„Unsere Leute." so erklärte uns der Genosse G r e e n a l lPräsident des Bergarbeiterverbandes von Lancashirc,„stehenfest wie ein Fels. Sie werden ruhig ausharren.'Sie habengelernt, daß sie am besten Widerstand leisten können, wennsie die Hände in den Schoß legen."Angebliche Unruhen.London, 28. März.(W. T. B.) Der Verband der Grubenb e s i tz e r nahm gestern eine Resolution an, die die Grubenbesitzerauffordert, alle Anstrengungen zu machen, um das Gesetz überdie Minde st löhne durchzuführen.In einigen Strcikgebieten kam es gestern zu großen U nruhen. In Cannock-Chasc in Staffordshire behaupteten diStreikenden, daß mehr Arbeiter in den Gruben beschäftigt seienals für die Erhaltungsarbeiten notwendig wären. Etwa 7 bis8(XX> Streikende aus dem ganzen Bezirk sammelten sich bei derGrube Littleton an. Die Polizei war machtlos. Sietelegraphierte nach Stafford um Unterstützung, mußte aber die Torezu der Grube öffnen. Der Umkleideraum wurde in Brand gesetzt,und der Generaldirektor der Grube durch einen Stockhieb verletzt.ebenso ein Schutzmann, der den Täter verhaften wollte. Die Mengezerstörte das Bureaugebäude und schlug die Fenster ein, bis diePolizei gegen die Streikenden mit ihren Knüppeln vorging. Andem entstehenden Handgemenge beteiligten sich auch Frauen.Erst die Nachricht, daß Militär aus Lichfield abgegangen sei,brachte die Menge zur Ruhe.Bei der Grube Rhkinald Cirk in Schottland, wo die Arbeit wieder aufgenommen ist, kam es zu neuen Unruhen. DieStreikenden versuchten, den Güterschuppen und die Eisenbahngelcise der Grube zu zerstören, wurden aber von der Polizeizurückgetrieben. Die Grube wurde von Militär besetztZwei Regimenter in Aldershot sind bereit, in? Streik.gebiet zu gehen.— Eine Abteilung Infanterie ist heute abendaus Shrewsburh nach Nordwales abmarschiert, um die Bergleute, die die Arbeit wieder aufzunehmen beabsichtigen, zu schützen.Premierminister A S q u i t h wohnte heute einer Versammlungvon liberalen Parlamentariern aus den Kohlendistrikten bei underklärte daselbst, die Annahme der Bill über das Lohnminimumhabe eine neue Situation geschaffen. Seit die Regierungeingegriffen habe, sei dem Prinzip des Lohnminimums von einemerheblichen Teile der Kohlengrubenbesitzer zugestimmt worden.Wenn das Parlament es abgelehnt habe, in die Bill bestimmteZahlen aufzunehmen, so müsse dies nicht so ausgelegt werden, alsob ein Teil des Parlaments der Meinung sei, daß die gefordertenZahlen unbillig seien. Den Distriktsämtern sollte der-irauensvall die Festsetzung der Raten für die Distrikteüberlassen werden.Hub dem Ruhrrevicr.Nicht nur der Klassenstaat nimmt durch seine Justiz Rachean den Streikenden. Auch die siegreichen Zechenherren sorgen,daß den ihrer Uebermacht und dem Verrat des ZentrumsErlegenen kein fröhliches Ostern werde. Fast überall bestehendie Herren auf ihren Schein und ziehen den Arbeitern denLohn für sechs Schichten wegen„Kontraktbruchs" ab. DerSechStagelohn soll ihren Profit erhöhen, den Arbeitern diedrückende Not noch verschärfen. Und nach immer neuenSchikanen sinnen die Unternehmer.Die Bergleute wünschten bekanntlich auch kürzereLohnzahlungSperioden. Was aber in jedem anderenBerufe möglich, ja selbstverständlich ist, lehnen die GrubenHerren ab. Zu Ostern sollen die Bergleute noch besondersdie Macht des Grnbenkapitals zu fühlen bekommen. Da sindz. B. die Zechen Bnichstraße, Wiendahlsbank, Glückauf, Tief-bau, Adolf von Hanseniann, Kaiser Friedrich und Tremonia,die öffentlich bekanntgeben, daß erst am 10. April, drei Tagenach Ostern, die erste Abschlagszahlung erfolgen wird. Alldie genannten Zechen gehören zu Deutsch-Luxemburg, stehenalso unter dem Einfluß deS allgewaltigen, vom Zentrum sehrgeliebten und gelobten Herrn S t i n n e S.Das Christentum, das hier den armen Bergleuten undihren Familien eingebläut wird, wird Früchte tragen IDie Gelben und die Schwarzgelbe«.Die Gelben deS RuhrgebietS befinden fich mit den Schwarz«gelben vom christlichen Gewerkverein der Bergarbeiter in allerliebstemStreit. Das Organ der Gelben,«Der Werkverein", hat vor demAusbruch des Streiks dem»Bergknappen' bestätigt, daß er»gutegelbe Gedanken" verbreite. Wie eine gelbe Organisationsleitunghat sich denn auch während des Kampfes der Bergarbeiter der Vor«stand des christlichen Gewerkvereins benommen. Nun sehen die echtenGelben im tchlparzgelben-christlichen Gewerkverein eineKonkurrenz-organisatron. Sie haben darum ein Flugblatt in 75000Exemplaren drucken lassen, da? jetzt zur Verbreitung kommt und inden Refrain ausklingt:»Traut den christlichen Führern nicht." Wirsagen:»Traut den Christlichen und den Gelben nicht I"Doch hören wir, was die echten Gelben den Schwarzgelbenvom.christlichen" Gewerkverein zu sagen haben. In dem Flugblattheißt eS:»Von den christlichen Gewerkschaftsführern kann man alfeSerwarlen. Die christlichen Gewerkschaftler haben bei dem soebenbeendeten Streik im Ruhrrevier nach Militär gerufen. Dassind, wie der„Werkverein" sOrgan der Gelben! in seiner Ausgabevom IS. März mit Recht schreibt,„dieselben Christlichen, die vieleJahre hindurch in gleicher Weise zur Bedrückung der Arbeits«willigen ihre Mannen auf die Strotze gestellt haben. DieselbenChristlichen, die vielleicht schon morgen anderwärts wieder dasgleiche tun werden.... Wahrlich in seiner unendlichen.Lächerlichkeitund Erbärmlichkeit ein Schauspiel für die Götter I"O weh! Hier werden die christlichen Führer nicht mehr mitStockschlägen, sondern mit Skorpionen gezüchtigt, Dafür haben sieallerdings.gute gelbe Gedanken" verbreitet und sind den Gelbenim Verrat der Bergarbeiterinteressen behilflich gewesen. Zum Dankdafür erhallen sie nun die wohlverdienten Fußtritte.Hub dem Lugau-Oelsmtzer Kohlenrevier.Der Streik im Revier nimmt immer noch zu. Mittwoch warder erste Zahltag für Unterstützungen. Die Begeisterung unter denStreikendeu und der ernste Wille, im Kampfe auszuharren, kam inallen Versammlungen, die stark besucht waren, zum Ausdruck. InOberwürsnitz fielen Mittwochabend zwei Schüsse, ein Borgang, dersich schon einmal abspielte. Diesmal aber wurden die Bürschchenerwischt. Die Hoffnung der Reaktionäre, daß es Bergarbeiter sind,ist zuschandcn geworden, es handelt sich um zwei Realschüler.Auf verschiedenen Werken ist bekannt gemacht geworden, daß inder nächsten Woche die Arbeiterousschutzwahlen sind. Dadurch be«kommen die Werlsverwaltungen Leute in die ArbeiterauSschüsse, dieihnen genehm sind.Die berittenen Gendarmen haben daS Revier verlassen. Wieuns mitgeteilt wird, sollen an ihre Stelle Kriminalbeamte treten.Der Schacht„Vereinigt Feld" hat eine Bekanntmachung erlassen,in der alle Streikenden namentlich aufgeführt werden und die dieBemerkung enthält, daß diese beim Wiederantritt zur Strafe 20 Pf.weniger Schichtlohn bekommen sollen. Borher hieß es, fix feienentlassen, jetzt redet man nicht mehr davon.— Die Streikendennehmen alle solche Bekanntmachungen mit unerschütterlicher Ruheentgegen.Ter Streik in Böhmen.Im nordwestböhmischen Braunkohlenrevicwurde am 25. März in zahllosen Versammlungen, die von alle!Organisationen gemeinsam einberufen waren, der Streik beschlössen. ES streiken nach den bisher eingelaufenen Nachrichtenvon 28 000 Bergarbeitern volle 25 000. Bisher haben drei kleinereWerke Zugeständnisse gemacht. Im ganzen Revier ist ungeheuerviel Gendarmerie aufgeboten. Sonnabend und Sonntag wurden300 Bergarbeiter verhaftet und es war bisher unmöglich, auch nureine Freilassung zu erwirken. Trotz dieser schweren Geduldprobeverhalten sich die Streikenden ruhig. Auch die Drohungen derUnternehmer mit Maßregelung, Wohnungskündigung ufw. konntenbisher die Ruhe nicht stören. Im Revier Falkenau streiken 4000Arbeiter auf 21 Schächten; dagegen wird auf 14 Schächten mit8000 Arbeitern gearbeitet. Bemerkenswert ist, daß die AnlKngerdes.Freisozialisten" Abg. Simon S t a r ck Streikbrecher sind. Indem großen Steinkohlenrevier von M ä h r i s ch- O st r a u. wo fast50 000 Arbeiter in Frage kommen, dürften die Einigungsverhandlungen infolge der Hartnäckigkeit der Unternehmer trotz der Bemühungen der staatlichen Organe resultatlos verlaufen, so daßwahrscheinlich auch dort am Montag der Streik begrnnen wird.Auch in den kleineren Bergwerksrevieren von Oberosterreich>infolge der elenden Löhne und der absoluten Weigerung der Unternehmer. sie aufzubessern, eine starke Streikbewegung.m GangeDie Regierung hat nach allen diesen Revieren Hunderte von Gendarmen geschickt und in den nächftgelegenen Garnisonen stärkereTruppenmassen konzentriert.Achtstundentag im ftanzöfischcn Bergbau.Paris, 28. März. Die Kammer beriet heute einen Gesetzentwurf, durch den die Arbeitszeit in den Bergwerken auf achtStunden begrenzt wird. Die Deputierten Perrier, Basly.Bouveri und Lamendin erklärten, das Gesetz sei für die Bergleute notwendig, es könne der Produwou nicht schaden undbedeute auch nicht den finanziellen Ruin für die GesellschaftenStreitzjustir.Die Streikkammer am Dortmunder Landgericht wegen Besorgnisder Befangenheit abgelehnt!Dortmund, 27. März. Am Mittwach standen vor der Strafekammer In des Dortmunder Landgericht»— der S t r e i k k a m m e— wieder zehn Streiksachen zur Verhandlung an. In einem Fallsehte es 40 M. oder 8 Tage Haft, weil ein unbeteiligter Wal*Werkarbeiter sich auf der Straße, wo gar keine„Menschenmenge" war, auf die Aufforderung eine» Polizisten hin nichtgleich entfernt hatte. Der Gerichtsvorsitzende beleuchtete grell dieZustände, als er dem Angeklagten dazwischen warf:„Wenn Sieallein auf der Straße waren, hätten Sie docherst recht weiter gehen könnenl" Die Straße�dientwohl in Streikzeiten ausschließlich der Polizei und den Streikblechern auch dann, wenn diese gar nicht da sind!Eine Bergmanns f r a u. Mutter von acht Kindern,hatte sich mit einer Nachbarin im Fenster unterhalten und dabeidas Wort„Streikbrecher" gebraucht. Sie sollte auch„Pfuigerufen haben, keiner hatte es gesehen oder gehört, aber ein Steigergab an, daß der„Oberkörper der Frau etwas gezuckt" habe, als da» Wort gefallen seil Solche»„Zuckenist— in Streikzeiten!— sehr gefährlich, der Staatsanwalt wogMonat Gefängnis ab!Der Verteidiger, Rechtsanwalt Frank I.Dortmund, wies audie frühere ständige Rechtsprechung im Bezirk bei ähnlichen Sachenhin. Früher, erklärte er. sei das Wort Streikbrecher durchwegmit einer mäßigen Geldstrafe geahndet worden.(Nochrühcr sahen die obersten Gerichte in dem durchaus fachgemäßen und bestimmten Wort überhaupt keineBeleidigung. Rcd.) Deshalb liege«ine große Härte in dembeantragten Strafmaß. Di« schwere Strafe treffe auch die Kinderder Frau so hart, daß man sagen müsse, eine solche Straf« seinicht verdient. ES könnte, wenn keine Freisprechung erfolge, nureine mäßige Geldstrafe in Frage kommen.DaS Gericht hielt aber«ine Geldstraf« nicht für angebracht.weil sie, wie es hieß, den Zweck nicht erfülle. Das Urteil lauteteauf eine Woche Gefängnis.Danach lehnte der Rechtsanwalt für dirnachfolgenden Sachen, in denen allen er alsVerteidigerbestellt war, den gesamtenGerichts«of wegen Besorgnis der Befangenheit ab. DerVerteidiger betonte, daß er nach reiflicher Ueberlegung und mitRücksicht auf die Ergebnisse der letzten Tage zu dem Entschluß gekommen sei, die mit den Streiksachen beauftragte Kammer abzwlehnen. Begründend wurde ausgeführt, nach der Annahme weiterKreise und nach dem eigenen Urteil deS Verteidigers seien auchbei leichten Fällen, wo nur einige Worte in Frage gekommen seien.austerordentlich harte Urteile gefällt worden, im Gegensatzzu der früheren Judikatur. Auch der Vorsitzende habehervorgehoben, daß das Strafmaß anders gewählt werde wie früher.ES werde nicht auf Geldstrafen, sondern auf sehr erhebliche Freiheitsstrafen erkannt. AuS Mitteilungen der Presse sei zu ersehen,daß auch die an den anderen Gerichten des Bezirks für Streikfachen gebildeten Sonderabteilungen in gleicher Weise undin gleichem Gegensatz zu früher außererdentlich hoheStrafen verhängten. Der Umstand, daß so offenbar von derbisherigen Auffassung abgewichen werde, lege der Verteidigungden Gedanken nahe, daß die Mitglieder der Streik«kammern den Streildelikten nicht unbefangen gegenüberständenund daß in irgend einer Weise versucht word/nsei, auf die Urteile einzuwirken! Ter Verteidiger wies auf ahn-liche Verhandlungen hin, bei denen er früher beteiligt gewesen seiund er betonte, daß er aus sachlichen Gründen die Kammer ablehne.Eine neu gebildete Kammer lehnte nach 2j4stündiger Unter.brechung den Antrag der Verteidigung ab. Die Richter, so hieße», hätten sich nicht für befangen erklärt.Die Streikkammer arbeitete dann in bewährter Weise weiter.Ein Bergmann wurde, weil er ausgespuckt und Pfui gerufenhaben soll, zu vier Monaten Gefängnis(!l) verurteilt, obgleichZeugen darüber nichts bekunden konnten.In einem anderen Fall wurde ein Entlastungszeuge,der nichts gehört hatte, vom Vorsitzenden gefragt:„Wie kommtes. daß Sie nichts gehört haben? Hatten Sie denn einen gc«trunken?"— Ter Angeklagte sollte„Pfui! St�r e i k b re ch e r"gerufen haben. Urteil: Einen Monat Gefängnis.Eine Frau mit sechs Kindern erhielt wegen Beleidigung eineWoche Gefängnis.Ein alter Bergmann sollte, als von einem Streikbrecher höhnischSchnaps angeboten und für die„Begleitung" gedankt wurde, gesagthaben:„Sauft Ihr Streikbrecher den Schnaps selbst!" Resultate30 M. Geldstrafe. Ter Staatsanwalt hatte drei Wochen Ge-fängnis beantragt. Obschon zwei Zeugen bestimmt angaben, derAngeklagte habe die Aeußerung nicht getan! In der Urteils«begründung wurde strafmildernd gewürdigt, der Fall liege so, daßman„fast" sagen könne, er habe mit dem Streik nicht» zu tun.Damit wurde zugleich bewiesen, daß es in der Hauptsacheder Streik als solcher ist, der die Angeklagten zu Boden drücktund nicht die anderen Taten!In der letzten behandelten Sache erhielt noch eine Frau lyegenStreikbrecherbeleidigung eine Woche Haft.Jetzt wird schon von zirka 250 Streikanklagen geredet!Nach der Entsendung der Maschinengewehre diese Schi�cll-justiz— der Staat sorgt wahrlich für gründliche Aufklärung überseinen Klassencharakter.Der Krieg.Eine italienische Drohung.Konstantinopel, 23. März. Syrischen Blättermeldungen zufolgerichtete der italienische Konsul von Beirut, der sich seitAusbruch des Krieges im Libanon befindet, an die fremden Konsulnin Beirut ein Memorandum, in dem gegen die Ausweisung derItaliener aus dem Libanon protestiert und mit dem Bombardementder Libanonküste gedroht wird.Die panislamitische Bewegung in Tunis.Pari». 28. März. Wi« au» Tunis gemeldet wird, beröffent-licht die„Tepeche Tunisienne" sensationelle Enthüllungen über dieUmtriebe des dortigen panislamitischen Komitees, dasangeblich die Meuterei vom 7. November vorigen Jahres angestiftethabe, um den Bey von Tunis zu stürzen und dem französi»schen Protektorat ein Ende zu machen.Die Revolution in China.Parteihader in der Nationalversammlung?Schanghai, März 1912.(Meldung der„Agence d'extremeOrient".) Zwischen der Nationalversammlung und Dr. Sunjatsensamt den Ministern ist eS zu einem vollständigen Bruch gekommen.Die Abgeordneten von Kiangsu, sowie die Delegierten von Hupchnehmen an den Verhandlungen nicht mehr teil. Wegen der An-leihefrage und den hiermit im Zusammenhange stehenden Ver-Handlungen mit dem japanischen und später mit dem russischenFinanzausschuß ist e» zu Mßsftmmigkeiten zwischen den Abgeord-netcn und den Ministern gekommen. Gegen den Präsidenten derVersammlung wird der Vorwurf erhoben, in illoyaler Weise hinterden Kulissen mit der Regierung gegen die Versammlung VerHand»lungen gepflogen zu haben. DeS ferneren wird behauptet, daß erVorlagen ohne die gesetzmäßig erforderliche Majorität der Mit-glieder der Nationalversammlung angenommen hat. So z. B. wur-den bei einer Sitzung, bei der nur 14 Delegierte versammelt waren,ein Beschluß mit acht gegen sechs Stimmen angenommen. Tiefehlenden Delegierten behaupten, daß sie von der Sitzung nichtbenachrichtigt worden seien, und daß eS sich um eine abgemachteSache gehandelt habe. Die Abgeordneten von Hupeh bezeichnetendiesen Vorfall als den Gipfelpunkt der gegen sie gerichteten Jntri-gen. Neulich wurde die aufsehenerregende Meldung der Oeffent»lichkeit bekanntgegeben, daß man von feiten der Regierung an dreiDelegierten der Provinz Hupeh Bestechungsversuche unternommenhabe, um sie bei der Abstimmung gewisser Regierungsvorschlägefür diese Vorlagen günstig zu stimmen. Als die Abgeordneten dieseZumutung mit Entrüstung zurückwiesen, habe man von höhererSeite in Hupch darauf gedrungen, die Delegierten zurückzuberufen,da sie gegen die Republik arbeiteten, und daß man sie unschädlichmachen müsse. Aber Geueral Lihuevhung lehnte einen derartigenVorschlag entschieden ab und nahm die Beschuldigten in Schutz.Die Kammer hat einstimmig beschlossen, den Vizeministcr, dem derBestechungSv ersuch zur Last fällt, erschießen zu lassen.Wieder eine Soldatenrevolte.Schanghai, 23. März. Ungefähr 500 Soldaten meutertengestern abend in Gutschau, plünderten die Pfandleihen und ver-brannten mehrere Häuser.polftilcbe CTebcrficbtBerlin, den 28. März 1912.ReichstagSschlust.. S dem Reichstag. 28. März. Ter Reichstag hatwirklich das Pensum erledigt, das ihm von seinein Senioren-konvent gestellt war: er hat vor Ostern die Beratung desPostetats und des Etats der Rcichsdruckerei zu Ende geführt.So kann er mit gutem Gewissen in die Osterferien gehen, auswnen er in vierzehn Tagen zu dem großen Geschäft der Wehr-vorlagen zurückkehren wird.®ct letzte Arbeitstag brachte noch manche Aufregung undheftige Zusammenstöße mit der Regierung, deren Postsekretärallerdings eine geradezu provozierende Gleichgültigkeit wiemit Absicht zur Schau trägt. In seinem susfisanten Auftretenbringt er gewissermaßen zum Ausdruck, daß die Post-Verwaltung eine Herrschaft willkürlichen Absolutismus führtund daß es nur wohlwollende Herablassung ist, wenn sie iiber-Haupt dem Parlament Rede und Antwort steht.Gerade diese Frage beherrschte den ersten Teil derSitzung, nachdem dos Etatsnotgesetz und der bulgarischeHandelsvertrag in dritter Lesung erledigt und eine ReiheResolutionen angenommen waren. Beim Titel„Oberpost-Direktoren" machte zuerst Genosse Kunert auf eine ganzungehörige Einmischung der Postbchörde in Halle in poli-tische Angelegenheiten aufmerksam. Nach einer ebenso harmlosen wie patzigen Antwort des Unterstaatssckretärs Grenzowtrug Genosse Dr. W e i l l, unser Vertreter für Metz, nocheinen anderen, viel krasseren Fall behördlicher Wahlbeein-lussung in Metz eindringlich und wirksam vor. Man konnteerwarten, daß der Staatssekretär darin kein Unrecht sah. Dasbestätigte er zuerst in einigen allgemeinen Redewendungen,und auf eine präzise Frage des Fortschrittlers Dr. S t r u v ebetonte er besonders das gute Recht der amtlichen Wahl-berinflussung. Das verynlaßte den Genossen Ledebour,in scharfen Worten den Minister an seine Pflicht zu erinnernund an die rechtlichen Anstandspflichten, die seinem Tätig-keitsdrang gezogen sind. Und trotz der Empfindlichkeit desnationalliberalen Vizepräsidenten inahnte er den Staats-'ckretär auch an seine eidlich eingegangenen Verpflichtungen.In der weiteren Spezialdebatte, die eine große Aus-dehnung annahm, behandelte Genosse Eberl die sehr unzu-reichende und ungünstige Stellung der Postbeamten undlnterbeamten in wirksamen Worten, und bei einem späterenTitel die wenig beneidenswerten Verhältnisse der Post, undTelegraphenarbeiter, die er durch viele Beispiele kenn-zeichnete. Auf diese Kritik, der sogar die Herren I ck l e r undBehrens immerhin beipflichten mußten, begnügte sich derStaatssekretär mit der beruhigenden Versicherung, daß dieLage der Arbeiter dauernd besser geworden sei. Ter Fort-'chrittler Struve ließ sich dadurch allerdings nicht über-zeuge»,