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Gewerkschafte« als politische Vereine. In Bromberg   hat die Polizei den Versuch unternommen, die Gewerkschaften zu politischen Bereinen zu steinpeln. Zuerst kamen die Aufforderungen, binnen zwei Wochen daS Statut und ein Ver- zeichnis der Borstandsmitglieder einzureichen. Als die? nicht befolgt wurde, kam der übliche Strafbefehl. So ist dem Vorsitzenden der Töpfer ein Strafbefehl zugegangen, in dem eZ heißt: .Sie haben es unterlassen, alz Vorsitzender der Zahlstelle Bromberg   des Verbandes der Töpfer, welche eine Einwirkung auf politische Angelegenheiten verfolgt, trotz der polizeilichen Auf- forderung vom 19. Februar d. I. die Satzung und ein Verzeichnis des Borstandes der Zahlstelle der Polizeiverwaltung hier einzu- reichen. Es wird deshalb auf Grund der SK 3 und 18 des Vereins- gesetzeS eine Geldstrafe von 3 M. oder em Tag Haft festgesetzt.' Hiergegen wurde gleich am nächsten Tage beim zuständigen Amtsgericht Einspruch erhoben, unter Anführung der Polizei- oktenzeichen. Nach einigen Tagen ging dem Borsitzenden vom Gericht der Bescheid zu, daß dem Gericht von einem Strafbefehl nichts bekannt fei. Nach weiteren acht Tagen ging nun dein Bor  - sitzenden von der Polizeiverwaltung folgendes Schreiben zu: .Unter Bezugnahme auf die diesseitige Verfügung vom 19. Februar 1912 P. J. Nr. 655 werden Sie nochmals gemäß K 3 des NeichSvereinsgesetzes vom 19. April 1993 aufgefordert, inner- halb einer Woche die Satzung sowie daS Verzeichnis der Mit- gSteder des Vorstandes der Zahlstelle Bromberg   des Verbandes der Töpfer, deren Vorsitzender Sie sind, hierher einzureichen. widrigenfalls Ihre nochmalige Bestrafung gemäß Z 18 de« be- zeichneten Gesetzes erfolgen wird.' Die Polizei in ihrem Uebereifer hat eS so eilig, daß sie gar nicht erst abwartet, bis der erste Strafbefehl durch richterlichen Be- schluß erledigt ist. DaS liberale BereinSgesetz treibt immer schönere Blüten. Generalabsolution für Tteuerdrückeberger. Dem Beispiele der katholischen Kirche   folgend erteilt jetzt auch die grohherzoglich badische Staatsregierung Absolution für begangene Sünden. Jedoch beschränkt sie sich hierbei au? ganz natürlichen Gründen auf die Sünden,- welche die Staatsbürger als Steuerzahler begangen haben. Durch«ine im.Gesetz- und Verordungs- blatte' erlassene landesherrliche Verfügung wird alle» Steuer- sündern Generalpardon erteilt, wenn sie versprechen, sich jetzt richtig einschätzen zu wollen. Wer sich jetzt gegen früher richtig einschätzt, der soll nicht allein straffrei bleiben, fondern er soll auch die hinterzogen« Steuer nicht nachzuzahlen brauchen. Nun, die Steuerbehörde wird mit dieser geübten Nachsicht sicherlich schlechte Geschäfte machen, weil diejenigen, die den Staat bisher betrogen haben, durch die ihnen hierfür in Aussicht gestellte Straffreiheit sich sicherlich nicht werden abhalten lassen, weiter zu sündigen. Der Erlaß geht von der falschen Anschauung aus, daß die Steuersünder Reue verspürten, denen man die Rückkehr zum Wege der Tugend erleichtern müsse. Ilebrigens hat die Regierung auch nicht daS Recht, Gesetzes- Verletzungen von vornherein für straffrei zu erklären, die Be- gnadigung gewissermaßen schon vor der Verurteilung eintreten zu lassen._ Agrarischer Boykott. Die mecklenburgischen Agrarier sind auf die Stadt Rostock   nicht gut zu sprechen, we»l sie von der Roftocker Stadtvertretung angeblich nicht liebenswürdig genug behandelt worden sind. Die Unliebcns- Würdigkeit der Rostocker   Stadtverwaltung besteht darin, daß sie keine MitteI zum Empfange der Agrarier, anläßlich ihrer.landwirtschaft- lichen Woche', bewilligt hat. während sie im vorigen Jahre 2499 M. für den Empfang der deutschen   Rechtsanwälte in ihren Mauern be- willigte. Die Agrarier beabsichtigen deshalb, die bisher alljährlich in Rostock   gefeiert«»landwirtschaftliche Woche' nicht mehr in Rostock  , sondern in einer anderen mecklenburgischen Stadt abzuhalten. Das Martyrium eines geistig minderwertigen Soldaten. Welchen Qualen ein geistig minderwertiger, erblich belasteter Soldat ausgesetzt ist, ergab eine Verhandlung vor dem Königs- berger Kriegsgericht. Ein Rekrut halte sich verschiedene Jnsub- ordinationsvergehen zuschulden kommen lassen und war schließlich, nachdem er eme Reihe Strafen erlitten hatte, in die Arbeiter- obteilung gekommen. Hier meldete er sich w�derhelt krank, wurde aber stets für gesund erklärt, weil man annahm, daß er seine Krankheit nur simuliere. Jedesmal, wenn der Arbeitssoldat gesund geschrieben wurde, bestrafte man ihn noch wegen seiner Meldungen. Als er sich im November vorigen Jahres wieder einmal krank meldete, wurde er dem Garnison  - lazarett überwiese». Hier untersuchten ihn zwei Militärärzte. Sie erklärten ihn aber für gesund. Das brachte den Soldaten in Wut. Er fuhr gegen die Aerzte auf. DaS brachte ihm eine Anklage ein. Vor dem Kriegsgericht bezweifelte man schließlich die geistige Zu- rechnungsfähigkeil des Angeklagten. Er wurde einem Psychiater zur Beobachtung überwiesen, der in der erneuten Verhandlung vor dem Kriegsgericht bekundete, daß die Krankmeldungen des Angeklagten eine reale Grundlage ge- habt hätten. Der Angeklagte sei erblich be- lastet und habe wiederholt die luetische Krankheit durchgemacht, an der er in der letzten Zeit noch gelitten hätte. Man hätte überhaupt von seiner Einstellung ins Heer Ab- st a n d nehmen müssen. Trotz dieser Feststellungen kam der Sachverständige zu der Schlußfolgerung, daß der Angeklagte wohl geistig minderwertig sei, straffrei im Sinne des K 51 des ReichS-Strafgesetzbuches sei er aber nicht. Der ärztliche Befund könne aber als st r a f- mildernd berücksichtigt werden. Und die Militärjustiz ließ denn auch.Milde' walten. Der Anklagevertreter beantragte nicht weniger al» vier Wochen strengen Arrestes, und das Gericht setzte eine Strafe von drei Wochen strengen Arrestes fest, niit der sich schließlich der Angeklagte zufrieden erklärte, um endlich auS den Armen der Militärjustiz herauszukommen. Diese Strafe, die bekanntlich auf hartem Lager, im Dunkeln, bei Wasser und Brot verbüßt wird, muß den Soldaten völlig körperlich ruinieren. Was geschieht nun mit denen, die den Soldaten fortdauernd als Simulanten' bestraften, obwohl er krank war 1 JMarohko. Die Eingeborenen wehren sich gegen das Protektorat. Rabat  , 8. April. Die Kolonne des Generals Ditte hat am 5. April einen heftigen Angriff der Eingeborenen in der Umgebung von Mache! nach 13stündigem Kampfe zurück- gewiesen und den Feind in die Flucht geschlagen. Sie Blaldardciter im badilche» Staats­dienste. Ten Anregungen in der borigen Session der badischen Kammer ist es zuzuschreiben, daß über die Arbeiterverhältnisie in der staat  - lichen Forstverwaltung etwas mehr Licht verbreitet wird als bisher. Man war bisher auf eine seit 1878 erscheinende Jahresstatistik an- gewiesen, welche keine zusamcmnfaflende Darstellung ermöglichte. Nun hat die grohherzoglich badischc Forst- und Tomänendircktion eine umfassende Statistik ausgearbeitet und als Broschüre erscheinen lassen.') Sie liefert in überychtlichen Tabellen sehr viel Material: ) Statistische Erhebungen über die Verhältnisse der Wald­arbeiter in den grohherzoglich badischen Domänenwaldungen. V8 Seiten. Karlsruhe  . E. F. Müllersche Hofbuchdruckcrei, 1812. 1. Zahl und Berufsart der im Jahre 1919 beschäftiglcu Personen; 2. die Beschäftigungsdauer im Jahre 1919; 3. Zahl der aufgewende- ten Arbeitstage; tägliche Arbeitsdauer; Zahl der Vollarbeiter sowie der aus einen Arbeiter und auf 199 Hektar Waldfläche durchschnitt- lich treffenden Arbeitstage; 4. eine Vergleichung des Arbeitslohnes, Stücklohnes, des ortsüblichen Tagelohnes aus fünfjährigen Jnter- »allen seit 1895. Die fünfte Tabelle veranschaulicht die Lohnzah- luug, daS Alter der Holzhauer, den Einfluß der Industrie; die Ar- beiterorganisationen; dann ist der Bedarf und Aufwand für die Ar- beitsgeräte der Holzhauer zahlenmäßig angedeutet; eine weitere Ta- belle dient der Statistik über Arbeiterschutzhätten, Unfallfürsorge, Verpflegungsderhältnisse; den Abschluß bildet die ziffernmäßige Darstellung der forstwirtschaftlichen Betriebsunfälle sowie der Kranken- und Invalidenversicherung. Die 93 578 Hektar Domänenwaldungen sind über die badischen Landesgebiete recht ungleichmäßig verteilt; im Schwarz- Wald wird mit 18 Proz. der höchste Anteil der Domänenwaldfläche erreicht; die klimatischen, wirtschaftlichen und sozialen Einflüsse werden als weitere Ursachen bezeichnet, die zu einer großen Ver- schiedenheit des forstlichen ArbeitsbctriebeS und der äußeren Be- dingungen des Arbcitsmarktcs führen. Im rauhen Klima dcS Hoch- lanbs mit seiner geringen Bevölkerungsziffer verrichten berufs- mäßige Waldarbeiter in milderer Jahreszeit die Waldarbeit, während sie sonst daneben einem kleinen landwirtschaftlichen Betriebe obliegen. Im Gegensatze dazu muß anderwärts auf eine solche Zeit zur Waldarbeit Rücksicht genommen werden, wo gewerbliche und landwirtschaftliche Betriebe von ihren Arbeitskräften solche abstoßen, die insbesondere zur H o l z h a u e r e i Verwendung finden können. Es scheint deshalb das ärarische Arbeitsverhältnis einmal als ein unständiges für die Regel, sodann als ein solches, das seinen Arbeitsbedarf vorwiegend aus der landwirtschaft- lichen Bevölkerung decken mutz. Um sich eine genügende Anzahl zuverlässiger Arbeiter zu sichern, glaubt die Forstverwaltung als bestes Mittel dieGewährung zureichender, der Lebenshaltung des Arbeiters entsprechendere Löhne" ins Auge fassen zu sollen. Da- neben betrachtet sie es als eine ihren Interessen noch besonders dienende Aufgabe, in Bezirken mit spärlich disponibler Arbeitskraft lSchwarzwald) durch Abtretung kleiner Waldgüter(landwirtschaft- lichcr Parzellen) an Arbeiterfamilien um mäßige Pachtzinsen die Arbeitskräfte zu stabilisieren. Damit soll auch gegenüber der fort- schreitenden Industrialisierung Badens eine genügend bodenständige Arbiterbevölkerung gesichert werden.") Es soll insbesondere neu sich ansiedelnden, Industrien dem Entzug unentbehrlicher Arbeits- kräfte vorgebeugt werden. Auf der anderen Seite fördert die In- dustrievermehrung und bei Wachstum der Bevölkerung wesentlich die Erhöhung der Holzpreise, also der Einnahmen der Forstver­waltung. Die Forstdirektion berechnet die Höh« des gegenwärtigen Ein- komnienS aus aller Lohnarbeit auf 2 299 999 M., js wäre die» 14 der Einnahmen des AerarS auS dem Walde, beilausig 23 M. für einen Hektar Wald. Eine besondere Organisation der ärarischen Proletarier für die soziale Versicherung besteht nicht; wegen deS.unständigen Ar- beitsverhältnisses" unterliegen sie bezüglich der Krankenversicherung  den Gemeindeiassen; für die Unfallversicherung ist die landwirt  - schaftliche Berufsgenossenschaft zuständig. Es arbeiteten im Jahre 1919 in den badrschen Domänenwaldun- gen 11 619 Personen, darunter 1959 Frauen urch 733 jugendliche Arbeiter meistens in den Pflanzenkulturen, während die Beschäfft- gung der Männer hauptsächlich in der Holzhauerei und im Wege- bau besteht. Zu letzterem verwendet man auch Italiener, deren Zahl 2 Proz. der Arbeiterschaft ausmachte. Unterscheidet man die Arbeiter nach Bcrufsarten, so sind 1157(19 Proz.) Waldarbeiter im Hauptberuf(mindestens 159 Tage jährlich) beschäftigt; 7165 (61 Proz.) Landwirte; 395(7 Proz., gewerbliche Arbeiter; 2929 (18 Proz.) sonstige Arbeiter(Tagelöhner in landwirtschaftlichen Betrieben); 154(1 Proz.) Invaliden usw. Die Waldarbeit als Nebenbeschäftigung ist hauptsächlich und obliegt meistens den Land- Wirten. Im Schwcuzwald ist die Zahl der eigentlichen Waldarbeiter mit 19 Proz. am höchsten; der Norden des Landes(Rheintal, Bau. land, Odenwald  ) beschäftigt die meisten gewerblichen Arbeiter(14 bis 23 Proz.) zur Winterszeit. Nur 734 Arbeiter(7 Proz.) sind über 159 Tag« im Domänen- Wald beschäftigt;% sämtlicher Arbeiter arbeiten nur 1 bis 199 Tage im Walde. Die Zahl sämtlicher Arbeitstage betrug 699 927; es kommen 26 Proz. der geleisteten Gesamtarbeit auf den Tagelohn, 74 Proz. auf Akkorde. Die Holzhauerei erfordert% aller Arbeits­tage und geschieht zu 96 Proz. im Stücklöhne(bei den Wegcbauten 89 Proz. un Akkorde). Ohne Einrechnung des Zeitaufwandes für die Wegzurücklegung nach und von der Arbeitsstelle wird die tägliche Arbeitsdauer durch- schmttlich auf 19% Stunden(mit Ruhepausen, sonst auf 9 Stunden) berechnet; im Sommer steigt die ArbeitSdauer auf ll�h bezw. 9% Stunden. Die Akkorde bestimmen meistens die Unternehmer, deren Ge- samtzahl 363 betrug, wovon nur 5 Proz. sich nicht persönlich an der Arbeit beteiligten. Außerdem waren 82 ständige Vorarbeiter be- ichäftigt. Würde die Arbeit der im Jahre 1919 auf der rund 9499 Hektar großen Ertragssläch« beschäftigten Personen in kontinuierlicher Tagcöarbeit verrichtet werden können, so genügte �/, der Arbeiter­zahl(2999 Vollarbeiter). Schätzungsweise kommen für die 369 ärarischen Aufsichtsbezirke durchschnittlich etwa 19 örtlich getrennte Arbeitsstellen(also 3699 einzelne Arbeitsorte) in Betracht. Dieser weitausgedehnte Freilandbetrieb erschwert die Uebcrsicht und Kon- trolle der Arbeit. Aus 199 Hektar ertragsfähiger Waldfläche kommen im höchsten Falle 23(durchschnittlich 12) Arbeiter, sowie 694 im Maximum(Durchschnittlich 638) Arbeitstage; auf einen Arbeiter entfallen durchschnittlich 52 Arbeitstage. Der Arbeitsverdienst kann aus der tabellarischen Darstellung schwer diagnostiziert werden. Sie bemüht sich, die Steigerung der Löhne innerhalb der 16 Jahre in fetten Ziffern hervortreten zu lassen und als eine bedeutende Erscheinung, namentlich in den letz- ten 5 Jahren, zu schildern; es wird von einer lebhaften Aufwärts- belvegung des ortsüblichen Lohnes sowie des TagelohneS für Wald- arbeiter gesprochen, während von den Stücklöhnen gesagt wird, daß sie eine wesentliche, aber im Vergleich zu den Taglöhncn gleichmähi- gere Steigerung erfuhren. Die Holzhauerlöhne sollen eine um 19 Prozent größere Steigerung erfahren haben als die H o l z p r e i s e! Um diehohe" Steigerung der Taglöhne richtig beurteilen zu können, seien einige Vcrgleichöziffcrn angeführt: Sommerlohn der Männer 1895 1919 Stelgerung am Bodensee  .... 1,95 2,67 37 Proz. im Scdioarzwald.. 2,33 3,35 44. im Odenwald  ... 1,69 3, 87 Sommerlobn der Frauen Bodensee  ..... 1,33 1,99 43 Schwarzwald  .... 1,45 2,93 40. Oberrheintal.... 1,35 1,96 45. Odenwald  ..... 1,10 1,70 54 Sommerlohn jugendlich. Arbeiter Bodensee  ..... 1,39 2,15 65, Odenwald  ..... 0,80 1,50 87, Die Zahl der Unfälle betrug 172(169 allein in der Holzhauerei); in 26 Fällen wurde Entschädigung gewährt. Im Durchschnitt des letzten Jahrzehnts erfolgten jährlich 153 Unfälle, davon durchschnitt- lich je 2 mit tödlichem Ausgang und 23 mit Rentengewährung. Auf 1999 der Anno 1919 beschäftigten Personen kommen 14,8 Unfälle; die Ausgaben des Aerars für die Unfallversicherung betrugen im BerichlSjahre 22 999 M.(1,99 M. pro Kopf), was einem Aufwand von etwa 1l M. für einen Vollarbeitcr entspricht. Gegen Krank- heit ist die Mehrzahl der Arbeiter(69 Proz.) nur für die Dauer der ärarischen Arbeit versichert; der gesetzliche Anteil des Beitrages *) Die an der Bodenproduktion beteiligte Gesamtpersonenzahl Badens ist seit 1895 um 6,6 Proz.(jährlich 9, SS Proz.) zurück- gegangen. wird vom ArbeiiSberdicnst abgezogen, bei besonderem Verfahren durch Lohnzuschlag zurückvergüiet. Bei einer ArbeitSdauer von min» destens 159 Tagen im Tomäncnivald wird bei freiwilliger Fort. sctzung der Invalidenversicherung seitens des Aerars ein Entgegen­kommen gezeigt; es machten 3 Proz. aller Arbeiter davon Gebrauch, leider nur die Hälfte der ständigen Arbeiter. ES wurden vom Aerar ausgegeben für die Krankenversicherung   17 999 M., für die Invalidenversicherung 15 000 M.: das macht pro Kopf der beschäs- tigten Arbeiter rund 2,79 M. Ter Gesamtaufwand beziffert sich auf 54 909 M.(1 Proz. des vom Hektar erzielten Reinertrages). Die Waldarbeiter selbst haben 49 990 M. aufgewendet, pro Arbeiter 4,22 M. im Durchschnitt. Tie Organisation der Waldarbeiter liegt noch ganz im argen; die meisten stehen außerhalb der vorhandenen Organisationen der Arbeiterschaft; ganz oder teilweise sind sie organisiert nur in vier Forstbezirken(Staufen   b. Freiburg  , Karlsruhe  , Schwetzingen   und Durlach  ), woselbst es sich meistens um sogenannte Saisonarbeiter (Maurer, Zimmerleute usw.) handelt, welche ihren Gewerkschaften angehören. In einigen Bezirken sind auch Versuche gemacht worden, die spezifisch ländliche Waldarbeiterschaft zu organisieren; jedoch bis jetzt ohne Erfolg. Die Gründe berührt der Bericht nicht; auS dem Schweigen könnte geschlossen werden, daß die badische Staats- behörde eine solche Organisation nicht wünscht. Es bleibt also hier ein dankbares Arbeitsfeld für die gewerkschaftlichen Pioniere, Jim der Partei. Zum 70. Geburtstag Hermann Greulich  ? hat dasVolksrecht' in Zürich   eine Grenlich-JubiläumSnummer herausgegebeti, die u. a. auch einen Artikel des Genossen Bebel enthält. ES beißt darin: In Deutschland   und in der Schweiz   wendeten sich in jener Zeit die ehemaligen selbsthilflerischen Arbeiter aus dem bürgerlichen Lager immer mehr dem sozialistischen zu. Und so konnte ich es durchsetzen, daß, nachdem ich 1867 zum Vorsitzenden des Verbandes der deutschen   Arbeitervereine gewählt worden war, der Vorort Leipzig   dem nächsten VereinStag in Nürnberg   das Pro- gramm der Internationale zur Annahme unterbreitete. Die Wichtigkeit, die der Nürnberger   Vereinstag durch seine Tagesordnung in den Augen der in- und ausländischen Arbeitervereine erlangte, veranlaßte, daß nebe» Oberwieder und Härtung au« Wien  , Hermann Greulich   und Dr. August Ladendorf aus Zürich   als Delegierte in Nürnberg   er- schienen, um unsere Bestrebungen kräftig zu unterstützen. Das Jahr 1869 führte uns abermals bei einer andern, nicht minder wichtigen Angelegenheit zusammen. Das geschah aus dem sozial- demokratischen Kongreß zu Eisen ach, auf dem der Verband der deutschen Arbeitervereine und die auS dem Allgemeinen deutschen Arbeiterverein ausgetretene Opposition unter Führung von W.Bracke  , A. Geib und anderen, unterstützt durch die österreichischen und schweizerdeutschen Vereine, die sozialdemokratische Arbeiterpartei gründeten. Auf diesem Kongreß bielt Hermann Greulich  eine mit viel Beifall aufgenommene Rede für die Notwendigkeit der Gewerkschaftsbewegung. Von jetzt ab erlitt unser persönlicher Verkehr eine längere Pause. Die Arbeit, die jeder von unS zu leisten hatte, ließ keinem Zeit zu brieflichem Meinungsaustausch. Außerdem war daS Feld, daß jeder von uns zu beackern batte, von dem des andern so weit entfernt, daß auch hierin keine Veranlassung zur Aufnahme der persönlichen Beziehungen vorhanden war. Dies wurde anders, als vom Jahre 1876 ab meine geschäftlickien Beziehungen mich Jahr für Jahr nach der Schweiz   und besonders nach Zürich   führten. Und als dann im Herbst 1878 das Sozialistengesetz über die deutsche Sozial- demokratie hereiubrach und die Partei in bezug auf Presse, Organi- salion und persönliche Freiheit vollständig rechtlos gemacht wurde. wurden unsere Beziehungen zu Hermann Greulich   und den übrigen führenden Genossen intimere. Die deutsche Sozial- demokratie erlangte in Greulich und Ge- nassen eine Hilfe und Stütze, die sie niemals vergessen wird. Zürich   wurde jetzt sozusagen der arckiimedische Punkt, von dem auS wir die Ausnahmezustände in Deutschland   aus den Angeln heben konnten, wofür am besten der ungezügelte Zorn spricht, den damals die Bismarck-Puttlamer gegen die Schweiz  empfanden, dem sie mehrfach drastischen Ausdruck gaben. ... Wenn Hermann Greulich   innerhalb der Schweiz   für die EntWickelung der Arbeiterbewegung kämpfte, so auch alle Zeit für die iniernatlonale Bewegung. DaS hat er noch besonders gezeigt, als er auf dem letzten Kongreß der Internationale in Kopenhagen  gelegentlich der AnSemandersetzung zwischen den deutsch  -österreichischen und tschechischen Genossen das Wort nahm. Die Rede, die er dort hielt, trug ihm den stürmischen Beifall des Kongresses ein. Mein lebhafter Wunsch ist, daß Hermann Greulich   noch lang: Jahre in ungebrochener geistiger und körperlicher Kraft der Zache des Proletariats seine Dienste möchte leihen können. Er ist für die Bewegung noch unentbehrlich.' Tetenlifte der Partei. In Konstanz   am Bodensee   starb am erste« Ostertag der Genosse Malermeister August K r o h u an den Folgen einer Magen- operation. Mit dem Genossen Krohn ist einer von den alten badi- scheu Kämpfern dahingegangen, der jahrelang die Agitation für das badische Oberland und insbesondere sür den ersten badischen Reichs- tagswahlkreis fast ganz allein geleistet hat. Krohn kandidierte wiederholt für den ersten badischen KrciS zum Reichstage und zum Landtag. Der Boden ist aber in dieser vom Zentrum völlig be- herrschten Gegend außerordentlich hart und eS bedarf übermenschlicher Arbeit, um etnige geringe Erfolge zu erzielen. Genosse Krohn hat sich djeser Arbeit viele Jahre mit unübertrefflichem Eifer und Pflichtbewußtsein unterzogen und dabei nicht selten auch sein eigenes Geschäft hintangesetzt. Leider blieb ihm nicht er- spart, in häßliche lokale Streitigkeiten verwickelt zu werden, die so- gar bis zu einen, Ausschlußantrag gegen ihn gediehen. Der Essener Parteitag lehnte üidesien ein Vorgehen gegen den Genossen Krohn ab, und so blieb er bis zu seinem Tode Vertreter der Partei auf dem Rathausc, wenn er sich infolge eben der lokalen Streitigkeilen sonst etwas zurückgezogen hatte. Bei den internationalen Partei- feiern, die von Zeit zu Zeit von schweizerischen, österreichischen., deutschen und italieiiischen Genossen am Bodensee   veranstaltet wurden, hat Krohn immer dje Leitung gehabt, und so ist er auch in der iuter« nationalen Partei keine unbekannte Persönlichkeit. Man wird ihm allenthalben ein treues Andenken bewahren. Genosse Krohn hinterläßt eine Witwe mit fünf Kindern. Aus Sachsen  - Mciningen schreibt man uns; Im Adressen- Verzeichnis der Parteiorganisationen in Deutschland   ist(weil dort vergessen) bei Bezirk Sachsen- M ei»ingen mitzuteilen, daß alle Zuschriften andaS geschäftsführende Mitglied der Landesorganisation, Landtagsabgeordneten Friseur Paul Seige in Pößneck   zu richten sind. Die Adresse deS Vorsitzenden Otto Schulz ist zudem ungenügend. Da noch «in M a ii r e r m e i st e r gleichen Namens am Orte ist. so muß bei wichtigen Briefen Vorsicht gebraucht werden. Unser Genosse Schulz ist Konsumvereinskassierer und wohnt in Pößneck  , Jüdeweinerstrahe. polüreilicbeo, Sericbtticbes utw. Wählcrversammlung und ReichSvcreinSgesrtz. Genosse Beissig in Liebenwerda wurde vom Schöffen« geeicht zu 39 M. Geldstrafe verurteilt, weil er zu einer Wähler- Versammlung unter freiem Himmel am 17. Januar die polizeiliche Genehmigung nicht eingeholt hatte. DaS Landgericht Torgau   ver- warf die gegen daS Urteil eingelegte Berufung. Nun wird das Kamme rgeri cht zu entscheiden haben. Nach§ 6 des Vereinsgesetzes sind Wählerversammlungen nicht anmeldepflichtig und dieser Para- groph spricht nicht von Versainmlunge» in geschlossenen Räumen. sondern von Versammlungen im allgemeinen. Auch liegen bereits Urteile darüber vor. daß dieser Paragraph auch Wählerversamm« lungen unter freiem Himmel einschließt.