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Nr. 71. 29. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 24. Mär 1912

Reichstag.*

84. Sigung. Sonnabend, den 23. März 1912, bormittags 11 Uhr.

Am Bundesratstische: Dr. Delbrüd, kühn. Auf der Tagesordnung steht zunächst das Etatnotgesek.

volle Steuerfreiheit des Zuders,

Hierauf wird die zweite Lesung des Etats des Reichsamts des Innern

beiter biel größer ist. Es liegt hier also ein Interessengegensatz vor. Aber es ist eine maßlofe uebertreibung, zu sagen, daß dieses notwendigen Nahrungsmittels eingetreten. Das Bolt wäre durch die Zugeständnisse an Rußland die deutsche Zuckerindustrie dann in der Lage, für dasselbe Geld wie jetzt das doppelte irgendwie ernstlich geschädigt werden könnte. Die Zuckerpreise Quantum zu sich zu nehmen und damit eine Kräftigung sich werden vom Weltmarkt bestimmt und die zeitweise zu gönnen, die es notwendig braucht; gerade die ärmeren Kreise Fernhaltung des russischen Buders kann vielleicht für den müssen ja heute noch bitteren Bichorientaffee trinken. Den Ar­Augenblick eine unangenehme Konkurrenz bom heimischen beitern der Zuderindustrie geht es nicht gerade glänzend. Sie Markt fernhalten, aber aus ber Welt schaffen läßt sich haben Löhne von 3 M. bis 3,30 M., ihr Durchschnittsjahres­der russische Zucker nicht und daher auch nicht der Druck, verdienst beträgt 593 M.( Hört, hört! b. d. Soz.) Wollen wir die Reichsschazsekretär Kühn: Ich habe die Ehre, Ihnen zum ersten den er auf den Weltmarktpreis notwendigerweise ausüben Buderindustrie, den Zuckerrübenbau heben und dem Volke billigen Male in meiner gegenwärtigen Stellung einen Etat vorzulegen. Das muß.( Sehr richtig! links.) Wir stimmen der Konvention zu, Buder verschaffen, so müssen wir mit scharfem Schnitt sämtliche Gesetz ist rein formaler Natur, das finanzpolitische Erörterungen weil der vertragslose Zustand uns die alte Prämienwirt- Buderſteuern aufheben.( Bravo ! b. d. Soz.) ausschließt. Ich will mich um so mehr solcher Erörterungen haft wiederbringen würde, von der wir froh sind, daß wir Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Vogt- Hall( fons.) und enthalten, als wir ja in einigen Wochen bei der Beratung fie los geworden sind. Ein Teil der Rechten will die Konvention Koch ( Vp.) schließt die Debatte. Die Konvention wird in zweiter der Rüstungsvorlagen folche Verhandlungen auf ablehnen. Gegen ten soll sich diese eigentümliche Demonstration Lesung angenommen. breitester Grundlage pflegen werden. Eines aber zu sagen richten? Auf Rußland wird sie keinen Eindruck machen, und auch ist mir nach den Ereignissen der lezten Tage Herzens- beim deutschen Bolt wird sie wirkungslos bleiben, denn gerade die bedürfnis, und Sie können, wenn Sie wollen, auch darin ein breiten Massen des Volkes hätten unter der Ablehnung Stüdchen Programm sehen: es bedauert niemand lebu leiden. Im Interesse dieser Zuckerkonsumenten liegt beim außerordentlichen Etat: hafter als ich den Abgang des Mannes, der vor auch, daß die Zuckersteuer möglichst möglichst bald herab mir an meiner Stelle gestanden hat und der die all- gefegt wird.( Sehr richtig! links.) Die Herabsetzung fortgesetzt. gemeinen Richtlinien der Finanzpolitik des Reiches meines Erachtens follte schon 1909 erfolgen, wurde dann auf 1910 ber= Abg. Dr. Jaeger( 3.)( auf der Tribüne unverständlich) be­für alle Zukunft in mustergültiger Weise festgelegt hat. tagt und nun ist der Zeitpunkt wiederum bis zum Jahre 1914 gründet eine Resolution des Zentrums auf Vorlegung eines Reichs­herausgeschoben. In diesem Jahre sollen wir eine Besserung wohnungsgesetzes, durch welches die Einzelstaaten veranlaßt werden, Abg. Baffermann( natl.): Das Gesetz gibt im Gegensatz zu der Finanzlage haben als Folge der letzten Reichsfinanzreform. allgemeine Vorschriften zur Verbesserung der Wohnverhältnisse der früheren Etatnotgefegen der Regierung eine allgemeine Ermächtigung. Wir fürchten, daß bei den großen Forderungen, die jetzt für Heer minderbemittelten Volksklassen zu erlassen, die Ausführung dieser Ausgaben zu leisten und nicht nur für ein, zwei Monate. Wir und Marine verlangt werden, 1914 in diesem Hause feine Mehrheit Vorschriften durch besondere Aufsichtsbeamte zu sichern; Geldmittet wollen für diesmal nicht Widerspruch dagegen erheben, wünschen für die Herabsezung der Budersteuer vorhanden sein für den Kleinwohnungsbau zu beschaffen; die Bauordnungen be­aber, daß daraus tein Präzedenzfall gemacht wird. wird. Jedenfalls werden wir abwarten, ob die Regierung ihr hufs Erleichterung und Verbilligung des Kleinwohnungsbaus um­Abg. Fischbeck( Bp.): Uns scheint dieser Umstand doch so wichtig, wiederholt gegebenes Versprechen einlösen wird oder nicht.( Bravo ! zugestalten, insbesondere in den Industriegegenden besondere staat­daß wir die Ueberweisung der Vorlage an die Budgetlom bei den Sozialdemokraten.) liche Kommissionen einzusehen zur Förderung einer sozialpolitisch mission beantragen. Abg. Sieg( natl.): Auch wir meinen, daß dieses Versprechen gesunden Besiedelung in Stadt und Land. Ferner wünscht die Abg. Molkenbuhr( Soz.) schließt sich diesem Under Regierung gehalten werden müsse. Bur Verlängerung der Kon- Resolution Erhebungen über die bisherigen Wirkungen des Erb­vention ist unsere Haltung geteilt. Ein Teil meiner Fraktion wird sie annehmen, ein anderer ablehnen. Ist es richtig, daß Rußland die Konvention dauernd bricht und auf dem Seewege Prämienzuder nach England ausführt?

( Bravo !)

trage an. Das Etatnotgefek geht an die Budget! ommission. Es folgt die

erfte Beratung der Zuckerkonvention. Reichsschapselretär Kühn: Wir haben bei der Verlängerung der Ronvention Rußland einige Bugeständnisse machen müssen. Ich fann mir denken, daß einmal die Zeit kommt, wo die Konvention derart mit Vergünstigungen für Rußland bepadt ist, daß sie für uns jeden Wert verliert.( Sehr richtig! rechts.) Augenblicklich ist dieser Moment noch nicht gekommen, der Vertrag hat sich nur etwas verschlechtert. Andererseits ergibt sich der Vorteil, daß für weitere fünf Jahre die Konsumenten vor der Gefahr hoher 8uderpreise bewahrt sind.

Staatssekretär Kühn: Es handelt sich lediglich um Ge­rüchte. Sollten sie sich bewahrheiten, dann werden wir dieser Um­gehung der Konvention durch Rußland nach drüdlich entgegen treten.

Abg. Dr. Doormann( Vp.): Die Konvention ist noch immer besser als ein vertragloser Zustand und daher nehmen wir fie an. Abg. Dr. Arendt( Rp.): Wir bekämpfen die Verlängerung, die wir gegen diese Bedingungen von Rußland haben erkaufen müssen, meinen aber auch, daß ein vertragloser Zustand noch schlimmer wäre. Redner beantragt, die zweite Lesung heute noch nicht vorzunehmen. Abg. Graf v. Schwerin - Löwik( f.): Ich freue mich, daß der An dem Zustandekommen vor dem 1. April habe nur Rußland ein Herr Schazsekretär anerkannt hat, daß die deutschen Interessenten Interesse. Die Konvention laufe sonst noch bis zum Herbst 1918; für das Zustandekommen der Konvention große Opfer bringen bis dahin könne eine für uns günstigere Vereinbarung erzielt müssen. Hätte die Regierung unter allen Umständen an ihrem werden. Standpunkt festgehalten, so hätte Rußland nachgeben müssen. Die Regierung hat die Interessen der Interessenten besser zu fennen ge­glaubt als diese selbst, sie hat jedenfalls aus internationaler Cour­toisie nicht als Störenfried auftreten wollen. Trogdem fällt es einem Teil meiner Freunde schwer, der Konvention die Nati­filation zu verweigern, was aweifellos das Ansehen der Regierung im Ausland schädigen würde. Der andere Teil wird mit mir gegen die Konvention stimmen.( Bravo ! rechts.) Abg. Bernstein( Soz.):

Abg. Dr. Spahn( 3.): Wir werden dem Abkommen zu stimmen, weil wir nicht die Hoffnung teilen können, daß bei neuen Verhandlungen mehr zu erreichen sein wird.

baurechts.

Förderung des Kleinwohnungsbaus

Staatssekretär Dr. Delbrüd verteidigt das Rundschreiben des Reichsversicherungsamts an die Versicherungsanstalten betreffend Heraufsetzung des Binsfußes ihrer Darlehen. Das Rundschreiben war notwendig, da nach dem Gutachten von Sachverständigen ernste Besorgnis vorhanden war, daß bei einzelnen Versicherungsanstalten bei der bisherigen Anlage der Kapitalien Deckung für die Renten der Versicherten nicht vorhanden sein würde. Doch sollen Kündi­gungen von Darlehen, die zu weniger als Proz. ausgeliehen sind, nicht erfolgen und die Auszahlung von zu einem niedrigeren Binsfuß zugesicherten Darlehen soll auch weiterhin er­folgen. Die Vorwürfe, die man aus einzelnen Entscheidungen allgemein hergeleitet hat, daß das Reichsversicherungsamt Mangel an sozialem Geiste zeige, sind ganz unbegründet.- Ueber die Fra­gen der Wohnungsfürsorge habe ich vor kurzem ausführlich gesprochen. Ich werde natürlich gern bereit sein, an den Ver­handlungen Ihrer Kommission ,, wenn sie gewählt werden sollte, teilzunehmen, um mit Ihnen gemeinsam die Grundsäße zu er­örtern, nach denen wir den zweifellos bestehenden Mißständen auf dem Gebiete des Wohnungswesens entgegentreten sollen.

Abg. Götting( natl.) empfiehlt die Förderung des Klein­Abg. v. Meding( Welfe): Die Konvention ermöglicht Rußland wohnungsbaues besonders durch die bei den Sparkassen und feine Schutzzollpolitik für Buder weiter zu treiben. Ich wundere den großen Lebensversicherungsgesellschaften lagernden Kapitalien. mich daher, daß gerade die Herren von der Linken für die Konvention Abg. v. Morawski( Pole): Es gibt reiche Polen , die gern Geld eintreten. Sollte die Konvention angenommen werden, so hat die für den Kleinwohnungsbau hergeben würden. Aber es wird ihnen Regierung die Pflicht, ihr Versprechen auf Heruntersetzung der Ver- berboten.( hört! hört! bei den Polen .) brauchsabgabe für Buder einzulösen. Abg. Fischer- Hannover( Soz.):

Abg. Graf Schwerin- Löwis( f.): Herr Bernstein hat die deutsche

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Der Vorredner hat der Regierung den Vorwurf gemacht, daß Buderprämienwirtschaft verurteilt- darin stimme ich ihm zu, hat Das Wohnungswesen ist das traurigste Kapitel, das aufge­fie bei den Verhandlungen auf die Bedürfnisse der Interes aber als ganz natürlich angesehen, daß Rußland diese Prämien- schlagen werden kann. Es bestehen auf diesem Gebiete noch geradezu effenten teine Rüdsicht genommen habe. Es scheint, daß der wirtschaft in schärfstem Maße betreibt. Das ist kein sehr bater- chreiende Mißstände. Hier wäre Zeit und Gelegenheit, Borrebner als Interessenten nur die Zuckerfabrikanten und die ländischer Standpunkt.( Sehr richtig! rechts.) Für die Herabfezung dafür zu sorgen, daß genügende Kleinwohnungen gebaut werden. Zuckerhändler betrachtet, aber nicht die Millionen und aber der Buderſteuer bin auch ich immer eingetreten. Statt dessen müssen wir sehen, daß der Zinsfuß der Landesversiche­millionen deutscher 8uderverbraucher.( Sehr gut! rungsanstalten für die Hergabe von Darlehen zum Wohnungsbau links.) Zu den Zuckerverbrauchern gehört auch die zuder von 3 auf Proz. erhöht wird. Das ist im höchsten Grade berarbeitende Induſtrie, die viele deutsche Arbeiter beschäftigt. bedauerlich. Sie mögen allerlei Palliativmittel ergreifen, um das Nun sagt der der Staatssekretär, die deutiche Buderindustrie Wohnungswesen zu beffern. Eine gründliche Aenderung wird erst müsse bei dieser Verlängerung der Konvention große Opfer die sozialistische Wirtschaftsordnung bringen.( Bei­bringen. Man sollte meinen, daß die deutsche Zuckerindustrie durch fall bei den Sozialdemokraten.) die Konvention große Verluste erleidet und sich augenblicklich sehr schlecht steht. Allerdings haben die Rübenbauern unter einer schlechten Ernte schier gelitten. Aber diese Minderernte und die Minderproduktion hat der Buderindustrie eine

Abg. Kleye( natl.) spricht gegen die Konvention. Wäre das Bentrum in Mitteldeutschland gewählt( Heiterkeit), so würde es einen anderen Standpunkt einnehmen als jezt. Der Buderindustrie in Mitteldeutschland geht es zurzeit sehr traurig. An der Prämien wirtschaft liegt uns nichts, aber sorgen Sie zuerst dafür, daß auch Rußland sein Prämiensystem aufgibt.

Abg. Wurm( Soz.):

Abg. Schirmer( 3.): Da können wir lange warten. Weshalb Wenn wir den Einfluß auf Rußland hätten, den Sie uns Redner regt die Einführung einer Mietverlustversicherung an, damit zutrauen, würden wir nicht nur mit der Zuckerprämienwirtschaft, es fünftig fein Risiko mehr ist, kleine Wohnungen zu bauen. bekämpfen die Sozialdemokraten eigentlich die Bodenreformer? sondern mit noch manchem anderen dort aufräumen. Preissteigerung von 10 Mark für den Doppelzentner Sehr gut! b. d. Soz.) Graf Schwerin- Löwiß wird ja dur ch Damit schließt die Debatte. Alle Anträge und Resolutionen gebracht. Diese Steigerung ist größer als der Prozentsaz, um den feine Verbindung mit dem altrussischen Verband 21 Mitgliedern. Der Etat des Reichsamts des Innern ist damit zur Wohnungsfrage gehen an eine besondere Kommission von Die Ernte geringer geworden ist, so daß also die Bucerindustrie mehr Einfluß auf die russische Regierung haben. Die ganzen in diesem Jahre ein ganz ausgezeichnetes Geschäft Bustände sind erst entstanden durch die früher bei uns betriebene erledigt. macht.( Sehr richtig! links.) Die Zuderindustrie beschäftigt Buderprämienwirtschaft. Für die Beseitigung der Zuckersteuer Es folgt die insgesamt nur 29000 Arbeiter und zwar zumeist ungelernte Arbeiter, Treten die Herren erst ein, nachdem ihnen durch das Eingreifen die die denkbar schlechteste Bezahlung erhalten, während des Auslandes unmöglich gemacht ist, die Zuckerprämienwirtschaft Sierzu liegt eine Resolution Behrens( wirtsch. Vg.) und die Zahl der in der zuderverarbeitenden Industrie beschäftigten Ar- fortzuführen. Wir Sozialdemokraten sind von Anfang an für die Schiffer- Borken( 3) bor auf Besserung der Arbeits­

Alexander Herzen.

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erschienen), sagt er von jenem erschütternden Erlebnis, das ihm für immer den Weg wies:

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2. Lesung des Postetats.

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anderen eingeferfert., Schwere Vergehen konnte man den Ver­hafteten nicht nachweisen, aber man drohte mit Tod und lebens­länglicher Zwangsarbeit in Sibirien und verurteilte die Angeklag­ten nach langer Haft zur Verbannung nach einer sibirischen Grenz­stadt. Zwangsweise mußte Herzen als Ranglist Staatsdienste leisten. Erst 1838 wurde ihm durch Verwendung des russischen Thronfolgers ein neuer Aufenthaltsort in der Nähe von Wostau angewiesen. Dort in Wladimir mußte er eine offizielle russische Zeitung redigieren. Ein Jahr später wurde ihm, der sich inzwischen gegen den Wunsch der Verwandten in entschlossener Selbsthilfe mit einer Cousine verheiratet hatte, die Rüdkehr nach Moskau gestattet, und die bedeutete für ihn das Verwachsen mit dem jungen literarischen Rußland , das damals seinen Kampf um Hegel ausfocht und dessen bedeutendster Kopf der Kritiker Be= linski war, den man den russischen Lessing genannt hat. Herzen und Ogarew entschieden sich für die radikale Hegelsche Linke.

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unter

Eine neue Welt war in mir aufgegangen, und ich fühlte bald, daß dieselbe fortan den Mittelpunkt meiner geistigen und 181225. März- 1912. moralischen Existenz bilden werde; ich fühlte, daß ich niemals auf Meranrder Herzen, der vor hundert Jahren in Moskau ge- der Seite der Sieger, der Helden des Kerkers, der Kartätschen und borene Sohn eines russischen Bojaren und einer deutschen Mutter der Galgen stehen werde. Pastels( des Führers der Dekabristen ) bürgerlichen Bluts, war einer der stimmächtigen Ankläger, die den Hinrichtung machte dem Traumzustande meiner findlichen Seele verrotteten politischen und sozialen Zuständen in Europa der ersten für immer ein Ende; fortan war ich im Schlafe und im Wachen Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erwuchsen, und in ihm ver- mit politischen Gedanken erfüllt." förperte sich ein wesentliches Stück der Frühgeschichte des Sozialis- Ein französischer Lehrer, ein alter Jakobiner, führt ihn mit mus in Rußland . Als politischer Wecker und Dränger ist er für maratistischen Erinnerungen in die Geschichte der französischen Rußland etwa das gewesen, was Börne für Deutschland war, und Revolution ein. Mit dem gleichalterigen Freunde Ogarew, der er glich ihm auch darin, daß er aus dem selbstgewählten Exil im ihm fürs ganze Leben verbunden blieb, berauscht er sich an den Auslande her in die Geschide seines Heimatlandes eingriff. revolutionären Gestalten der Jugenddramen Schillers. Die Pläne Zwei Strömungen fennzeichnen die Geschichte des erwachenden des Vaters, den Sohn in die militärische, dann in die Beamten­Rußlands. Die eine wächst heran unter den Einwirkungen der laufbahn hinzugeben, scheitern an dem Widerstande des hartwilligen westeuropäischen Kultur; sie geht darauf aus, die russische Zurüd- Sprößlings; als Student der Naturwissenschaften bezieht er die Aus den Gefahren, die aus der lebhaften Hingabe an diese Be­gebliebenheit aus den Adern des westlichen Fortschritte zu be- Universität Moskau. Als die Universitätszeit endet, weigert Herzen wegung erwachsen konnten, wurde Herzen durch die bangende Vor­reichern. Die andere empfindet diesen Blutzusab als Schädigung sich mehr als je, in den Staatsdienst einzutreten. sicht des Vaters gerissen. Er ließ sich zur Uebersiedlung nach Peters­der eigenen Wesenheit und sucht das Slaventum abzudämmen Es gab damals für Herzen kein geistiges Band mehr, das ihn burg und zur Annahme einer staatlichen Stellung bestimmen. Aber gegen das fremde Europäertum. Herzen gehört der ersten Strömung an das herrschende System feffeln konnte. Ueber alle eingewurzelten che noch ein halbes Jahr verflossen war, berfiel er der geheimen an. Vis in die reife Manneszeit hinein steht sein Leben unter Vorurteile und überlieferten Glaubensfäße hatte er sich hinaus- politischen Polizei. Er wurde daraufhin 1841 nach Nowgorod ver­dem Bann, den Paris und Frankreich ; als Wiege der Revolution gearbeitet. Mit dem individualistisch gefärbten Liberalismus der wiesen. Dort hatte er die Kontrolle zu führen über die auf alle freiheitlich Hoffenden in Europa ausüben. Dann aber, Beit war er fertig. Er war reif für eine neue, von Grund auf polizeilicher Aufsicht Stehenden, und er konnte nun seine unzähli als diese Hoffnungen im großen Jahre 1848 enttäuscht zusammen- andere Weltanschauung, und die gab ihm nun der Saint- gen Erfahrungen über die Zustände im Zarenreich die neue hinzu­brechen, flüchtet Herzens Denten sich gläubig zur russischen Stultur Simonismus mit seiner Auffaffung von der Menschheit als fügen, daß er, der selbst polizeilich Beaufsichtigter war, allviertel­zurück. Den Ausweg zu neuem sozialen Hoffen findet er in jener einem kollektiven Wesen, das sich entwickelt". Das soziale Problem jährlich den Bericht der Polizei über sich selbst attestieren mußte. Sphäre russischen Lebens, die von allem Europäertum gänzlich un- richtete fich vor ihm auf. Zuerst 1832 tamen ihm Saint- Simoni- 1842 gelang es ihm, sich aus dem Staatsdienst zu lösen, und nun berührt blieb. In den russischen Bauerngemeinden meint er ein stische Schriften in die Hände." Feierlich und poetisch erschienen", warf er sich in Moskau in die literarische Bewegung und in die sozialistisches Urelement unverderbt erhalten zu sehen und jetzt wie er sagt, inmitten der vom Geiste der Bourgeoisie erfüllten Kämpfe zwischen Slawophilen und Westlingen. Neben rein lite fich dafür ein, es als ein Vorbild für alle im Sinne neuzeitlicher Welt diese begeisterten Jünglinge. Sie proklamierten einen neuen rarischen, der scharf aufpassenden Zensur gemäß unpolitischen Tozialistischer Wünsche weiterzuentwideln. Diese Anschauung Her- Glauben, in ihnen lag eine Macht, in deren Namen fie vor ihren Studien wagte Herzen damals in dem Roman Wer ist schuld?" en tonnte aber weder im Osten noch im Westen Europas eine Richterstuhl die alte Weltordnung fordern durften." Serge Die Dottor Krupow" schuf er eine bittere Satire gegen die die Schilderung russischer Zustände, und in der Erzählung waffnet mit der neuen Lehre, gab sich diesem Richteramte hin. Herzens Vater, ein reich begüterter Fürst Jafowleff, war in Forderung der freien Rechte der Persönlichkeit für jedermann, der russische Beamtenwelt. Sein Inneres drängte ihn zu offenem, den Anschauungen der Aufklärungszeit aufgewachsen: französische Herstellung des Gleichgewichts zwischen Persönlichkeit und Gesell- lautem Bekennen, es wollte. den schroffen Kampf. In Rußland Lehrer machten ihn zum Voltairianer. Er war ohne Zweifel ein schaft, der leidenschaftsfreien Erforschung der Dinge durch eine hätte der erste Schritt die Selbstvernichtung bedeutet. So blieb nur fester Charakter. Die Mutter feines Sohnes lebte an seiner Seite, realistische Betrachtungsweise- diese Forderungen der Saint- der Weg ins Ausland, und den trat er, als 1846 sein Vater starb, ohne ihm angetraut zu sein. Sie war ihm, dem Aristokraten, der Simonisten haben das Denken und Wollen Herzens im Stern be- mit Mutter, Frau und Kindern an. In einem Abschiedsbriefe aus Standesgründen ein legitimes Ehebündnis vermied, aus Stutt- wegt und gelenkt. Die Stellung, die er dem Leben und Werden schrieb er: gart nach Moskau gefolgt, und er. hielt das Gelöbnis, fie nie ber- gegenüber einnahm, hat er später in einer Reihe erzählender " Ich reiße mich los von meinem Volfe, und doch bleibe ich bei Tassen zu wollen, in unverbrüchlicher Treue. Der Sohn wuchs unter Schriften lehrhaften, moralistischen Zwecks gekennzeichnet in einer ihm, in dessen ganzem Leben ich nur das bittere Weinen des Prole­seinem Einfluß in den Bahnen westeuropäischer Bildung auf. typisch zu verschiedenen Malen wiederholten Gestalt. tariats und den verzweifelten Mut seiner Freunde mitfühle. Ich Der Dezemberaufstand von 1825 wirkte mächtig auf ihn ein. In Der Saint- Simonismus, mit Glut erfaßt und an die Freunde opfere alles der Menschenwürde und dem freien Worte. Hier im ben Lebenserinnerungen( fie find vor einigen Jahren im Verlage weitergegeben, ließ bald das russische Verhängnis über Herzen Auslande bin ich euer unzensuriertes Wort, euer von Wiegandt u. Grieben in Berlin in zwei starken Bänden deutsch hereinbrechen. Im Sommer 1834 wurde er mit Ogaret und freies Organ".

Macht werden.

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