Nr. 71.

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Vorwärts

Berliner Volksblaff.

29. Jahrg.

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Zelegramm Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt Morigplatz, Mr. 1983.

Werbet nene Anhänger!

4 Millionen Wähler und 110 Mandate zeugen davon, wie wenig historischen Sinn unsere Gegner ent­wideln, wenn sie von der Sozialdemokratie als einer„ borüber­gehenden Erscheinung" sprechen. Im Gegenteil! Immer mehr bricht sich in den breitesten Schichten des Voltes die Erkenntnis Bahn, daß einzig und allein die Sozialdemokratie es ist, die die Intereffen der Ausgebeuteten und Unterdrückten bei jeder Gelegenheit vertritt. Der

Sonntag, den 24. März 1912.

Volksschule und Reaktion.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morihplatz, Nr. 1984.

Seß, daher die fulminante Rede des konservativen Herrn Heckenrot, daher der geradezu geifernde Denunziations­ausbruch des Zentrumsgrafen Strachwiß, daher das ganze

Die Debatten, die in den letzten Tagen im preußischen Entrüstungsgeheul der blauschwarzen Reaktion samt ihrer Mit ganz vorzüglichem Erfolge hat sich in den Reichstagswahl. Abgeordnetenhause über unser Volksschulwesen gepflogen Anhängfel! Aber auch das wüsteste Entrüstungsgeschrei all Kämpfen die Sozialdemokratie geschlagen. wurden, berrieten jedem Kenner der Verhältnisse und jedem dieser Verteidiger des beschränkten Untertanenverstandes und Aufmerksamen die Leidenschaftlichkeit, mit der der gottgewollten kapitalistischen Ausbeutung wird die Tat­gegenwärtig fast mehr denn je der Kampf umt die Volksschule fache nicht zu verdunkeln vermögen, daß faktisch die soziali­geführt wird. stischen Volksschul- und Erziehungsziele sich durchaus Auch hier ist es die Sozialdemokratie, sind es die so- deden mit jenen pädagogischen Idealen, für die zialistischen Bestrebungen, die den Mittelpunkt des Kampfes gerade der vorgeschrittenste Teil der Lehrer bilden. Das trat auch äußerlich mit unverhülltester Deut- elbst jederzeit eingetreten ist! lichkeit hervor. Ein ehemaliger Lehrer, Genosse Heinrich Leider trugen die Reden der fortschrittlichen Schulz, hat die sozialistischen Forderungen an die Volksschule Landtagsabgeordneten eher dazu bei, diese unbestreitbare Tat­in einer umfangreichen, von uns bereits früher gewürdigten fache zu verdunkeln, als in das gebührende Licht zu setzen. Die Schrift niedergelegt. Und diese Forderungen des ehemaligen Herren Kopsch, Schepp, Ernst, oder wie die freifinnigen Land­Lehrers und jezigen sozialdemokratischen Abgeordneten find tagsredner heißen mögen, standen in dieser Beziehung an von der pädagogischen Presse mit einer verständnis- prinzipiellem Bekennermut und pädagogischer Konsequenz und vollen Sachlichkeit und einer Anerkennung besprochen worden, Einsicht weit hinter der Lehrerpreise zurüd. die das Scharfmachertum in die lebhafteste Besorgnis verfekte. Daß die Herren sich trotz der Tatsache, daß es unter den Eine sozialistische Schrift, die den Beifall und das Interesse Lehrern einen immerhin nicht geringen Prozentsaz von über­der größten Lehrerorganisation findet welches Schrecknis zeugten Anhängern der Sozialdemokratie gibt, zu deni für unsere Staatserhaltenden, die doch die Lehrerschaft gar iämmerlichen Zugeständnis bequemten, das frei­zu gern dazu benutten, um wenigstens die heranwachsende lich fein Lehrer Sozialdemokrat sein dürfe, ist für eine Jugend gegen die Weltanschauung des Sozialismus einzu- fortschrittliche Partei unglaublich beschämend! nehmen! Daß die freifinnigen Herren Lehrer im preußischen Abge­

Stimmenzuwachs von einer Million

gibt für diese Tatsache das beste Zeugnis. Nicht zuletzt ist das Gebiet Groß- Berlins an dem ge­waltigen Anschwellen der sozialdemokratischen Stimmen beteiligt. Hunderttausende Berliner wähler haben durch ihre Abstimmung dokumentiert, daß sie sich eins fühlen mit den politi­schen und wirtschaftlichen Forderungen unserer Partei; sie haben vor der Wahlurne flammenden Protest erhoben gegen das ganze System geistiger und physischer Unterdrüdung Jezt nach den Wahlen gilt es, die vielen Tausende neuer An­hänger zu zielbewußten Sozialdemokraten

heranzubilden. Die nimmer müde Agitation unserer Genoffen wird auch hier nicht versagen; wissen wir doch, daß jeder neue über zeugte Anhänger unserer Partei ein dauernder Verlust für den auf Ausbeutung der Massen aufgebauten Klassenstaat ist. Der Vorwärts"

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B

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So begreiflich diese Empörung der scharfmacherisch- ordnetenhause bemüht sind, gerade für den Fortschritt die pfäffischen Kreise auch war, so begreiflich war andererseits möglichste Propaganda zu machen, fann ihnen natürlich kein auch die vielfach zustimmende Beurteilung, die das Buch Mensch verdenken. Aber daß sie für die Lehrer das Recht unseres Genossen gefunden hat. Waren es doch die Forde- preisgeben, sich zu einer politischen Auffassung nicht rungen der fortgeschrittensten, pflichtgetreu- nur im geheimen, sondern auch öffentlich zu befennen, die esten Lehrerfreise je Ibst, die in dem Buch des so- augenblicklich schon von reichlich einem Drittel der zialistischen Lehrers ihren Ausdrud fanden, waren es doch die Gesamtbevölkerung geteilt wird, berrät eine Erziehungsideale der hervorragendsten Pädagogen der letzten flägliche Rechnungsträgerei gegenüber den Scharfmachern und Jahrhunderte überhaupt, die in diesem Buche in einer den der von ihnen aufgehezten Regierung, die man bei einer ehr­modernen Verhältnissen entsprechenden Formulierung vor­getragen wurden! Die Lehrerschaft und ihre Presse hätte ihre anerkanntesten Theoretiker und ihre ureigensten Forderungen und Ideale schnöde verleugnen müssen, wenn sie den Bostu laten widersprochen hätte, die von Heinrich Schulz in seinem sozialistischen Schulprogramm eingehend und in strengster logischer Gliederung entrollt wurden!

lichen freifinnigen und fortschrittlichen Partei für unmög­I ich halten sollte! Wie auf dem Gebiete pädagogischer Forde­rungen, so bleibt auch auf dem Gebiete selbstverständlicher politischer Konsequenzen der Freifinn im preußischen Abge­ordnetenhause meilenweit hinter. dem vorgeschrittenen Teile der Lehrerschaft selbst zurüd! Und eine politische Oppositionspartei sollte doch wohl einen ganz anderen oppo­fitionellen Wagemut entwideln, als die Fachpresse einer Beamtenkategorie, die dank der brutalen Anmaßung der Re­aktion, aber auch dank der jämmerlichen Feigheit der bürgerlichen Opposition ohnehin zur äußersten Vorsicht gezwungen ist!

aber ist bei dieser Werbearbeit eines der unentbehrlichsten Hilfs mittel; ihm liegt es ob, die verworrenen Fäden des wirtschaftlichen und politischen Lebens aufzuhelfen, die inneren Ursachen der allgemeinen Un zufriedenheit den Lefern zur Erkenntnis zu bringen und sie in die Gedankengänge der sozialistischen Lehre ein zuführen. Um dieser großen und schönen Aufgabe aber gerecht werden zu können, bedarf der Vorwärts" der eifrigen Mithilfe der alten Stampfgenoffen. Sie haben die Pflicht, durch unausgesetzte Die Mehrheit der deutschen Lehrerschaft fordert bei­Werbearbeit neue Abonnenten dem Vorwärts" zu gewinnen, spielsweise längst die Einheitsschule. Sie fordert, daß damit ihm die Verbreitung wird, die er nach den hunderttausenden die Voltsschule nicht wie heute eine Armen- und Proletarier­in Groß- Berlin abgegebennen sozialdemokratischen Stimmen haben schule bildet, sondern die für alle Schüler vorhandene Vor­müßte. bildungsstufe. An diese gemeinsame Volksschule für alle soll sich das höhere Schulwesen organisch angliedern, der- Es ergibt sich also das wahrhaft groteske Faktum, daß gestalt, daß jeder Befähigte ohne Unterschied seiner Herkunft die Lehrerschaft als solche und ihre Presse in ihren pädagogi­Millionenproteft der sozialdemokratischen Wähler und der sozialen Stellung und Vermögenslage seiner Eltern schen Forderungen und in ihrer Beurteilung der sozialen und die höhere Schule absolvieren kann. Die sächsische Zweite politischen Rechte des Volfes und der Lehrerschaft weit verhallt. Die Regierung trifft als politischer Ausschuß der Kammer hat ja denn auch bereits beschlossen, daß sich fünftig radikaler waren, als ihre fortschrittliche Ver­realtionären Klaffe keine Anstalten, den Forderungen der übergroßen in Sachsen an die Volksschule die höhere Schule angliedern tretung im preußischen Abgeordneten­Mehrheit des deutschen Voltes entgegenzukommen. Als aber in den folle, in der auch die Söhne des Proletariats und aller hause! Sollte das daran liegen, daß die freisinnigen letzten Tagen gelegentlich des Bergarbeiterstreits im Minderbemittelten ihren Fähigkeiten gemäß höherer Bil- Redner im Abgeordnetenhause selbst Lehrer und Rektoren Ruhrgebiete die geborenen Gefeggeber des dung teilhaftig zu werden vermögen. sind und sich deshalb vor einer Maßregelung der durch die Herrenhauses gewaltsame Unterbrüdung des Aufstandes ber langten, da war dieses reaktionäre Unterfangen unserer Regierung ein zwingender Befehl. Unter dem Segen der Zentrums­pfaffen, unter dem Jubel der Scharfmacher wurden

Und die Zeiten find wahrlich dazu angetan, die Werbearbeit zu crleichtern. Scheinbar wirtungslos ist der

Infanterie, Kavallerie und Maschinengewehre

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Unsere besigende Klasse in Preußen, unsere Junker unglaubliche fortschrittliche Baghaftigkeit nur gestärkten Re­und das mit ihnen aufs engste verfippte 3'entrum, wissen aktion fürchten? Dann brauchten bei solch figlichen Fragen freilich ganz genau, daß diese erzieherischen Ideale der ia nur freifinnige Vertreter zu sprechen, die sich nicht im großen Pädagogen, zu denen sich auch der vorgeschrittenfte Beamtenverhältnis befinden und infolgedessen der Maßrege­Oder aber: Trifft das Teil der Lehrerschaft bekennt, nicht durchführbar sind, ohne lungsgefahr entzogen sind. in das Streikgebiet entsandt. Und das, trobem bereits ein Heer zugleich große soziale Umwälzungen hervorzurufen. Die Näherliegende zu, daß der Fortschritt auf pädagogischem Ge­von über 6000 Suplenten und Gendarmen gegen herrschende Reaktion ist sich nur zu klar dessen bewußt, daß biete rüd ständiger als die Mehrheit der Lehrer die streikende Arbeiterschaft mobil gemacht worden war. Fast alle die Einräumung des Rechtes auf Bildung an die befähigten und die maßgebende pädagogische Bresse ist? Bei gegnerischen Blätter, vor allem die sogenannte un politische Kinder der proletarischen Klassen nichts anderes bedeutet, als genauerer Prüfung der fortschrittlichen Darlegungen und Bresse, konnte fich nicht genug tun in der schwindelhaften ein Einbruch in die ökonomischen und politi. der fortschrittlichen Redner muß man in der Tat zu dem Schilderung der angeblich von Streifenden verübten Ungefetz- che n Privilegien unferer herrschenden Resultat gelangen, daß die fortschrittliche Lehrerschaft selbst lichkeiten. Allein diese schmähliche Tatsache muß unsere Genoffen lassen überhaupt. Wird sich doch in der Braris längst dem zaghaften Patronat und der zuweilen nur zu dis­anspornen, die neugeworbenen Wähler au Lefern des Bor - nur zu bald herausstellen, daß bei einer vernünftigen Er- kreditierenden Bevormundung durch die freifinnigen Redner wärts", zu Mitgliedern der sozialdemokratischen Organisationen ziehungsmethode die Begabung keineswegs etwas Spora - des Abgeordnetenhauses entwachfen ist! zu machen. Steht doch jezt nach den Wahlen die Sozialdemokratie disches und Außergewöhnliches ist, sondern daß jedes nor- Wer innerhalb der Lehrerschaft für einen rustigen mehr noch als zuvor im Brennpunkt des gesamten politischen Lebens. male Kind bei einer rationellen Entwickelung der ihm inne. Fortschritt der Volksschule und für eine energische Den Reichstagsverhandlungen geben die 110 erwählten Vertreter wohnenden besonderen Fähigkeiten durchaus Anspruch hat erwirklichung der pädagogischen Ziele der modernen des arbeitenden Volkes Leben und Inhalt. auf den Zutritt zu den höheren Schulen. Dem pädago- Lehrerschaft eintritt, follte sich deshalb ernstlich überlegen, Aufgabe des gischen Bedürfnis würde sich dann aber die materielle ob die Fortschrittliche Volkspartei auch fünftig noch als Vor­Unterstützungsbedürftigkeit dieser proletarischen Anwärter fämpferin selbst der ureigensten Lehrerforde= aber ist es, feinen Lesertreis zu unterrichten über die verschiedenen auf höhere Bildung zugesellen, würde also die Aufrollung rungen in Frage kommen fann! aber ist es, seinen Lesertreis zu unterrichten über die verschiedenen der unbequemen sozialen Fragen auf dem Fuße folgen. Unterströmungen, die das gewaltige Ringen um Volfsrechte beein- und das ist ja das Schreckliche! Das, was unsere befizenden trächtigen und hindern. Bwar flein an Bahl, aber groß an Klassen und ihre pfäffischen Klopffechter als Todsünde politischer Macht ist der dem Wolke entgegenstehende reaktionäre fürchten und verabscheuen. Wenn es noch gälte, hier und Barteigenoffen! Jft es Euch ernst mit dem unermüdlichen da der Dekoration wegen an den Handwerker. oder Prole­Starspf gegen die Reaktion? So forgt dafür, daß den Volks. tarierſprößling, als einem weißen Raben, eine ganz feltenen und infolgedessen wenig kostspieliegen Ausnahme­Erkenntnis und Klarheit erscheinung, ein Stipendium zu gewähren, so würden ja auch die Herren Konservativen, Freifonservativen, das Bentrum und der zu diesem Reaktionsblock neigende Teil der Biberalen mit sich reden lassen.

Klüngel.

genoffen

„ Vorwärtz“

über deren politische Ziele zuteil wird. Diese Einsicht kann aber nicht durch Unterſtügung der gegnerischen Preffe gewonnen, sondern nur durch weitere Ausbreitung des„ Borwärts" erreicht werden. Je größer die Zahl der Leser des Vorwärts" ist, um so beffer und vollkommener fann er feiner Bestimmung nachkommen. Der Bestimmung: rücksichtslos und furchtlos die Lebensinteressen des arbeitenden Bolkes zu vertreten!

Werbet neue Anhänger für Ener Kampfblatt!

Keine Aussicht

auf Steuererleichterungen.

Die Hoffnung, daß aus den Kommissionsberatungen des Ab­geordnetenhauses über bie Nobelle au ben Steuergesehen schließlich doch noch etwas für die Minderbemittelten herauskommen werde, ist nach dem Gang der Verhandlungen der letzten Sigung auf Null gesunken. Der Finanzminister hat auf die Frage, ob die Regierung bereit sei, Anträgen zuzustimmen, die Einnahmeausfälle herbei­führen, rund heraus erklärt, sie sei völlig außerstande, das Gesetz Da es sich aber um pädagogische Forderungen handelt, anzunehmen, wenn ihr nicht das an Einnahmen gegeben wird, was die gerade bei konsequent pädagogischer Durchführung ganz fie vorher gehabt hat, mit Ausnahme der Erleichterungen, die sie außerordentlich weit tragende foziale Konsequenzen nach selbst vorschlägt. Daß diese Erleichterungen nicht nennenswert sind, fich ziehen könnten, fühlt sich die gesamte Reaktion durch ist bekannt. Ebenso sicher aber ist es, daß die Mehrheit des Land­das Vorgehen der wirklich ehrlichen und wissenschaftlich konse- tages bon einer stärkeren Heranziehung der Wohlhabenden und quenten Lehrerpresse aufgescheucht wie ein Ameisenhaufen, Reichen zugunsten der Arbeiter und des Mittelstandes nichts wissen in dem man mit dem Stode herumstöbert. Daher der will. So ist es denn kein Wunder, daß die Kommission, die schon wilde Borstoß des ultramontanen Kreisschulinspektors Dr, früher eine Reihe sozialdemokratischer und fortschrittlicher Anträge