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ES kann nicht in Abrede gestellt werden, dah die Stellung des Kanzlers in der kaiserlichen Gunst nicht mehr so fest und unerschütterlich ist, wie sie es noch bei Abschluß des deutsch -fran- zösischen Marokkovertrages war. Der jämmerliche Ausfall der Reichstagswahl hat den Kaiser ziemlich peinlich berührt, und der Kanzler hat nicht vermocht, den Eindruck gänzlich zu verwischen, daß die Regierung an dem Ausfall der Wahl doch nicht so ganz unschuldig sein könne. Diese Auffassung ist dann durch das politische Chaos verstärkt worden, welches nach den Wahlen und nach dem Zusammentritt des Reichstages bei uns Platz gegriffen hat, und das schlechterdings nicht zu überbieten ist. Schließlich haben auch einige mehr persönliche Fragen zu dieser Ent- Wickelung der Dinge beigetragen, zu denen man vielleicht auch die ArtundWeife rechnen kann, w i e Herr v. Bethmann-Hollweg die ihm unbequem gewordenen Mitarbeiter zu beseitigen für gut befindet.... Das alles hat zu- fammengewirkt, um die Stellung des Kanzlers, wenn auch nicht unhaltbar zu machen, so doch nicht wenig zu erschüttern. Wenn trotzdem von einer akuten Kanzlerkrisis nicht gesprochen werden kann, so liegt das vor allem daran, daß für eine solche der unmittelbare äußere Anlaß fehlt, und daß die Frage der Nachfolgerschaft eine so schwierige ist. Unter den höheren Reichsbeamten befindet sich tatsächlich niemand, dem eine be- sondere Eignung für diesen durch die Sünden der Vorgänger außerordentlich schwierig gewordenen Posten nachgerühmt werden kann, und die Ernennung des Staatssekretärs v. T i r p i tz zum Reichskanzler, die an sich viele Gründe für sich haben würde, kann schon aus der einfachen Erwägung heraus für aus- ge-schlossen gelten, daß Herr v. Tirpitz als Kanzler ein Programm bedeuten würde, das aus die deutsch - englischen Beziehungen doch manche bedenklichen Rückwirkungen zu zeitigen vermöchte.... Sind die Gerüchte über eine bestehende Kanzlerkrise zurzeit also gegenstandslos, so dürften sie in der Tat ihr Ziel treffen, wenn sie von einem in näherer Zeit bevorstehenden Rücktritt des Staatssekretärs des Aeutzeren sprechen. Herr v. Kidcrlen-Waech ter trägt sich nicht erst seit gestern mit der Ab- ficht, aus seinem Amte zu scheiden, sondern er ist im Laufe des Winters schon mehrere Male drauf und dran gewesen, seine Ent- lassung aus dem Staatssekretariat nachzusuchen." Es wird dann ausgeführt, daß Kiderlen-Waechter nie be- sonders fest in der Gunst des Kaisers gestanden habe, und daß auch seine Beziehungen zum Reichskanzler nicht immer un- getrübt waren. Der Kanzler betrachtet das Gebiet der Aus- wältigen Politik als eine Domäne, deren Bewirtschaftung seinerStaatskunst" bedürfe. Besonders die Frage der deutsch -englischen Beziehungen werde vom Reichskanzler als Steckenpferd geritten, und die in dieser Hinsicht geführten Verhandlungen habenteilweise unter einer ziemlich brüsken Umgehung des Staatssekretärs" stattgefunden. Das alles hätte Kiderlen-Waechter amts- müde werden lassen. Inwieweit auch das Schicksal des Herrn Mermuth mitbestimmend auf die Rücktrittsabsichten gewirkt habe, könne dahingestellt bleiben, aber dessen Behandlung habe weit über die Kreise der höheren beamteten Persönlichkeiten hinaus eine tiefgehende Verstimmung gegen den Kanzler erzeugt. Schließlich meint der Mitarbeiter derPost" sogar, daß die Entscheidung über die Krise wohl schon gefallen sei, sonst piirde beb Kaiser jetzt nicht seine Reise nach Korfu antreten. . Nach unseren Informationen trifft diese Vermutung sticht zu»' die Krise ist nicht beendigt; das Duell Bethmann Hollweg Tirpitz ist nur etwas hinausgeschoben, weil der Kaiser reisen möchte._ Das Reichstagspräfidium bei Hofe. TonnerStqg mittag waren die drei Reichstagsprästdenten bei Wilhelm IL Nach dem Bericht hat der Kaiser dem Präsidenten seine besondere Befriedigung über die rasche Beilegung des Kohlenarbeiter st reiks ausgesprochen. Er hoffe, daß der Streik keine allzu große Schädigung für die deutsche Volkswirtschaft gebracht habe. Nach einem Hinweis auf die schweren Arbciterkämpfe in England sprach der Kaiser dann die Hoffnung au§. daß es bald gelingen werde, die neue Wehrvorlage im Reichstage zur Annahme zu bringen. Nach anderen Berichten berührte Wilhelm IL auch die Flottenrede Churchills und wies aus die Richtigkeit der seit zehn Jahren von Deutschland verfolgten Flottenpolitik hin- Das Gespräch war sehr einseitig. Eine lebhaste Diskussion konnte sich nicht entwickeln, da die empfangenen Herren sich allzu große Reserve auferlegten., So unterließen sie eS, darauf hinzuweisen, daß der Streik z u- gunsten derZechenherren beendigt worden ist, woran neben dem Verrat der klerikalen Regierungspartei die Entsendung des Militärs die Schuld trägt. Ebenso wenig haben die Herren Wilhelm IL darauf aufmerksam gemacht, daß die bon ihm irrtüm­licherweise für richtig gehaltene deutsche Flottenpolitik zu dem Rüstungswahnsinn geführt hat, der eine beständige Bedrohung des europäischen Friedens darstellt. Trotzdem die Herren dies alles unterließen, haben sie aufs neue gezeigt, daß diese Art Empfang nur ein höfischer Hul- d i g u n g S a k t ist ohne jeden politischen Sinn, der ihn rechtfertigen könnte. Die beiden Fortschrittler. die dem Präsidium angehören, haben übrigen» um den Empfang nicht nachgesucht. Herr P a a s ch e scheint sich da allein bemüht zu haben. Als die Herren Kaempf und Dove aber gefragt wurden, ob sie trotz der Abweisung, der sie Herr v. BethmannS Haltung ausgesetzt hatte, der Einladung Folge leisten würden, haben sie zugestimmt. Jinmerhin hat die Haltung der Sozialdemokratie also so viel bewirkt, daß diesmal sich nicht da» Präsidium an den Kaiser, sondern der Kaiser oder Herr v. Bethmann in seinem Nebenamt als Oberhofzermonienmeister sich an das Präsidium bemühen mußte._ Ter 21. März 1871. Am 18. Januar 1871 wurde das Deutsche Reich , in Wirklich- keil ein komisch gemischter Staatenbund mit Separatkonzessionen und royalistischer Spitze, ohne daß das Volk gefragt worden wäre, in Versailles durch eine Fürstenfeierlichkeit neu gebore» Erst danach wurden die Verträge den Kammern der einzelnen Staaten zur Ratifikation vorgelegt. Die vor Versailles erfolgte Anfrage des freikonfervativen Führers Friedenthal im norddeutschen Reichstag, ob das deutsche Volk nicht ein Oberhaupt bekommen werde und ebenso der dreißigköpfige DeputationSzug unter Lasters Führung nach Versailles waren nichts weiter als reichlich schlecht inszenierte Komödien. Das deutsche Volk sprach zum ersten Male in seiner neuen reichlich schäbigen Einheit am 8. März 1871, bei den Wahlen zum ersten deutschen Reichstag. Am 21. März 1871 wurde der erste deutsche Reichstag eröffnet. Als Vertreter der sozialdemokratische» Arbeiterbewegung Deutschlands saßen Bebel. der in Glauchau -Meerane gegen den bürgerlich demonstrierenden Schulze-Delitzsch glatt siegte, und Schraps in Zwickau - Crimmitschau gewählt, zwischen den frisch begeisterten Patrioten, Trotzdem die Wahl für die selbständig denkende Arbeiterbewegung in die unangenehmste Zeit fiel, brachte sie doch 101 927 Stimmen. Rund 3 Proz. der überhaupt abgegebenen Stimmen. Es entfielen 82 SSÜ aus die Lassalleaner und 88 975 auf die Eisenachcr. Die Lassalleancr brachten drei ihrer Kandidaten in die Stichwahl, in der sie zusammen unterlagen. Die Eisenacher konnten Bebel und Schraps in den Reichstag senden. Die einzige wirkliche Arbeiterpartei, die Sozialdemokratie, hat a m e r st e n Tage im deutschen Reichstage gesessen, sie ist heute die stärkste Partei Deutschlands ! Der Dreiundneunzigste. Deutschland verbraucht wie irgendein anderer parlamen- tarisch regierter Staat sehr viel Minister. Der soeben ab- gehalfterte Mermuth ist seit dem Antritt der Regierung durch Wilhelm Ii. der D r e i u n d n e u n z i g st e! Mit anderen Worten, Wilhelms II. Regierung braucht im Durch- schnitt alle vier Monate einen neuen Minister. Angesichts der Tatsache, daß in diesem Beruf die Nachfrage das Angebot fast inimer überflügelt, muß es verwunderlich erscheinen, wie eifrig gerade unter Bethmann Hollweg , der als Drei- undachtzigster an die Regierung kam, das kündigungslose Ent- lassen der Minister gepflegt wird. Die Dienstmädchen.oder richtiger die Köche der deutschen Steuer- und Reichspolitik scheinen wirklich nicht allzuviel zu taugen oder sind's andere Gründe? Unter Bethmann Hollweg wurde dieHomogenität" ein philosophisches Wort des Ministeriums zehnmal von neuem hergestellt. Es verschwanden: Kriegsminister v. Einem, Kultusminister Holle , durch Tod, Kolonialsekretär Dernburg, Kolonialsekretär v. Lindequist, Mi- nister des Innern v. Moltke, Landwirtschaftsminister v. Arnim, Finanzminister v. Rheinbaben, Minister des Auswärtigen v. Schön, Justizminister Nieberding, Reichsschatzsekretär Mermuth . Bethmanns Positron soll auch wacklig sein. Dem können wir bestimmt widersprechen. Der philosophische Reichskanzler geht erst als Hundertster! Das wäre das einzige Ganze, was von ihm erreicht werden möchte. Der Arbeitsplan des Reichstages. Die gestrige Meldung verschiedener Blätter, wonach im Seniorenkonvent des Reichstags vereinbart worden sei, die Reichs- tagsverhandlungen erst am 29. April wieder aufzunehmen, ist un- richtig. Es ist auch mit Rücksicht auf die Notwendigkeit der Fertig­stellung des Etats kaum Anzunehmen, daß der Reichstag einem etwa auf Verlängerung der Osterferien gerichtet« Antrag der Regie-- rung zustimmen würde. Oeftermch. Abschaffung des Zahlenlottos. Der Finanzminister hat dem Abgeordnetenhause eine Vorlage auf Ersetzung des Zahlenlottos durch die Klassenlotterie eingebracht. Das Zahlenlotto soll allmählig eingeschränkt und dann aufgehoben werden, wenn die Klassenlotterie 20 Millionen Ertrag liefert._ Illustrierte Interpellationen. Unter den mehreren Dutzend Interpellationen, die in jeder Sitzung des Abgeordnetenhauses, auch der Landtage, eingebracht werden, sind immer etliche, die fragen, was die Regierung gegen einen solchen Willkürakt tun wolle, wie es die Konfiskation des folgenden Artikels, Flugblattes, Buches sei.(In Oesterreich gibt es-keine mündliche Begründung der Interpellationen und eine Besprechung nach der Beantwortung ist selten.) Nun kann der konfiszierte Text wieder abgedruckt werden, den» er ist als Be« standteil der Parlamentsverhandlungen immunisiert gegen die Konfiskationsbazillen. Auf diese Weise mußte sogar das Kommunistische Manifest und Wilhelm Busch 'Heiliger Antonius von Padua " freigemacht werden. Nun hat der Oberste Gerichtshof festgestellt, daß auch einer Interpellation beigefügte Bilder nicht mehr verfolgt werden dürfen, was einen wirksamen Schutz der politischen Witzblätter gegen Zensurwillkür bedeutet. Pfäffisches. Im Abgeordnetenhause wurde darauf aufmerksam gemacht, daß im Gegensatz zur strengen Fernhaltung aller anderen Schüler- Vereinigungen die marianischen Kongregationen ge- züchtet werden und daß der Erzbischof Nagl von Wien den Kaiser bestimmt hat, das Protektorat über den Eucharistischen Wblt- kongreh im September zu übernehmen, sowie den inneren Burghof zu einer klerikalen Demonstration herzugeben. franhrdcb. Der Flieger als Reklamekandidat. Marseille , 21. März. Ter bekannte Aviatiker Bedrines, der bei den Kammerwahlen im Departement Aude durchgefallen war, hat sich nunmehr entschlossen, die Kandidatur der nationalen Partei in Aix en Prvvince, die er anfangs ausgeschlagen hatte, doch anzunehmen. Er hat bereits angekündigt, daß er morgen in Salon mit seinem Aeroplan erscheinen wird, um mit der Wahl- Propaganda zu beginnen. Englanck. Churchill über die deutsch -englische Flottenverständigung. London , 20. März. Unterhaus. Im Laufe der De­batte ergriff der Erste Lord der Admiralität Churchill das Wort und führte etwa folgendes aus: Murray Macdo- nald hat die Regierung aufgefordert, eine Politik energischer Flotteneinschränkungen einzuschlagen. Ich muß daran er- innern, daß Campbell Banner man einen sehr ernsten Versuch in dieser Richtung in den ersten zwei Jahren seiner Amtstätigkeit gemacht hat. Man hätte glauben sollen, daß nach dieser Einladung nicht durch Worte, sondern durch Taten ein Nachlassen oder wenigstens keine Erhöhung des Flottenprogramms der nächststärksten See- macht eingetreten wäre. Das Bauprogramm dieser Macht wurde jedoch erweitert, so daß in dem Jahre, in dem wir nur zwei Schiffe bauten, die nächststärkste Macht mit dem Bau von vier Schiffen begann. Das ist der Standard zlvei Kiele gegen einen, aber von der umgekehrten Seite. (Heiterkeit.) Ich wünschte, ich könnte mich zu dein Glauben bekehren, daß eine plötzliche Einschränkung von unserer Seite Bestrebungen beseitigen wird, die wir beklagen. Aber ich glaube nicht, daß es geschehe,! würde. Wenn dem so ist, so kann die Admiralität ihrerseits nicht viel tun, um den Wett­streit in den Rüstungen zu verringern. Trotzdem kann sie jedoch drei Dinge tun: Wir können aus unseren Marinedis- kussionen und aus unserer Flottenpolitik Elemente der Un- gewißheit und des Argwohns entfernen. Ich hoffe, das Haus wird einsehen, daß ein Versuch vorauszuschauen und die zu- künftige Lage vorherzusehen, die Wirkung haben wird, die Ungewißheit in unserer Flottenpolitik zu beseitigen, so daß die Notwendigkeit vermieden wird, alljährlich lange und ins einzelne gehende Begründungen und beständige Bezugnahme auf die Baupläne per anderen Mächte anzustellen. Seit einiger Zeit sind Verhandlungen im Gange zwischen England und Deutschland für den Austausch von Informationen über die Flotten, und ich versichere das Haus, daß wir sicherlich sehr froh sein werden, wenn die Verhandlungen zu einem befriedi- genden Ergebnis gelangen. Wir haben in unserem Flotten bauprog ramm durchaus nichts zu verbergen. Wir sind immer bereit und werden immer bereit sein, wissen zu lassen, welche Schisse sich im Bau be- finden und in allgemeinen Umrissen wann diese Schisse voraussichtlich vollendet sein können, vorausgesetzt natürlich, daß wir von der anderen Seite in gleicher Weise informiert werden. Lee fragte, den Minister unterbrechend, ob beabsichtigt sei, diese Mitteilung irgendeiner fremden Macht zu machen, bevor sie dem Parlamente gemacht worden sei. Minister Churchill antwortete: Nein, ivas wir vermeiden möchten, ist die Vermutung, daß sich andere Schiffe im Bau bc- finden, als diejenigen, die in den regulären amtlichen Be- richten ausgewiesen sind. Das Haus weiß, daß in früheren Jahren hierdurch Argwohn und Mißstimmung der- ursacht worden ist. Es würde ein großer Vorteil sein, wenn dieses Element des Argwohns aus den maritimen Beziehungen der beiden Großmächte ausgeschaltet werden könnte, und wir würden auf diesem Wege eine sehr große Strecke zurücklegen, falls uns entsprechende Möglichkeiten von der anderen Seite gewährt würden. Ich hoffe. daß»vir imstande sein werden, den Argwohn zu beseitigen, und schließlich ist es, weim wir unseren Anspruch auf die vor- herrschende Stellung zur See geltend machen, wie wir es zu tun beabsichtigen, auch unsere Pflicht, uns so zu verhalten, daß die anderen Nationen fühlen, daß die Großmacht und die Verantwortlichkeit, die für uns eine Notwendigkeit sind, in einer Art werden angewendet werden, die für keinen eine Drohung ist und eine Fürsorge für alle (trust sield for all).(Lauter Beifall.) Das Unterhaus hat den Mannschaftsbestand d e r F l o t t e, wie er im Etat vorgesehen ist, einstimmig genehmigt._ Die Anklage gegen Tom Mann. London , 21. März. Der Arbeiterführer Tom Mann wurde heute dem Polizeigericht in Salferi vorgeführt unter der Beschuldigung, Soldaten zumUngehorsam aufgereizt zuhaben. Eine Bürgschaftsleitung wurde abgelehnt und Tom Mann aus eine Woche in Untersuchungshaft zurückgeschickt. Das Vorgehen der Regierung scheint, wie man uns aus London schreibt, als ein Beruhigungsmittel für die wilden Streilenten der Scharfmacher gedacht zu sein, die absolut haben wollen, daß die großartige und ruhige Bcrgarbeiterbewcgung ein« Demonstration des in England nur in kümmerlichen Ansätzen vorhandenen Syndi» kalismus ist. Marokko. Ein ernstes Gefecht im Mulujagediet. Paris , 21. März. Wie aus U d s ch d.a gemeldet wird, fand am 18. März zwischen der aus 1500 Mann Futztruppen, Reiterei und Artillerie bestehenden Kolonne des Majors Pinoteau und dem durch die UIed El Hudji verstärkten Stamme der Beni Urain auf dem rechten Muluja -Ufer ein überaus heftiges Gefecht statt. Erst nach sechsstündigem Kampfe zogen sich die Marokkaner, die be- irächtliche Verluste erlitten hatten, aus dem Gebiete des Muluja zurück. Die Franzosen hatten� zehnTote. Eue der parte!* Weitere Gemeinde-Wahlsiege in Schlesien . In Peterswaldau wurden in der drittenAbteilung einMandat behauptet und ein neues erobert. Die Gegner erhielten 119, unsere Genossen 385 Stimmen. In WeigelSdorf wurde ein Genosse gewählt. Damit zieht der erste Sozialdemokrat in die Gemeinde- Vertretung ein. In Rausse, Kreis Neumarkt , wurde ein zweiter Sozialdemokrat gewählt._, Eine mißglückte syndikalistische Quertreiberei. Paris , 14. März.(Eig. Ber.) Der Gewerkschaftskongreß in AmienS hat bekanntlich erklärt, daß die Arbeitskonföderation alle Arbeiter ohne Unterschied ihrer politischen, religiösen oder philo« sophischen Meinungen vereinigen will. Dieses Prinzip der Neu- tralitäl steht aber freilich für manche Syndikalisien nur auf dem Papier nämlich für jene, die im Syndikalismus ein Mittel sehen, die sozialistische Partei zu unterminieren und die Arbeiterschaft dem anarchischen KonfusioniSmus zuzuführen. Als nun der sozialistische Parteitag in Lyon eS zurückgewiesen hatte, die Genossen Compöre- Morel und CheSquisre wegen ihrer im Parlament am 2. Dezember vorgebrachten Erklärungen gegen die von den heutigen Konföderationsleilern bevorzugte Taktik derdirekten Aktion", der Sabotage usw zn verurteilen, erklärte� dieBataille Syndicaliste", die sozialistische Partei habe damit der C. G. T. denKrieg erklärt" und in Paris wurde eine Agitation unternommen, die darauf hinauslief, die der Partei angehörenden Gewerkschaftsmitglieder zum Austritt zu bewegen. Die Unredlich­keit dieser Agitation wird durch die Tatsache beleuchtet, daß sie den Parteitagsbeschluß, der ausdrücklich die Autonomie der Gewerkschafts- organisation anerkennt, nach ihrem Bedürfnis umlog; ihre demago- gische Ordinärheit durch den widerlichen Skandal, der vor ein paar Tagen i» einer Versammlung von Gemeindewählern eS dem Ge­nossen Compöre-Morel unmöglich machte, zugunsten der Partei« kandidaten zu reden. Die alsSyndikalisten " verkleideten Anarchisten möchten also das Neutralitätspnnzip durch eine gegen die sozialistische Partei gerichtete Ansnahmeverordnung einschränken und von allen Meinungen" nur diejenige mit dem Bonn belegen, die den derzeit im Konföderätionskomitee vorherrschenden Tendenzen die in der Ge« Werkschaftsinternationale vorherrschenden vorzieht. Der erste Angriff dieser Gruppe ist indes ohne Mühe abgeschlagen worden. Für die gestern von den Propagandisten der Parteidesertion einberufene Versammlung hatte dieBataille Syndicaliste" ihre Freunde zusammengetrommelt. Allzustark besucht war die Versamm- lung nicht, es waren zwischen 200 und 300 gewerkschaftlich organi- sierte Parteimitglieder da, sie fand allerdings in dem von den Arbeitervierteln weit entlegenen Stadlzentrum statt. Vermutlich aber hat die große Mehrheit der sozialistischen Gewerkschaftler das Gezänk satt. Uebrigens auch die Mehrheit der gestrigen Versammlung. Sie spendete nämlich dem Genossen Fiancelle, dem Sekretär der Chauffeurgewerkschaft lebhaften Beifall, als er gegen das Klüngelwesen in der Arbeiterbewegung sprach und nahm eine von ihm eingebrachte Resolution an, die erklärt: Die versammelten sozialistischen Gewerkschaftler nehmen den Kongreßbeschluß von Lyon zur Kenntnis, der die früheren auf die Gewerkschastsorganisationen bezüglichen Kongreßbes-blüsse. die die Autonomie der gewerkschast- lichen und politischen Organisation der Arbeiterklaffe fortbestehen lasten und rufen:Hoch die Arbeiterorganisation". Die betrübten Lohgerber derBataille Syndicaliste" geben heute ihrem Aerger dadurch Ausdruck, daß sie von einer Mittfasten-Resolu- tion sprechen, die dem Fastnachtskougreß gefolgt sei. Diese Unan- ständigkeit wird wahrhaftig dadurch nicht geringer, daß sie sich gegen den Führer des bestorgaiiisierten aller Pariser Ausstände ricktet. der mit vollem Recht gestern auf den Vorwurf des Reformismus Fiancelle ist ein alter GueSdist antworten konnte:Der Reformist, der ich bin, hat in seinen Aktiven mehr Streiktage als die be- deutendsten revolutionären Förderationen der C. G. T."