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Nr. 83. 29. IahrMg. 1. Wage des Jorniärb" Kerlim JnlMlall Mmch. 10. 1)1(11 1912. Die Bergarbeiterbewegung. Die ötreihjuftiz im Rubrrevier. Dortmund  , 9. April.  (Eig. Sei.) »Mit der blödsinnigen Streikerei immer" Es war aus Anlatz eines Strafprozesses gegen einige Arbeiter der StinneSschen Union in Dortmund  , die bei einem Maschinistenstreik den Tod eines Mannes verursacht haben sollten. Der Maschinist wurde freigesprochen, aber während der Beratung unterhielten sich einige hoffnungsvolle Anfänger aus dem Juristenstande, Assessoren oder Referendare, wie das Urteil wohl ausfallen werde. Dameinte der eine zum anderen:»Einen Denkzettel müßte er doch haben; mit der blödsinnigen Streikerei immer!* Nun weile ich Tag für Tag in der Streiksünderkammer des Landgerichts, und das Wort will mir nicht aus dem Sinn. Immer dieselbe Begründung in den Streikurteilen. Zuerst die Be- rückffchtigung der»bisherigen Unbescholtenheit', dann»anderer- seits aber' usw. Das.aber' des Streiks wischt in Wirklichkeit alles andere aus. Hier weiter einige Momentbilder von der Streikjustizguillotine in Dortmund  . Ein Bergmann   sollte zu einem Gendarm»Schweine» Hund' gesagt haben. Er hatte es.gestanden". In der VerHand- lung am Landgericht erklärte der Amtssekretär, der das betreffende Protokoll aufgesetzt hatte, ein Polizeikommissar habe dem Bergmann   gesagt, daß er nach Dortmund  <in Unter- suchungshaft) abgeführt werde, wenn er nicht gestehe. Darauf hat der Mann gestanden, falsch, wie er später angab, um nicht der Familie entrissen zu werden. Der betreffende Kommissar konnte sich vor Gericht»nicht erinnern'. Der Bergmann   aber bekam für sein derartfreiwilliges'.Geständnis' sechs Wochen Gefängnis, zwei Wochen mehr als der Staatsanwalt be- antragt hatte! Ein Mitglied des Hirsch- Dunckerschen Gewerkvereins bekam einen Monat Gefängnis, weil er»Saukops" und.Pfui' gerufen und ausgespuckt haben sollte. Der Streikbrecher-Zeuge wurde als Schwindler in der Verhandlung charaklerisiert. Der Staatsanwalt hatte sogar zwei Monate beantragt! Zwei Bergleute hatten nach den Fensterscheiben an der Wohnung eines Streikbrechers geworfen, wie es Studenten und angehende Stützen des Staats auch wohl mal gern besorgen. Sie hatten auch dieselbe Entschuldigung, die bei den Studenten leicht durchschlägt sie waren angetrunken. Der Staatsanwalt beantragte je zwei Monate Gefängnis, das Gericht erkannte auf je s e ch s W o ch e n. Die Angeklagten haben obendrein zwei Wochen in Untersuchungshaft gesessen! In einem Ort bei Dortmund   sollte der Lokomotivführer eines Güterzuges im Interesse des Streikbrecherschutzes langsamer rangieren, damit die Streikenden nicht so rasch über die Straße konnten. Der Eisenbahner pfiff aber und fuhr ab. In der Folge bekam ein Streikbrecher einen Schubs. Da dies ohne Abficht ge schehen sein sollte, widersetzte sich der Täter, ein unorganisierter Arbeiter, der Verhaftung. Der Staatsanwalt beantragte 6 Monate, da? Gericht erkannte auf 4 Monate Gefängnis! Ein polnischer Arbeiter unterhielt sich mit einem Kameraden und gebrauchte dabei daS Wort:»Streikbrecher.' Der Mann blieb 10 Tage in Untersuchungshaft. Der Staatsanwalt beantragte S Wochen Gefängnis, das Gericht er- kannte auf S Wochen. Eine Anzahl ungarischer Arbeiter hatten sich besprochen, mit zu streiken. Einige taten dann doch nicht mit. Darüber wurden sie von vier Kameraden zur Rede gestellt und kräftig grob wurde ihnen zu Gemüte geführt, wie man über den Worlbruch denke. Der Staatsanwalt warf je 4 Monate Gefängnis aus, das Gericht er- kannte auf je 3 M o n a t e. kleines feuilleton. Giovanni PaScoli  , der als einer der größten zeitgenössischen Lhriker Italiens   galt, ist im Alter von 57 Jahren am 0. d. MtS. gestorben. Seine Lyrik war vor allem dem Idyllischen in der Natur wie im Menschenleben zugewendet; er war ein unendlich liebevoller Beobachter der Tierwelt und ein Schilderer der schlichten stillen Enge häuslichen Lebens. Ein schweres Schicksal, da« über des Dichters Jugend einen schwarzen Flor breitete, klingt in seiner ganzen Dichtung durch als ein unstillbares Sehnen nach Heim und Frieden. Pascoli   war Gymnasiallehrer, bis er einem Ruf an die Universität Folge leistete, wo er lateinische Literatur lehrte. Als Nachfolger CarducciS war er zuletzt an der Universität von Bologna  tätig. Pascoli   hatte eine große Meisterschaft der Sprache, aber seine Gedichte verlieren sich oft m ermüdende Einzelheiten, auch ist ihnen der Vorwurk einer gewissen Manieriertheit und Künstelei nicht zu ersparen. Politisch hat sich der Dichter nie betätigt, doch stand er unserer Bewegung in seiner Gefühlsanssassung nahe und hat sich selbst gelegentlich als»Dichter der Heloten' bezeichnet. Theater. Im Lessingtheater brachte Sonntag nachmittag eine Ertravorstellnug der Freien Volksbühne eine Ausführiing von G e r h a r t H a n p t m a n n s» E i n s a in e M e n s ch e»'. Es ist nicht der heroische Kampf zwischen Vertretern zweier Weltanichauungen, den Hauptmann in diesem Drama vorsührt. DaS Heroische, Mut- volle. Konsequente kommt bei ihm stets zu kurz; er und seine Ge- schöpfe sind Kinder einer gärenden Zeit, die auf die wiidwogenden Eindrücke des Lebens mit überfeinen Nerven reagieren, denen aber Willens- und Talkraft versagt ist. So birgt auch hier das Dach des kleinen Friedrichshagener LaiidhauseS Menschen die daS Band gut- bürgerlichen Familiensinns umschließt, die sich aber dennoch an einander ausreiben und zum Verbluten bringen. Eine Weltan- schoiiimg, wie die eines Johannes Vockerat. die auf moderner,»visien- schaillicher Erkenntnis beruht, kann nicht friedlich, ichiedlich neben kleiilbiicgerlichem. religiöse» Denken hergehen. Durch schwächliche, nur ans dem Gefühle Herniis geborene Konzession wild sie zur Sunde  am beiltgen Geiste. Der Sünder muß an ihr zugrunde gehen. Echte Menschen von Fleisch und Blut und mit noch viel mehr Nerven stellte die Aufführung im Lessing- Theater auf die Bübne Das überreizte Zerren und Reißen an den Ketten sein-r Umwelt brachte Kurt S i i e l e r als Johanne? Vockerat in Svrache, im Spiel der Hände und Gesichtsmuskeln m aeradem anälender Lebensechtheit zun, Ausdruck. Else �ehmann /ieiate als Frau Vockerat mit hervorragender Meisterschaft, wie eine beschränkte mit Zähigkeit festgehaltene Wellaiischauuiig Hand in Hand gehen kann mit warmblütiger, liebevoller.Mütterlichkeit. Ein be- häbiger Ehemann, dem die Frömmigkeit zu einem ,elbstverstandllchen LebenSreanisit geworben ist, war Gustav Nickelt als Vater Vockerat. Schlicht und rührend gab Hilde Herterich die«eduldig nach- giebige Käte Vockerat mit ihrem ergreifenden Ringen, sich zum Fuhlen und Denken ihres Manne» aufzuschwingen. Die Studentin Anna Mahr fand in Lina Lossen   eine Vertreterin, bei der der kühle Ver- stand der modernen Frau ebenso fein und diskret zum Ausdruck kam Ein Streikposten merkte, daß ein Streikbrecher einen Revolver besaß und ihn immer in der Hand hielt. Auf die Rufe des Postens hin kamen andere Streikende und dem«Arbeitswilligen' wurde das Mordinstrument fortgenommen. Der Revolver kam zum Verbands- bureau und von da zur Regierung in Arnsberg  . Auf die Anklage- bank aber kamen drei Streikende wegen versuchter Nötigung I »Was geht das Sie an, wenn der Mann einen Revolver hatte?' meinte der Vorsitzende Landgerichtsdirektor. und weiter:»Wie sollte der Mann dazu kommen, ohne weiteres zu schießen?' Ist diese AhnungS- losigkeit nicht rührend?! Der Staatsanwalt hatte je drei Tage Gefängnis beantragt; das Gericht sprach einen der drei Angeklagten frei, weil er in Putativnotwehr gehandelt habe, einer erhielt 1 Woche und der andere 3 Wochen Gefäng- n i s I Einige Tage vorher hatte der Staatsanwalt in einem Falle, wo einem Streikenden(der nichts mit dem Revolver gemacht, sondern nur an ihm»hantiert* hatte, um sich»zu ver- leidigen, wenn es ernst würde') die Waffe abgenommen worden war, gesagt, der Mann könne von Glück sagen, daß er verhaftet worden wäre, sonst wäre er vielleicht wegen Mord vors Schwurgericht gekommen. Ein Bergmann  , der in einem Hause im Fenster lag, wurde von einem Mädchen gefragt, was das Militär im Orte denn wolle, worauf die Antwort gegeben wurde, daß es die Streikbrecher von und zu der Grube bringen solle;»diese Lumpen!' wurde hinzugesetzt. Die Frau eines Arbeitswilligen schnappte davon etwas auf und der Streikende kam in Haft! Hier beantragte der Staatsanwalt selbst die Freisprechung, die auch erfolgte. Weil Von dem Hause her, wo ein Streikender wohnte, Be- leidigungen gefallen sein sollten, wurde ein Bergmann   angeklagt. Die Streikbrecher konnten nicht sagen, ob der Angeklagte gerufen- Es mußte wieder die Freisprechung erfolgen. Jammerschade, daß man die leichtfertigen Angeber nicht für den Schaden haftbar machen kann. Ueber eine Bergmannsfrau in Heeren wurde von einem Schutz- man» belastend vorgebracht, daß die Angeklagte in den Streiktagen viel spazieren gegangen sei! Die Frau sollte»Streik- b r e ch e r' gesagt haben, es wurde nichts davon erwiesen. Die Frau hat nur eine Bemerkung gemacht, weil der Streikbrecher Schnaps geholt hatte, was sonst verboten ist. Auch da meinte der Vorsitzende zur Frau:»Das ging Sie doch garnichtS a n l' Die Sünderin mußte aber ebenfalls freigesprochen werden. Für einen Pfuiruf bekam ein Streik,, Verbrecher' dann wieder drei Wochen Gefängnis. Ein Zimmermann hatte auf der Zeche Tremonia   zu arbeiten. Weil er sich nach der Ansicht eines Polizisten zu lange auf der Straße aufgehalten hatte, kam auch er in die Anklagebank. Der Zimmerling konnte nicht verstehen, wie man auch ihn als durchaus arbeits- willigen Mann hat an der freiwilligen Arbeit hindern wollen. 30 Mark oder sechs Tage Haft werden auch diesen Angeklagten, wenn er eS noch nicht war, später zum Sozialdemokraten machen. Ein Streikbrecher wurde auf dem Wege zur Zeche mit seinem eigenen Stock so verhauen, daß er L'/z Wochen krank war. Die Täter kennt der Mann nicht. Drei Bergleute kamen in Haft, sie konnten aber nachweisen, daß sie nicht in Frage kommen, daß vielmehr ein nicht bekannter anderer Mann die Prozedur vollzogen hatte. Der Staatsanwalt sprach von einembedauerlichen Irrtum' und beantragte die Freisprechung, die dann auch erfolgte. »» * Ein neuer Grund für den Streikbrnch der Zeutrnmschristen. Immer neue Gründe werden hervorgeholt, um den Mit- gliedern der christlichen Gewerkschaften den schmählichen Streikbruch beim Kampf der Ruhrbergleute schmackhafter zu machen. In der Nummer 7 des christ- lichen Zentralblattes vom 1. April heißt eS, dem diesjährigen Bergarbeiterstreik im Ruhrrevier hätten alle wie die GefühlStöne des Ewigweiblichen. Durch sein ausgezeichnetes realistisches Spiel deckte Hans Marr als verbummelter Maler Braun auf, wie energieloses Sichgehenlassen in ein und demselben Menschen mit klarer Urteilskraft gepaart sein kann. Trefflich waren auch Ernst N e s s l e r als salbungsvoller GotteSmann und Paula E b e r t y als redselige Zimmervermieterin. Die Episodenfiguren und die Inszenierung ergänzte» die Leistungen der Hauptdarsteller zu einer ganz hervorragenden Gesamtdarstellung. Musik. DieThieloschenChöre stellen eine vor zwei Jahren voll- zogene Verschmelzung von drei Arbeitersängervereinen unter einem gemeinsamen Dirigenten dar. An ihren erfreulichen Gesamt- leistungen läßt sich so recht erkennen, daß nur ein starker Stimmen- körper befähigt ist,'chwierige Aufgaben befriedigend zu lösen. Auch das Konzert vom Ostersonntag stand unter diesem günstigen Zeichen. Nur hat Chormeister E. Thi elo wieder des Guten zu viel getan; denn die Abwickelung des Programms beanspruchte 3Z4 Stunden! Die Zuhörer vermögen da nicht mit gleicher Aufmerksamkeit bis zum Schluß zu folgen; und, was noch bedenklicher ist: die Sänger ermüden. Zum wenigsten empfiehlt es sich dann aber, daß umfang- liche Tonwerke unter keinen Umständen der Schlußabteilung ein- verleibt werden wie es diesmal mit dem..Columbus" von Julius Becker geschah, dem ich übrigens das Chorwert gleichen Namens von Joseph Brambach vorziehen möchte. Der deklamatori- sche Teil von Emil Kühne recht wirkungsvoll gesprochen überwiegt den Part des Chors und des Orchesters bei weitem. Da- durch wird die musiktolische Geschlossenheit beeinträchtigt. Die Chorsätze bieten leine besonderen Schlvierigkeitcn, es sei denn, daß der erste Tenor sich verschiedentlich bis zur Höhe zweigestrichener Oktaven hinaufwinden muß und Gefahr läuft, alles Klanametall zu verlieren. Demgemäß gelangen einige kleinere Zwischensätze in mittlerer Tonlage am besten; ja hier trat eine einhellige Aus- aeglichenheit und klangliche Schönheit hervor, die noch einmal große Erwartungen erfüllen dürfte. DasErntelied" von Oskar Fried   erweist sich als eine wirklich bedeutende Komposition, durchdrungen von sozialem und künstlerischem Geiste. Wie ist da durch eigentünmliche Ouartengänge im instrumentalen Begleitungskörper de.r dumpfe Schichtenfall des ganzen Mühlwerks, das Sausen der Flügel, der Schritt des an Gewalt zunehmenden Sturmes gemalt! Wie ist das Dchmclsche Gedicht zu monumentaler Wucht gesteigert! Die Aufführung dieses Werkes ist schon allein für sich genommen eine verdienstliche Leistung. Und wenn es den Sängern erst noch gelingen wird, sich mit individu  - eller Empfindung hincinzuwühlen. dann wird die Wirkung noch eine ungleich getrxrltigere sein. Was die sonst zu Gehör gebrachten Chor- lieber betrifft, so dürfte sich manche Schiverfälligkeit durch energisch genommene und dem Tcxtinhalt enger angeschlossene Tempi be- seitigen lassen. Die wirkliche Gesangsknnst beginnt genau da, wo der Sänger technisch frei über seiner Aufgabe steht. Uns deucht, Herr Thielo wird seine Chöre zu dieser Höhe hinanführen. Als Solistin wirkte Frau Johanna K i tz mit. Um nur ein Stück heraus. zugreifen inJudiths Siegesgesang"(Van Eyken) traf die Sängerin bei weitem nicht jene dramatische Gestaltungskraft, die wir unlängst gerade am Vortrage dieses Liedes bei Paula Wein- Voraussetzungen für das Gelingen des Kampfes gefehlt, es seien lediglich vorhanden gewesen: eine AnzahlZünd- st off zum Streik und eine gute Konjunktur. Dann heißt es weiter: Aber damit allein ist einer Industrie, die mit zu den kapitalkräftigsten Europas   zählt, kein Erfolg abzuringen. Die Kräfte im Rnhrkohlenbergbau sind eben zu ungleichmäßig ver- teilt. Die Bergbauunternehmer bestehen fast ausschließlich auS Aktiengesellschaften; es fehlt also der persönliche Ar- beitgeber. Und das ist ein für das Gelingen von Streiks außerordentlich wichtiges Moment. Für persönliche Arbeit- geber steht bei Streiks häufig ihr ganzes Hab und Gut, ihre ganze Stellung auf dem Spiele, ein Umstand, der diese Unter- nehmer nicht selten zu Zugeständnissen an die Arbeiter geneigt macht. Dieser, viele Streiks günstig beeinflussende Umstand kommt bei Unternehmungen, die aus Aktiengesellschaften be- stehen, in Wegfall." DieserGrund" der Zentrumschristen ist gerade so wurm- stichig wie die anderen auch. Uns wundert nur, daß die neuen Christen nicht gleich diearme Witwe" als Kuxen- bcsitzerin aufmarschieren lassen und daß sie nicht dicke Tränen vergießen über die gefährdete Lage dieser Personen. Wer sackt dann aber bei den nicht persönlichen Aktiengesellschaften die Millionengewinne ein? Natürlich die Aktien- i n h a b e r. Ob die ihre Gewinne auf persönliche oder un- persönliche Art erlangen, ist furchtbar gleichgültig, getroffen würden sie in beiden Fällen, wenn die Arbeiter» Hände ruhen. Der neueGrund" der Christen zeigt, in welcher Ver- legenheit sie sind und wie schwer es ihnen wird, den An- hängern ihr schmähliches Verhalten plausibel zu machen. Das ist allerdings verständlich genug. »» « Vom sächsischen Bergarbeiterstreik. Die von den Kohlenherren in den Feiertagen erhoffte erste Abbröckelung des Streiks, die dann andere Teile der Streikenden mitreißen und schließlich die ganze Bewegung zerstören würde, ist nicht eingetreten. Die Herren hatten offenbar damit gerechnet; denn anders ist ihre ablehnende Haltung gegenüber den Einigungsanträgen der Arbeiter nicht zu verstehen. Sie sind getäuscht, weil nach den Feiertagen die Zahl der Streikenden noch genau dieselbe Größe wie vorher aufweist. Der Bergarbeiterverband hat, wie bis jetzt fest- gestellt ist, für das Zwickaner Revier während dieser Bcwe- gung mehr als 1300 neue Mitglieder gewonnen. Jetzt beginnen die C h r i st l i ch e n im Zwickauer Ne- vier ähnlich wie ihre katholischen Brüder im Rheinland   es getan haben, gegen die streikenden Bergleute anzurennen. Sie versuchen nanientlich, alle evangelisch denkenden Arbeiter von der Nutzlosigkeit des Streiks zu überzeugen und zum Streik- bruch zu bewegen. Ganz wie drüben im Rheinlande die Geistlichkeit an hervorragender Stelle mit tätig war, ist der Veranstalter dieser Anti-Sreikbcwegung ein evangelischer Pastor. Er hat in seinem evangelischen Blättchen einen Auf» ruf erlassen, der die Absicht, durch Zersplitterung der Ar-. beiter den Streik zunichte zu machen, klar erkennen läßt. Parteitag der polnischen konialiiMchen Partei. Die Genossen der polnischen sozialistischen   Partei wollten während der Osterfeiortage ihren Parteitag in Posen abhalten. Der Polizeipräsident von Posen betrachtete den Parteitag als öffentliche politische Versammlung" und verlangte, daß nach§ 12 des Vereinsgesetzes deutsch   gesprochen werde. Um dem zu entgehen. flüchteten die polnischen Genossen nack> dem naheliegenden Dörfchen bäum zu konstatieren Gelegenheit hatten. Den instrumentalen Teil des wie gesagt übermäßig langen Programms bestritt dasBerliner  Konzert-Orchester unter seinem Leiter Franz von Blon   auch nach rein musikkünstlerischer Hinsicht sehr gut. Für Wagners Ton- werke allerdings müßte es doppelt so stark sein. e. Ic. Komische Oper:Beginn der Sommersaison". Man versteht, waS daS heißt. Es wurde also von der mehr oder minder ernsten Oper und von exotischen Gästen herabgestiegen zu einer simplen Berliner  Posse mit Gesang und Tanz" in soundsoviel Akten und von soviel Autoren; der musikalische heißt Walter Kollo  . Titel:Ein aufgelegtes Geschäft". Worin das Geschäft eigentlich besteht, erfährt man kaum recht. Irgendeine Firma wackelt und sucht durch ein Rechtsschutzbureau einen reichen Aktionär. Im Bureau treffen alle möglichen und unmöglichen Personen unter ebensovielen Verwechselungen zusammen. Schließ- lich kommt man in ein ebenso wackeliges Cafehaus, macht einen Onkel aus Ratzeburg   zur zweitengroßen Kanone", das ist zuin zweiten Kapellmeister, während der erste vom Podium aufs Podium und von da hinunter ins veritable Orchester fällt. Da nun auch noch ein großes Los gewonnen wird, so scheinen Firma und Cafe- haus wieder auf den Damm zu kommen. Auch Berliner   Telephon- bureau wird gespielt und unter anderem die Komische Oper ange- rufen, worauf sich der Zentralfriedhof meldet. Also waS will man mehr zum Verständnis der Situation?! Die Musik versucht sogar hie und da eine humoristische Charakterisierung, ungefähr auf der Höhe einer Varietemusik. Man denke aber nicht, daß eS sich um den ThpuS der franzö­ sischen   Lustspiele oder deutschen Operetten handele, die wenigstens den technischen Vorzug einer geschickten Komödienkomposition in großdurchlaufenden Linien besitzen. Doch wer sich über aneinander- gereihte Situationsspäßchen amüsieren will, kommt da immerhin auf seine Rechnung. Selbst die Schauspielkunst kommt, wie es in solchen Fällen nicht selten ist, zum Teil auf die ihrige. In der Darstellerin einer führenden Figur, der Buchhalterin bei der verkrachten Firma. zeigte Grete Fischbach sogar eine reifere Kunst des Singens. Sprechens und Spielens; und ein paar männliche Komiker, wie zum Beispiel Albert Paulig  , ließen ihre wohlangebrachten Künste spielen. Aberjetzt ziehn mer mit Musile in'ne andere Butike"._ 8Z, Notizen. Ein neues Drama von Strindberg. Wie der Stockholmer  Soeial-Deniokrat" erfährt, ist Strindberg gegenwärtig mit der Niederschrift eine« Dramas beschäftigt, dessen Motiv er der französischen   Revolution entnommen hat. Robespierre   wird die Hauptfigur des Stückes bilden. Deutsche Kunst in Paris   verboten. Eine für Pariser   Verhältnisse merkwürdig erscheinende Maßregel hat der Pollzeipräfekt angeordnet. Er hat die Ausstellung dreier Skulpturen in der Großen Pariser   Kunstansstellung aus moralischen Gründen untersagt. Unter diesen drei Kunstwerken befindet sich auch eine Skulptur des Berliner   Bildhauer» Arnold Nechberg. das sichDie Verdammten' betitelt und einen Mann und eine Frau darstellt, die sich schmerzerfüllt umschlungen halten.