Bergarbeiter-Verband hielt. Wie die ultramontanen Herten denZechenherrm Liebesdienste leisten, ist einfach rührend.QtrdkjuÜiz und kein Ende.Dortmund, S. Apm'. Mit verstärktem Eifer arbeitet dieJustiz des KlafsenstaateS an der„Beruhigimg' der Bergarbeiterschoft.Seit dem DienStag„arbeiten" in Dortmund am Landgerichtzwei Sondcrstreikkammcr». Kostspielig und schwer ist der Apparat,der oft bei den einfachsten„Vergehen" in Szene gesetzt wird. Siehtman doch an die hundert Zcuaen im Flur und in den Gerichtssälen.Daß ein Dutzend Zeugen bekunden sollen, ob das Wort„Streik«brecher" gefall«» ist oder ob jemand den Mund zu einem„Pfui"bewegt hat, ist nichts besonderes mehr. Oft muh eine Sache dannuoch vertagt werden, weil der Gendarm X. D. nach Mecklenburgoder wohin abgereist ist und der Staatsanwalt„nicht verzichten"will. Man schießt mit Kanonen, um einem Sperling da» Zwitschernzu verleiden.Die verurteilten Streik,, Verbrecher" sind ja durch die Bank arme,ausgebeuteltr Grubenproletarier, bei denen das Industriekapitalderart„segensreich" gewirkt hat, daß der Staat kaum je zu seinenGerichtskosten komnren wird. Die Zechenkapitalisten werden dieKosten ja nicht tragen, also fallen sie der Allgemeinheit zur Last.Die Allgemeinheit— das ist aber zum größten Teil wieder dasschaffende und ausgebeutete Proletariat!In letzter Zeit mehren sich die Fälle, wo die„beleidigten" Streik-brecher den Strafantrag zurücknehmen. Dann versucht der Staats-anwalt,„aus§ 153 der Gewerbeordnung' doch noch anzuhaken,wenn der„Arbeitswillige" fest bleibt. In einem Falle, wo derStreikbrecher überdem auch nicht aufrechterhalten konnte, daß ein be«stimmter Angeklagter gerufen habe und wo aus diesem Grundeauch„auS§ 163" nichts zu machen war, sondern Freisprechungerfolgen mußte, wurden dem Streikbrecher dieKosten aufgehalst, weil er mit der Anzeige„grob fahr«lässig" gehandelt hatte, wie eS in der Urteilsbegründung hieß.Der Staatsanwalt hatte gemeint:„Wie kamen Sie denn dazu, denMann zu beschuldigen? Sie setzen fich selbst der Gefahr au«, wegenfalscher Anschuldigung angeklagt zu werden." Mithin nahm derStaatsanwalt an, daß der Streikbrecher die Anzeige wissentlichfalsch gemacht habe!Hier noch einige Fälle aus den letzten Dortmunder Gerichts«tagen:„Du Lump willst weiter arbeiten? Du sollst eher der«recken I" Urteil: 6 Wochen Gefängnis. Da sich der Angeklagtenicht in den Förmlichkeiten der Verhandlung zurechtfinden konnteund oft dazwischen sprach— wofür doch wieder die mangelhafteVolksschule, wo eS keine Rechtskunde gibt. verantwortlichist— erhielt er noch eine sofort zu vollstreckende Haftstrafe voneinem Tag.Vier Bergleute sollten Streikbrecher beleidigt und einen miß«handelt haben. Strafanträge fehlten. Einer der vier Angeklagtengab zu, einen Schlag gegeben zu haben. Urteil: drei wurden frei«gesprochen, der eine erhielt— vier Monate Gefängnis.Ein Bergmann erhielt wegen Beleidigung und Bedrohung vierMonate Gefängnis. Wer einen Streikbrecher geschossen hatte, wurdenicht aufgeklärt. Viel Wahrscheinlichkeit sprach dafür, daß der Schußvon einem Streikbrecher abgegeben war.Ein Steiger wurde auf dem Wege zur Zeche angehalten underhielt einen Stoß. Der Steiger schoß, woraus ein Bergmann sagte.er werde seine«Knarre" holen und den Steiger über den Haufenschießen. Zwei Bergarbeiter kamen deswegen auf die AnNagebank.Urteil: 1 Monat und 2 Wochen Gefängnis. Einem wurden dreiWochen der erlittenen Haft angerechnet, so daß noch eine Wochezu verbüßen war. Trotzdem widersprach der Staatsanwalt derHaftentlassung wegen„Fluchtverdacht"! DaS Gericht be«schloß die Aufhebung der Haft.Ein betrunkener Bergmann warf mit Steinen nach einemGendarm, der Streikbrecher transportierte. In einem Hof wurdeein Sckulkind am Kopf getroffen. Der Angeklagte hat auch nacheinem Kutscher geworfen, als ihm dieser nicht mit auf den Wagennehmen wollte. Bei der Verhaftung hat sich der Betrunkene einemandern Gendarm widersetzt. Die Trunkenheit wurde festgestellt, eSsoll aber keine sinnlose gewesen sein. Der Staatsanwalt beantragte— ö Monate, das Gerichte erkannte auf 5 M o n a t« Gefängnis und8 Wochen Haft.Bei einer angeklagten Frau wurde erwiesen, daß die Fraueines Streikbrechers die Angeklagte selbst mit„Schwein" bezeichnethat. Deshalb kam die Angeklagte mit 30 M. Geldstrafe davon.Sechs Angeklagte hatten einen Streikbrecher mit einem Gummi«schlauch und einem kleinen Teschin geschlagen und mit Steinen ge«warfen, die aber nicht trafen. Der älteste soll der„Anstifter" ge-Wesen sein. Urteil: Der„Anstifter" erhielt sechs Monate Ge»f ä n g n i s, drei andere je z w e i M o n a t e und die beiden letztenje drei Wochen.Bemerkenswert ist noch, daß ein Bergmann deshalb angeklagtworden war, weil er in einer Art gepfiffen habensoll, daß es wie Pfui geklungenhabe! UngeahnteMöglichkeiten liegen da ja verborgen. DaS Gericht hatte aber keinVerständnis für diese neuartige Form eines StteikverbrechenS, eSsprach den pfeifenden Bergmann frei.Ein neuer Einigungsversuch im westsächsischen Kohlenrevier.Trotzdem der Stand des Streiks im Zwickauer und Lugau-Oelsnitzer Revier unverändert ist, haben die Streikenden sich aber«,nalS entschlossen, einen VermittelungSversuch anzubahnen. Diesächsische Regierung hotte bereit» vor Ausbruch des Streiks durchden Ministerialdirektor Dr. W a h l e sich erboten, wenn die gesetzlicheEinigungSinstanz, das Kgl. Bcrgamt, versagen sollte, ihrerseits alsVermittelungsorgan an der Beilegung des Streiks mitzuwirken. Dader Einigungsversuch des Bergamts in der Osterwoche an den Berg-Herren gescheitert ist. hat am Donnerstag eine gemeinsame Revier-konferenz beschlossen, die von der Regierung angeborene Hilfe zurVermittelung in Anspruch zu nehmen und anzufragen, ob der Ministerdes Innern bereit ist, eine Deputation der Streikenden zu emp-fangen. AlS Mitglieder dieser Deputation haben die Streikenden indieser Konferenz gewählt: den Vorsitzenden des Bergarbeiterverbandes.Reichstagsabgeordneten Sachse, die Bezirksleiter des Zwickauerund Lugau-Oelsnitzer Reviers, Strunz und Krause, sowie jeein Mitglied der beiden Zentralstreikkomitees. Die Deputation hatdie Aufgabe, die wirtschaftliche Lage der Streikenden und dieSituation des Kampfes zur Kenntnis der Regierung zu bringen undanzufragen, ob seitens der Regierung Geneigtheit zu einem Ber«mittelungSversuch besteht.Einigungsverhandlungen im amerikanischen Bergarbciterstreit.New Jork, 11. April. Eine Kommission, bestehend au« vierDelegierten der Bergarbeiter und vier Vertretern der Grubenbesitzerist zusammengetreten, um über die Beilegung des Streiks zu beraten.Die Grubenbesitzer haben sich teilweise bereit erklärt, den Acht-stundentag sowie eine zehnprozentige Lohnerhöhung zu bewilligen,doch bestehen die Arbeitnebmer auf Anerkennung ihrer sämtlichenForderungen. Man hofft jedoch, daß die Kommission eine Basisfinden wird, auf der eine Einigung beider Parteien zu ermög-lichen ist.18. Rirtellag der SozialdemoliratischcnArbeiterpartei Hollands.Leiden, 7. April 1912.Erster Tag.Der diesjährige Parteitag der S. D. A. P. findet in der Uni-versitätsstadt Leiden statt.Beim Eintritt in die Verhandlungen werden auf wiederholtesAndringen des Vorsitzenden Vliegen und entgegen der Bekämpfungdes Genossen Fortuyn der Abteilung Amsterdam VI die vorliegendenAnträge betr. das Verhältnis von Partei und GeWerk-schaftsbewegung an eine vom Parteivorstand und dem derGewerkschaftszeutrale bereits ernannte gemeinschaftlich« Kam-Mission verwiesen, welche ihre Ernennung an erster Stelle denwährend des Streiks der Seeleute im letzten Sommer zutage ge»tretenen Meinungsverschiedenheiten verdankt.Auch bei der nunmehr folgenden Besprechung des Jahres-berichts bezw. der Parteileitung und der Kammerfrakiion gibtder Seeinannsstreik das Haupttuoment ab neben der erfolgtenWeigerung seitens des Parteiführers Genossen. P. I. Troelstra,als Referent in öffentlichen Versammlungen aufzutreten, wo derGenosse Whnkoop, Vorsitzender und Propagandist der S. D. P.(derneuen Partei) als Diskussionsredner gegen ihn zugelassen werde.Die betreffende Kritik, welche sowohl die Vormittags- wie dieNachmittagssitzung ausfüllt, erfolgt in sehr gemäßigter Weise fastausschließlich von feiten der marxistischen, die Verteidigung derHaltung der Partei dahingegen von der revisionistischen Richtungund, insbesondere was den Secmannsstreik betrifft, in der aller-schärfsten Weise von den Gewerkschaftsbeamten.Betreffend den Seemannsstreik weist Genosse Zadelhoff-Dor-drecht darauf hin, daß der Porteivorstand den Antrag des Vorstands«Mitgliedes, Genossen Wibaut, die Streikenden zu Amsterdamgleich denen zu Rotterdam zu unterstützen, verworfen hatte, obwohler in seinem Beschlutz«usdrücklich erklärt hatte, daß«r dem elfterenebenfalls sympathisch gegenüberstehe und hoffe, daß auch er gewonnenwerde.(Der Amsterdamer Streik stand unter der Leitung dersyndikalistisch gesinnten, der zu Rotterdam unter der der sogenannten„modernen", das heißt zentralistischen, beim N. V. V. angeschlossenenOrganisation. Der Berichterstatter.) Redner hofft, daß die Parteiin ähnlichen Fällen in Zukunft ihre Unterstützung nicht versage.Der Parteivorstand habe sich zuviel mit dem N. V. V. identifiziert.Die Motive des letzteren könnten nicht immer für die Partei maß-gebend fein. Die Sozialdemokratie umfasse mehr als den aus-schlietzlichen politischen Parlamentären Kampf. Ihre Aufgab« seies an erster Stelle, Einheit in die Arberterbewegung zu bringen.Bei solch einem großen Stück Klassenkampf, wie der Seemannsstreik,falle die organisatorische Scheidung der Arbeiter nicht ins Gewicht.Die ganze herrschende Klasse zeigte völlige Einheit und scharte sichan die Seite der Hafenkapitalisten. Diesen gegenüber standen dietapferen Seeleute, und die Partei habe, aus dem Bewußtsein derKlassengemeinschaft heraus, unterstützen müssen. Auf Grund deLsozialdemokratischen Prinzips sowohl, als auch aus taktischen Rück-sichten hätte die Partei pekunäre Unterstützung verleihen müssen,obwohl die Amsterdamer Streikenden unter der von jedem Sozial-demokraten als verkehrt erachteten syndikalistischen Leitung standen.In der Nachmittagssitzung werden neben wenig be-deutender Kritik auf die Kammerfraktion und deren Beantwortungseitens derselben auch einige Bemerkungen gemacht betreffs derDiskussionsverweigerung seitens des Genossen Troelstra mitdem Genossen Wynkoop von der S. D- P., die eigentlich nurvon dem Genossen Fortuyn-Amsterdam als ungehörig verurteiltwird, wobei dieser Redner vom Parteivorstande eine Aus-iprache dahin gewünscht hätte, daß jeder Genosse, der dieDebatte verweigere, von den Parteiabterlungen al« Rednernicht angesucht werden dürfe. Statt dessen habe der Parteivorstanddie DiSkussionSfreiheit den Referenten als etwas, was dies« per.sönlich angehe anheimgegeben. Genosse Troelstra habe sich hiermitüber die Partei gestellt.Der übrige Teil der Nachmittagssitzung ist dem SeemannSstreikgewidmet. Die lange und ziemlich erregte Debatte brachte dieverschiedenartigsten Meinungen über daS Verhältnis von Parteiund Gewerkschaft zum Ausdruck.Da, wie Genosse Wilbaut zu Anfang seiner Rede konstatierthatte, die Angelegenheit des Seemannsstreiks sich, anstatt zu einerBeratung über die Tätigkeit des Parteivorstandes, zu einem Anfallder Parteimehrheit auf deren Minderheit ausgewachsen hatte� oener in seiner Rede beantwortet«, ergriff, zur Verteidigung der Mehr-heit deS Parteivorftande» noch Genosse Spi«ck mann-Rotter-dam, Mitglied desselben, das Wort, und konstatierte, daß dieübergroße Mehrheit der Partei die Stellungnahme des Vorstandesbillige. Selbst wenn von der ernannten Konimission zur Beratungdes Verhältnisses zwischen S. D. A. P. und N. V. V. eine bestimmteHaltung angenommen wird, so denke der Parteivorstand nicht daran,infolge eventuellen Beschlusses deS N. B. V. oder eines Motivedesselben, in ökonomischen Konflikten, welche einen politischen Cha-rakter annehmen, nach dessen Willen Beschlüsse zu fassen. DerParteivorstand könne sich aber nicht vorstellen, daß er je eine andereStellung einnehmen müsse, als das N. V. V., mit dem er selbst»redend stets in Kontrakt trete. Die Kommission sei eben ernannt,um Konflikten zwischen beiden Körpern vorzubeugen.— Da in dergemeinschaftlichen Beratung zwischen N. V. V. und Parteivorstanddie Minderheit des letzteren der Ansicht gewesen sei, daß der Se«-mannsstreik einen politischen Charakter angenommen habe, und daßdeshalb Unterstützung Pflicht sei, der N. V. V�Vorstand aber sichdahin geäußert habe, daß er eine eventuell von feiten der Parteiorganisierte Unterstützungsbewegung als eine praktisch feind.liche Stellungnahme gegenüber dem N. V. V. an-sehen müsse, beschloß der Parteivorstand, diese zu unterlassenund die bekannte Erklärung abzugeben. Dieser Beschluß sei abererst nach dem Weggange des N. V. V.-VorstandeS gefaßt worden,also'selbständig.Nach dieser Erklärung zieht Amsterdam VI ein zu Anfangder Beratungen beantragtes Mißtrauensvotum gegen den Partei-vorstand zurück. Der Vorsitzende Genoss« Vliegen erklärt,daß, da ein sonstiger Antrag nicht vorliege, die Haltung des Vorstandes vom Parteitage gutgeheißen werde; dasselbe sei mit derTätigkeit der Kammerfraktion der Fall. Dann vertagt sich derParteitag bis Montagmorgan.19. Parteitagder Sozialdemoliratie Ungarns.An historischer Stell«, im alten ReichstagSgebäude in B u d a-pest, tagte während der Osterfeiertage der diesjährige Parteitagder Sozialdemokratie Ungarns. Der Umstand, daß Ungarn sichzurzeit in großen politischen Wirren befindet und niemand weiß.was die nächsten Monate in der Politik der herrschenden Klassenfür Veränderungen hervorbringen werden, die Tatsache, daß dieheutigen Führer der feudalen und bürgerlichen Parteien und alldie anderen„großen" Staatsmänner Ungarns mit ihrer politischenWeisheit bereits zu Ende sind und noch viele andere intcressanieNebenumstände, so die Einstellung Khuens als des famosen Königs-retters und die Drohung, daß der König abdanke, wenn die konigS-getreue Majorität an seinen Rechten zu deuteln wagt, alles dies hatim politischen Ungarn das unterste zu obcrst gekehrt und alle diesefeudalen, klerikalen und bourgeoisen Kreise, die stets bestrebt sind,daS Wahlrecht zu hintertreiben, sehen endlich mit Schaudern undEntsetzen, daß aus diesem Chaos kein anderer Ausweg, keine an-dere Rettung ist, als die Verwirklichung des allgemeinen, gleick,«».geheimen und direkten Wahlrechts. Noch sind die Herren ängstlichbemüht, das Wahlrecht so lange zu hcntertreihcn. solange es nurmöglich ist, aber sie wissen, daß ihr schnödes Spiel zu Ende gehtund wenn alle Zeichen nicht trügen, sie bald klein beigeben müssen.In dieser gärenden Zeit, in diesem wirren Durcheinander vonpolitischen Charakterlosigkeiten und hinterlistiger Augstmeierei derfeudak-bürgerkichsü Clique 6ot den Volksrechten, gelssatt kken die Tagungen des Parteitages doppelte Bedeutung. Wie ein großer mäch-tiger Akkord des Ausdrucks des VolkswillenS, wie ein Nachhall anjene gewaltige Demonstration am 4. März, da Hunderttausendefür das Wahlrecht demonstrierten, kam nun am Parteitag derkraftvolle Willen des Volkes um die Erringung des Wahlrechts mitunverminderter Kraft weiterzukämpfen, zum Ausdruck.Zum erstenmal seit dem Bestände der ungarländischn sozial-demokratischen Arbeiterpartei nahm auch ein Vertreter dern: ächtigen deutschen Bruderpartei, Genoss« OttoBraun, an den Tagungen teil. Ueber die Verhandlungen desParteitages geht uns folgender Bericht zu:Genosse Karl Teszärsz als Präsident begrüßte die Vertreter derBruderparteien, in erster Linie Genossen Otto Braun(Stür-mische Hochrufe), den Vertreter der deutschen Sozialdemokratie, denösterreichischen Reichstagscrbgeordneten Genossen Leopold W i-n a r s k y und Genossen B u k s e h, den Vertreter der kroatischenSozialdemokratie.Als Erster sprach nun der Vertreter der deutschenSozialdemokratie, Genosse Otto Braun, aus dessen oftvon starkem Beifall unterbrochenen Rede wir folgendes entnehmen.Ich freue mich, daß mir der ehrenvolle Austrag gewovden, Ihnen,den Vertretern der ungarländischen Bruderpartei, die herzlichstenbrüderlichen Grüße des in der sozialdemokratischen Partei verein-tcn klassenbewußten Proletariats Deutschlanos zu übermitteln.(Hochrufe.) Trennen uns auch Grenzen, Sprache und Sitten, sofühlen wir uns doch eins in dem Streben nach Verwirklichung derhöheren Menschheitsideale, des Sozialismus. Wir kennen keinenationaleu Eifersüchteleien, keinen�llationalitätenhaß. Der von derkapitalistischen RegierungSclique aus eigennützigem Profitinteresseund imperialistischer Ländergier geschürte Chauvinismus prallt wir-kungslos ab von dem klassenbewußten Proletariat, das von demGeiste wahrer Jnternationalität und weltumspannender Volksver-brüderung erfüllt ist.Ueberall, wo der Kapitalismus sich entwickelt, da reckt undstreckt auch der Riese Sozialismus seine kraftstrotzenden Glieder.Ich komme auS einem Lande, wo es der Kapitalismus zur höchstenEntfaltung gebracht hat. Die wirtschaftliche EntWickelung Deutschlands in den letzten vier Jahrzehnten steht beispiellos da in derKulturwelt. Nicht zuletzt durch die Intelligenz und die Tatkraftseiner Arbeiterschaft. Wo s o der Kapitalismus in höchster Blütesteht, da ist auch der Sozialismus auf dem Marsche. Nach Millio-neu zählen seine Anhänger, die durchdrungen von unerschütterlicherSiegeszuversicht mit UeberzeugungStreue und Opfermut den Kampfzur Befreiung der Menschheit von kapitalistischer Unkultur führen.Nicht Ausnahmegesetze, nicht Polizeiwillkür noch Klassenjustiz habenden Siegeszug des Sozialismus in Deutschland aushalten können.Als vor fünf Jahren in einer verlogenen Wahlhetze eS gelungenwar, uns die Hälfte der Reichstagsmandate zu entreißen, da jubeltedie bürgerliche Welt. Der 12. Januar, der Tag der Reichstags-wählen, hat die Sieghaftigkeit der sozialistischen Idee wieder aufdas glänzendste bewiesen. Gewiß, wir sind noch nicht am Ziel.Aber wir haben doch wieder eine Etappe auf dem unaufhalffamenSiegeszuge erreicht. Wir sehen mit Freuden die Früchte unsererunermüdlichen OrganisationS- und AgitatwnstStigkeit reifen. Gerade der diesjährige Wahlkampf hat es gelehrt, was ein« schlag-fertige Organisation, eine gut ausgebaute und weitverbreitetePresse und ein« gefüllte Kasse für den proletarischen Befteiungs-kämpf bedeutet. Nachdem ich unsere« herrlichen Wahlsieges gedacht.der Sie alle mit ebenso stolzer Freude erfüllt wie uns— dennunsere Siege sind auch Ihre Siege und Ihre Er»folge sind auch unser« Erfolge(Brausender Beifall)—.glaubte ich doch auch etwas den Schleier lüften zu müssen, hrnterdem sich das Geheimnis unsere? Erfolg«? verbürgt.Uns deutschen Sozialdemokraten begegnet im Auslande oft die der-wunderte Frage, wie es komme, daß wir bei unserer gewaltigenOrganisation, bei der großen Zahl der Vertreter in den parlamen«tarischen Körperschaften, doch so verhältnismäßig geringen politi«. o-scheu Einfluß auf die Geschicke unseres Landes ausüben, kurz, sowenig politische Macht haben. Nun. so ganz gering ist unserfluß nicht. ES ist aber nicht nur auf die halb-absolutistische Junker-regierung in Preußcn-Deutschland zurückzuführen, sondern findetvielmehr auch darin seine Begründung daß die Entwickelung derdeutschen Arbeiterbewegung so weit vorgeschritten ist, daß nichtmehr um mehr oder weniger Einfluß, oder um mehr oder wenigerpolitische Macht gekämpft wird, sondern in Deutschland wird zwi-scheu dem klassenbewußten Proletariat und den beamteten undunbeamtetcn Vertretern des Kapitalismus bereits um die politischeMacht gerungen. Da sind hüben wie drüben klein« Konzessionenmehr und mehr ausgeschlossen. Der kleinste wirtschaftliche Kampfwird zum politischen Machtkampf. E» toben daher in zahlreichenKulturstaaten heftige Wahlrechtskämpfe. Ebenso wie Siehier in Ungarn für ein gerechteres, für ein ehrliches Wahlrechtkämpfen, führen die Arbeiter Preußens, die Vormacht Deutschlands,seit Jahren einen zähen Kampf gegen das niederträchtigste allerWahlshsteme, das elende Dreiklassenwahlshstem. da» die Besitzlosenentrechtet und der Fälschung der Volksmeinung, dem Volksbetrug.Tür und Tor öffnet. Der Wahlrechtskampf verkörpert den Kampfum die politische Macht zwischen den Vertretern der kapitalistischenAusbeutung und Unterdrückung und den proletarischen Vorkämpfernfür eine gerechtere Wirtschaftsordnung, ftir eine höhere Kultur-stufe. Die Bourgeoisie weiß, daß es bei diesem Kampf um ihreAusbeuterexistenz geht. Sie setzt daher der stürmischen Forderungdes arbeitenden Volkes nach mehr Recht den zähesten Widerstandentgegen und wird darin unterstützt von ihren junkerlichen undagrarischen Mitinteressenten, die sich in ihren Privilegien bedrohtund in der schamlosen Ausbeutung des Volkes gestört sehen. Dochdas Proletariat mutz, will es feine geschichtliche Mission erfüllen,diesen Widerstand brecben. ES wird ihn allen Schikanen undDvangsalierungen zum Trotz brechen und sich die Rechte erzwingen,die man ihm brutal vorenthält. Das klassenbewußte Proletariat istsatt der Helotenrolle, die ihm seine kapitalistischen Ausbeuter zu-weisen. Es erfüllt seine Pflicht der Gesellschaft gegenüber undfordert daher von dieser gebieterisch sein Recht mitzubestimmen übersein Geschick. Die machtvolle Empörung der britischen Transport-und Verkehrsarbeiter gegen die kapitalistische Ausbeutung, die imvorigen Jahre das Wirtschaftsleben in England lahmlegte, das gi-gantische Ringen des zum Klassenbewußtsein erwachten englischenGrubenproletariats, das in den letzten Wochen die Welt in Atemhielt, der durch christlichen Verrat und die preußische SoldateSkazum schnellen Abbruch gebrachte gewaltige Lohnkampf der Ruhr-bergleut« in Deutschland hat wieder einmal aller Welt gezeigt, daßdas ganze komplizierte kapitalistische Wirtschaft»««-triebe auf der willigen Mitarbeit des Proleta-riateS beruht. Dieses darf nur einmal nicht mehr wollenund der ganze goldglänzend« Grundbau der bürgerlichen Gesell-schaftsordnung. m dessen oberen lichteren Hallen die Nutznießerdes kapitalistischen Profits sich in üppigem Lebensgenuß und inschwelgerischen Daseinsfreuden ergehen, während das rastlosschaffende Proletariat Im Dunkel des Kellergeschosses sein licht-und freudeloses Dasein dahinschleppt. fallt in sich zusammen. DieRegierungsweisheit der Herrschenden, die Kanonen, statt Volks-rechte gewährt, wird und kann die Völler nicht dauernd nieder-halten, sondern wird sie nur zu kraftvollerem Widerstand gegendas wahnsinnige, verbrecherische Wettrüsten aufstacheln. Europastarrt in Waffen, ein Zustand, der auf die Dauer unerträglich wird.an dem die Völker sich im Frieden verbluten, der zur vernachlässi-gung aller dringenden Kulturaufgaben führen muß. ES ist diesaber auch ein Zustand, der die brutalen Raubtiergelüste des vomTaumel des Imperialismus ergriffenen Kapitalismus aufftacheltund dadurch fortgesetzt die Gefahr eines mörderischen Weltkriegesheraufbeschwurt. Das sozialistische Proletariat aller Kulturländerwill aber keinen Krieg, es will den Frieden und wird daher wiebisher seinen ganzen Einfluß, seine ganze Macht für die ErhaltungdcS Friedens einsetzen. Deshalb bekämpfen die Sozialisten allerLänder auch grundiätzlich den Militarismus zu Lande, zu Wasserund In der Luft, wo er nunmehr auch bereit» feine verderblicheTätigkeit entfaltet. Das Volk braucht nicht mehr Soldaten, Ma-schinengeevehre und Kriegsschiffe, sonders e» fordert«ehr Recht?,