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und zieht deZhakd sogar exotische Papier« vors... MS Ober-. Bürgermeister dachte er überhaupt anders, wie ihm boshaft Graf Grote nachwies. Die Vorlage wurde auch mit großer Mehrheit angenommen. Das widerfuhr ihr auch schon 1906, aber im Abgeordnetenhaus versandete sie dann. Das tann ihr auch hieswbl geschehen. An der Debatte beteiligte sich auch das neueste Mitglied, der rheinische Obcrpräsident, frühere Finanz- und Polizeiminister und wie er wohl hofft künftige Reichskanzler Kreuzwende- dich v. Rheinbaben. Ter Mann hielt es für nötig. Deutsch - land zu mahnen, sich nur ja mit künftiger Kriegsgefahr recht herz- inniglich zu vertrauen. Da könnte vielleicht Wunsch und Gedanke nahe beieinander wohnen.... In dem Steigen der Sparkassen- cinlagen sieht der Freiherr Kreuzwendedich die beste Widerlegung der..sozialistischen VerelendungStheorie". Da sind wohl ausgerech- net in der Rheinprovinz die Arbeiter Dparkasicneinleger. und aus- gerechnet in der Rheinprovinz wird der G.'gensatz zwischen dem Luxus der Großgrund- und Grubenbesitzer und dem Lebensniveau der Massen nicht immer schärfer. Das lernt man vielleicht in Essen . Krefeld und auf Villa Hügel , dem Herrensitz der Krupp ... Ter Seehandlungspräsident v. D o m b o i s bereitete die Patrioten aus ein bißchen Zwangskurs, also StaatSbankerott, im Kriegssalle vor und meinte, sehr nützlich übrigens, daß uns künstig die schnellen Siege von 1866 und 1870/71 keineswegs mündelsicher seien! Tonnerstag werden kleinere Vorlagen beraten. Ans der sozialdemokratischen Reichtagsfroktio«. Die Fraktion sendet an die Familie de» verstorbenen Wgeord- neten Traeger ein Beileidsschreiben und wird sich bei der Beerdigung durch eine Deputation vertreten lassen. In die Wohnungskommission wurden gewählt: Dr. Erd- mann, Büchner, Büchner. Hlittmann. Haupt, Vogthcrr, Göhre und Hofrichter. Zu Fraktionsrednern werden bestimmt für die Wehrvorlagen: Haase und Dr. Gradnauer: für die Deckung Z- vorlagen: Dr. Südekum und Wurm(als eventuelle dritte Redner Geyer und Dittmann); Militäretat: Stücklen und Schöpflin, eventuell noch Keil und Schulz; Marineetat: Vogtherr und Bernstein ; Reichskanzler und Auswärtiges Amt : Scheidemann , Dr. Lensch, Dr. David, Ledebour ; ReichSeisen- bahnen: Fuchs, Dr. Weill, Peirotes; Reichseisenbahnamt : ReißhauS, Ulrich und Blos; allgemeine Finanzver­waltung: Dr. Südekum und Stolle. Als Berichterstatter der Fraktion an den Parteitag in Chemnitz wurde Genosse Stadthagen gewählt.__ Ein Scharfmacher-Profeff or. Der bekannte Professor Dr. Ludwig Bernliard. das Schoßkind der preußischen Regierung, hat wieder eine Probe seiner Brauchbarkeit abgelegt. We er sich seinen Berliner Professorenposten verdient hat durch die Verteidigung der preußischen, Polenpolitik, so scheint er jetzt höher strebenden Absichten vorarbeiten zu wollen durch ein Referat, das er auf der Hauptversammlung des Vereins deutscher Eisenhütten- loute in-Düsseldorf hielt. Die Versammlung fand am 24. März statt und.war von vielen Vertretern der Schwer- cisenindustrie besucht. Auch der Oberpräsident Freiherr p. Rheinbaben ließ es sich nicht nehmen, diese gewichtigen Per- sonlichkeiten des Unternehmertums zu begrüßen. Professor Bernhard referierte überSchwerindustrie und Sozial- Politik'. Seinem Vortrag entnehmen wir folgende charakte- ristischen Ausführungen: Man darf nicht übersehen, daß auch die Sozialpolitik ihre Zeiten des Niederganges, des Barock hat, in denen die Schatten- seilen der gewaltigen Einrichtungen bedenklich hervortreten.... Hm Massenbewußtsein hat sich die Vorstellung gebildet, daß jede Erkrankung, jeder Unfall zum Rentenbezug führen müsse. 'Infolgedessen ist die Aufmerksamkeit auf die Vorgänge des eigenen Körpers gerichtet, und eS treten jene nervösen Erschei- nungen auf, welche die Aerzte alsRentenhysterie' bezeichnen. Anfangs vereinzelt vorkommend, ist diese Krankheit allmählich zu einer Epidemie geworden, von der die Aerzte auS allen Industriegebieten Teutschlands übereinstimmend berichten. Diese schwächende Nebenwirkung der Arbeiterversicherung ist infolge einer nachgiebigen Rechtsprechung so ins Große ge­wachsen, daß die Einrichtungen, mit denen man kräftige und frohe Renschen heranziehen wollte, zur Degeneration unseres Volkes zu führen drohen. Auch in der Arbeiterschutzgesetzgebung find Zeichen der Dekadenz erkennbar. Uebereifrige Sozialpolitiker sind am Werke, die ohne Kenntnis der Praxi« neue Maßnahmen fordern, um sich den Arbeitermassen gefällig zu zeigen.... Bis vor kurzem hat man hoffen können, daß diese Gefahren der autoritären Sozialpolitik durch das Erstarken der Selbsthilfe und durch eine ruhige und zweckmäßige Entwicklung der Arbeiterorganisationen ausgeglichen werden, jedoch leider wird diese Uebtrzeugung durch die Ereignisse der letzten Jahre er- schüttert; Ereignisse, die sich in der Praxis aller Industrieländer abspielen. Anarchistische Methoden, Sabotage, TerroriSmuS wer­den gepredigt und verbreiten sich nicht nur in Frankreich , Italien und Belgien , sondern auch in Deutschland , England und auf d-m Arbeiterlontinent Australien , dessen sozialpolitische Ein- richtungen neuerdings allzu lebhaft gerühmt werden. Mit dieser Entwicklung hängt die Frage des Schutzes der Arbeitswilligen eng zusammen: solange man glau- ben konnte, daß sich die Arbeiter allmählich zu wohlgeordneten Organisationen zusammenschließen w eden, welche ein Element der Sicherheit und der ruhigen Entwicklung bilden, mußte man fordern, daß die Regierung diese Entwicklung nicht durch einen allzu bereitwilligen Schutz der Outsiders, der Arbeitswilligen aufhalte. Sobald man jedoch erkennt, daß jener Glaube ein Irrtum war, da viele Organisationen infolge der Oligarchie der Führer und aus anderen Gründen entarten, mutz män den Schutz der Arbeitswilligen als ein wesentliches Moment ansehen, um den drohenden Terrorismus der Arbeiterorganisationen zu Verbindern. Hier darf der Staat nicht untätig zusehen, und nichts wäre ge- fährlicher, als eine Politik der gekreuzten .Arme. Man kann auf die Dauer nicht dulden, daß Institute der sozialen Versicherung alz Werkzeuge einer politischen Partei mißbraucht werden. Man muß die unheilvolle Praxis bekämpfen, durch welche Krankheit und Rente, Unfall und Rente so fest zusammengeschlossen werden, daß die Rentenhysierie eine BolkSkrankhcit geworden ist, und man muß allen jenen Uebcrircibungen entgegentreten, welche die Unternehmungslust durch staatliche Konirollen hemmen, sonst wird das. waS ein Segen war, zum Fluche werden.' Verdientermaßen wurde von den versammelten Scharf- machern dieser Vortrag oes Herrn Univcrsitätsprofcssers mit stürnnschein Beifall aufgenommen, denn wenn sie ihren ein- stipcn Generalsekretär Bucck oder Herrn Beumer vorgeschickt hätten, hätten diese nicht besser die Wünsche der Groß-- industriellen vertreten können, als es dieserMann der Wissenschaft" tat. Es verschlägt ja nichts, daß die Praktiker der Sozialpolitik zu ganz anderen Resultaten kommen als Professor Bernhard. Erst dieser Tage wurde im Reichstage von bürgerlicher Seite über die rigorose Rechtsprechung des Reichsvcrsicherungsamtes geklagt. Herr Professor Bernhard klagt dagegen über die große Nachgiebigkeit dieser Instanzen. Es verschlägt auch nichts, wenn in diesem Kreise der Wahrheit zuwider behauptet wird, daß in Deutschland Sabotage ge- trieben werde. Die Hauptsache ist, daß Stimmung für ein Zuchthausgesetz gegen die Arbeiter gemacht wird, und das zu besorgen, ist der Professor Bernhard der rechte Mann. Er wird in der Gunst der preußischen Regierung sicher durch die neueste Leistung noch erheblich gestiegen sein. Aus dem bayerischen Landtage. In den letzten Sitzungen verloren sich die Debatten über die ollgemeine Politik in parteipolemischen Erinnerungen an den Wahlkampf. Am Mittwoch sprach Genosse Adolf Müller. Er per- laitgte von dem neuen Ministerpräsidenten nähere Aufklärung über die unklaren Allgemeinheiten seiner Programmrede und verurteilte den Beschlutz des Zentrums, daß ein Mitglied der sozialdcmo- kratischen Fraktion im Präsidium nicht vertreten sein darf. Ein solches Beispiel prinzipieller Beseitigung der parlamentarischen Gleichberechtigung sei unerhört und bisher in Boyern nicht üblich. Aus der schwarzen Wahlmache erwähnte er die Agitation des Zentrums mit der Nackttänzerin. Einer der dadurch aufgc- regten Wähler hätte dem Redner folgenden Brief geschrieben: Ihr Sausozi! Den König fortjagen und mit nocketcn Menschern Unzucht treiben, das könnt Ihr, sonst nichts!" Der Redner fügte diesem Briefe eines ZentrumswählerS die Bemerkung hinzu, daß die Sozialdemokraten in der Regel an solchen Belustigungen nicht teilnähmen, namentlich an solch«, Be- lustigungei, nicht, wie sie sich zum Beispiel jüngere und ältere Vertreter des feudalen Adels und Industriekapitals gegen 100 M. Gesellschaftsgebühr in einer oder der anderen Stadt mitunter gönnen, ohne daß die sonst allwissende Polizei des Freiherrn v. Soden etwas davon wisse. Genosse Müller verlangte ferner Aufklärung über den Wechsel des Ministeriums und verurteilte die Nichtbestätigung sozialdemo­kratischer Bürgermeister. Redner verlangte unbedingte Gleichbe- rechtigung der Sozialdenwkratie mit ander'cn Parteien. Sollte die Verfassung keinen Raum für eine im Volke und in der Ent- Wicklung wurzelnde Parrei haben, so müsse in der Verfassung mehr Raum geschaffen werden. Am Schluß der Sitzung gab eS auch am Mittwoch, wie jetzt regelmäßig, eine heftige geschäftsordnungsmäßige Auseinander- setzung zwischen den Liberalen und dem ZentrumSpräsidium wegen seiner parteilichen Geschäftsführung. Das Fiasko der Handwcrksrettuug wird in einer Eingabe der Zimmermeisterzwangsinnung zu Köln offen zugestanden. Die Innung stellt die absurde Forderung, daß grundsätzlich nicht mehr bei Submissionen dem Mindest- fordernden der Zuschlag erteilt werde. In der Begründung heißt eS: Trotz allen Maßregeln zur Förderung des Handwerk» ist eine tatsächliche, erfolgreich« Förderung des Handwerks nicht möglich und wird eine solche nie erreicht werden können ohne eine schleunige Reform des Submissionswesens. Ist es doch eine traurige Tatsache, daß trotz der in den letzten Jahrzehnten so mächtig einsetzenden Handwerker- hewegung, trotz- aller vpm Handsterk gewiß dankbar empfundenen durch R e i ch S g e s e tz e g e sch äffe ne n Ei n ri ch tu n gen die größte Anzahl tüchtiger, fleißiger Handwerker nicht nur nicht vorwärts kommt, s o nd er n von Jahr zu Jahr zurückgeht, weil die Existenzfähigkeit mehr und mehr schwindet bezw. schon geschwunden ist DaS ist ja genau das, was die Sozialdemokratie den Hand- werkern vorher gesagt hat. Man hat die Handwerker mit den Handwerkskammern, Zwangsinnungen, mit Meistertitel und kleinem Befähigungsnachweis bewußt zun, Narren gehalten. Schrieb dock der damalige Reichskanzler Fürst v. Hohenlohe in sein Tagebuch:Nachmittags war eine lange Sitzung des Staats» Ministeriums, in welcher die umfangreichen Gesetze für die Hand- werlerorganisation beraten wurden. Es ist ein ziemlich törichtes Gesetz. Wen» aber die Handwerker Zwangsinnungen haben wollen, sosollmansieihnengebcn'.' Aendervng des Landtagswahlgesetzes in Schwarzburg- Sondershausen . In der heutigen Landtagssitzung wurde der Regierungsentwurf betreffend Abänderung des LandtagSwahlgefetzeS mit allen gegen eine Stimme angenommen. Der Entwurf bringt für die Landtags- Wahlen anstatt der bisherigen öffentlichen Wahl die geheime Wahl durch Stimmzettel. Die Wahlmänner zu den sechs allgemeinen Wahlen und ebenso auch die Abgeordneten werben künftig durch Stimmzettel gewählt. Sechs Abgeordnete werden nach wie vor von dem regierenden Fürsten ernannt und sechs von den Höchstbesteuerten gewählt. Das Wahlalter ist vom 21. aus daS 2S. Lebensjahr erhöht worden. Itstien. Ersatzwahlen. Rom , 25. März. Am 24. März haben in A l e s s a n- d r i a und in Venedig zwei Ersatzwahlen stattgefunden, bei denen die sozialistische Partei beteiligt war. In Alessandria hatte Genosse Z e r b o g l i o sein Mandat niedergelegt, weil er, im Gegensatz zur Mehrheit der Partei und seines Wahl» krciseS, kein Gegner des italienisch-türkischen Krieges ist. An seine Stelle stellte die Partei den Linksreformiften Genossen B o n a r d i auf. Dieser erhielt 4648 Stimmen gegen 4528 des konservativen Gegners. Da 171 Stimuzeitel beanstandet sind, ist noch nicht zu bestimmen, ob Genosse Bonardi im ersten Wahlgange gewählt ist oder ob eine Stichwahl nötig ist. Das Wahlergebnis gab zu einer großen Demonstration für den Sozialismus und gegen den Krieg Anlaß. In Venedig hatte der revolutionäre Sozialist M u- satti sein Mandat niedergelegt, weil der Proteststreik gegen die Tripalisaffäre, zu dessen eifrigem Verfechter der Abgeord- nete gehörte, in seinem Wahlkreise sehr mangelhaft durch- geführt worden war..Gegen Musatti ist ein konservativer Nationalist aufgestellt worden, ein Professor Orsi, der mit 2528 gegen 196t Stimmen das Mandat eroberte. Die Zahl der sozialistischen Süinmen ist seit der Hauptwähl um rund 250 gewachsen. Kelgsien. DaS verfeinerte VerpfaffuugSprojcft. Brüssel , im März.<Eig. Ber.) Man weiß, welcher Empfang dem klerikalen Schulprojekt SchollacrlS vergangene» Jahr im Lande wurde und wie schließlich der Ministerpräsident der Sturmwelle weichen mußte, die der.Schulbon' mit seiner Belastung deS Pro- vinzial- und Kommunalbudgett für den klerikalen Schnlunterricht bervorbrachte. Die Wahlkampagne hat die Regierung, die sich seither über ihre Absichten in der Sckulfrage weise auSgeschwiegen hatte, wieder zum Reden gebracht. AuS einer Rede, die der Chef des Kabmeits kürzlich m ber Stadt Turn?, out gehalten, hat man erfahren, wessen man sich neuerdings auf dem Schulgebiets, nachdem der erste Schlag abgewehrt wurde, zu versehen hätte, wenn die Wahlen den Klerikalen noch einmal eine Majorität brächten. Der klerikale Fanatiker Schollaert war in seinem Schul- Projekt der unverhüllte, rabiate Parteimann. Herr van B r o q u c- v i l l e gibt sich courtoiscr, geschmeidiger, konzilianter. Aber sein Projekt ist darum um kein Haar minder klerikal, kulturgefährlich oder kostspielig auf RegimcntSunkosten als das seines Vor­gängers. Der.feinere' Brcqueville, wie in seinem ganzen geistigen Habitus eleganter als sein Vorgänger, bietet auch in seinem Projekt eine verfeinerte Ausgabe des KlerilalismuS. Herr van Brogueville will mit einer Scheinkonzession den Eindruck der Nachgiebigkeit erwecken: Seht, ich habe der Opposition nachgegeben, der Stimmung des Landes gehorcht und den Stein des Anstoßes, den Schulbon, geopfert. Als zweites Moment sollte vielleicht auf die Wähler wirken, daß sein Projekt weder Pro« dinz noch Gemeinde mit finanziellen Verpflichtungen für den kon« fessionellen Unterricht belastet. Der gegenwärtige Ministerpräsident stellt die Geschichte bloß feiner an, um darum ober nicht weniger dem Grundsatz der Schul» verpfoffung anzuhängen, für die Verallgemeinerung des kon- fessionellen Unterrichts aus Kosten des kommu- nalen gottlosen, wie die Klerikalen sagen vorzusorgen und seiner Partei Garantien zu geben, daß die alte klerikale Forderung, 'die privaten klerikalen Anstalten in bezug auf die Unterstützung aus öffentlichen Geldern den offi- ziellen gleichzustellen. Denn darin gibt der feine Broque- ville dem gröberen Schollaert nichts nach, daß für die finanzielle Konsolidierung des PfaffcnnnterrichtS von Gesetzeswegen gesorgt werden müsse, damit die Klosterschulen, wie er sich ausdrückte,Pom finanziellen Staudpunkte aus sich gegenüber den kommunalen Schulen in einem Zustand der Inferiorität befinden". Das Broquedille« Projekt weist aber denselben Grundzug, dieselbe Tendenz auf wie daS Schollasris: Zerstörung des öfscntlichen, kommunalen Unterrichts, Ausbau, Verallgemeinerung des konfessionellen Unter­richts auf Kosten der Allgemeinheit, Gleichstellung der Subsidien der klerikalen mit denen der ossiziellen Schulen. Er verspricht den Schulkrieg, wie ihn das Schollaertsl�e Projekt versprochen, und steuert wie dieser auf eine Verklerikalisierung der Jugend, aus die Unterjochung des kindlichen Geistes unter die Pfaffenherrschaft hin. Nur in einem unterscheidet sich daS Broque« Villesche Projekt von dem ftüheren der Klerikalen: daß daS Prinzip des Zwangsunterrichts, daS schon in der Formel Schollaerts gänzlich unzulänglich zum Ausdruck kam, noch hinter dieser zurückbleibt! Als ein Projekt der Versöhnlichkeit wagt der Minister seinen Vorschlag dem Lande zu präsentieren. Dieses Werk der Versöhnlich- keit würde im Falle seiner Gesetzwerdung in Bälde dazu führen, daß daS staatliche Volksschulbudget ein Monopol der Klosterschulen würde. Ein oppositionelles Blatt verweist mit Recht darauf, daß viele Wähler, da eS sich dann um ihre Taschen handelte, eS vor­ziehen würden, ihr Kind in die Klostcrschule zu schicken, die nach dem Vorschlag« BroquedilleS der Gemeinde nichts kosten würde, statt in die Kommunalschule, die von Staat und Gemeinde erhalten würde. Da» neue Projekt ist also, in womöglich noch der- schlechterter Form, daS alte Projekt Schollaert und seine Aburteilung durch alle, die nicht unterm Pfaffenjoch stehen, ist dieselbe, die dem vorangegangenen Schulattentat wurde. Die neuerliche Heraus- forderung der Klerikalen ist umso kühner, als sie von dem famosen .Liquidationsministerium" ausgeht, dem seine Existenz nach dem völligen Scheitern der Schulreform und dem HiuauSwurf SchollaertS schlechlhin nur dazu verliehen wurde, den parlamentarischen Haus- halt bis zu den Neuwahlen zu Ende zu führen. Wie auf den ersten Angriff wird das Land auch diesmal entsprechend antworten: diesmal durch die Wahlen. COrfcet Blutige Wahltuwulte. Saloniki, 27. März. Infolge der Wahlagitation ent- standen in einigen Ortschaften in der Umgebung Salonikis blutige Tumulte. Einzelheiten fehlen noch. Die Be- völkerung von Langasa bedrohte den Bezirksvorsteher. Der Wali von Saloniki ging mit einer starken Eskorte nach' Langasa ab. Auf seine Anordnung wurden auch Aerzte nach Langasa entsandt, um die Verwundeten in Behandlung zu nehmen, deren Zahl 15 betragen soll. 9 Personen sollen von Gendarmen erschossen worden sein. Hirn Indüftm irnd Kandel. Steigende Haushaltungskostcn. Die Erhöhung der Lebensmittelpreise hält noch immer an. Zu der Gemüse- und Gelreideteuerung tritt jetzt noch die Steigerung der Fleischproise hinzu. Infolgedessen haben die Kosten des Nahrungsmittelaufwandes im Monat Februar 1912 wieder eine ganz beachtenswerte Zunahme erfahren, die um so mehr ins Gewicht fällt, als sich schon lest 1911 eine fast ununterbrochene Steigerung nachweisen läßt. Berechnet man nach den in 190 Städten Deutschlands vorgenommenen Erhebungen über den Stand der Preise für die wichtigsten Lebens- und GcnußmiUel den wocheiu« lichen Nahrungsmittelaufwand für eine vierköpfige Familie, Eltern und zwei Kinder, in der Weise, daß man die dreifach? Ver- pflegungSration deS deutschen Marinesoldaten zugrunde legt, so erhält man für die einzelnen Monate im Reichsdurchschnitt folgende Indexziffern in Mark: 1911 Jan. Febr. März April Mai Juni Juli 23.50 23,6 1 23.60 23.80 23,72 28,97 21.37 1911/12 Aug. Sept. Oki. Nov. Dez. Jan. Febr . 24.65 24.77 24,88 24,64 24,60 24.69 24.83 Mithin sind die Kosten des wöchentlichen NahnmgSimltel- aufwand» von Januar 1912 auf Februar durchschnittlich um 14 Pf. gestiegen. Gegen Januar 1911 ergibt sich bereits eine Zunahme um 1,33 M. Die kräftigste Steigerung ist in den Monaien Juli und August 1911 eingetreten. In verschiedenen. LandeSteilen stdlten sich die Kolfan deS NahningSmiltelauswandS bedeutend höher als im Reichsdurchschnitt. Naturgemäß waren die HanShaltungS- kosten in den Industriezentren besonder» hoch. So stellte sich die Indexziffer für Februar 1912 in Köln auf 27.57, in Kreseld auf 27,21. In Chemnitz beliefen sich die Kosten des wöchentlichen NahrungSmittelaufwandes auf 26,04 M. und in Bochum aus 25.11 M. In Berlin und Vororten beliefen sich die Kosten deS NahrungSuxittelaufwandeS im Februar 1912 auf 24,12 M. wöchentlich gegen 23,19 M. im vorjährigen Parallelmonat. In verschiedenen LandeSteilen, vor allem in den östlichen Provinzen, stand die Indexziffer unter dem Reichs« durchschnitt. Aber auch in dielen LandeSieilen zeigt sich gegen Februar 1911 durchweg eine Steigerung des Nahrungsmittel- aufwandes. Vorläufig ist auch mit einer erheblichen Besserung nicht zu rechnen. ES ist vielmehr anzunehmen, daß mindestens bis zu Beginn der Kartoffel- und Gemüseernte die Preise für vegetabilische Nahrungsmittel noch weiter anziehen werden. Mit Rücksicht auf die starke Verminderung der Viehbestände durch die umfangreichen Not- Verkäufe in den letzten Monaten ist eine weitere kräftige Steigerung der Fleischpreise zu erwarten. (Siehe auch 1. Beilage.)