5,. 74 29. wrp., 2. Keillige des„Mmarts" Kerliller MlksdlM. � —— M»—— �,............................ umnnr— tti»II........... il Hbgeordnetenhaus. 46. Sitzung. Mittwoch, den 27. März, vormittags 10 Uhr. Am Ministertisch: Lentze, v. Trott zu Solz. Eine von der Pelitionskommission als ungeeignet zur Er- örternng ini Plenum erklärte Petition des Preußischen Landesvereins für Fraueustimmrccht auf Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für beide Geschlechter wird auf Antrag der Abgg. G Y tz l i n g lVp.) und Dr. Friedberg snatl.) als zur Erörterung geeignet der P e t i t i o n s k o m», i s s i o n zur Berichterstattung überwiesen. Ein von allen bürgerlichen Parteien eingebrachter Antrag auf Beschließimg eines Etats notparagraphen infolge der späten Einberufung deS Landtages, die die rechtzeitige Verabschiedung des Etats unmöglich macht, geht an die Budgetkommission. In der Debatte über den Antrag begründet Abg. H o f f m a n n kurz, den ablehnenden Standpunkt der Sozialdemokraten. Die zweite Lesung des Kultusetats wird fortgesetzt beim Kapitel Kunst und Wisscuschaft. Abg. v. Goßlcr sk.): Die Musik, für die nur 400 000 M. aus» geworfen sind, wird vom Ministerium stiefmütterlich behandelt. Wir erkennen die Leistungen der Hochschule für Musik an, verdammen aber die Musikwarenhäuser, wie„Konservatorien" usw. Abg. Dr. Pachnicke<Bp.> wünscht, daß der Staat mehr für die Kunst tue. die den Form- und Farbensinn entwickele und daher auch von wirtschaftlicher Bedeutung sei. Er bespricht den Raummangel im Berliner Museum für Naturkunde und fordert für den B o t a n i s ch e n G a r t e n in Dahlem eine Besuchszeit, die den Massen den Besuch ermöglicht. Abg. Dr. Arning(natl.) wünscht gleich dem Vorredner ein Gesetz Über die Ausgrabungen. Kultusminister v. Trott zu Splz dankt für die Spenden der Ost- ofrikaexpedition und kündigt an. daß die dort gemachten Funde der Wissenschaft und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden sollen. Mit dem Neubau des Bölkerkundemuseums wird hoffentlich in abseh- barer Zeit begonnen iverden können. Abg. v. Gescher (k.) ersucht, die Museen an Sonntagen von >/,12 bis zur Dunkelheit offenzuhalten. In der gegenwärtigen Zeit sei es von größter Bedeutung, das ästhetische und sittliche Niveau der breiten Massen auch durch die Museen zu heben. Abg. Dr. Crüger-Hagen(Vp.) wünscht eine Revision der Auf- nabmebedingungen der Kunstschule, die doch dem Kunstgewerbe und Handwerk nützen solle. Abg. Dr. Lohmann(natl.) teilt mit, daß die königl. Bibliothek in Berlin ihre Hilfsbibliothekare mit 100 M. monat- lich entschädige, weil eS genug Anwärter gäbe I Ein Kommissar: Darin muß man der Bibliothek einige Freiheit lassen. Abg. Kindler sVp.) tritt für die Errichtung einer Universität in Posen ein. Die Befürchtung, daß sie einen Mittelpunkt anti- deutschen Treibens werden könnte, sei hinfällig. Die Straß- b u r g e r Universität ist doch auch eine Hochburg des Deutschtums l Abg. Winckler(!.): Wenn eine Universität für den Osten er- richtet werden wird, dann in Frankfurt a. O., Danzig oder Marien- bürg. Posen würde nur für Polen Anziehungskraft haben. Abg. Kindler sVp.): Logisch wäre nur der Ausbau der Posener Akademie zu einer Universitär. Abg. Menke(Vp.); Es ist höchste Zeit für ein Gesetz zum Schutz der Naturdenkmäler! Der Redner begründet einen entsprechenden Antrag. Abg. Ecker-Winsen snatl.): Das ist auch unsere Meinung, aber die Sache ist schwierig. Auch ein Ausbau des Vogelschutz- g e s e tz e S ist sehr wichtig, der Vogelfang sollte von dem Besitz eines Jagdscheins abhängig gemacht werden. Abg. Dr. Hauptmann(Z.) steht dem Antrag Menke sympathisch gegenüber. Abg. Frbr. v. Wolff-Metternich (Z.): Ein hinreichender Vogel- schütz ließe sich vielleicht auch schon durch Erlasse ohne Aenderung des Vogelschutzgesetzes erreichen. Die Abgg/ Winckler sk.) und Ramdohr sfrk.j treten gleichfalls für den Antrag Wenle ein. Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Die moderne Entwickelung bringt eine weitgehende Vernichtung von Naturschätzen mit sich. So notwendig der Naturschutz ist. so hat andererseits doch auch die Jugend ein Recht darauf, sich mit der Natur durch Sammeln von Pflanzen und Fangen von Tieren in engere Beziehung zu setzen. Um auch diesem Bedürfnis der Jugend entgegenzukommen, könnten vielleicht besondere Naturschutz- gebiete zu solchen Zwecken reserviert werden. Bei der Erhaltung von Naturdenkmälern mutz dafür gesorgt werden, daß auch die Um- g e b u n g dieser Denkmäler in thrcr ursprünglichen Form geschützt wird. Wir stimmen den. Autrag W e n k e gern zu und erwarten, daß die Regierung sich auf seinen Boden stellt. Der Antrag Wenke wird der Agrarkom Mission über- wiesen. Abg. Schreiner sZ.) tritt für die weitere Ausdehnung der gesetz- lichen Regelung der Ausgrabung von Altertümern ein. Abg. Wolff-Metternich sZ.) unterstützt diese Anregung, mahnt aber zur Vorsicht, damit die Bevölkerung von solchen Ausgrabungen Vicht abgeschreckt werde. Beim Kapitel„Technisches Unterrichtswesen" fordert Abg. Dr. Bell<Z.) eine größere Berücksichtigung der Diplom- ingenieure bei der Besetzung von Verwaltungsstellen. Tie technische Entwickelung de« FlugzeugwesenS müsse mehr gefördert iverden. Abg. Dr. Arning snatl.): Auf den technischen Hochschulen sollte mehr Wert auf die ollgemein wissenschaftlichen Fächer gelegt werden. Abg. Wcndlandt snatl.) erörtert die Verhältnisse des Material- prüfungSamiS in Dahlem und ersucht um eine Herabsetzung der Gebühren. Ministerialdirektor Naumann: Die ollgemeinwissenschaftlichen Fächer werden auch auf den technischen Hochschulen gepflegt, aber die Zeit für die Hauptausgaben dieser Hochschule darf nicht zu sehr de- schränkt werden. DaS Kapitel wird bewilligt. Abg. Hoffmann sSoz., zur GeichäftZordnung): Wir haben gestern abend ein Zirkular bekommen des Inhalts, daß von der gestrigen Rede des Kultusministers über die Jugendpflege von verschiedenen Abgeordneten auf ihre Kosten eine größere Anzahl von Sonderabdrücken bestellt worden sei. Die- jeniae» Mitglieder, die ebenfalls solche Sonderabdrucke wünschen, sollten bis zum Mittwochabend ihre Bestellung machen. Wir haben nun ein Interesse daran, die Rede des Ministers in m ö g l i ch st großen Masse» zu�erbreiten. Ich habe nun angefragt. was by. 100, 1000 oder 10 000 Exemplare kosten würden. lHeiterkeit.) Darauf wurde mir geantwortet, daß die Rede erst korrigiert werden müßte und dann von der Druckerei der Preis fest- gesetzt werde. Da wird es aber kaum möglich sein, die Bestellung bis heute abend zu machen. Ich möchte nun anfragen, ob diese Rede nicht gratis abgegeben werden könnte. Wir würden dann vielleicht in der Lage sein, sie in Massen zu verbreiten und da« würde doch wohl auch dem Herrn Minister nur angenehm sein.(Heiterkeit.) Präsident Dr. Frhr. v. Erffa : Ich weiß nicht, bis wann und zu welchem Preis der Druck der Rede erfolgen kann. Das Haus vertagt sich um 4Vz Uhr. um in einer Abend- sitz un g. die um V*8 Uhr beginnt, die Beratung deS KultuSetats fortzusetzen. Partei— GewcrWdjaftcn. Der Nachweis, daß die freien Gewerkschaften keine Partei- knechte der Sozialdemokratie seien, besagt noch nicht, daß nicht andere Gewerkschaften in einem für die Arbeiter schäd- lichen Abhängigkeitsverhältnis zu einer Partei stünden. In Wirklichkeit trifft nämlich das von ultramontaner«Leite den freien Gewerkschaften zugeschobene Knechtsverhältnis auf die christlichen Gewerkschaften gegenüber der Zentrumspartei in vollem Maße zu. Keine der vielen Zentrumsorganisationen verpflichtet ihre Mitglieder, auch gewerkschaftlich organisiert zu sein. Da- gegen verlangen die christlichen Gewerkschaften das B e- kenntnis zu einer Weltanschauung, die mit den gewerkschaftlichen Forderungen der Ar- beiter nichts zu tun hat. Ganz gleich, welchen politischen oder religiösen Anschauungen der Arbeiter huldigt, ob er Christ, Heide, Jude, Feueranbeter oder Atheist sich nennt, als Angehöriger einer Klasse haben alle Arbeiter das- selbe wirtschaftliche und soziale Interesse! Indem die christlichen Gewerkschaften von ihren Mit- gliedern das Bekenntnis zum Christentum verlangen, stellen sie sich schon in ein Abhängigkeitsverhältnis zu einer Welt- anschauung, die vorwiegend im Ultramontanismus ihre politische Vertretung hat. Die christlichen Gewerkschaften sind dadurch schon von vornherein nicht mehr unabhängig! Ganz besonders sinnenfällig tritt ihre Abhängigkeit bei den praktischen Aktionen in die Ersck)einung! Keine bürgerliche Partei, auch das Zentrum nicht, per- pflichtet sich auf alle gewerkschaftliche Forderungen! Im Gegen- teil! Daß jetzt dasiZentrum imReichstageeineReihesozialpoli- tischer Anträge eingebracht Hot, beweist nur seinen Jesuitis- mus! Sind doch so manche Forderungen dabei, die es bisher strikte ablehnte! Es verlangt nun Reformen im Interesse der Bergarbeiter, wie z. B. die achtstündige Schicht, deren Durch- führung es früher mit verhindern half. Mit den Konser- vativen und den Nationalliberalen„reformierte" es die Berg- gesetze, daß selbst das Organ des christlichen Gewerkvereins konstatierte:„Steine statt 13 rot" habe man den Berg- arbeitern gegeben! Jetzt fordert das Zentrum auch den Achtstundentag für die Feuerarbeiter, den seine Redner im Reichstage bisher immer als noch nicht durchführbar erklärten, wenn ein dahingehender Antrag von den Sozialdemokraten vorlag! Man mag weiter zurückgreifen oder die jüngste Vergangenheit in den Kreis der Betrachtungen ziehen, immer wird man die Zwiespältigkeit und Hinterhältigkeit des Zen- trums in sozialpolitische.n Fragen konstatieren können! Die ganze Wirtschaftspolitik des Zentrums steht ja in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu den Interessen der Gesamtarbeiterschaft und damit auch der christlichen Gewerk- schaften! Diese fordern die wirtschaftliche und soziale Hebung ihrer Mitglieder! Die Lebensmittelverteuerungspolitik des Zentrums ist eine direkte Verhöhnung solchen Strebens! Was die Arbeiter durch lange, opferreiche Kämpfe den Unter- nehmern abtrotzten, das reißt ihnen die Wirtschaftspolitik des Zentrums mit einem Schlage wieder aus der Hand! Dabei verlangt das ultramontane Parteiinteresfe, daß die christ- lichen Gewerkschaftler solche Schädigung der Arbeiter- interessen gutheißen? Das Zentrum hat in zahlreichen Fällen genau umgrenzte Forderungen der Arbeiter direkt bekämpft, ihre Verwirk- lichung verhindert! So stimmte das Zentrum— um nur einige Beispiele anzuführen— im Jahre 1890 gegen die von katholischen Arbeitervereinen und dem Gewerkverein christ- licher Bergleute mit Bezug auf das Unfallversicherungsgesetz erhobenen Forderungen, während die Sozialdemokratie dafür eintrat? Das Zentrum stimmte damals in der Kommission auch gegen eine Petition christlicher Textilarbeiter, die eine gesetz- liche Regelung der Arbeitszeit verlangten! Stets bat das Zentrum aus engherzigem Parteiinteress� das Arbeiterwohl verraten, zuletzt noch in markanter Weise bei der Verabschie- dung der Reichsfinanzreform und Reichsversicherungsord- nung! Und was das Wesentliche dabei ist: das Zentrum setzte sich damit in ausgesprochen scharfen Gegensatz zu Forde- rungen christlicher Gewerkschaftskreise! Das Zentrum, einschließlich der ihm angehörenden. Per- treter der christlichen Gewerkschaftsbewegung, stimmte gegen die von christlichen Gewerkschaften geforderte Erhaltung und Sicherung der Selbstverwaltung in den Krankenkassen! Das Zentrum lehnte die Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre in der Altersversicherung ab, obwohl christliche Gewerkschaftler sich dafür erklärt hatten! Das Zentrum verhinderte eine ausreichende und wirkliche Witwen- und Waisenversicherung. Schwangeren- und Wöchnerinnenunterstützung, die von den christlichen Gewerk- schaften befürwortet worden war! Das Zentrum beschloß eine Erhöhung der Tabaksteuer. gegen welche christliche Gewerkschaftler protestierten! Das Zentrum verhinderte eine dem Schaden entsprechende Ent- schädigung der durch seine Steuerpolitik arbeitslos gewor- denen Tabak- und Brauereiarbeiter, obwohl christliche Ge- werkschaftler sich für solche sicher sehr berechtigte Forderungen einsetzten! Das sind einige Beispiele aus dem sozialen Sünden- register des Zentrums! Wir können die Liste ruhig schließen? Sie gibt genügenden Aufschluß über die„Arbeiterfreundlich- keit" des Zentrums und über seine Förderung und Unter- stützung gewerkschaftlicher Forderungen! In diesein Zusammenhange ist aber noch die Frage zu prüfen: wie stellen sich die christlichen Gewerkschaften zu solchem Verhalten des Zentrums? Was unternahmen sie gegen die offenbare Mißachtung gewerkschaftlicher Interessen und Bestrebungen? Diese Frage ist bedeutungsvoll zur Charakterisierung des Verhältnisses dieser Gewerkschaften zum Zentrum, das um so mehr, weil christliche Gewerkschafts- führer die gewerkschaftsfeindliche Politik des Zentrums mit- gemacht haben, teilweise sogar als die Anführer der Fronde gegen die christlichen Gewerkschaften auftraten! Sie wurden nachträglich von erbitterten Mitgliedern christlicher Gewerk- schaften zur Rede gestellt! Und wie lautete die Verteidigung? Man habe nicht als Gewerkschaftler, sondern als Parteimit- glieder gehandelt und gestimmt! Das Parteiinteresse und die Parteiforderungen ständen höher als die einseitigen Gewerk- schaftsfordeningen!— Daß Angehörige einer freien Gewerk- schaft jemals in eine solche Situation geraten könnten, ist gänzlich ausgeschlossen!— Herr G i e s b e r t s, das geistige Haupt der christlichen Gewerkschaften, erklärte sogar einmal öffentlich, daß die Wahrnehmung von Weltanschauungs- interessen die Schädigung der Arbeiterinteresscn bei der Ver- abschiedung der Reichsfinanzreform erforderlich gemacht habe! Mit diesen Erklärungen christlicher Gewerkschaftsführer zur Verteidigung der Zentrumspolitik ist nicht nur von dieser Seite selbst zugegeben, daß die Arbeiterinteressen mit dein Parteiinteresse des Zentrums kollidieren, sondern auch, daß man die Gewerkschaftsforderung unter Umständen aus Partei« rücksichten sogar bekämpfen müsse! Darin liegt weiter das unverhohlene Bekenntnis, daß die christlichen Gewerkschaften sich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Zentrum be- finden und daß die Verzichtleistung auf sachlich berechtigte Arbeiterforderungen Parteipflcht sei! Es steht daher auch außer Zweifel, daß die christlichen' Gewerkschaften— um bei dem von ihnen geprägten Ausdruck zu bleiben—„Parteiknechte" in dem von ihnen den freien Gewerkschaften unterstellten Sinne sind! Noch eine andere Tatsache beweist, daß sie kein Recht haben, sich als unab- hängige Organisation zu bezeichnen! Ihr Verhalten wird nicht lediglich von gewerkschaftlichen Grundsätzen und dem Bestreben, das wirtschaftliche Wohl der Arbeiter zu fördern, bestimmt. Obwohl die Macher behaupten, das Vorhandensein christlicher Gewerkschaften sei eine zwingende Notwendigkeit, haben sie aber auch trotzdem schon bedingungslos versichert, daß sie die Organisation auflösen würden, wenn der Papst solches verlange. Im Lager der Ultramontanen selbst be- stehen Meinungsverschiedenheiten über die richtige und vom religiösen Standpunkt berechtigte Organisationsforin. Eine Gruppe schwört auf die sogenannten interkonfessionellen Ge- werkschaften als Köder auch für die Nichtkatholiken. Die andere Richtung will nur reine konfessionell? Gewerkschaften, und zwar als Anhängsel der katholischen Arbeitervereine gelten lassen. Bei den Auseinandersetzungen über die ent- gegenstehenden Ansichten regalierten sich die Christenmänner gegenfeitig mit Verdächtigungen und Verleumdungen über ihre Ziele und Motive, über ihre Charaktere und Kampfmiftel, daß man glauben sollte, es striten die ausgemachten Lchurken und Bösewichter über die einzig seligmachende Religion, Doch das nur nebenbei zur Charakteristik der Leute, die sich uns gegenüber als Wahrheitsfanatiker und Tugendbolde der Ehr- lichkeit aufspielen. In dem Streit sieht man auch Bischöfe auf beiden«Seiten kämpfen, aber niemand wird als Autorität anerkannt. Ihnen fehlt ja die Kraft der Unfehlbarkeit, die nur den Papst auszeichnet, wenn er als oberster Hirte der Kirche spricht. In ihrem Fanatismus spotten die Gewerk- schaftschristen der Autorität der im christlichen Gegenlager stehenden Kirchenfürsten. Der Generalsekretär S t e g e r- w a l d bezeichnete den Bischof K o r u m als„weltfremden Fanatiker", den man„links liegen" lassen müsse. Würde ein Außenstehender einen Bischof in folch despektierlicher Weise an— sprechen, dann fiele sicherlich die ganze politische, und gewerkschaftliche Presse des Ultramontanismus über ihn her, um zu zeigen, zu welcher Verrohung die Religionslosig- keit führe. Nach dem Verhalten gegenüber den Bischöfen könnte eS nun allerdings scheinen, als ob die christlichen Gewerkschaften selbständig wären, sich von kirchlicher Seite keine Vorschriften machen ließen. Das stimmt aber nicht! Der Streit über die Gewerkschaftsform hat auch schon den Papst beschäftigt. Sowohl die Konfessionellen als auch die Interkonfessionellen versuchten, ihn für sich zu gewinnen. Bisher nahm dieser noch nicht endgültig für oder gegen die eine oder andere Rich- tung Partei. Das allein gibt den christlichen Gewerkschaften noch eine Daseinsmöglichkeit. Weil sie noch nicht von, Papste verboten sind, existieren sie weiter. Die christlichen Gewerk- sck)astsführer ließen nämlich darüber gar keinen Zweifel, daß sie die christlichen Gewerkschaften auflösen würden, falls der Papst ein solches Gebot erlasse. Nicht nur vom Zentrum und seinem Parteiinteresse, sondern auch vom Papst sind die christlichen Organisationen in ihrem Bestände und ihrer Tätigkeit abhängig! Aus alle- dem folgt mit unabweisbarer Logik: die christlichen Gewerk- schaften haben keine Existenberechtigung, als Schleppenträger des Zentrums schädigen sie die Arbeiterschaft in ganz eminenter Weise!_ Sozialea« Revision wegen 5 Pf. Rente. Der Droschkenkutscher Th. stellte bei der LandeS-Versicherungl- Anstalt Berlin den Antrag auf Bewilligung der Invalidenrente. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen, weil Th. noch nicht invalid im Sinne des Gesetzes sei, d. h. er wurde noch für fähig erachtet, ein Drittel dessen zu verdienen, was Arbeiter mit der gleichen Aus- bildung zu verdienen pflegen. Th. legte hiergegen Berufung beim Schiedsgericht für Arbeitcrversichernng Stadtkreis Berlin ein. Dieses forderte vom Geb. Meo.-Rat Dr. Becker ein Gutachten. Diefer Arzt kam zu dem Ergebnis, daß Th. als invalid anzusehen sei. Das Schiedsgericht verurteilte daraufhin die Landes-Bcrsiche- rungS-Anstalt Berlin zur Zahlung der Invalidenrente im monat- lichen Betrage von 18, Sö M. Das Schiedsgericht legte der Bercch- nung 817 Marken der Lohnklasse 3, 337 Marken der Lohnklasse 4 und 201 Marken der Lohnklasse 0 zugrunde. Gegen die Entscheidung des«Schiedsgerichts legte die Landes- VersicherungS-Anstalt Berlin das Rechtsmittel der Revision ein, weil die Rentenberechnung um 5 Pf. pro Monat zu hoch erfolgt sei. Der Revision mußte' stattgegeben werden, da nach der von der Landes-Bcrsicherungs-Anstalt Berlin gemachten Ausstellung die Rente nur 18.00 M. pro Monat zu betragen hat. Die Differenz bei der monatlichen Rente beträgt also 0 Pf. oder pro Jahr 60 Ps. Die Kosten deS Verfahrens und der Revisionsbegründung dürften aber einen Betrag erreichen, der auf 15 Jahre den Renten-Difse» renzbctrag beträgt. Die Kosten des Verfahrens stehen also in keinem Verhältnis zum Objekt, die Landes-VersicherungS-Anstalt Berlin hat aber ihr Recht erhalten. verband der Frtsrurgehilfen Deutschlands . Heute, Donner». tag, abends S'/, Uhr, Rosenthaler Str. 11)12: Versammlung. Tagesordnung: Bericht der Taristommisfion._ Marktbericht von Berlin am 2«. März 1312. nach Ermittelung de» königl. Polizeipräsidiums. Markthallenprcise.(Kleinhandel) 100 Kilogramm Erbsen, gelbe, zum Kochen 34.00—50.00. Speisebohncn, weihe. 35.00— SS.00. Linsen 40,00—80,00. Kartoffeln<KIcinhdI.) 8.00— 13,00. 1 Kilogramm Rindfleisch, von der Keule 1.60—2,40. Rindfleisch, Dauchflcilch 1,30— 1,80. Schweinefleisch 1,30— 1,80. Kalbfleisch 1,10— 2,60. Hammelfleisch 1,30—2,20. Bulter 2,60—3,20. 60 Stück Eier 3,40—6,00. 1 Kilogramm Karpsen 1,10—2,40. Aale 1,80—3,20. Zander 1,60—3,60. Hechte 1,40—2,60. Barsche 1,00—2,00. Schleie 1,60—3,20. Blei« 0,80—1,40.°60 Stück Krebse 1,00—30,00.
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