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Nr. 81. 29. Jahrgang.

zu machen.

2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Die Berliner Gewerkschaftskommission

Freitag, 5. April 1912.

genommen und fremden Erziehern übergeben werden soll. Auf zweifelhaft erscheinen, ob die Polizei in berechtigter Ausübung ihres lange Grörterungen läßt ein Schuhmann in solcher Situation sich Amtes handelte. Mindestens habe nach dem ganzen, den Schuh nicht gern ein, und vielleicht macht er auch über den Grund der der persönlichen Freiheit außer acht laffenden Vorgehen der Beamten hielt am Mittwoch eine Versammlung ab, auf deren Tagesordnung Sistierung wenig flare Angaben, so daß die Berechtigung dieses die Angeklagte ihre Berechtigung bezweifeln müssen, zumal da der außer einer geschäftlichen Angelegenheit, welche sich auf die Finan- Vorgehens einem nicht polizeifrommen Verstand nicht ohne weiteres angebliche Grund, daß der Sohn aus der Lehre gelaufen sei, nicht zierung des Gewerkschaftshauses bezieht, ein Vortrag des Genossen einleuchtet. Und dann wundert sich die Polizei, daß man ihr nicht zutraf. Ihr habe das Bewußtsein gefehlt, daß sie mit ihrem Dr. Südekum auf der Tagesordnung stand. Das Thema des sogleich Folge leisten will und es zu erregten Auftritten kommt, Widerstand gegen das ihr unberechtigt erscheinende Vorgehen der Vortrages war: Welches Interesse haben wir an der Wohnungs- die nach ihrer Auffassung einen Widerstand darstellen. Polizisten sich strafbar machte. Was sie tat, das sei aus ihrer in­reform?" Bekanntlich besteht seit kurzer Zeit ein Ausschuß Strafbaren Widerstand soll auch eine in Schöneberg wohnende stinktiven Mutterliebe heraus durchaus natürlich und begreiflich für Groß- Berlin", dem auch Dr. Südekum angehört. Der Witwe Pohle geleistet haben, die an einem Novembermorgen in gewesen, und gegenüber dem, was sie die Polizisten tun sah, habe Ausschuß hat fürzlich drei Versammlungen abgehalten, in denen aller Frühe sich von Polizisten heimgesucht sah und ihnen den sie start in Erregung geraten müssen. Sie habe sich aufs Roheste er seine Bestrebungen: Den Zweckverband Groß- Berlin zur Be- 15jährigen Sohn ausliefern mußte. Das Amtsgericht Schöneberg berlebt gefühlt, als man den Sohn von ihr losriß und ihn wie folgung einer im Interesse der breiten Massen liegenden Woh- verurteilte im Februar sie zu 25 Mark Geldstrafe, weil sie sich der einen Verbrecher fortschleppte. Der Verteidiger beantragte Frei­nungspolitik zu drängen, propagierte. Diese Versammlungen sind, Festnahme des Sohnes widersetzt und dabei einen Schußmann ge- fprechung, eventuell Ladung des Stettiner Armenpflegers und des wie der Referent sagte, von Arbeitern nur wenig besucht worden. bissen habe. Von der gleichzeitigen Anklage der Gefangenen- Sohnes zum Zwede weiterer Beweiserhebung. Der Staatsanwalt beantragte, die Berufung zu verwerfen. Es ist aber notwendig, daß diejenigen, welche unter dem gegen- befreiung, die sie bei der Wegführung des Sohnes versucht haben wärtigen Wohnungselend am schwersten leiden, an den Bestrebun- sollte, wurde sie freigesprochen, weil sie ihren Sohn nicht als Ge- Die Polizei sei tadellos vorgegangen", und nie sei ein richtigeres gen des Ausschusses für Groß- Berlin teilnehmen. Deshalb sollen fangenen angesehen habe. Völlige Freisprechung forderte Frau Urteil gefällt worden. Das Gericht entschied, die Berufung sei zu verwerfen. Die die Gewerkschaften für diese Angelegenheit interessiert werden. Pohle von dem Landgericht Berlin II, das auf die von ihr ein­Angeklagte sei des Widerstandes überführt; sie habe gewußt, daß Der Ausschuß ist gern bereit, in gewerkschaftlichen Versammlungen gelegte Berufung gestern das Urteil nachzuprüfen hatte. Vorträge mit Lichtbildern über das Thema der Wohnungsreform Die Angeklagte erzählte, wie ihr in Stettin , wo sie bis Sep- die Schußleute eine Amtshandlung ausübten, ob sie diese für recht­halten zu lassen, und er ersucht, von diesem Anerbieten Gebrauchtember wohnte, im lebten Augenblick plöblich noch ein Vormund mäßig hielt oder nicht, sei gleichgültig. Die Polizei habe Gewalt für ihre Kinder eingesetzt worden sei. Sie sollte für die Erziehung nur angewendet, soweit sie selber ihr Gewalt entgegenseite. Die Versammlung nahm einstimmig diese Resolution an: der Kinder nicht richtig gesorgt haben; darum beschloß das Vor­ Die Gewerkschaftskommission Berlins begrüßt das Vormundschaftsgericht, daß ihr das Sorgerecht zu entziehen sei. Bei gehen des Ausschusses für Groß- Berlin", der durch eine um­ihrer Uebersiedelung nach Schöneberg nahm sie den ältesten Sohn Flugblätterverteilung streifender Gefellen vor den Läden der Meister. fassende Agitation die Bevölkerung von Berlin und seinen Vor- mit, weil sie in Stettin einen Armenpfleger dahin verstanden hatte, Gine sonderbare Entscheidung hat das Dresdener Landgericht orten über die Wichtigkeit weiträumiger Bebauung, der daß sie das dürfe. Hinterher ordnete das Vormundschaftsgericht Schaffung von Parks und Spielplätzen und des Ausbaues eines an, ihr auch diesen Sohn wegzunehmen, damit er nach außerhalb als Berufungsinstanz gefällt. Als im Sommer vorigen Jahres die in eine Lehre gegeben werden könne. Als die Schöneberger Polizei in den Ortschaften Deuben , Tharandt , Hainsberg und Botschappel großzügigen Verkehrswesens aufzuklären sucht. Die Gewerk- ihn aus der Wohnung abholen wollte, hörte Frau Pohle aus den beschäftigten Fleischergesellen wegen Lohnforderung und Arbeits­schaftskommission erkennt die Notwendigkeit einer direkten Be- Angaben der Polizisten heraus, daß er aus der Lehre entlaufen" zeitverkürzung in eine Lohnbewegung traten, von der größten Zahl einflussung der Organe des 3weckverbandes durch eine sein solle. Das traf nicht zu, da er ja bisher nicht in eine Lehre der Meister aber mit ihren Forderungen abgewiesen wurden, be­Massenbewegung an und beschließt, eine solche Bewegung gewesen war, sondern bei der Mutter wohnte und eine durch sie schloß der Zentralverband der Fleischergesellen, nunmehr an das nach Kräften zu unterstüßen." selber beschaffte Arbeitsstelle hatte. Die Mutter hielt daher die konsumierende Publikum heranzutreten, um dieses für die Ge­Festnahme für unberechtigt und verweigerte die Herausgabe des sellenforderungen zu interessieren. Zu dem Zwecke wurden vor Jungen, so daß der zunächst allein erschienene Polizist einen zweiten den Geschäftsläden der Fleischermeister an die Kunden und dazuholen und nachher diese beiden sich noch durch einen dritten Passanten Flugblätter verteilt, in welchen diejenigen Geschäfte verstärken mußten. In der Verhandlung vor dem Landgericht be- namhaft gemacht wurden, die sich weigerten, die Forderungen der hauptete die Angeklagte, der erste Beamte sei schon kurz nach 5 Uhr Gesellen zu bewilligen. Dieses Vorgehen der Gesellen hatte auch gekommen, der zweite habe sie über das Bett geworfen, um ihren zur Folge, daß verschiedene Kunden vor den Läden der Meister Widerstand zu brechen, und bei der schließlichen Wegführung des wieder umkehrten und ihren Bedarf in denjenigen Läden deckten, Jungen habe man diesen die Treppe hinabgeschleift, so daß der deren Inhaber die Gesellenforderungen anerkannt hatten. Die Kopf auf die Stufen aufgeschlagen habe. also boyfottierten Meister riefen nunmehr die Hilfe des Gemeinde­Die Polizisten gaben eine andere Darstellung. Schußmann vorstandes an, und dieser erließ auch eine Verfügung, die das Ver­Schafrenczki bekundete, er sei erst nach 6 Uhr als erster in die teilen von Boykottflugblättern auf der Straße und in der Nähe Wohnung gegangen. Die Mutter habe, nur halb bekleidet, den der Geschäftsbetriebe der boykottierten Fleischermeister bei Straf­im Bett liegenden Sohn umfaßt, so daß eine Sistierung nicht androhung untersagte. Gegen die Verteiler jener Flugblätter möglich war. Der herbeigeholte zweite Beamte habe vergeblich wurde nunmehr Anklage wegen groben Unfugs und Beleidigung sich bemüht, die Mutter von dem immer noch im Bett liegenden erhoben, so daß sich vor dem Schöffengericht Döhlen 12 Angeklagte Sie alle bestritten, sich strafbar gemacht Jungen wegzuziehen. Als die Beamten zu dreien wiedergekommen zu verantworten hatten. seien, habe der Junge aus der Küche herausgeholt werden müssen, zu haben, und bezogen sich auf eine Entscheidung des Sächsischen deren Tür die Mutter zuhielt. Noch auf die Treppe sei sie nach Oberlandesgerichts, nach welcher Androhung des Boykotts durch gekommen und habe den schreienden Jungen umklammert, so daß Verteilung von Flugblättern usw. eine erlaubte Streitwaffe fei. fie gewaltsam entfernt" werden mußte. Schußmann Meinicke ist Von dem beleidigenden Inhalt der Flugblätter wollte feiner der Beamte, der als zweiter geholt wurde. Dieser Zeuge gab an, Kenntnis gehabt haben. Nur einer gab zu, das Flugblatt vor der Frau Pohle habe sich über ihren Sohn geworfen. Er habe den Verteilung gelesen zu haben. Dieser wurde infolgedessen wegen Zwei Angeklagte Jungen an die Füße fassen und aus dem Bette ziehen wollen, doch Beleidigung und groben Unfugs verurteilt. habe die Mutter ihn festgehalten. Beide Beamten seien machtlos wurden überhaupt freigesprochen, während die übrigen neun An­gewesen, weil sie die halb bekleidete Frau nicht an den nadten geklagten wegen groben Unfugs zu Geldstrafen von 2 bis 20. Körper fassen wollten, um sich nicht strafbar zu machen". Nach verurteilt wurden. Gegen ihre Bestrafung legten sämtliche zehn Herbeiholung des dritten habe Frau Pohle ihn( den Beugen Angeklagten Berufung beim Dresdener Landgericht ein. Das Meinicke) bei dem Ringen um die Küchentür in die Hand gebiffen. Landgericht fam zu der Ansicht, daß die Verteilung von Flug­Schußmann Kruse, der als dritter nur den letzten Teil dieser blättern als ein erlaubtes Kampfmittel bei Streits anzusehen sei. stürmischen Polizeiaktion schildern konnte, bestätigte, daß Frau Da der eine der zehn Angeklagten zugegeben hatte, von dem Pohle noch auf der Treppe den Jungen habe losreißen wollen. Inhalt des Flugblattes, der nach Ansicht des Gerichts beleidigender Natur ist, Kenntnis gehabt zu haben, wurde dessen Verurteilung wegen Beleidigung aufrecht erhalten. Gegen die Freisprechung zweier Angeklagten seitens des Schöffengerichts hatte die Staats­anwaltschaft Berufung eingelegt, die jedoch kostenpflichtig verworfen

Den folgenden Punkt der Tagesordnung leitete Genoffe Sassenbach ein, indem er eine Uebersicht über die

Geschäftslage des Gewerkschaftshauses

gab. Um das alljährlich entstehende Defizit zu decken, sind die Gesellschafter zu dem Entschluß gekommen, eine Erhöhung des Geschäftskapitals vorzuschlagen, dergestalt, daß die Gewerkschaften mit wenigstens 50 Pf. pro Mitglied an demselben beteiligt sind. Es wird auch erwogen, ob es nicht vorteilhaft sei, den Wirtschafts­betrieb wieder an eine Brauerei zu verpachten. Doch diese beiden Punkte gehören nicht zur Kompetenz der Gewerkschaftskommission. Hier wird aber von den Gesellschaftern beantragt, daß der Zuschuß, den die Gewerkschaften zur Finanzierung des Unternehmens leisten, von 5 Pf. pro Mitglied und Jahr auf 10 Pf. erhöht werde. Diese Forderung sei feineswegs eine ungewöhnliche. Auch die Gewerkschaftshäuser in anderen Städten befänden sich in ähnlicher Lage wie das Berliner Gewerkschaftshaus und erhielten zum Teil höhere Zuschüsse von den Gewerkschaften. So werde in Hamburg für diesen Zweck ein Zuschuß von 20 Bf. pro Mitglied gezahlt, und das dortige Gewerkschaftshaus habe von den Gewerkschaften ein zinsfreihes Darlehn in Höhe von 350 000 20.

Der Antrag, den Zuschuß auf 10 Pf. pro Mitglied zu erhöhen, wurde gegen eine Stimme angenommen. In bezug auf den in der vorigen Versammlung gefaßten Be­Beitragsleistung zum Maifonds

schluß über die

bertrat Cohen die Ansicht, dieser Beschluß sei nur ein vor­läufiger gewesen. Er verlangte, daß jezt über die Angelegen­heit diskutiert und endgültig Beschluß gefaßt werde. Körsten bemerkte, wenn Cohen einen Antrag zu stellen habe, müsse er ihn dem Ausschuß einreichen. Cohen erwiderte, es liege noch kein die Gewerkschaften bindender Beschluß über den Maifonds vor. So wie die Parteiorganisation über das Abkommen der vorigen Versammlung Beschluß gefaßt habe, so müßten es jetzt auch die Gewerkschaften tun.

Durch die Abstimmung, welche Körsten jezt vornehmen ließ, erklärte die Versammlung das Abkommen über den Maifonds ( 1 M. von den Männern, 50 Pf. von den Frauen, welche am 1. Mai arbeiten, zu erheben) als endgültig angenommen und zu Recht bestehend.

Sierauf erklärte Cohen: Einem auf diese Weise erzwunge­nen Beschluß werden wir uns nicht fügen. Wie die Verlesung der Präsenzliste ergab, fehlten in der Bersammlung die Vertreter der Fleischer, Kürschner, Musiker, Bühnenarbeiter, Bigarrenfortierer und der Unterfommissionen in Erkner , Neukölln, Weißensee, Wilmersdorf , Steglib- Friedenau, Can Lichterfelde .

Gerichts- Zeitung.

Bom Recht der Polizei.

Im Morgengrauen erscheint Bolizei vor einer Arbeiterwohnung und holt zum Schreden der Familie den Vater aus dem Bett, weil eine wegen geringer Uebertretung auferlegte Geldstrafe nicht be­zahlt worden ist und nun abgesessen werden soll. Jm Morgen grauen pocht Polizei eine Arbeiterfamilie heraus und reißt aus den Armen der Mutter einen Sohn, der auf Gerichtsbeschluß ihr

Die ,, Ala".

Wasserstands- Nachrichten

Der Verteidiger der Angeklagten nahm diese drei Beugen noch in ein besonderes Verhör. Schafrenczki erinnerte sich nicht mehr, ob er etwa der Frau Pohle gesagt habe, der Junge folle in die Lehre zurückgeführt" werden. Gesprochen habe er von einem Gerichtsbeschluß über die Wegnahme des Jungen, doch habe er ihr wurde. den Beschluß nicht gezeigt, obwohl er ihn bei sich hatte und sie ihn zu sehen forderte. Daß beim Transport des Jungen der Kopf auf die Treppe aufgeschlagen sei, wußte Zeuge nicht. Als ganz aus­geschloffen bezeichnete Meinicke das. Er selber habe bei dem Trans - der Landesanstalt für Gewässerkunde, mitgeteilt vom Berliner Wetterbureau. port den Jungen am Kragen gehabt oder auch am Aermel. Kruse verneinte gleichfalls, daß der Junge hinabgeschleift worden sei. Gr fügte dann hinzu:" Daß er nicht ganz sanft runtergekommen ist, das ist selbstverständlich." Der Junge habe sich sehr gesträubt, er sei aber nur schwächlich und leicht. Verteidiger: Dann fonnten Memel, Tilfit Sie ihn doch hinabtragen." Beuge:" Dazu bin ich nicht verpflichtet!" Der Verteidiger brachte noch zur Sprache, daß der Junge aus seiner jebigen Lehre nach Hause geschrieben hat, er sei auf der Wache auch geschlagen worden. Kruse, der ständig auf der Wache gewesen ist, bestritt das sehr entschieden.

Unterstübt wurde die Darstellung der Angeklagten von dem Zeugen Pohle, ihrem bei ihr wohnenden Schwager. Der zweite Beamte habe sie angefaßt und sie über das Bett geworfen, so daß er( Beuge) ihn darauf habe aufmerksam machen müssen, daß die Frau nur halb bekleidet war. Nach der Ankunft des dritten sei es gewesen, wie wenn es zur Attacke gehen sollte".

Wasserstand

Bregel, Insterburg

Weichsel , Thorn Dder, Ratibor

"

am

feit

am

feit

3. 4.

cm

2. 4. cm³)

Wasserstand Saale , Grochlik

3. 4. 2. 4.

cm cm³)

103-2 188-10 4883)+318 139-4

120 Havel , Spandau ³) 75 Rathenow³) 114+-3 pree, Spremberg ) 74 0 Beeskow 92

+10

150

-6

60

-6

Landsberg

70

0

40

-12

Kaub

"

27

Köln

-92

171+2 138+2

Main, Wertheim

Mosel , Trier

Krossen Frankfurt Barthe, Schrimm

Nee, Bordamm 15e, Leitmerik

Dresden Berby Magdeburg

-

-

290

Wefer, Münden 218+1

Minden Rhein, Maximiliansau 446

Nedar, Heilbronn 132+-29

-

+ 2C

233+1

268-10

161

+20

3) Höchster Wasser­

-

Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht , der Verteidiger der An- 1)+ bedeutet Wuchs, Fall. 2) Unterpegel. geklagten, führte aus: nach dieser Beweisaufnahme könne es stand: 492 cm zwischen 10 und 11 Uhr vormittags. ganten geraden Linien und scharfen Winkeln, und die geschweifte Fleugzeugindustrie in Nahrung seben. Und von den Preisen der Vogelform, die zuerst die Etrichtaube aufwies. Diese Flügelform Wettflüge, von den Einnahmen für Schauflüge könnte sich der neue ber Tragdecken ist sogar von mehreren Doppeldeckern übernommen Industriezweig auch nicht halten. Es fehlte aber der Flugtechnik Ein Jahrfünft erst ist es her, seit aus Amerila märchenhafte worden. Ebenso wie der halb boots-, halb fischförmige Rumpf mit nicht nur an fapitalgesegneten privaten Gönnern , sondern auch Gerüchte herüberdrangen, daß es einem Brüderpaar gelungen sei, der vogelartig gefpreizten Schwanzfläche. Denn fast nirgends mehr unser tapitalistischer Staat, der für Stulturzwede ja überhaupt so bermittels einer Maschine zu fliegen. Niemand schenkte dieser felt- fißen heute wie auf den ersten Wright- und Farman- Flugzeugen leicht nichts übrig hat, zeigte sich anfangs überaus zugeknöpft. Gr samen Mär Glauben. Und erst als, wieder zwei Jahre später, Pilot und Passagier auf unbequemem Gestühl in freier Luft, son- dachte offenbar: was braucht denn der Mensch zu fliegen? Ja, ihm zähen Flugpionieren auf motorisch getriebenen Kastendrachen dern die bequemen und häufig gepolsterten Size find in den ges graute vielleicht sogar vor einer Zukunft, wo der im Aether schwei­Sprünge über Hunderte von Metern und bald auch Kreisflüge ge- fchloffenen Rumpf eingebaut, so daß nur ein Teil des Oberkörpers fende Mensch der lieben Polizei und der nationalen Grenzpfähle langen, begann man aufzuhorchen. Und nun ging es mit Riesen- die Sarosserie überragt. Ja, eine Flugmaschine ist sogar ausge. spotten fönnte. So würde es denn wohl auch mit der Groberung schritten vorwärts. Namentlich in Frankreich , das den Ameri- stellt, wo die Karosserie ein völlig geschlossenes, elegantes Coupé der Luft durch die Flugmaschine, mit dieser Erfüllung unserer kanern bald den Ruf streitig machte, in der Flugtechnik an der darstellt, dessen Marienglasfenster einen hinlänglichen Ausblick ge- poetischsten Träume, gute Wege gehabt haben, wenn man nicht bald Spitze zu marschieren. In Deutschland war das Tempo ein minder währen. bie Entdeckung gemacht hätte, daß die Flugmaschine ebenso wie der stürmisches, weil hier eine Zeitlang alles Interesse durch die großen Die Flugmaschinen nehmen sich um so schmucker aus, weil sie Lenkballon sich militärischen Zwecken dienstbar machen läßt. Grit Erfolge der Lenkballons der verschiedenen Systeme gefangen war. bis auf wenige sturmerprobte Veteranen eine Gulermaschine, als unsere Militaristen das begriffen hatten, war das Glück der Die Erfinder, statt das bereits Bewährte von den Franzosen zu auf der bereits acht Piloten ausgebildet worden sind, und jenen Flugzeugindustrie gemacht. übernehmen, bastelten allerhand zweifelhafte Maschinen zurecht, Wrightapparat, auf dem seinerzeit Orville Wright seine aufsehen- Zuerst schufen sich die Franzosen ihre vierte Waffe" dann und da auch das Kapital die kühlste Zurückhaltung bewies, ging erregenden Flüge über dem Tempelhofer Feld ausführte völlig fam auch Deutschland hinterdrein. Und wie man sich jetzt in es mit dem deutschen Flugzeugbau nur mühsam voran. Erst seit neu sind und vor Sauberkeit und Nettigkeit nur so blizen. Oben Frankreich nicht damit begnügt, bereits viele Millionen jährlicher anderthalb Jahren etwa wurde auch in Deutschland das Tempo drein haben sichs die Aussteller etwas kosten und die Metallteile offizieller Aufwendungen für den Luftmilitarismus zu machen, ein beschleunigteres, und die Flugwochen und Fernflüge bewiesen aus spiegelblankem Messing, Kupfer und Nickel Herstellen lassen. sondern auch noch Millionen an privaten Mitteln für den Ankauf mehr und mehr, daß auch die deutsche Flugmaschinentechnik die Man merkt überall. daß nicht nur die Zeit der ersten technischen von Striegsflugmaschinen aufbringt, so sind auch unsere deutschen Kinderschuhe ausgetreten hatte. Anfänge, sondern auch die Zeit der Dürftigkeit vorüber ist und Chauvinisten bereits am Werke, durch freiwillige Millionenspenden Wer jest vollends, ohne während der letzten Jahre die Ent jest Kapital hinter der Flugzeugindustrie steht. Hoffentlich ist die militärische Ausnutung der Flugtechnik zu fördern. Die Flug­wickelung des Flugmaschinentvesens verfolgt zu haben, die Ala", damit nun aber auch die Zeit der erbärndichen Bezahlung der Ar- maschine, die wie kein anderes Verkehrsmittel geeignet schien, den die Luftschiffahrtsausstellung im 800 besucht, muß geradezu vera beitskräfte und der standalösen Ausnutzung der Flieger vorüber, kulturellen Wettbewerb der Völker anzustacheln und die Nationent blüfft sein über die schnucken und eleganten Flugmaschinen, die die bis dahin für ein wahres Bettelgeld ihr Leben für ihre Firmen zu verbinden, gibt so erneuten Vorwand zur Völkerverhebung, zu sich dort dugendweise präsentieren. In den riesigen Ausstellungs- in die Schanze schlagen mußten. chauvinistischem Wetteifer, soll dergestalt zum barbarischen Kriegs­Hallen, die durch eine geschmackvolle Dekoration in Blau und Gold Ueberhaupt, so lebhaft jeder nicht ganz phantasiearme Mensch werkzeug herabgewürdigt werden! für den besonderen Zweck stilvoll hergerichtet sind, reiht sich ein und jeder Freund des technischen Fortschritts die in Anbetracht der Gleichwohl hoffen wir, daß diesmal wenigstens der Militaris­fünstlicher Riesenbogel an den andern. Ein-, Zwei- und Dreidecker kurzen Zeitspanne so glänzende Entwickelung der Flugtechnik be- mus unbewußt und ungewollt zu einem Förderer des Kulturfort­flaftern hier die breiten bastseidefarbenen oder grauen Schwingen. grüßen wird, und so sehr das Gefühl, die Groberung der Luft mit- schritts werden wird. Denn die Entwickelung der Flugtechnik, um Und die Tragflächen sind nicht mehr über primitive Holzgestelle erlebt zu haben, unser Selbstbewußtsein zu schwellen vermag, so die sich jetzt der internationale Militarismus müht, wird letzten gespannt, die den Eindruck des notdürftig Zusammengefügten hat die Sache doch auch ihre Schattenseiten. Denn es tann gar Endes nicht dem Militarismus allein zugute kommen, sondern auch machen, sondern aus den unförmigen Kastendrachen sind graziöse fein Zweifel darüber bestehen, daß Flugtechniker und Flugzeug- dem friedlichen Sport, und hoffentlich in nicht allzuferner Zeit Flugzeuge geworden, bei denen sich trotz aller Mannigfaltigkeit industrielle noch immer ein gar fümmerliches Dasein fristen wür auch dem allgemeinen Verkehr und damit dem zivilisatorischen bereits gewisse typische Formen herausgebildet haben, die Zweck- ben, wenn ihnen nicht der Militarismus zu Hilfe gekommen Menschheitsfortschritt. Der phantasiebegabte Laie und der tech­dienlichkeit und äußerliche Gefälligkeit glücklich vereinen. Bei den wäre. Die Lieferungen für Private sind ja auch heute noch ganz nische Senner aber mögen vielleicht schon jetzt aus den interessanten Gindeckern stechen zwei Grundformen hervor: der geometrisch ab- minimale. Da das Fliegen noch immer ein sehr gefährliches Ver- Ausstellungsobjekten der Ala" die Bahn erkennen, auf der wir gezirkelte französische Thp mit seinen schlichten, aber dennoch ele- lgnügen ist, gibt es nur sehr wenige reiche Sportfreunde, die die allmählich zur wirklichen Beherrschung der Luft gelangen werden.