Beckens von Anzin in Denain versanunelt. Becant, der Sekretär der Organisationen, erstattete Bericht über eine Beratung, zu der das Exekutivkomitee der Nationalen Föderation am Freitag zusammengetreten war. Mau nahm dann eine Resolution an, in der der gegen das Exekutivkomitee erhobene Vorwurf der Unschlüssigkeit scharf zurückgewiesen und im Gegenteil auf die Tatsache hingewiesen wurde, daß bestimmte Gewerkschaften der Forderung des Mi- nimallohnes nicht die genügende Beachtung schenkten. Nachdem somit von einem sofortigen Ausstande keine Rede mehr zu sein schien, fand am Abend des letzten Sonntags zu Denain eine allgemeine Bergarbeiterversammlung statt, in der Becant über die Sitzung vom Vormittag berichtete ' und die hier gefaßte Resolution verlas. Wider Erwarten wurde sedoch in der Versammlung schroffer Wider- s p r u ch laut, und als man nach lebhafter Erörterung zur Abstimmung schritt, wurde mit ansehnlicher Stimmenmehr- hcit der A u s st a n d beschlossen. Am Montag abend ergab sich, daß auf 5 Schächten von 2280 Bergarbeitern 1650 im Ausstande waren; int Loirebecken streikten Dienstag von 5051 Bergarbeitern 2219. Ter Generalrat der alten Gewerkschaften des Pas de Calais stellt fest, daß der Ausstand entgegen den Beschlüssen des zu Angers abgehaltenen Kongresses ausgebrochen war und sprach sein B e da u e r n über die Disziplinlosigkeit aus. Streik in Amerika . Clkveland, 20. März. Nach einer Konferenz der Weich- kohlengrubenbesitzer und der Bergleute erklärte der Präsident der Bergarbeitergcwerkschaft, daß der A u s st a n d in den Weichkohle n minen, der auf 500 000 Berg a r b e i t e r sich erstrecken werde, am 1. April beginnen würde, falls die Forderungen der Arbeiter nicht erfüllt werden. Wilkesbarre(Pennsylvanien), 20. März. Die U n a b hängigen Grubenbesitzer kündigen an, sie seien bereit, die Forderungen der Arbeiter der Anthrazit kohlengruben zu erfüllen. „Finanzrefurm" ist für die Spritfabrikanien gar nicht die Liebes gäbe als solche— und die Herren Agrarier schauen seitdem mit einer gewissen Berechtigung spöttelnd dem Streit zu, ob die süddeutschen ob die ostelbischen Brenner größeren Vorteil von' ihr haben—/ das Wichtigste ist für sie die durch Gesetz geschützte BeHerr schun des Marktes und Auslieferung der Konsumenten Solange diese Gesetzesbestimmungen nicht fallen, verlieren die Spritinteressenten nichts und ihr Wehren gegen den Fall der Liebesgabe ist nichts als agitatorische Mache. Argumen ticrt doch das Junkerorgan sehr, hübsch, man dürfe nicht der Opposition diesen Stein des Anstoßes nehmen, sonst würde sie sich hernach gegen andere Bestimmungen des Gesetzes wenden, die den Agrariern noch viel wichtiger sind. Ehe den Brennern ein Schaden entstehen kann, kommt die Zentrale mit Gegenmaßnahmen schon zuvor. Sie erhöht die Preise; d. h. den Konsumenten wird eine neue Verbrauchsabgabe aufgehalst, die in ihrer Höhe den Brennern die fortfallende Liebesgabe ersetzt, den Konsum aber stärker als die Liebesgabe drückt. Geht nun infolge der Preissteigerung der Konsum zurück so wird auch der Steuerertrag reduziert. Nur die Brenner ver lieren nichts. Den süddeutschen kleineren Brennern soll die Liebesgabe abgelöst werden. Sie erhalten für ihr„Opfer eine bare Entschädigungssumme. Den norddeutschen Brennern entsteht ein anderer Vorteil. Die süddeutschen Spritfabriken konnten stch gegenüber den großen im Norden Deutschlands nur durch ihr relativ großes Kontingent halten. Wird ihnen die Liebesgabe genommen, so erliegen sie der Konkurrenz der preußi schen Produzenten. Tie Konzentration der' Schnapsfabrikation würde zunehmen, das Monopol befestigt und die Preisfestsetzung in noch höherem Maße der Willkür der Spirituszentrale aus geliefert sein. Die Sozialdemokratie fordert daher neben der Aufhebung der Liebesgabe die Beseitigung der geltenden Brannt Weinbesteuerung überhaupt. Ein StaatSmonopp auf Grund des durch Gesetz begünstigten Monopols der SpirituS zentrale würde nur die Macht der Schnapsunternehmungen stärken, anstatt sie aufzuheben. Ganz unabhängig aber davon, sollte jeder einzelne den Fusel- Produzenten den Tribut an Geld und Gesundheitszerstörung ver- weigern. Auf die Erhöhung der Preise muß die Verschärfung des Branntweinbohkotts die Antwort sein! ver Krieg. Aufhebung der Ciebesgabe und erhöhnng der ßranntweinpreife. Während sich die reaktionären Parteien in tragisch abgetönten Wortengegen die geplanteAufhebung derLiebesgabe wenden, überrascht die Spirituszentrale durch die kurze, einfache Mitteilung, daß sie die Spirituspreise um 8 M. erhöht habe. Stehen wirklich beide— die geplante und die vollzogene— Maßnahmen in keiner Beziehung, wie von den Interessenten behauptet wird? Das Wesen der Liebesgabe und ihr Nutzeffekt für die Agrarier besteht darin, daß den Brennern, und vorzugsweise den landwirt- lichen Schnapsfabrikanten, ein Extraprofit von 40 bis£>0 Millionen Mark jährlich gesichert wird. Wird die Liebesgabe aufgehoben und dantit die höhere Steuer für die gesamte Branntwein- Produktion eingeführt, so muß das Mehr der Steuer, gleich- bleibenden Konsum vorausgesetzt, dem Staate zufallen. Dieser Fall würde auch ratsächlich eintreten, wenn der Konsum gleich- bleiben würde. Und dafür wieder ist die Voraussetzung, daß die ohnehin sehr hohen Preise nicht weiter erhöht werden. Tie Spiritusproduktion ist aber durch die Spirituszentrale vertrustet. Vertrustung heißt Bindung der Produktion. Bc- schränkung der Erzeugung bedeutet für den Konsum Verteuerung der Preise. Solange die Möglichkeit der Vertrustung weiter be- stehen bleibt, sind Preisgestaltung, ErzeugungL- und Verbrauchs- Iwhe und damit Steuereinnahme nicht mehr das Resultat des freien Konkurrenzspicls, sondern können von der Spirituszentrale willkürlich beeinflußt werden. Daran ändert auch nichts, daß der SpirituSring ein direktes Produkt der Gesetzgebung ist, die durch den BergällungSzwang für industrielle Brennereien und die Begünstigung der landwirtschaftlichen Spritfabriken erst künst- lich das Monopol schuf. Seit 18SS, dem GründungSjahr, ist die Politik der SpirituSzentrale dahin gegangen, die Produktion ein- zuschrnnken, die Preise zu erhöhen und die GesetzgcbungSmaschine ihren Zwecken dienstbar zu machen. Der letzte entscheidende Sieg >oar die blauschwarze Branntweinsteuergesetzgebung von 1909, deren Pläne von der Zentrale entworfen und von der Regierung unbesehen geschluckt wurden. Das Wertvollste dieses Stückchen» Große Truppensendung nach Afrika . Rom , 21. März. Die 25900 Mann, die jetzt nach Afrika abgehen, bedeuten keine Verstärkung der dortigen Streitkräfte, sondern sind lediglich dazu bestimmt, den auf Ende März zurückgerufenen Jahrgang 1883 zu ersetzen. Jtalienfeindliche Demonstration in Kairo , Rom , 21. März. Nach einer Meldung aus Kairo wurde in der dortigen Oper eine Vorstellung gegeben, deren Erträgnis für die Opfer des Bombardements von Beirut bestimmt sein sollte Bei dieser Vorstellung kam es zu antiitalienischen Kundgebungen. i wurde ein orientalisches Drama gegeben. Der Vorstellung wohnten unter anderem bei Mohammed Ali, der Bruder des Vize- königs, die Minister und andere höhere Beamte. Zwischen den einzelnen Akten wurden Lieder vorgetragen. Eines dieser Lieder enthielt die wildesten Schmähungen gegen Italien und wurde von den Versammelten mit demonstrativem Beifall aufgenommen. Die italienische Kolonie in Kairo ist über dieses Vorkommnis sehr auf gebracht und hat die italienische Regierung aufgefordert, bei Eng land Vorstellungen zu erheben.„ Die Revolution in China . Die Mächte machen Schwierigkeiten wegen der Finanzierung der Republik . London » 21. März. Das Reutersche Bureau erfährt aus Peking : In einer Zusammenkunft der Gesandten der sechs Mächte, die an den finanziellen Verhandlungen mit der republika- nischen Regierung beteiligt sind, wurde der Beschluß gefaßt, b e i Juanschikai gegen Tangschaoyis mockuo operandi in der An leihefrage Einspruch zu erheben und eine endgültige Erklärung über die chinesische Finanzpolitik zu erhalten. Auch soll Nachdruck darauf gelegt werden, daß von China , da die sechs Mächte zur Unterstützung bereit sind, ein N a ch w e i s für seine Zuverlässigkeit gefordert wird. Die kaufmännischen Kreise drücken ihr Bedauern darüber aus, daß eine derartige Stockung noch geschaffen worden ist. als die Krisis schon für überwunden gehalten wurde. Neugestaltung der Verwaltung. Peking , 21. März. Juanschikai hat bestimmt, daß die Vize- könige und Gouverneure der Provinzen des Nordens und die Höchftkommandierenden der Provinzen des Südens während der UebergangSzeit den Titel eiges Chefs der provisorischen Re- gierung der Provinzen führen sollen.— Die Provinzen sind bei Juanschikai schon dahin vorstellig geworden, daß die G o u v e r- »eure durch das Volk gewählt werden sollen. Er hat ihnen geantwortet, daß diese Frage späterhin durch die Nationalversammlung entschieden werden wird. Gegenwärtig werden die Gouverneure durch den Präsidenten ernannt. politiscke debertlcbt. Berlin , den 21. März 1912. Für und wider Arbeiterinteressen. Aus dem Reichstag , 21. März. Wirf die Katze wie du willst, sie fällt doch immer wieder auf die Füße. Die Wahrheit dieses alten.Spruches erweisen auch buntscheckige und weit abschweifende Reichstagsdebatten, wie die des gestri- gen Tages eine war: aus ihnen kristallisiert sich doch als Kern immer wieder die Stellung der verschiedenen Parteien für oder gegen die Arbeiterinteressen. Nachdem zu Beginn der Sitzung der Nationalliberale Dr. B L t t g e r und sein Fraktionskollege Dr. I u n ck eine Reform des gesamten Patentrechts verlangt hatten, die auch vom Ministerialdirektor Caspar zugesagt wurde, verbreitete sich Genosse S i l b e r s ch m i d t, der be- känntlich einer der tüchtigsten Führer der deutschen Gewerk- schastsbewegung ist, über die Frage der Berufsgenossenschaf. ten hauptsächlich im Baugewerbe. Er wies darauf hin. daß die Kontrolle zur Verhütung der Unfälle bei weitem nicht ausreiche und daß vor allem eine gesunde Fortentwickelung des Bauarbeiterschutzes dadurch gehemmt werde, daß die Materie der reichsgesetzlichen Regelung entzogen sei. Na- türlich bestritt der Ministerialdirektor Caspar, daß der Ar- beiterschutz ini Baugewerbe zum Stillstand gekommen sei. Ter fentrümler Astor und der Nationalliberale Schulen- u r g redeten einer Benifsgenossenschaft für den Detail- Handel das Wort. Herr Behrens hielt eine Berufsge- 'nossenschaft für Gärtner für notwendig und im Gleichklang schöner Seelen fanden sich der Konservative v. G r a e f e und der schwarze Blockbruder Dr. Dahlem in der Klage über die Schädigung der Landwirtschaft durch„allzu strenge" Un- fallverhütuitgsvorschriften der Berufsgenossenschaften. Der Zentrumsarbeiter K o ß m a n n betonte, daß die Revi- sionen der Berufsgenossenschaften deshalb nutzlos seien, weil sie vorher bekanntgemacht würden. Die sozialpolitische Debatte schlug heftigere Wellen, als sich Herr Becker- Arnsberg(Z.) über die stets schlechter werdende Rechtsprechung des Reichsversicherutigsamts beklagte und sie wuchs sich zu einem Zweikampf zwischen Zenttum und Sozialdemokratie und zu einer allgemeinen Diskussion über die Reichsversicherungsordnung aus, als die Genossen Molkenbuhr und Hoch mit gewandtem Griff den Zen- trumsherren die arbeiterfreundliche Maske vom Gesicht rissen und sie trotz Stränbens und Zappelns in Einzelheiten fest- nagelten. Daß der Junker Graf W e st a r p die Gelegenheit benutzte, auf die reaktionärsten Paragraphen der Reichsver- sicherungsordnung hinzuweisen, versteht sich am Rande. Aber selbst er konnte der Rechtsprechung des Reichsversicherungs- amts in allen Fällen keinen Geschmack abgewinnen und Herr H e ck s ch e r wußte einen Fall beizubringen, der auf allen Seiten helle Empörung weckte. In das Gebiet der Reichsversicherungsordnung fiel auch die Anfrage des Geitossen Hoch, wie sich eine Auffor- derung der preußischen Regierung an ehemalige Offiziere. sich für Beaintenstelleit in den Reichsversicherungsämtern zu melden, mit der Zusage des Staatssekretärs ver- trage, daß Offiziere derartige Posten nicht bekleiden sollten. Ter Genosse Hoch fand dabei die Unterstützung sogar des Herrn Giesberts vom Zentrum, der für die Oualifi- kation der kleinen Leute für diese Stellen eine Lanze brach und der Ministerialdirektor ritt einen ledenlahmen Gaul von Ausreden vor. Tani) trat der Wilhelmskanal in der Rede des Fort- schrittlers Hoff über seine Ufer und plätscherte und plät- scherte.... Abends 8 Uhr nationalliberaler Bierabend. Fortsetzung der Reichstagsdebatte heute 1 Uhr. Kulturdebatte«. DaZ Abgeordnetenhaus seGte am Donnerstag die General» debatte über das ElementarunterrichtSwesen fort. Als erster Redner legte Genosse Hirsch in eindringlicher Darstellung die Forderungen dar, die die Sozialdemokratie nicht nur an ein Volksschulwesen, da» dem sozialistischen Ideal entspricht, zu stellen berechtigt ist, sondern bereits an den Gegenwartsstaat. Unser Genosse wies die schön» ärberische Darstellung energisch zurück, als ob nun bereits der Lehrermangel behoben sei; er geißelte die jeder gesunden Pädagogik hohnsprechende übermäßige DurchschnittSklasienfrequenz. er brand- markte das System des HütewesenS, wie überhaupt der ländlichen und gewerblichen Kinderarbeit. Den Junkern und ihren Freunden, die durch Zwischenrufe das Los der armen Hülekinder gewissermaßen alS Idyll und permanente Sommerstische darstellten, riet er, doch ihre eigenen Kinder einmal dazu herzugeben oder selbst die Kühe zu hüten. Auch die Vorstöße gegen die Wahl- und Gewissensfreiheit der Lehrer wieS Hirsch in schärfster Form zurück. Dabei rechnete unser Genosse auch kräftig mit dem unglcmb» kicheit Zentrumspädagogen Dr. Heß ab, dessen kindische Witzchen und vreisten Denunziationen er dem Gelächter aller Einsichtigen preisgab. Er beleuchtete nicht minder unerbittlich den unsäglichen Mlliardrn- ulk dieses genialen Statistikers, wie die beispiellose wissenschaftliche Rückständigkeit und fanatische Intoleranz dieses Musters eines Kreis- ichulinspeltorS. Namentlich die Zitierung einer katholischen Kathederleuchte von der Universität Münster, die in wahrhaft grotesker Weise daS Innere der Erdkugel als Fegefeuer und Hölle beschrieb, bereitete Herrn Heß und der übrigen schwarzen Garde bitterböse Minuten. Die Ausführungen des nationalliberalen Abg. Hackenberg, eines liberalen Geistlichen, der nach dem Genossen Hirsch zunächst da« Wort erhielt, wirkten sympathisch, nicht nur wegen der form» vollendeten Art seines Vortrages, sondern auch wegen deS Inhalts. Daß wir in vieler Beziehung von ihm abweichen, bedarf keiner be» sonderen Erwähnung. Aber das hindert unS nicht, anzuerkennen, daß Herr Hackenberg von dem ernsten Bestreben beseelt ist, auch den ozialdemokratischen Schulforderungen Verständnis entgegenzubringen, und daß aus seinen Worten warme Liebe für die schulpflichtige Jugend und die Lehrer herausklingt. Seine Anregung, man dürfe nicht jeden Lehrer zur Erteilung von Religionsunterricht zwingen, verdient die weitgehendste Beachtung. Von einem ganz anderen.Geiste" ist sein Amtsbruder, Abg. H e ck e n r o t h sk.), beseelt, ein Mann, der nicht nur polittsch auf dem äußersten Flügel der Rechten steht, sondern der auch auf kirchlichem Gebiet ein extremer Fanatiker ist. Von dem Wesen der Sozialdemokratie hat er keine Ahnung, die Volksschule ist ihm nicht in erster Linie Bildungsanstalt, in den Lehrern erblickt er Beauf» tragt« hes Klassenstaats, die auf Befehl bald rechts, bald links ein» chwenken müssen, und die Religion ist ihm ein Mittel zur Unter» jochung der Massen, der Kamps gegen die Sozialdemokratie erscheint ihm dsi wesentlichste Aufgabe der Christenheit. Zwischen beiden Geistlichen sprach ei» Schulmann, der Ab- geordnete E r n st(Vp.), der die Angriffe gegen die Lehrer abwehrte und für den Religionsunterricht in den Volksschulen eintrat. Die Fortschrittler können stch, wie sie daS in den letzten Tagen wiederholt dokumentiert haben, nicht zu der programmatischen Forderung der Beseitigung deS Religionsunterrichts aus dem Lehr- plan der Volksschule aufraffen, sie sind für eine Trennung von Schule und Kirche nicht zu haben, sondern bleiben, wie immer, auf halbem Wege stehen. In die Debatte griff auch der Kultusminister ein, um an der Hand von Zahlen zu beweisen, was Preußen alles für die Volks- chule tut. Daß sich die Verhältniffe in den letzten Jahren gebessert haben, ist von unserer Seite niemals bestritten worden, aber da« ändert nicht« an der Tatsache, daß noch viel, recht viel zu tun übrig bleibt, ehe die Volksschule ihres Aschenbrödelcharakters entkleidet ist. Nach einigen Klagen des Abg. Nissen über die Zustände in NordschleSwig und einer Attacke des immer komischer werdenden Abg. Heß(Z.) gegen Sozialdemokratie und Liberale wurde die Debatte auf Freitag vertagt._ Bethniann Hollweg und Tirpitz. Zur Ministerkrise läßt sich'die„Post" von einer, wie sie liehauptet,„vorzüglich unterrichteten" Seite schreiben, daß die Meldungen über Unstimmigkeiten und die bevorstehenden Ver- änderungen in den höchsten Regierungsämtern, trotz beharrlicher aintlicher Lcugnung. einen tatsächlichen Hintergrund haben. Allerdings von einer„akuten Kanzlcrkrisis", die den unmittel- bar bevorstehenden Rücktritt Bethmanv Hollwegs und seine Ersetzung durch Tirpitz im Gefoge habe, könne keine Rede sein. „Wenn man überhaupt von einer Kanzlerkrists sprechen will, so muß man den Begriff doch erheblich weiter fassen.
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