rungen selbst die Schuld. Sie befacyieir.l, bei größeren Rücklagen höher zur Verzinsung der Obligationsanleihe herangezogen zu werden. und setzten aus diesem Grunde selbst die geringe Höhe fest. Die Kläger hätten allerdings insofern recht, daß viel mehr hätte zurück- elegt werden müssen. Der Zu st and, wie die Divi- endenauszah lungen zustande gekommen sind. sei gesetzwidrig. Und wenn die klägerischen Regierungen ihre Klage darauf gestützt hätten, daß das Verfahren der beklagten Ge- sellichaft dem Z 261 des Handelsgesetzbuches(über Aufstellung der Bilanzl widerspreche, so hätten sie Erfolg gehabt. Sie haben aber auf Grund des K 271 dcS Handelsgesetzbuches(über Anfechtung von Generalversammlnngsbeschlüssen) geklagt. Daran hatte sich das Ge- richt zu halten und so mußten die Regierungen mit ihrer Klage abgewiesen werden. Gegen die Auslegung der Kläger spreche auch die bisherige Verwendung des Re- serve- und ErncuernngsfondS der beklagten Gesellschaft. Der Fonds sei sehr häufig nicht nur zu aller Art Erneuerungen, sondern sogar zu kleinen Ausgaben verwendet worden. Man könnte schon darum den Beklagten nicht unterschieben, daß ihre Auffassung gesetzwidrig gewesen ist. In kleineren Gesellschaften sdas von Privaten gegebene Aktien- kapital beträgt in diesem Fall nur 2,4 Millionen Mark) ist daS Di« videndeninteresse der einzelnen Aktionäre besonders stark. Außerdem haben bei der Eutin -Lübecker Gesellschaft die Regierungen von Oldenburg und Lübeck für Kapiral und Zinse» einer Anleihe von 2,861 Millionen Mark die Garantie übernommen und ihre Zuschüsse werden ihnen in Form von Aktien zurückgezahlt, so daß der Ein- fluß der privaten Gesellschafter stetig mehr zurückgedrängt wird. Bis das in weiterem Matze geschehen, suchen die Privatakrionäre durch Dividendenzahlung unter allen Umständen herauszuholen, was zu holen ist._ Hua der frauenbcwccfung. Das Dienstmädchen von Rixdorf. In dem Magdeburger Parteiblatt findet sich nachfolgender Brief einer Familie S. aus Rixdorf an eine Gesindevermieterin zu Magdeburg abgedruckt: Boddinstraße 66. IV. Neukölln. IS. 2. 12. Wir suchen auf l. März oder auch etwas früher ein älteres Mädchen für Küche und Hausarbeit. Dieselbe mutz einfach bürgerlich lochen können, von ansehnlichem Aeußern sein, voll- ständig gesund, ohne entstellende Zahnlücken, nicht rothaarig und mit gutem Dienstbuch versehen, nicht mit losen Zeugnissen. Lohn bis 25 M. Wäschefrau wird gehalten. Wir übernehmen ein Lebensmittelgeschäft, 26 Minuten mit Bahn von Berlin entfernt, in prachtvoller Gegend, ländlich gc- legen, im Sommer von vielen Fremden besucht. Wir sind Süddeutsche, seit 3 Jahren hier wohnend, nur könnte ein braves, anhangloses Mädchen sich gute Lebensstelle schassen. Meine Frau ist eine sehr tüchtige Hausfrau, recht guten Gemüts, die fleißig mithilft. Wir haben einen Jungen von 6 Jahren und ein Töchterchen von 16 Jahren. Mehrmals in der Woche essen zirka zehn Leute bei uns ?egcn Bezahlung, bei sehr einfacher Kost. Da sehr viele Reit- utscher bei uns kaufen, so können wir nur ein Mädchen ge- brauchen, welches ein weniger hübsches Gesicht hat, sich aus jungen Leuten nichts macht. Also bitte ein solches, das nicht besonders schön ist. Eine ausgesprochene Häßlichkeit soll's gerade nicht sein. Altec un- gefähr bis 26, aber kein unfreundliches, mürrisches Mädchen. sondern bescheiden, willig, freundlich! Es darf nur ein treues, ehrliches Mädchen fein. Beste Behandlung wird ihr zugesichert. Wen» sie Gartenarbeit noch könnte, wäre es noch besser. Reise wird vergütet. Muß aber bemerken, daß es ländliche Gegend ist, sog. Kolonie, aber auch Villenbesitzer wohnen darin. Bitte teilen Sic uns mit, was Sie für Gebühr verlangen. Ein Bild des betreffenden Mädchens wäre sehr erwünscht. Aber nur ein Mädchen wie beschrieben habe— sonst nicht! Dienstbuch bitte vorher einzuschicken! Reisegeld wird nur vergütet, wenn das Mädchen meinen Wünschen entspricht. Wir lassen auch den Kommentar unseres Parteiblatts folgen: Man begreift, daß in� die prachtvolle Gegend durchaus ein Mädchen gehört mit einer lückenlosen Zahnreihe und ohne roten Schopf. Damit sie die Reitkutschcr nicht in Versuchung bringt, darf sie nur ein loeniger hübsches Gesicht haben, anderseits aber die ästhetischen Gefühle der Leute nicht durch ausgesprochene Hätz- lichkeit verletzen. Wenn für 15 Personen täglich Essen bereitet werden muß, ist es nicht unbillig, wenn Willigkeit. Freundlichkeit, Treue und Ehrlichkeit verlangt wird. Dafür wird aber auch beste Behandlung zugesichert und als besondere Belohnung Gartenarbeit; wahrscheinlich nachts beim romantischen Mondenschimmer. Reich- lich entschädigt wird das Mädchen durch das Gefühl mit Villen- besitzern dieselbe Lust atmen zu dürfen. Die Klausel über das Reisegeld ist belanglos, denn es unterliegt gar keinem Zweifel. daß so bescheidene Wünsche, wie sie die Familie S. aus Neukölln hegt, mit Leichtigkeit befriedigt werden konnten. Ja ja, diese— Dienstboten!—_ Die weiblichen Mitglieder der Krankenkassen. Der Kreis der gegen Krankheit versicherten Personen hat in der letzten Zeit erheblich zugenommen. Bei allen Kassenarien zusammen stieg von 1885 auf 1916 die Zahl der männlichen Mitglieder von S'/z auf fast y'/s Millionen, das ist ungefähr auf das 28/4fache. Von 1906 auf 1910 betrug die Steigerung 722 472 Mitglieder oder 8,3 Proz. Relativ noch viel stärker wuchs aber die Zahl der weih- liche» Mitglieder an, nämlich von rund 3/t Millionen im Jahre 1885 auf 38/4 Millionen im Jahre 1910 oder auf rund das Fünffache. Besonders stark war das Anwachsen der weiblichen Mitglieder in den letzten Jahren. Seit 1906 belief sich ihre Zunahme auf 657 515 oder 22 Proz. Ans 100 männliche Mitglieder entfielen 1885 22,2 weibliche, 1906 34,4 und 1916 38,8. lieber diesen Durchschnitt hinaus geht die Zahl der weiblichen Mitglieder bei den Orlskrankenkasscn, bei denen auf die gleiche Zahl männliche 43,3 weibliche Mitglieder kommen. Sehr verschieden ist der Anteil der weiblichen Mitglieder in den einzelnen B n n d e s st a a t e n. Auf 106 männliche Mitglieder kamen im Jahre 1916 weibliche Mitglieder in Berlin 62,4, Königreich Sachsen 55,1, Baden 53,9. Dagegen in Ostpreußen 27,0, West- Preußen 24,6, Posen 20,5 usw. Die Zahlen zeigen, in welchem steigenden Maße in den industriell fortgeschrittenen Gegenden die Frauen in die Erwerbsarbeit hineingezogen worden sind. Bei den Frauen, die krankenversicherungspflichtig sind, handelt es sich speziell um solche, die in Gewerbebetrieben gegen Gehalt oder Lohn be- schäftigt werden, sich also in gewerblicher abhängiger Stellung be- finden. Wenn sich die Statistik der Krankcnversicberung erst einmal auf die Dienstboten, Hausgewerbetreibenden usw. mit erstrecken wird, dann wird die Zahl der tätigen Frauen noch weit mehr hervor- treten. Sembts- Reitling. Mädchenraub. Zwei gemeingefährliche Mädchenhändler, die zwei 14- bezw. 15jährige Mädchen verschleppt hatten, wurden gestern von der 3. Strafkammer des Landgerichts l zu mehrjährigen Zuchthaus. strafen verurteilt. Aus der Untersuchungshaft wurden der an- gebliche Artist und Bautcchniker Johannes Hedorfer und der Tech- nikcr Richard Prokop, beide aus Wien , vorgeführt. Anfangs Januar d. I. verschwanden aus Wien zwei 14 Vi- bezw. 15jährige Mädchen, die Töchter sehr anständiger Eltern. Die Ermittelungen der Wiener Kriminalpolizei führten nur zu der Verantwortlicher Redakteur:"Albert Wachs, Berlin . Für den Feststellung, daß die beiden Rädchen in Begleitung zweier Männer vom Nordbahnhof aus abgefahren waren. Zum Glück war es möglich, von diesen beiden Männern eine ziemlich genaue Personal- beschreibung zu erlangen, die sofort an sämtliche Polizeibehörden von Deutschland und des Auslandes weitergegeben wurde, da der dringende Verdacht vorlag, daß jene Männer gefährliche Mädchen- Händler waren. Die Berliner Kriminalpolizei gab deshalb be- sondere Anweisungen an die auf den Bahnhöfen und in der Fried- richstraße tätigen Beamten. Inzwischen war bei den Eltern der Mädchen in Wien ein in Berlin abgesandter Brief eingelaufen, in welchem diese baten, ihnen doch postlagernd an ein hiesiges Postamt ihre Papiere einzusenden, da sie in der Lage seien, im Auslande eine gute Stellung anzunehmen. Das betreffende Post- amt wurde auf Ersuchen der Wiener Polizeibehörde sofort scharf beobachtet, nachdem hierher ein fingierter Brief aus Wien ab- gesandt worden ivar. Die beiden Verbrecher mußten jedoch wohl Verdacht geschöpft haben, denn die Obscrvierung des Postamts, die mehrere Tage hindurch fortgesetzt wurde, blieb ohne Erfolg. Eines Abends, Mitte Februar d. I., bemerkte der Kriminalwachtmeister Faber in der Bahnhofstratze am Anhalter Bahnhofe zwei Leute, auf welche das Signalement der beiden Wiener Verbrecher paßte. Er redete sie auf gut Glück unter Nachahmung des Wiener Dia- lekts an und erzählte ihnen, daß er soeben aus Wien angekommen sei, um hier Lcgitimationspapiere abzugeben, die er aus Gefällig- keit mitgenommen habe. Die beiden Männer gingen auch gleich in die Falle und zeigten großes Interesse für die Legitimations- papiere. Der Kriminalbeamte bezweckte mit dieser Erzählung ledig- lich, die beiden Leute aus der dunklen Bahnhofstraße heraus und in die Nähe der anderen Beamten zu bringen. Dies gelang auch und auf einem heimlichen Wink war ein anderer Kriminalbeamter zur Stelle, mit dessen Hilfe die beiden festgenommen wurden, nach- dem sie sich verzweifelt gewehrt hatten. Auf die unvermutete Frage, wo die beiden Mädchen sind, gaben die Verhafteten ein Pensionat in der Nähe an, tvo die beiden inzwischen zu Dirnen gewordenen Mädchen auch gefunden wurden. Die weiteren Er- Mittelungen ergaben, daß die beiden Verhafteten, die jetzigen An- geklagten, die Mädchen unter der Vorspiegelung, ihnen gute Stellungen zu verschaffen, aus Wien entführt und sie dann hier unter Drohungen und Schlägen auf die Straße getrieben hatten, wo sie für die späteren Zwecke„angelernt" werden sollten. Den Verdienst von 86 bis 160 M. pro Tag mußten sie an die Auge- klagten abliefern, die sie auf Schritt und Tritt verfolgten, um sie völlig unter ihrem Einfluß zu bringen. FWmer stellte es sich her- aus, daß die Kriminalpolizei keinen Augenblick zu früh gekommen war. Denn die Angeklagten hatten schon olle Vorbereitungen ge- troffen, um nach London abzudampfen, wo die beiden Mädchen. wie vermutet wird, an ein öffentliches Haus verkauft werden 'ollten.— Die beiden Mädchen, die noch zum Glück vor diesem Schicksal bewahrt blieben, wurden von den Behörden an die öfter- reichische Grenze geschafft, wo sie von ihren Eltern in Empfang genommen wurden. In der gestrigen Verhandlung beantragte der Staatsanwalt [e 1% Jahr Gefängnis. DaS Gericht ging jedoch mit Recht weit über diesen Antrag hinaus, da die Angeklagten in dem dringenden Verdacht ständen, gewerbsmäßige Mädchenhändler zu sein. Wegen Entführung gemäߧ 237 des Strafgesetzbuches und schwerer Kup- pelei lautete das Urteil gegen Hedorfer auf 4 Jahre Zuchthaus und gegen Prokop auf 3 Jahre Zuchthaus, sowie je 5 Jahre Ehr- Verlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. Unterschlagungen bei der Deutschen Bank in Höhe von zirka 4V 666 M. wurden dem Buchhalter Ernst Weber zur Last gelegt, welcher gestern der 7. Strafkammer des Land- gerichts I vorgeführt wurde. Der Angeklagte war seit mehreren Jahren in der Depositen- hauptstelle der Deutschen Bank angestellt gewesen. Da er über eine Verhältnisse hinaus gelebt hatte, war er in Schulden ge- raten, die ihn schließlich auf die schiefe Eben« führten. Er unter- lchlug erst einen kleineren Betrag, den er zur Deckung seiner Schulden verwandte. Als er sah. daß diese Veruntreuung unent- deckt blieb, eignete er sich einen größeren Betrag a». Als die Unterschlagungen schließlich zur Entdeckung kamen, hatten sie die Höhe von über 46 666 M. erreicht.— Staatsanwalt Dr. Graßmann beantragte mit Rücksicht auf den von dem Angeklagten verübten schweren Vertrauensbruch eine Gefängnisstrafe von einem Jahre, auf welche das Gericht auch erkannte. Polizeiherrschaft. Wenn die Polizei anordnet und befiehlt, dann hat das Publikum ich jeder Kritik zu enthalten und unbedingt Folge zu leisten. Das ist die Meinung der Polizei, und immer wieder stimmen Gerichte ihr darin zu. Ein Einwohner von Neukölln hat es schwer büßen müssen, daß er anderer Meinung war. Am 18. November, abends zwischen 6 und%8 Uhr, hatte in Neukölln die Polizei den Hermannplatz in beträchtlichem Umfang abgesperrt, weil im Hause Hermannplatz 5 die Feuerwehr einen Brand löschen mußte. Noch vor dem Hause Nr. 9 stand Polizei und bewachte den Eingang zu der Apotheke, die sich hier befindet. Ein Arbeiter Kluczynski, der für seine erkrankten Kinder eine Arzenei anfertigen lasten sollte, hielt eine so weitgehende Absperrung iür eine unnötige Belästigung. Wie andere Personen aus dem ßublikum, so äußerte auch er in erregten Worten seinen Verdruß über die ihm bereiteten Schwierigkeiten. Infolgedessen wurde er schließlich von einem Schutzmann festgehalten und trotz Angebots einer Legitimation auf Anordnung des Polizeileutnants Schnorren- pfeil zur Wache geführt, wo er auf Anordnung desselben Leutnants fiir eine halbe Stunde in die Zelle gesteckt wurde. Ansang Februar verurteilte dann das Amtsgericht Neukölln den Arbeiter Kluczhnski zu 36 M. Geldstrafe wegen groben Unfugs durch ruhcstörenden Lärm, zu 26 M. Geldstrafe wegen Nichtbefolgung der Aufforderung weiterzugehen, zu zwei Wochen Elefängnis wegen Beleidigung des Polizeileutnants Schnorrenpfcil. Eine Beleidigung wurde darin erblickt, daß Kluczhnski auf der Straße in Gegenwart des Leutnants die von diesem angeordnete umfaugreiche Absperrung als„Blödsinn" bezeichnet und später aus der Wache einem Schutz- mann gesagt habe:„Der junge Leutnant versieht ja gar nichts!" Hier wird mancher sich erinnern, daß in Berlin bei den„Moabiter Unruhen", wie vor Gericht festgestellt worden ist. Polizisten gegen Personen aus dem Publikum unflätige Schimpfworte gebraucht haben. Es ist immer wieder«ine wahre Freude zu sehen, daß es auch zarter besaitete Polizeibeamte gibt, die viel weniger schlimme Worte schon als schwere Beleidigung empfinden. Auf Kluczynskis Berufung gegen das ihn verurteilende Amts- gerichtserkenntnis hatte gestern das Landgericht Berlin II durch die Strafkammer 2 jenes Urteil nachzuprüfen. Der Angeklagte, der sich selber verteidigte, gab die Aeußerung„So eine blödsinnige Absperrung!" zu. Er bestritt aber die Aeußerung„Der junge Leutnnant versteht ja gar nichts!" und versicherte, nur gesagt zu haben:„Der liebe junge Herr scheint erst voriges Jahr vom Militär losgekommen zu sein, der scheint nicht zu wissen, wie er an- ständige Menschen zu behandeln hat." Ueber den Transport zur Wache gab Kluczhnski vor Gericht an, unterwegs habe der Schutz- mann Timm ihn aufgefordert, die Zigarre aus dem Munde zu nehmen, und habe, als Kluczhnski das nicht tat. ihm angedroht: „Dann schlage ich sie Ihnen aus dem Maul raus!" Die Beweiserhebung bestand hauptsächlich wieder i» der Ver- nehmung der beteiligten Polizeibeamtcn. Ter für jene Absperrung verantwortliche Polizeileutnant Schnorrenpfcil erzählte, auf dem Hermannplatz seien Tausende von Menschen versammelt gewesen. Als der Vorsitzende daran erinnerte, daß Zeuge in der Verhandlung vor dem Amtsgericht von Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts „fünf kaufend" gesprochen ssave, kortigkerte et:„Mehrere laufetä. Kluczhnski sei chm von Anfang an dadurch aufgefallen, daß ex „ohne jede Veranlassung sich fortwährend vordrängte". Der Bar- sitzende fragte nicht, woher er denn wisse, daß Kluczhnski daS „ohne jede Veranlassung" getan habe. Zeuge versichert«, Kluczyns» habe mit der Bitte, durchgehen zu dürfen, sich weder an ihn noch an irgendeinem anderen gewandt, sonst wäre er ohne werterS durch- gelassen worden. Die Sistierung sei nötig gewesen, weil die Legi» timation auf der Straße angesichts der Menschenansammlung nicht geprüft werden konnte. In die Zelle habe man Kluczhnski stecken: müssen, weil er auf der Wache lärmte, so daß man nicht tele» phonieren konnte... Schutzmann Timm bekundete, Kl. habe nicht«fordert, rn die Apotheke hineingelassen zu werden. Später gab Zeuge auf noch» maliges Befragen die Antwort:„Mir ist nicht bewußt, daß er mir sagte, er wolle hinein." Gegenüber der Beschuldigung, datz Kluczhnski während der ganzen von 6 bis Uhr dauernden Absperrung auf dem Platz verweilt habe, bot dieser Beweis dafür an, daß er noch um Uhr in der Turmstraße gewesen sei, also nicht schon um 6 am Hermannplatz gewesen sein könne. Timnr bestritt, zu Kluczhnski gesagt zu bähen, daß er ihm die Zigarre „aus dem Maul schlagen" werde. Er habe nur angedroht, daß er sie„gewaltsam entfernen" werde. Die Vorgänge auf der Wache schilderte Schutzmann König . Der Angeklagte habe gelärmt und geschimpft und auch bei seiner Eni- lassung sich noch renitent benommen, indem er sich weigerte, durch eine ihm bezeichnete Tür zu gehen. Der Vorsitzende sagte dem Zeugen, Kluczhnski habe das damit erklärt, daß er am Ausgang noch Prügel zu bekommen fürchtete.„Ausgeschlossen!" antwortete Schutzmann König . Vernommen wurde noch eine Frau Loosen, die mit ihrem' Bruder, dem Arbeiter Schilling, ihre im Hause Hermannplatz 9 wohnende Mutter hatte besuchen wollen und erst nach einigem Hin und Her durchgelassen worden war. Kluczhnski beantragte, noch zwei in der Apotheke tätige Personen zu laden, die bekunden würden, daß sie selber sich über die Absperrung der Apotheke be- schwert hätten. Das Gericht hielt das nicht für nötig und gelangte in Ueber- einstimmung mit dem Staatsanwalt zu dem Urteil, daß es bei den festgesetzten Strafen— 36 M. für Lärm, 20 M. für Nichtbefolgung, zwei Wochen für Beleidigung— verbleiben müsse. Die Begründung des Urteils attestierte der Polizei, daß sie„vollständig korrekt ge- handelt" habe._ Hiis aller GHelt. Die Grubenexplofio« in Westvirginie«. Die gestern von uns gemeldete Explosion in dem Berg- werk von B l u e f i e l d s ist in ihren Wirkungen noch furcht- barer, als die erste Meldung erscheinen ließ. Von 92 Ar- beitern, die sich zur Zeit der Explosion im Schacht befanden. konnten nur zehn Arbeiter lebend gerettet werden, während die übrigen 82 bei der Kata- strophe den Tod fanden. Das entsetzliche Unglück bedeutet eine neue furchtbare Anklage gegen den mangelnden Arbeiterschutz in den nordamerikanischen Bergwerken. Die schrankenlose Ausbeutung der zumeist ein- gewanderten Bergsklaven führt fast in jeder Woche zu schweren Massenunglücken. Ist doch erst am 21. d. Mts. in einem Bergwerk in Mac Curtin im Staate Oklahama durch eine Explosion etwa die gleiche Anzahl Bergarbeiter tödlich verunglückt. Hoffentlich peitschen die beiden letzten Kata- strophen endlich die Gesetzgebung und die Auffichtsbehörden auf, nicht nur die Interessen der Grubenbesitzer wahrzunehmen, sondern sich auch in etwas an den Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeiter zu erinnern. Die Suche«ach den Autoapachen. Die Nachforschungen der Sicherheitsbehörde nach den Automobil- banditen blieben bisher vollständig erfolglos. Man will die Verbrecher an den verschiedensten Orten gesehen haben. Aber alle Angaben erwiesen sich als unrichtig. In D ü n k i r ch e n wurden gestern abend vier Leute angehalten, die eine gewisse Aebn« lichkeit mit den Automobilisten hatten. Es stellte sich jedoch her- aus, daß es vier bekannte Flieger waren, die in Dünkirchen eine Fliegerschule errichten wollen. In Mery, Departement Oise , wurde gestern abend der Pariser Schnell- zug von der Gendarmerie und einer bewaffneten Volksmenge um- ringt, die„Schlagt sie tot!" rief. In dem Zuge be« fanden sich drei Automobilisten, die in Val Mondois ihren Wagen verlassen und den Zug bestiegen hatten, was zu den: Gerücht Anlaß gegeben hatte, daß sie die gesuchten Automobilisten seien. Die Reisenden wiesen aber nach, daß sie friedliche Kaufleute seien. In einem Orte bei Paris wurde der Karabiner ge- funden, mit dem die Banditen nach der Bluttat ihre Verfolger ab- hielten. Die Nachforschungen ergaben, daß dieser Karabiner auS einem am 24. September 1911 bei einem Waffenschmied in der Rue Lafayette verübten Einbruchsdieb st ahl herrührt, als deren Urheber vor einiger Zeit der Anarchist K i b a l t s ch i ch und die verantwortliche Redakteurin der Zeitung«Anarchiste ", Frau M a i t r e- j e a n, verhaftet wurden._ Wieder zwei schwere Skinnfälle. Wie aus Kufstein gemeldet wird, unternahmen der Amts- richter Weiß. AmtSgerichtösekretär M e i n d l und Ingenieur P i ch l e r aus J�r g o l st a d t am Sonntag eine Skisahrr von K i tz b ü h e l auf den P e n g e l st e i n. In der Höhe setzte ein furchtbarer Schnee st ur in ein. Weiß brach infolge von Ueberanstrengung bewußtlos zusammen. Seinen Begleitern gc- lang tS nach zweitätigen großen Anstrengungen, Kufstein zu er- reichen. Mittwoch früh ist eine Expedition auf die Suche nach Weiß abgegangen, der aller Voraussicht nach bereit« tot ist. Aus Graz meldet ein Telegramm, daß eine Gesellschaft Wiener Skiläufer, bestehend aus drei Herren und einer Dame, die inS Hochschwabgebiet gegangen Ivar, vermißt wird. Eine Rettungsexpedition ist auSgeschickr worden. Kleine Notizen. Raubmord. In Siebte n(Provinz Sachsen ) ist am Dienstag nachmittag die HändlerSwitwe Schumann von einem entfernten Verwandten namens Rabenelt aus O b e r f a r n st e d t bei Ouer- furt ermordet worden. Dem Täter sind 216 M. in die Hände ge- fallen. Er soll in der Richtung ans Halle entkommen sein. Der Schutzmann als Einbrecher. Das Landgericht in Aurich bat am Mittwoch zum zweiten Male gegen den S ch u tz m a n n G l a» ß aus Wilhelmshaven verhandelt wegen der zwei im Herbst vorigen Jahres ausgeführten Einbruchsdiebstähle, die bei der Ver- Handlung am 9. März noch nicht spruchreif waren. G l a n ß wurde verurteilt zu einer Zusatzstrafe von einem Jahre, so daß er im ganzen sieben Jahre Zuchthaus zu verbüßen hat. Bier Menschen verbrannt. In der englischen Ortschaft D a r t- m o u t b zerstörte eine FeuerSbruust ein Arbcitcrwohnbaus, wobei eine Frau mit ihren drei Kindern verbrannte. Ein viertes Kind hatte die Frau a»S dem Fenster auf die Straße fallen lassen, wo es mit schweren Ver- l e tz u n g e n aufgehoben wurde. Bei den Löscharbeiten sind außer» dem mehrere Personen verletzt worden. Racheakt gegen einen Rittmeister. In einem Grenzort de? russischen Gouvernements Olonetz erschossen z w e i S o l d a t e n der Grenzwache ihren Kommandeur, Rittmeister M a t s ch e w S k i. Der Rittmeister hatte gegen die Soldaten wegen eines geringfügigen Vergehens st r e n ge Strafen verhängt. Bukhdruckeret n. VerlagSanstalt Paul Singer u. Co., Berlin SW.
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