BergarNeiker entsprang Ser Bewegung zur Regelung 8erFrage der abnormen Arbeitsstellen. Und diese Frage mußtein Südwales zuerst austauchen, weil dort die Kohlenflözeweit mehr unregelmäßige, fehlerhafte Stellen aufweisen wiein den änderen Landesteilen. Die geologischen Verhältnissevon Südwales sind ein Faktor, den man nicht aus denAugen verlieren muß. In früheren Iahren, vor dem Acht-stundengesetz, vor der Einführung einer intensiveren Be-tricbsmethodc und dem Zustandekommen gewaltiger Zechen-verbände, wurde die Frage der abnormen Stellen meist infriedlicher Weise durch Vereinbarungen gelöst. Seitdeni istes anders geworden, und daß es gerade Südwales ist, wo sichArbeiter und Scharfmacher zuerst und am heftigsten gegen-überstanden, liegt in der Hauptsache daran, daß es dort mehrNeibungspunkte gibt.Die Unternehmerpresse sucht die syndikalistische„Ver-schwprung", von der sie berichtet, glaubwürdig zu machen,indem sie die sozialistischen Führer der Bergarbeiter, die diegeistigen Führer der Bewegung sind, zu Syndikalistenstenipelt. Aber die Genossen S m i l I i e und H a r t s-Horn, der Generalfeldmarschall und sein Leutnant,wie sie von der Scharfmacherprcsse genannt wer-den, sind alles andere als Syndikalisten. Sie sindbeide tätige Mitglieder der I. L. P., und auch die übrigenBergarbeiterbeamten, die der Bewegung Richtung und Zielgeben, gehören der einen oder der anderen Sektion des eng-lischen Sozialismus an. Was schließlich die Masse der strei-kendcn Bergarbeiter anlangt, so ist es fraglich, ob zehnProzent der Streikenden das Wort Syndikalismus oder einenglisches Aequivalent je gehört haben, geschweige denn ver-stehen.Hinter dem Versuch, den englischen Spießbürger mitdem syndikalistisechn Gespesist zu erschrecken, steckt die Absicht,Stimmung zu machen zugunsten einer Gewaltpolitik, dieman anzuwenden gedenkt, sobald es zu Auseinandersetzungenkommt zwischen den Organisierten und den Unorganisierten,die man jetzt auffordert, die Arbeit wieder aufzunehmen.Die konservative Presse will schon wissen, daß sich die Re-gierung entschlossen hat, in den Revieren eine ArtK r i e g s r e ch t zu proklaniieren, und die Haltung einzelnerministerieller Blätter läßt darauf schließen, daß die Meldungnicht ganz unbegründet ist.Die Mindcstlohn-Bill.London, 26. März. Unterhaus. Obwohl die Unter«Handlungen in Sachen des Kohlenstreiks noch fort-dauern, hat der Staatssekretär des Innern, Mac K e n n a,angekündigt, daß die Regierung entschlossen sei, heute mit der Be>ratung der Mindcstlohnbill fortzufahren. Die Beratung derBill wurde infolgedessen vor überfülltem Hause wieder auf-genommen. Hierauf ergriff Long, einer der Führer der Kon-serbativen, das Wort. Er beantragte Vertagung der Debatte,indem er auf die Schwierigkeit hinwies, die Bill zu erörtern,während die Konferenz außerhalb des Hauses noch fortgesetztwürde. In diesem Augenblick kehrte A s q u i t h von der Kon-ferenz zurück und ergriff sofort das Wort. Er erklärte, die Re-gierung bleibe bei ihrem Beschluß, keine Zahlen in die Bill ein-zufügen.(Beifall.) Gr glaube nicht, daß, wenn man das Landim ganzen nehme, ein Minimallohn von 6 Schilling für den Tagunvernünftig sei. Es sei jedoch besser, wenn der Lohn in jedemDistrikt gesondert festgesetzt würde. Er habe beiden Parteien denVorschlag gemacht, daß diese Frage gesondert behandelt werde, dochsei sein Vorschlag von keinem der beiden Teile an-genommen worden. Die Regierung habe die Bill in derHoffnung verschoben, daß, da man sich im wesentlichen so nahegekommen sei, ein Ucbereinkommen zwischen den beiden Parteienerreicht werden könne. Die Regierung habe mit Nachdruck und AuS-dauer gearbeitet, er bekenne aber mit schwerer Enttäuschung, daßihre Arbeiten bisher erfolglos gewesen seien. Er sage' jetzt beiden Parteien, daß sie, wenn sie im allerletzten Augenblicknicht zu einem vernünftigen Ucbereinkommen über einen Punktgelangten, sie eine sehr schwere Verantwortung vor dem Lande aufsich nehmen würden.Asquith schloß, die Negierung habe alle» getan, was sie konnteund habe den gesetzgeberischen Eingriff bis auf den letzten nurmöglichen Augenblick hinausgeschoben. Was auch das Ergebnis derVerhandlungen der jetzt tagenden Konferenz sein werde, es seidringend erforderlich, daß die Bill Gesetz werde. Wenn dieBill angenommen werde, und wenn den Arbeitern unter Tage einangemessener Mindest lohn garantiert werde, dervon einer unparteiischen Stelle bestimmt werde, dann werde eineFortsetzung des Streiks den dafür Verantwortlichen eine Verant-wortlichkeit aufbürden, der sie sich schwer würden entledigenkönnen. Die lltegierung habe alles, was sie an Ueberredung, anGründen und an Einfluß in der Verhandlung zur Verfügung habe,erschöpft und empfehle jetzt diese Bill dem Hause dringend als diebestmögliche Lösung in dem großen Notstand. Siebeanspruche, t«ß sie im öffentlichen Interesse mit vollkommenerAufrichtigkeit und Unpartcilicksteit ihr bestes getan habe.(Asquithsprach im Tone tiefster Erregung; zeitweise sank seine Stimmezu einem Flüstern herab und das HauS hörte ihn im tiefftenSchweigen an.)Bonar Law gab seiner tiefgefühlten Sympathie mitASquith Ausdruck und erklärte, er hoffe, daß die Bill die KrisiSbeenden werde und die Arbeiter unter den in der Bill enthaltenenBedingungen die Arbeit wieder ausnehmen würden. Aber wiewird sich die Lage gestalten, fragte er, wenn sie es nicht tun? DieRegierung hat sicherlich das Recht, den Mitgliedern des Berg-arbeiterverbandes vorzuhalten, daß sie nicht bloß Ver-bandsmitglieder sind, sondern auch Staats-b ü r g e r. Wir verlassen uns darauf, daß sie dem Gesetz gehorchenwerden, und wir erklären ferner: wenn nicht die GefellschaftS-ordnung in Stücke gehen soll, so müssen alle Hilfsmittel des Landesaufgeboten werden, um jeden, der dem Gesetz zu gehorchen wünscht,vor Belästigung zu schützen. Ramsay Macdonald erklärte,das Streben der Arbeiterpartei nach Frieden sei fortgesetzt be-hindert worden durch die Bergwerksbesitzer, deren Pflicht es jetztsei. den Arbeitern entgegenzukommen und einem Abkommen zu-zustimmen, das es den Arbeiterführern ermögliche, jene anzu-weisen, zur Arbeit zurückzukehren. Wenn sich die Bcrgwerksbesitzerdieser Pflicht entzögen, so würde die Verantwortung für jede hier-aus entstehende Stockung der Arbeit auf ihnen lasten.(Beifall beider Arbeiterpartei.)Der Vorschlag der Arbeiterpartei, in die Bill den Mindestlohn-satz von B Schilling einzufügen, wurde mit 326 gegen 83 Stimmenabgelehnt..'JSacb dem Kampf im Ruhrgebiet.Der Vorstand des Bergarbeiterverbandes hatte am letztenSonntag für das Ruhrrcvier vier kombinierte Bezirks-konferenzen einberufen. Die Konferenzen waren zusammenvon zirka 1000 Bcrbandsfunktionären besucht. Der Zweck derKonferenzen war. nach Abschluß de« Kampfe« eine Ausspracheherbeizuführen und die Unterstützungsfrage sowie sonstige mit demKampf im Zusammenhang stehende Fragen zu erörtern und Richt-ltnicn für die zukünftige Agitation festzulegen. In einem kurzenReferat wurde noch einmal der Verlauf des Bergarbeiterstreikszusammengefaßt und als nächste Aufgaben für den Verband be-zeichnet, daß durch eine planmäßige Agitation der verräteri-schen Haltung der christlichen Gewerkvereins-l e i t u n g sowie der arbeiterfeindlichen Presse entgegengetretenwerden müsse. Auf diese Art und Weise müsse es gelingen, denVerband weiter zu festigen und ihm neue Kämpferzuzuführen. Ferner soll in den Mitgliederversammlungendurch Halten von Vorträgen zur Schulung und Erziehung derMitglieder beigetragen werden.Die sich an die Referate anschließende Diskussion zeigte inallen Konferenzen ein höchst erfreuliches Bild innererFestigkeit und Geschlossenheit. Ueberall kam zumAusdruck, daß es zu begrüßen sei, daß der Verband den Kampfgewagt habe. Es habe sich jetzt gezeigt, wo die wahren Arbeiter-zersplitterer säßen. Aus allen Zahlstellen wurde berichtet, daß dieMitglieder die durch den Kampf geschaffene Situation zu würdigenwissen. Durch geschlossenes Eintreten aller Funktionäre würdees möglich sein, der wüsten und niederträchtigen Agitation der„Christlichen" und der Zentrumspresse entgegenzuwirken. Ausallen Bezirken deS Ruhrreviers wurde gemeldet, daß nach demStreikabbruch zahlreiche Mitglieder des„christ-lichen" Gewerkvereins ihren Uebertritt zumVerband erklärten. Von Mutlosigkeit könne unter denVerbandsmitgliedern keine Rede sein.Im ferneren Verlauf der Konferenzen wurde die Unter-stützungsfrage erledigt; die näheren Bekanntmachungenwerden in den einzelnen Zahlstellen erfolgen. Die in dieser Fragegefaßten Beschlüsse des Verbandsvorstandes wurden allseitig gut-geheißen.Schließlich wurde noch vereinbart, daß am Sonntag, den31. März, im ganzen Ruhrrevier große Versammlungenswttsinden sollen, um der Oeffentlichkeit noch einmal da? wahreverräterische Verhalten der Arbeiterzersplitterer vor Augen zuführen.Der Verlauf dieser Konferenzen beweist, daß die Hoffnungder Arbeiterfeinde, der Bcrgarbeiterverband würde aus dieser Be-wegung geschwächt hervorgehen, nicht in Erfüllung geht. DieDrachensaat der„christlichen Arbeiterführer" wird aufgehen, siewerden aber wenig Freude daran erleben. Für die Bergarbeitergibt es nur eine Parole und die lautet: Hinein in denVerband und heraus mit der arbeiterfeindichen Presse aus denArbeiterwohnungen IDer Bergarbeiterverband und die Streikjustiz.Die schon erwähnt« Beschwerde, die der Bcrgarbeiterverbandtelegraphisch an den preußischen Justizminister gerichtet hat. umdie eigenartige Praxi», dre im Ruhrrevicr gegen angeschuldigteStreiksünder zur Anwendung gelangt, zu beseitigen, hat folgen-den Wortlaut:„Der unterzeichnete Verband legt Beschwerde ein gegen dasVerfahren der hiesigen Staatsanwaltschaft bei Behandlung derStrafsachen, die aus Anlaß deS Streiks anhängig gemacht sind.Angeklagte, die geringfügiger Delikte beschuldigt sind, werdenIvegen angeblicher Kollusionsgefahr und Fluchtverdachts verhaftet.Nach zwei, drei Tagen erhalten sie die Anklageschrift mit einerErklärungsfrist von 24 Stunden und einer gedruckten Aufforderung,auf diese und die achttägige Ladungsfrist zu verzichten. Die An-geklagten, denen di« Tragweite des Verzicht? natürlich nicht be-kannt ist, geben durchweg dies« Erklärung ab, worauf Terminzur Hauptverhandlung aus den nächsten oder übernächsten Tag an-gesetzt wird. Es wird hierdurch d«n Angeklagten unmöglich ge-macht, sich sachdienlich zu verteidigen. Sie haben weder Zeit, ihrenAngehörigen Nachricht zu geben, damit diese einen Verteidigerwählen, noch können sie selbst in der oft nur 12stündigen Fristzwischen Ladung und Termin irgendwelche zu ihrer Entlastungund Verteidigung dienende Maßregeln ergreifen. ES ist vorge-kommen, daß Angeklagte telegraphisch ihren Frauen den Terminmitteilen mußten, damit diese noch eine halbe Stunde vor derVerhandlung Schritte zur Verteidigung tun konnten.— Ebensowie hier in Bochum verfährt die Staatsanwaltschaft in Dortmund,Essen und Duisburg.Wir bitten Ew. Exellenz, die Staatsanwaltschaft sofort an-zuweisen, von diesem Verfahren Abstand zu nehmen, das sich viel-leicht im Rahmen des Gesetzes bewegt, aber dem Zweck des Gesetzessicher nicht entspricht."Der Streik in Hannover.Der Streik der Bergleute am Deister bei Hannover undim Schaumburg-Lippischen Gebiet dauert unverändert fort.Ter Bergfiskus geht mit denselben rigorosen Mitteln vorwie die Kohlenbarone des Westens. Im Laufe der vorigenWoche sind nicht weniger als 1715 Bergleute am Deister durcheingeschriebenen Brief benachrichtigt worden, daß sie a u s d e rBelegschaftsliste gestrichen sind. Am Deisterarbeiteten am Sonnabend nur 591 Mann, meistens Leute,die über Tage beschäftigt sind. Die geringe Zahl der unter-irdisch beschäftigten Leute reicht kaum aus, um Kohlen zumSelbstverbrauch zutage zu fördern. Die Strecken gehen meistzu Bruch. Im lippischen Werk beträgt die Zahl der Streiken-den nahezu 1900 Hier ist man ebenfalls mit der Streichungaus der Belegschaftsliste vorgegangen.Die Bewegung in Böhmen.AuS einer eingehenden Darstellung des Verlaufs der Bewegungder Braunkohlenbergarbeitcr in Nordwestböhmen durch dieUnion der Bergarbeiter Oesterreichs ergibt sich zunächst die unheil-volle Zersplitterung dieser Arbeiterschaft. Nur in demisolierten Ltebier von Falkenau-Elbogen umfaßt die Union dengrößten Teil der Arbeiter, obgleich auch dort ein Teil dem„frei-sozialistischen" Wirrkopf, Stänker und Unternehmerfreund SimonStarck, zum Teil aus alter Anhänglichkeit in besserer Zeit, folgt.Dagegen ist die Union im Gebiete von Tepljtz-Brüx-Dux durchden tschechischen Separatismus und durch die terroristische Auf-züchtung der deutsch-national-gelben„Organisation" durch dieUnternehmer, sowie durch tschechisch-nationalistisch-.,anarchistische"Treibereien bedeutend geschwächt worden. Die Arbeiterzersplit-terung gibt also der im Ruhrrevier nichts nach, wenn auch einechristlich« Organisation kaum vorhanden ist. Indessen haben alleGruppen den Willen, diesmal gemeinsam zu operieren. Freilichkommt eS darauf wenig an, da durch die von allen Seiten be-triebene Hetze gegen die Gewerkschaft die Disziplin und Kollegin-lität unter den Arbeitern sehr gelitten hat. Als daher am17. d. M. die Unternehmer alle Forderungen ablehnten, kam es— gegen den Willen der Vorstände und ehe noch das staatlicheRevier-Bergamt seine VermittelungSaktion, zu der es sich sofortbereit erklärt hatte, begonnen hatte— zu zahlreichen wilden Streiks.Dies ist namentlich auf dcy Zechen des Gebiets von Brüx ge-schehen, wo von jeher eine stark anarchistisch gesinnte Arbeiter-masse lebt.(Was übrigens bezeichnenderweise den Sieg derZcchenkandioaten bei den Parlamentswahlen nicht hindert!) Der28. März wird auch für die verbandstreuen Arbeiter der Ent-scheidungstag sein»Im Kladnoe.r GieinkoHlenretner, sowie in demmährisch-schlesischcn Becken von Ostrau-Karwin sind ebenfallsForderungen überreicht. Die Regierung hat überall Gendarmenkonzentriert, nach Ostrau auch bereits Militär entsendet.Prag, 26. März.(W. T. B.) Die Lage im Kohlenrevier istfolgende: In Kladno und Schlan ist der Betrieb normal. JaAussig wird in 14 von 15 Schächten, in Falkenau auf zwölf von32 Schächten gestreikt; von 7083 Arbeitern streiken 2300; auf zweiSchächten ist der Ausstand beigelegt. In Teplitz wird auf 17 von25 Schächten, im Brüxer Revier auf 20 von 31, in Tux aufsämtlichen 42 Schächten gestreikt; in Karlsbad auf dem Poldischachtsind 200 Arbeiter ausständig.Volitiscke(leberltckt.Berlin, den 26. März 1912.Zuckerkonvention und Postetat.Die letzte Arbeitswoche vor den Ostcrferien hat begonnen,und es ist jetzt schon sicher, daß diese Tage noch ernste An-strengungen bringen werden, wenn nämlich die Absicht durch-geführt werden soll, vor Ostern den ganzen Postetat und denEtat der Reichsdruckerei zu erledigen.Die Beratung des Postetats, dessen Generaldebatte mitSonnabend mit der Rede des Genossen Zubeil begonnenhatte, wurde heute unterbrochen mil der dritten Lesung derZuckcrkonvention. Noch einmal versuchteil die unentwegtenAgrarier, gegen das Gesetz anzukämpfen. Seit dem Tage derersten und zweiten Lesung sind ja auch die Wenigen, die zuder geringfügigen Konzession bereit waren, von der„Deut-schen Tageszeitung" in der geeigneten Weise scharf gemachtworden, und heute war die ganze konservative Fraktion mitsamt dem Ueberbleibsel der seligen Neichspartei in der Oppo-sition.Die Abgeordneten Dr. Arendt, Graf K a n i tz undder Nationalliberale Kleys suchten das Zentrum umzu-stimmen und mahnten es an das freundschaftliche Verhältnis.Herr Dr. Arendt legte besonderen Wert darauf daß dasVerhältnis Englands zur Konvention ungeklärt sei. Daraufwurde ihm vom Reichsschatzsekretär die englische Erklärungentgegengehalten, daß man dort an der bisherigen Politiknichts ändern wird. Viel wirksamer wies Genosse Bern-st e i n auf die Sünden der deutschen Absperrungspolitikhin: Diejenigen, die jetzt— wie Arendt und Kanitz— überdie Gefahr eines immerhin denkbaren Sieges der Chamber-leinschen Unionisten in England räsonieren, tun selber durchdie maßlose Steigerung der Rüstungen alles, um dieser Rich-tung neuen Agitationsstoff und neue Kräfte zuzuführen. Ge-nosse Bernstein benutzte wieder die Gelegenheit, um erneut zubetonen, daß uns die Konvention als das kleinere Uebelerscheint, im Vergleich zu der Prämienwirffchaft.Der Pole G r a b S k h sprach gegen, der FortschrtttlerDr. D o o r m a n n für die Konvention, die auch gegen dieRechte angenommen wurde, nachdem nahezu dieselbe Mehrheitden Antrag auf Kommissionsverweisunst abgelehnt hatte.Nach einigen Wahlprüfungen, die ohne Debatte mitGültigkeitserklärung schließen, wird die Behandlung des Post-etats wieder aufgenommen.Der Postetat ruft indessen zunächst keine grundsätzlicheErörterung des Verkehrswesens und unserer Verkehrseinrich-tungen hervor. Nur der erste Redner, der ZentrumsmannDuffner, möchte gern allgemc e Bemerkungen machen,die jedoch völlig mißlingen und zu allgemeinen Redensartenwerden. Der brave Herr Duffner aus dem Schwarzwaldwird wohl selber nicht verlangen, daß man die Zusammen-hänge ernst nimmt, wie er sie zwischen dem Postetat und derReichsfinanzreform konstruiert hat!Im übrigen bezog sich die Debatte größtenteils auf dieBesoldungsordnung. Herr Duffner verlangte die Beseitigungder Unstimmigkeiten, und der nationalliberale AbgeordneteBeck vertrat eine ähnliche Forderung, während der Staats-sekretär an der Besoldungsordnung lieber nicht und an keinemPunkt rütteln lassen will. Auch der Konservative Pauli-Hagenow erklärte zwar eine Reihe von Wünschen für berech-tigt, hält aber ihre Erfüllung für aussichtslos. DerselbeHerr, der ja vor der siegenden Sozialdemokratie aus demWahlkreis Potsdam geflüchtet ist, beklagte es bitter,� daßBeamte einen sozialdemokratischen Abgeordneten zu ihremVertrauten machen können. Ganz so drückte sich Herr Beckfreilich nicht aus. aber es war doch— wie er ja auch selbsthervorhob— echt nationalliberal, als er für die Staats-beamten die Freiheit forderte. Die Freiheit innerhalb dernationalen„Verpflichtungen" nämlich IDer Fortschrittler Kiel trat für eine Reihe postalischerVerbesserungen ein und brachte auch ein sehr hübsches Ma-terial zur weitherzigen Auffassung der Portofreiheit, wie siean manchen Fürstenhöfchen offenbar vorherrscht. Gegen dievon altersher bekannten Hakatistischen Schikanierungenwandte sich der Pole von Chlapowski, ihm entgegneteder Reichsparteiler von Gamp.— Im Laufe der Sitzungteilte Präsident K a e m p f in bewegten Worten das Ablebendes alten Traeger mit, von dem er mit Recht sagen konnte,daß er im Hause wohl politische Gegner, aber keinen Person-lichen Feind gehabt hat.—_Ministertakt und Volksorchester.Für da? Gleichnis, das der Kultusminister v. Trott zu Solzam gestrigen Dienstag im Dreillassenhaus gebrauchte, kannman ihm wirklich dankbar sein. In der Jugendpflege, nnidie es sich handelte, will der Herr Minister den Takt schlagen, wäh-rend das Volk die Musik dazu zu machen habe. Kein Instrumentsoll fehlen, und recht volltönend soll der Akkord sein. So will ich's,so befchl ich's.Sonst sind die Herren Minister ja auch sehr fürs Taktschlagcn,namentlich wenn der Polizeisäbel zum Dirigentenstab wird oderumgekehrt, und für Volksorchester ist man sonst wenig ein-genommen, wenn sie nicht gerade über sozialistische Wahlnicder.lagen Jubelouvertüren mit dem Refrain:„Heil dir im Sieger-kränz" spielen. Und dazu ist selten Gelegenheit. Die volltönendenAkkorde der Marseillaise gar sind allenfalls nur bei Botschaftersestengestattet... Für die Jugend Neudeutschlands hingegen soll die„jebratene Wonnejans" den Gegenstand ihrer Begeisterung bilden.Unter dem Volk, das an dem militärisch-kommißmäßigen Trottder offiziellen Jugendpflege mitwirken soll, versteht die Exellenzzu Solz die Minderheit Besitzender, die draußen im Lande derMehrheit des DreiklassenhaufeS entspricht; die freilich jubelte demHerrn Minister bei seiner rcligiös-sittlich-national-vaterländisch-monarchisch-kriegervereinlichen Rede gegen die proleta-rische Jugendorganisation freudevoll und auguren.lächelnd zu und bewilligte gern die izh Millionen aus unserenTaschen zur Fürsorge für die Entfremdung der Arbeiterkinder vonihrer Klasse und deren Geist und Interessen.Aber bevor die Ritter, Heiligen und Schlotbarone diese Tattun durften, von der sie sich eine Art Imprägnierung der Säulen