Nr. 73. 29. Jahrgang.
35 Situng. Dienstag, ben 26. März 1912, nachmittags 1 Uhr.
Am Bundesratstische: suhn, Kraette. Dritte Beratung des Protokolls betr.
richtig! rechts.)
Abg. Bernstein( Soz.):
Es folgt die Fortsetzung der zweiten Lesung des
Bostetats
beim Titel Staatssekretär.
-
-
-
-
Mittwoch,
-
der
( Soz.) entsprechend dem Antrage der Wahlprüfungstommission st euer) Dann beschließen Sie lieber eine Dividenden die steuer, würde vielleicht mehr noch einbringen. bebattelos für gültig erklärt. Viel zu gering ist die Entschädigung für Pofthilfeftellen. Die Mittagszeiten der Postagenturen und fleinen Bostanter sollten einheitlich geregelt werden mit Rücksicht auf die Telephonteilnehmer. Abg. Beck- Heidelberg( natl.): Der glänzende Aufschwung im Abg. Suffner( 3.): Die Deutschrift über die Entwickelung unseres Bereiche unserer Postverwaltung und die blühende Entwickelung Bostwesens läßt uns auch einen Rückschluß auf die günstige Ent- unseres Wirtschaftslebens ist nicht wegen, sondern trotz der Finanzwickelung unseres gesamten Wirtschaftslebens ziehen. Mit vollem reform von 1909 eingetreten. In dem Tempo der Errichtung Fortsetzung der internationalen Zuckerkonvention. Necht wird in der Denkschrift von einem beispiellosen Auf neuer Postagenturen und der Umwandlung kleinerer in größere ist schwung gesprochen. Dieser Aufschwung ist sicher mit zurückzuführen auf leider ein fleiner Rückschlag eingetreten. Die Wünsche der Abg. v. Grabski( Bole) bedauert, daß die Reichsregierung bei bie im Jahre 1909 durchgeführte Sanierung unserer Reichsfinanzen, mittleren Post beamten halten wir heute noch für ebenso den Verhandlungen zu wenig Rücksicht auf die Wünsche der die unserer Industrie wieder Ruhe und Sicherheit gab. Die berechtigt wie vor drei Jahren; dem Beamtenbesoldungsgesetz haben Interessenten genommen hat. Die außerordentlich große Besoldungsordnung hat nicht alle Wünsche erfüllt, besonders wir nur zugestimmt, um überhaupt etwas zustande zu bringen, Menge Zucker, die Rußland nach dem Vertrage auf den englischen bei den Assistenten; aber angesichts der Erklärung der Regierung, aber wir hofften auch, dadurch für die Regierung den Boden zu be Markt werfen dürfe, müsse preisdrückend auf den Zucker wirken. eventuell die ganze Besoldungsreform scheitern zu lassen, mußten reiten, um den weiter gehenden Wünschen entgegenzukommen.( Sehr Abg. Dr. Arendt( Rp.) fragt an, was die Regierung zu tun ge- die weitergehenden Anträge fallen gelassen werden. Aber jetzt lassen richtig! bei den Nationalliberalen.) Auch für die Inhaber der Post denkt, um umgehungen der Konvention durch NußI and, wie sie vorgekommen seien, zu verhindern, und wünſcht eine jezt die Unstimmigkeiten der Besoldungsordnung beseitigen. Wir ihnen kaum noch von einer Verwaltung im Nebendienst sprechen. I and, wie sie vorgekommen seien, zu verhindern, und wünscht eine sich die finanziellen Ergebnisse übersehen, und deswegen sollte man agenturen sollte mehr geschehen; sehr vielfach kann man bei bündige Erklärung, daß Rußland in den nächsten fünf Jahren beantragen daher für die Altpensionäre eine Erhöhung der Wenn die Sozialdemokratie in den Kreisen der Postbeamten während der Dauer der Konvention keine weiteren Zu geständnisse gewährt würden. Ganz ungeklärt sei das Ber- Bezüge entsprechend dem gefundenen Geldwert und Eingang findet, so ist das mangelnde Entgegentommen hältnis Englands zur Konvention. Das Zentrum hätte bei dem eine beffere Bezahlung für die Postschaffner und Post- der Verwaltung daran schuld. Vorläufig allerdings ist die affistenten, ohne jedoch die ganze Besoldungsfrage aufrollen Beamtenschaft sich noch ihrer Pflichten gegen den Staat großen Intereſſe der Frage für die Landwirtſchaft hier nicht ver- autollen. Gerner wir eine der td fagen, sondern eine Kommissionsberatung zugestehen sollen.( Sehr zu wollen. Ferner beantragen wir eine Neuregelung der Lagelöhne bewußt, und ich bin überzeugt, daß der Abg. 8ubeil sein fagen, sondern eine Kommissionsberatung zugestehen sollen.( Sehr ber im Reichspost- und Telegraphendienst beschäftigten Arbeiter. Die Material nicht aus Streifen der Beamten bekommen hat( Buruf bei Dienst stunden müssen so geregelt werden, daß auf die Möglich den Sozialdemokraten). Gewiß, es ist liberal, das Recht der Reichsschatsekretär Kühn: Ob England später der Konvention feit einer angemessenen Sonntagsruhe für die Beamten Beamten zu vertreten, und national, auch die Pflicht der Beangehören wird oder nicht, wissen wir nicht. Aber England besser Rücksicht genommen wird. Dies verlangt einer unserer Anhat erklärt, daß es in jedem Falle seine bisherige Zuckerpolitit nicht träge nicht nur für die Postbeamten, sondern für sämtliche im amten dem Staat gegenüber zu vertreten.( Lachen bei den Sozialdemokraten.) Auch die Postbeamten haben das Recht, frei nach ändern wird. Den behaupteten Umgebungen der Konvention werden Verkehrsdienst Angestellten. Die Wohnungsgeld ihrem Willen zu wählen und sich auch bei der Agitation zu bewir nachforschen; sollten sich die Mitteilungen als wahr er zufchiffe für die verheirateten Unterbeamten sind in manchen tätigen, selbstverständlich aber innerhalb weisen, so werden wir natürlich solche Umgebungen zu verhindern Teilen des Reiches nicht ausreichend und bleiben hinter denen für nationalen und staatlichen Verpflichtungen.( Lebwissen. die unverheirateten Beamtinnen zurück. Solche Härten sollte die Ber - hafte Heiterkeit bei den Sozialdemokraten und Buruf: Nationalwaltung auszugleichen bemüht sein. In der Kommission ist ein liberale Freiheit!) Redner tritt dann für die Schaffung Es ist eigentlich nicht unsere Aufgabe der Ne- von uns eingebrachter Antrag auf Erhöhung des Portos für eines Postbeirates, für Berbilligung des Weltpostportos und für gierung beizutreten in ihrem Kampf gegen die Rechte. Wir postlagernde Sendungen leider abgelehnt worden. Die Frage solte Postsparkassen ein. fehen die ganze Konvention nur als fleineres Uebel an, um doch ernsthaft geprüft werden; denn gerade durch postlagernde Präsident Kaempf: Ich habe dem Hause eine schmerzliche Mitdie Prämienwirtschaft zu beseitigen. Berzichten Sie auf den Sendungen kommt die pornographische Literatur in die Buderzoll und die Budersteuer, so geben wir die Kon- Hände unserer Jugend.( Lebhaftes Sehr richtig! im Zentrum.) teilung zu machen.( Die Abgeordneten erheben fich von den Plätzen.) vention sofort preis. Natürlich verurteilen wir auch das russische Gleichzeitig wollten wir durch diesen Antrag erreichen, daß erhöhte Bor wenigen Minuten hat uns die Trauerbotschaft erreicht von dem Prämiensystem auf das entschiedendste im Interesse des ruffischen Anforderungen an den Bostetat durch diesen selbst gedeckt werden. Dahinscheiden des Alterspräsidenten dieses Hauses, des Abgeordneten Albert Träger , der seit 1874 ununterbrochen dem Volkes. Aber eine Kenderung kann da nur in Rußland selbst durch( Bustimmung im Zentrum.) gesetzt werden. Gewiß mag es einigen Zuckerrübenindustriellen nicht gut Staatssekretär Kraette: Eine Verwaltung, die hohe Ueber- Reichstag angehört hat. In diesem Augenblid steigt vor unserem gehen, aber warum haben Sie denn gar fein Gefühl für die schüsse ergibt, kann deswegen ihre Beamten nicht beffer geistigen Auge das Bild dieses allverehrten Alterspräsidenten auf, Milionen, die Buder verbrauchen. Wir betrachten die stellen; die Ueberschüsse sind, wie Sie wissen, abzuliefern. Wären der noch vor wenigen Wochen trotz seiner 82 Jahre die VerhandDinge nicht vom Standpunkt einer Industrie, sondern der gesamten die Beamten aus den lleberschüssen zu bezahlen, so könnten z. B. die lungen dieses Hauses in jugendlicher Frische geleitet hat. Dem Anich glaube, in Ihrer aller Volkswirtschaft aus. Die Befürchtung, die Herr Dr. Arendt von Justiz beamten gar nichts erhalten.( Große Heiterkeit.) denken an den verehrten Mann, der der Schaffung eines englischen Zollverbandes mit seinen Kolonien Würde die Besoldungsordnung jetzt wieder an einem Buntte Sinne zu sprechen wohl politische Gegner, niemals aber hegt, ist bei dem jetzt dort herrichenden Regierungssystem ganz un durchbrochen, so würde sofort die ydra mit 1000 Röpfen einen politischen Feind gehabt hat, bringen wir begründet. Aber gerade die Rüstungspolitit, die die Herren der fommen. Das bitte ich bei den von der Budgetkommission beantragten unsere Huldigung dar, indem wir uns von den Plätzen erheben. Rechten bei uns betreiben, das beständige Schaffen von Refolutionen zugunsten einzelner Beamtenkategorien zu beachten. An der Bahre des Dahingeschiedenen werde ich mir gestatten, im Reibungen zwischen England und Deutschland , In bezug auf die Sonntagsruhe ist verfügt, daß die Unter- Auftrage des Reichstages einen Kranz als äußeres Beichen des Antreibt gerade dahin, daß die chauvinistische Politik, die Sie beamten von zwei Sonntagen einen ganz frei oder zwei halbe frei denkens niederzulegen. Abg. Kiel ( Vp.) tritt für die Beseitigung gewisser Unstimmig fürchten, wieder ans Ruder kommt.( Sehr wahr! bei den Sozialdemo- haben follen und die Zahl der Beamten, die ein größeres Maß bon feiten im Weltpostverkehr, vor allem für Bereinheitlichung des Brieffraten.) Also wir erkennen zwar die Nachteile der Buderkonventian, Sonntagsruhe haben, ist in beständigem Wachsen begriffen. Der sehen aber in ihr das fleinere Uebel und werden deshalb Wunsch, den Sonntagsdienst eineinhalbfach zu rechnen, und den Nacht- portos ein, sowie für Wiedereinführung des Ankunftstempels, für den dafür stimmen.( Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) dienst bereits von 8 Uhr an statt von 10 Uhr an zu rechnen, ist mit auch die Aeltesten der Kaufmannschaft sich ausgesprochen haben. Ebenso sollte man dem Wunsche nachfommen, bei MassenbrudAbg. Graf Kanis( f.): Herrn Bernstein erinnere ich daran, Rüdficht auf die finanziellen Konsequenzen nicht erfüllbar. daß gerade meine Freunde vor einigen Jahren eine Herabſegung Abg. Pauli- Hagenow( t.): Die Rede des Herrn Zubeit sollte fendungen einen Empfangschein dem Auftraggeber zu geben, der Zuckersteuer beantragt haben. Eine Kontrolle des infolge der wieder nur dazu dienen, die Unterbeamten gegen die Postbehörde anstatt z. B. 10 000 und mehr Dreipfennigmarken zu lieben. hohen Exportprämie sehr großen Buderegports aus Rußland dürfte aufzubezen.( Sehr richtig! rechts.) Den Beweis für seine der Portofreiheit der Landesfürsten wird vielfach Mißbrauch getrieben. Aber geradezu ein Unrecht ist es, wenn faum möglich sein; eine Umgebung der Konvention in der Richtung Behauptung, wir hätten vor den Wahlen den Beamten Ver der Ausfuhr über das Kontingent hinaus wird daher kaum zu verfprechungen gemacht, an deren Einhaltung wir jetzt nicht im Namen eines Landesfürsten, der fieben seiner regierenden Tätig hindern sein.( Sehr richtig! rechts.) dächten, wird Herr 8ubeil nicht erbringen tönnen. Wir haben feit auch eine industrielle Tätigkeit betreibt( heiterkeit), den Beamten feine Versprechungen gemacht, die wir nicht zu halten geschäftliche Briefe portofrei als fürstliche Angelegenheiten in der Lage sind.( Na! na! links.) ( Na na! links.) Ich bedauere außerordentlich, verfandt werden.( Zustimmung links.) J lege entsprechende Briefdaß so viele Beamten mit allerlei 8 uträgereien sich an Herrn umschläge auf den Tisch des Hauses nieder. Staatssekretär Kraette: Ich werde diesen Fällen nachgehen; 8ubeil gewandt haben. Das beweist, daß diese Beamten tein Vertrauen zu ihrer Behörde haben.( Sehr richtig! follten sie sich so ereignet haben, wie vorgetragen, so entspräche es bei den Sozialdemokraten.) Sonst würden sie sich an diese wenden. nicht dem, was sein soll. Um größere Vereinheitlichung des Auf Ich halte es mit der Ehre eines Beamten für ganz unverein- Briefportos im Weltpostverkehr werden wir uns bemühen. bar, wenn er sich an einen sozialdemokratischen die Marke bei Drucksachen können wir auch bei Massensendungen Abgeordneten wendet.( Lebhaftes Dhol bei den Sozial- nicht verzichten. Aber es ist jegt eine Maschine erfunden, die zudemokraten. Bravo! rechts.) Nutzen werden die betreffenden Bes gleich mit dem Stempel die Marke aufflebt und die Briefe amten davon sicher nicht haben.( Lachen bei den Sozialdemokraten.) zählt. Dadurch wird also viel Arbeit erspart werden. Den AnRedner tritt des weiteren für die Wünsche verschiedener Beamten- funftsstempel tönnen wir nicht entbehren; bei größerem Verkehr find fategorien ein. Die Erfüllung der hier erhobenen Forderungen der Vereinfachungen eben dringend notwendig. Herrn Pauli bemerfe Unterbeamten und Assistenten würde 25 Millionen erfordern. Wo ich, daß eine Vereinheitlichung der Mittagsstunden in ländlichen wollen Sie die Mittel dafür hernehmen?( Buruf: Erbschafts - Bostämtern und Agenturen nach Möglichkeit durchgeführt werden in der New- Yorker Metropolitan Opera wirkt und den man im Richard Jäger, der zugleich Textautor ist und überdies die Jnvergangenen Jahre in Paris und auch in Rom hören konnte. Ein izenierung und Orchesterleitung besorgte, ist insofern am meisten zu amerikanischer Korrespondent berichtet, daß Toscanini zum Beispiel bedauern, als ihn mancherlei Entgegenkommen über den Wert seiner in der vergangenen Woche in der Metropolitan Opera ohne Partitur Leistung täuschen kann. Die Historie ist die von einem verschuldeten und auswendig dirigierte: Puccinis Mädchen aus dem wilden Grafen, der die vornehm tuende Tochter eines Brozenbauern Der Kirchgang. Die Vergnügungsindustrie hat sich dezentrali- Westen", Wagners" Tristan und Isolde ", Gluds Orpheus" und heiraten foll, aber ein mysteriöses, gar nicht herenhaftes Mädchen feine eigentliche Geliebte findet. Wozu dann noch fiert: die Fremden werden nach wie vor in der Friedrichstadt ge- Wolf- Ferraris Neugierige Frauen". Und in der gleichen Woche als neppt aber was ein richtiger W- Berliner ist, findet sein Amüse dirigierte er ebenjalls vollkommen auswendig die Proben zu ein geduldiger Bauernbursch, Bauernbursch, einige Husarenoffiziere tommen. des Textes Die Musik berlogene Elemang im Westen. Die Bar: schwellender Kitsch ,, Ariane und Blaubart" von Ducas, eine Partitur, die an Kompli- sonstige Requisiten fich taum mit ein eine Lebewelt, die hur frampfhaft die Haltung bewahrt, ziertheit wirklich nichts zu wünschen übrig läßt. In der kommenden hebt paar Instrumentalspäßen über ganz weil sie am Tage teils schiebt", teils bürgerlich arbeitet, und nun Woche wird Toscanini die Meistersinger, Toska, Aida und Butterfly ein Niveau gewöhnlicher Tonfolgen, die auf die Dauer, d. h. die schweren Bürden der Bornehmheit auf ihr lasten weinerlich dirigieren. Der Verzicht auf die Partitur ist für diesen Dirigenten nach zwei von den drei Atten, schon wegen ihrer einförmigen Breite flingende Kapellen- Tanz( Bauch herein, Brust raus...) freilich eine bittere Notwendigkeit; denn Toscanini ist so turzsichtig, wohl nur noch für ein über jede Boffenhaftigkeit lachendes Publikum In jedem dritten Haus. daß eine Partitur auf dem Pult ihm während des Dirigierens zu ertragen find. menig nüßen könnte. Es mag scheinen, daß dieser Mangel an Sehkraft auf der anderen Seite die Fähigheit des musikalischen Gedächtnisses abnorm gesteigert hat.
-
Abg. Dr. Doormann( Bp.): Wäre Herr Kollege v. Grabsti schon Sonnabend hier gewesen und zu Wort gefommen, so wäre uns wahrscheinlich die heutige Diskussion erspart geblieben. Neue Momente sind in der Debatte nicht hervorgetreten. Wir werden wieder für die Konvention stimmen.
Abg. Kleye( natl.) bedauert gleichfalls die Haltung des 8entrums und beantragt Kommissionsberatung. Reichsschazsekretär Kühn legt dar, daß die Kontrolle ber Buderausfuhr in Rußland sehr wohl durchführbar sei. Der Antrag auf Kommissionsberatung wird gegen die Stimmen der Konservativen abgelehnt, die Konvention hierauf in der Gesamtabstimmung mit großer Mehrheit an genommen. Alsdann werden die Wahlen der Abgeordneten Idler( natl.), Schulenburg( natl.), Dunajsti( Bole), Dr. Erdmann
-
-
Kleines feuilleton.
-
-
Man erzählt sich folgendes Geschichtchen: Als J. M. die Kaiserin die Kaiser- Wilhelm- Gedächtniskirche besuchte, soll ihr eine Bar am Kurfürstendamm unangenehm aufgefallen, sein. Die Kai serin, die vor ein paar Jahren plößlich die Existenz der Heimarbeit entdeckt hat, ließ ein paar ungnädige Worte fallen über derartige Institutionen, die sich sogar in der Nähe der Kirchen auftäten. Jagow, der Schlachtenkundige, war hier nicht zuständig aber man hat wohl alles getan, denn die Polizeidirektion Schöneberg geizt feit ein paar Wochen mit den Konzessionen. Der Tanz ist in allen Lokalen eingeschränkt, nur an bestimmten Tagen dürfen sich die preußischen Bürger um sich selbst drehen siegreich rühmen die Glocken des Ewigen Ehre.
-
-
Natürlich ist es gleichgültig, ob einige Gauner im Frad, lebemännernde Kommis, Frauenzimmer und ihre männliche Konfurrenz( die sich hier draußen immer stärker bemerkbar macht) an einigen Tagen mit mißmutiger Langeweile den geliebten Betrieb" vermissen. Aber das Vorgehen der Berwaltungsbehörden ist typisch. Was borher unbedenklich geduldet wurde, wird nun, auf einen Bufall hin( um den lieben Gott aus dem Spiel zu lassen) verhindert. Die Frommen sehen auch hier nicht weiter, als die spiße Nase reicht: wenn nur Symptome unterdrüdt werden! Nicht der Barbesitzer ist das Karnidel, die Besucher sind es. Man jo tun! Man verbietet den willigen Kindern, in der Nähe von Kirchen zu wohnen. Die Bars werden geschlossen, weil mancher manchmal zur Kirche geht.
-
Theater.
-
Freie Boltsbühne. Die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts waren eine Zeit der literarischen Kompagniegeschäfte. Die in den fogenannten Gründerjahren von Handwerkern zu Fabritanten emporgestiegenen Bürger, die reichgewordenen Terrainspekulanten und Börsenjobber fühlten sich noch nicht in der Rolle des Mäcenaten und Premierentigertums. Sie gingen ins Theater, um sich zu amüsieren. Und diesem Bedürfnisse trugen die Bossen firmen Blumenthal und Kadelburg, Schönthan und Kadelburg, Ge brüder Schönthan mit viel Geschick und nicht minderem finanziellem Erfolg Rechnung. Die Freie Volksbühne" hat am Sonntag ihrem Bublifum im Thaliatheater den Schönthanschen Schwant„ Der Raub der Sabinerinnen" aus jener Zeit vorgeführt. Bei aller Lustigkeit hat dieses Stüd einen sozialen Einschlag insofern, als es durch lachenden Humorhindurch uns Blide in das Elend des Schmierentomödiantentums tun läßt. Das mag mit ausschlaggebend gewesen sein für die Wahl gerade dieses Stüdes, als man daran ging, den Mitgliedern der Boltsbühne auch einmal etwas Lustiges" zu bieten. Das Publikum nahm denn auch die dargereichte Kost gern und willig hin und fargte nicht mit feinem Beifall. Die Darstellung war eine vorzügliche, flotte und in allen Teilen wohlabgerundete. Alle Mitwirkenden Ein Dirigentenrekord. Hans von Bülow definierte einmal gingen mit Liebe an ihre Aufgabe und es ist schwer, einzelnen von den Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Kapell- ihnen den Preis zuzuteilen. Von den Damen verdienen Frida meister. " Ein guter Dirigent hat die Partitur im Kopfe und ein Richard vom Berliner Theater als komische alte Professorfrau und schlechter Dirigent den Kopf in der Partitur." Trotzdem in dieser Klara Berger vom Neuen Schauspielhaus als urdrolliges Dienstboshaft pointierten Bemerkung sicherlich ein richtiger Kern stedt, mädchen, von den Herren Frizz Richard vom Deutschen Theater ist die Zahl der bekannten Dirigenten, die größere Orchesterwerte als alter Gymnasialprofessor und Friz. Bedmann vom Folies vollständig auswendig dirigieren, immer einer geworden. Man Caprice, der den Theaterdirektor Striese verkörperte, Anerkennung. weiß, daß Weingartner die Symphonien Beethovens gern mit vollständigem Verzicht auf die Partitur dirigiert, aber sowohl im Theater wie im Stonzertsaal ist der Dirigent, der in dem Notenbuche Seite um Seite umwendet, doch die verherrschende Erscheinung Die geworden. Einen Rekord des musikalischen Gedächtnisses aber stellt Operette der bekannte italienische Dirigent Toscanini auf, der bekanntlich Leistungen
"
-
-
Wit
und er
Zwei leidliche Tenore( Karl Meister und Frizz Langendorff), ein hübscher Sopran( Stäte Helbing) in der Titelrolle, eine nette Darstellerin( Mary Martini) in der Partie der Bauerstochter, ein sehr guter Komiter( N. A. Roberts) in der Rolle des Grafenbaters, nicht zulegt ein paffabler Chorgesang- damit kann ja die Direktion noch einige Zeit lang weiterwirtschaften.
10
Notizen.
SZ.
Theaterchronit. Im Friedrich Wilhelmstädtischen Schauspielhause gelangt am Mittwoch nicht der Vielgeliebte" zur Aufführung sondern„ Das Leutnantsmündel". - Musikchronit. Mittwoch, abends 8 Uhr, findet im Blüthnerfa al der Beethovenabend von Frederic Lamond zu populären Preisen statt.
-
8um Kapellmeister bes Philharmonischen Orchesters wurde an Stelle Kunewalds Camillo Hildebrand, früher Leiter der Mannheimer Oper und zulegt Dirigent am Mül heimer Stadttheater auf drei Jahre berpflichtet.
-
- Vorträge. In der Vereinigung fozialistischer Bücherfreunde hält am Donnerstagabend 9 Uhr im FriedrichWilhelms- Hof, Friedrich- Wilhelm- Str. 13, Eduard Bernstein einen Vortrag Bur Geschichte des Kommunistischen Manifests". Eine Expedition ins Polargebiet wirs Sae Ste soll unter Geologische Departement von Kanada entsenden. Führung von Borup und Mac Millan stehen, die Peary auf seinen Nordpolfahrten begleiteten. Ihre Aufgabe ist die Erforschung des von Beary entdeckten Crookslandes; falls dies nicht gelingt, sollen wissenschaftliche Beobachtungen im Ellesmoreland und Grandtland unternommen werden.
- Die japanische antarktische Erpedition ist nach Wellington zurüdgefehrt. Ihr Leiter Shirafe teilte einem p. i. amerikanischen Pressevertreter mit, daß sie wichtige Entdeckungen gemacht hätten, vermied jedoch nähere Angaben. Die Expedition Musik. war von der Bay von Wales südöstlich vorgedrungen und mit Romische Dper" gab am Montag mit einer neuen Amundsens Fram" zufammengetroffen. Teilerpeditionen erforschten Die ere" ihren Leuten die Aufgabe, einige gute bas König- Eduard- Land und die See südöstlich von ihm. Von an eine verlorene Sache zu wenden. Der Komponist Scotts Expedition wurde teine Spur getroffen,