fe!t war es der Partei dar«« z« tu», et«e iHr gegnerische Organisation zu unterdrücken. Wie wird es nun mit der Frage der Sozialdemokratie gehalten werden? Wir hatten bisher in Bayern ein System des„leben und leben lassen", das sich ausgezeichnet bewährt hat. Bei uns bestehen nicht die Gegensätze zwischen Sozialdemokraten und Nichtsozial- demokraten wie in anderen deutschen Staaten. Fügt sich nun die neue Regierung in die Majorität der Kammer der Zlbgeordneten, so werden unerfreuliche Zustände eintreten. Es wird viel Un- Zufriedenheit geben, das Resultat wird aber sein, daß nicht ein Arbeiter aus der Sozialdemokratie austritt und in das Lager des Zentrums übergeht. Wenn die Staatsregierung diesen Fragen gegenüber Stellung genommen haben wird, dann werde ich für mich entscheiden, ob ich der StaatSregierung das Vertrauen aus- sprechen kann. Minister des Innern Freiherr v. Soden ent- gegnete: Ter Vorredner geht von einer falschen Voraussetzung aus, wenn er davon gesprochen hat, daß das neue Ministerium wohl den Anfang zu einem parlamentarischen System bedeuten werde. Ich muß nachdrücklich feststellen, daß das neue Ministerium kein P a r t e i m i n i st e r i u m i st. ES ist auch von aller- höchster Stelle nicht als solches berufen worden, und es ist seine Pflicht, in dem Sinne, in dem es berufen wurde, seine Tätigkeit zu enttvickeln. Wenn das Ministerium mehrfach ein konservatives genannt worden ist, so hat dies einen anderen Sinn. Ich betone, daß es zutreffend ist, daß die neuen Minister von einem kon- servativen Geiste geleitet sind und von einem solchen aus die Ge- schäfte zu vollführen haben werden, die ihnen durch die lieber- tragung des Amtes seitens der Krone obliegen. Graf Törring hat auch den Jesuitenerlaß und den Süddeutschen Eisenbahnerverband gestreift. Der Jesuitenerlaß ist eine Notwendigkeit gctvesen und ebenso auch das, ivaS der Verkehrsminister in den allerletzten Tagen veröffentlicht hat. Ueber den Jesuitenerlaß ist heute schon in den Zeitungen eine offizielle Notiz zu finden. ES handelt sich bei der Auslegung des Jesuitenerlasses um eine Verordnung, die in voller Uebereinstimmung aller Mini st er erfolgt ist. Reichsrat Graf Preysing bedauerte� daß von einem Mitglied der Kammer die Notwendigkeit eines allmählichen Ueber- ganges zum parlamentarischen System betont worden sei, und der Reichsrat Freiherr v. Würtzburg bemerkte, daß er die An- schauungen des Grafen Törring nicht teile. Wo bleibt die Erhöhung der Soldatenlöhnuug? Mit großem Eifer ist angekündigt worden, daß mit der neuen Militärvorlage eine Erhöhung der Mannschaftslöhnung eintreten werde. Die nunmehr vorliegende Militärvorlage enthält davon kein Wort. Der Vorlage ist eine Ergänzung des Etats beigegeben, in der die Mehrausgaben für 1912 spezifiziert sind. Kapitel 24, Titel 7 des Etats enthält die Ausgaben für die Löhnung, und hier werden festgesetzt für einen Soldaten für das Jahr 79,29 M., das Jahr zu 369 Tagen gerechnet, das ist also pro Tag 22 Pfennige, somit die seitherige Löhnung. Demnach schlägt die Regie- rung keine Erhöhung der MannschaftSlöhnung vor. Vielleicht überläßt man es den Parteien, einen solchen Antrag zu stellen und stimmt ihm dann zu, um den bürger- lichen Parteien einen Beweis des„Entgegenkommens" zu geben._ Aus der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Die sozialdemokratische ReichStagSfraktion beschloß in ihrer Sitzung vom Dienstag, die von der Regierung geforderten und von der Budgetkommission bereits bewilligten 659 999 M. zur vorübergehenden Verstärkung der deutschen Schutztruppen in China abzulehnen, weil diese Forderung eine notwendige tolge unserer ganzen Kolonial- und imperialistischen olitik ist._ Der Vatikan und die Kölner Zentrnmsrichtnng. Die gegen die Kölner Zentrumsrichtung kämpfende sogenannte Berliuer katholische Richtung erfreut sich einer fortgesetzten Be- günstigung durch den Vatikan . Wie da«.Katholische Deutschland ", die vor kurzem gegründete Wochenschrift der Katholischen Aktion, eine der heftigsten Gegnerinnen der„Köln . Volkszeitung', in ihrer Sonn- tagousgabe mitteilt, daß der Pfarrer Rieborowski, der Führer der Katholischen Aktion, mit Schreiben de« Kardinals Merry del val durch die Bermittelung des Kardinal« Kopp für die Heraus- gab» de«.Katholischen Deutschlands ' päpstliche Anerkennung und Ermutigung erhielt._ Aus der Kirche auSgetrete« find, wie daS Komitee.Konfessionslos' berichtet, in Hamburg mehr alS 20 VolkSfchullehrer unter Führung de« Rektors Gustav Host. Zur Nachwahl in Varel -Jever . AuS dem Wahlkreise wird unS geschrieben: In dem Wahlkreise Barel-Jeder stehen sich jetzt bereits vier Kandidaten als Bewerber um das Mandat deS ehemaligen Ab- geordneten Traeger gegenüber. Zu unserem Genossen Hug und dem Fortschrittler W i e m« r sind noch der Kandidat der National- liberalen, der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Albrecht, sowie der Auserkorene der Bauernbündler Frhr. v. Hammerstein gekommen. DieNationalliberalen konnten sich weder auf den letztmaligen Kandidaten Oberlehrer Dr. Struve, noch auf den schon mehrfach genannten Amts- richter Stöver-Rüstringen einigen. Die Bündler aber mögen ebenso- wenig den Drehscheibenmann leiden und nominierten deshalb einen eigenen Mann. Im Wahlkreise arbeiten die Fortschrittler mit Hochdruck, um das Mandat zu retten. Unsere Genossen treten ihnen jedoch in allen Versammlungen mit Erfolg entgegen. So war jüngst Genosse Molkenbuhr im Kreise anwesend, während ihm voraussichtlich in den nächsten Tagen Scheidemann folgen wird. Tie„anständigen" Mittel der Konservativen. Auf dem schlesischen Parteitage der Konservativen sagte bekanntlich Herr v. Heydebrand. wir, die Konservativen, führen den Wahl- kämpf mit anständigen Mitteln. Wie die.anständigen' Mittel der Herren Konservativen aussehen, davon ein Beispiel aus dem eigenen Wahlkreise de« ungekrönten Königs von Preußen selbst. Der nationalliberale Kandidat, AutSpächter Schmidthal». wurde von dem konservativen Wanderagitator Adler- Breslau verdächtigt, daß ihm die BreSlauer Judenpartei für feine Kandidatur 100000 M. zugesichert habe. Außerdem beschimpfte Adler Herrn Schmidthal« al» politische« Cham ä» l e o n. Die Sffemliche Warnung de« Beleidigten beantwortete Adler mit einer neuen Beleidigung und erbot sich sogar öffentlich, den Wahrheitsbeweis für seine Behauptungen zu erbringen. Das ist ihm allerding« vor Gericht nicht gelungen, denn das Breslauer Schöffengericht verurteilte den konservativen Agitator zu der geringe» Strafe von 30 Marl . Da« Gericht muß also demnach zu der Ueberzeugung gekommen sein, daß die KampstSmittel der Konservativen doch nicht so ganz anständig find, denn sonst wäre e» nicht zu ein« Verurteilung gekomme». Gegen da? TpirktuSmonopol. Der Gesamtvorstand deS Verbände« deutscher Spiritus- und Spiriwosen-Jnteressenten, der SO Einzelvereine der Spiritus verarbeitenden Industrien aller Gegenden Deutschland » in sich ve» einigt, trat in der Handelskammer zu Berlin zu einer Sitzung zu- sammen, um zu der Regierungsvorlage wegen der Aufhebung des Kontingents Stellung zu nehmen. Räch mehrstündiger Beratung lvurde von den 40 anwesenden Vertretern einstimmig ein Beschluß gefaßt, nach welchem die Einführung eines staatlichen Spiritus- Monopols als eine andauernde und nicht wieder gut zu machende Schädigung der Spiritusbrenner verurteilt wird. Alle Kraft müsse eingesetzt werden, um sowohl die Gefahr eine» Spiritusmonopols als auch jeden gesetzlichen Eingriff in die Branntweinbesteuerung abzuwenden. Beharre die Regierung auf ihrem Vorschlag, da« Kontingent abzuschaffen, so müsse gefordert werden, daß zugleich mit der Aufhebung des Kontingents die gesetzlichen Bestimmungen über den Durchs chnittsbrand und den VergällpngSzwang beseitigt werden, die erst durch das Gesetz vom Jahre 1S0V neu geschaffen worden sind.__ Die„gesundheitlichen" Vorschriften bei der Liebesgaben- Aufhebung. DaS Verbot der Verwendung von Methylalkohol kann vom ge- sundheitlichen Standpunkt nur unterstützt werden. Dies« rein hygienischen Gründe scheinen aber für die Regierung allein nicht ausreichend zu sein. Betont sie doch in ihrer.Begründung' an erster Stelle ausdrücklich, daß»daS Verbot vom Standpunkt der Reichsfinanzen angezeigt sei, weil die Verwendung des Methylalkohols an Stelle de» Aethhlallohols das Aufkommen an Branntweinsteuer beeinträchtigt'. DaS finanzielle Jntereffe der Regierung und daS Profitinteresse der Agrarier steht hier für die Regierung ebenso iin Vordergrund wie bei der Verpflichtung. Trinkbranntweine mit einem Alkoholgehalt von weniger als LS Prozent kenntlich zu machen. Diese Maßnahme ist vielmehr geeignet, die S ch n a p S p« st weiter zu verbreiten. Sie bedeutet einen Anreiz, hoch- gradigen Alkohol zu genießen. Auch bei dieser Vorschrift ist das steuerliche Interesse der Regierung ausschlaggebend: sie soll die Ein- schränkung des Konsums von Schnaps verhindern.(Nicht ihr dienen, wie es in unserem gestrigen Artikel infolge eine? Druck- fehlers hieß.) Aufgabe der Arbeiterschaft ist es daher, durch strenge Befolgung des Boykotts den Schnapsverbrauch weiter zu senken, zumal trotz Aufhebung der Liebesgabe die Konsumenten nach wie vor die ganze Vcrbrauchsabgabe zu tragen haben werden. OefteiTdcb. Judengeld für die Pateutchriste». Zu dem Wahlfond« der den Wiener GemeinderatSwablen ent- gegenschwindelnden Ehristlichsozialen ttägt die Ocsterreichifche Länder- dank hervorragend bei: Sie gibt den christlichsozialen Stadt- gewaltigen einfach eine Provision dafür, daß diese ihre Anleihen bei der Länderbank machen und da? geborgte und gut zu verzinsende Geld zu niedrigerem Zinsfuß in der Bank arbeiten lassen. Nun hat der gemaßregelte Magistralsbeamte M o i s e l— herausgeworfen wegen Kritik an der Urberge hung der jüdischen Beamten, mit deren reichen Stammesgenossen die Schwarzen so intim sind— in einer Versammlung milgcteilt, daß die Bodenkreditanstalt, die der jüdische Herr Seklionsches S i e g h a r d t leitet, ebenfalls den klerikal-anti- semitischen Wahlsonds speist. Und in der schwarzen Reichsrats-, iralrion habe.Feldmarschall' Geßmann in einem Atem erklärt: daß Sieghardt unter vier Ministerien der Freund der Christlich - sozialen war und daß man auf ihn öffentlich schimpfen müsse— „damit man es nicht so merkt I' Ein Jesuit nach dem Herzen der Heriling und Bethmannl �■ Die ungarische Krise. Wien , 16. April. Der ungarische Ministerpräsident Graf Khuen-Hedervary hat sich entschlossen, dem Kaiser sein Entlassungsgesuch zu überreichen. Er reist heute zu diesem Zwecke nach Wien . Zu seinem Nachfolger wird nach der allgemein herrschenden Ansicht Finanzminister L u k a c s ernannt werden. Der Diktator auf dem Arbeiterfang. Der zum allmächtigen Beherrscher und„Beruhiger" Kroatiens ernannte Banus von C u v a y hat in einem Erlaß das Streik- und Koalitionsrecht der Arbeiter völlig anerkannt und den Behörden aufgetragen, Lohnkämpfe als private Parteistreitigkeiten zu betrachten. Die Strciklager der Ar- beiter, die man in Ungarn so oft auseinandergezagt hat, er- klärt Cuvay für nützlich und unterstützungswürdig, jedoch— müssen sie möglichst weit von den Betrieben sein, in denen ge- streikt wird. Und selbstverständlich gelten die unverschämten Preßknebelungserlasse in erster Linie für die Arbeiterpresse. Der zur völligen Unterwerfung Kroatiens unter das ungari- sche Junkerregime ausgesandte„Königliche Kommissar" wird ja sehen, welchen Erfolg seine Versuche haben werden, die Arbeiter durch momentanes Entgegenkommen in die dauernde Rechtlosigkeit der ungarischen Oligarchie zu locken. ffsnkreicb. Auch ein Attentat. Au« Paris schreibt man un«: Die streikenden Chauffeure harren ohne Wanken im Ausstand aus und die Kraft ihrer Organisatton verbürgt ihnen die ungeschwächte Fortdauer ihre« Widerstand». ES ist unter diesen Umständen begreiflich, daß kein vernünftiger Mensch die von neuem auftauchenden.Bombenattentate' auf die von Streikbrechern geführten Automobile den Ausständigen zuzu- schreiben geneigt war. Der OrdnungSpreffe. voran dem.vor- nehmen'„TempS' waren sie freilich ein Anlaß förmlicher Delirien, worin nichts weniger als die Auflösung der Gewerkschaft, womöglich die Verhaftung der Organisationsleiter wegen.Verdacht«' der Mit- schuld, kurz alle zur Niederschlagung de» Streik» geeigneten Matz- regeln gefordert wurden. Die Gewerkschaft hat sofort gegen die infamen Verdächtigungen protestiert und die Wtderfinnigkeit der Gewaltmethoden dargelegt. Am Sonntag ist nun ein neue«, Attentat" aufgedeckt worden. Streikende Chauffeure hatten zur Anzeige gebracht, daß auf sie Revolverschüffe aus einem Automobil abgegeben worden seien, als sie nachts das Gewerkschaftshaus verließen. Die Polizei ver- mochte den Chauffeur dieses Wagen» festzustellen. Dieser, ein gewiffer D u m e z, behauptete, daß just e r Revolverschüssen ausgesetzt ge- Wesen sei, die die Ausständigen gegen ihn abgefeuert hätten. Zum Beweise zeigte er zwei Schußlöcher in einer Wand de» Wagen» und eine zerschossene Fensterscheibe. Glücklicherweis« war der Polizei- kommissar nicht geneigt, dem Gelben auf» Wort zu glauben. Er stellte durch Zeugen fest, daß die Schüsse durchweg aus dem Wagen gefallen waren. Er nahm nun Dumez ins Gebet und das Resultat war. daß dieser verhaftet wurde. Di« Schüsse gegen den Wagen hat Dumez in der Garage selbst abgegeben, um für seine Lügen einen Beweis zu haben. Spanien . Die Greuel von FigueraS . Ein Redakteur des„Heraldo " in Madrid hat sich Ein- gang in itzis Schloß von San Fernando hu verschaffen gewußt, das seit einigen Jahren als Staatsgefängnis dient. Seine Berichte rufen in ganz Spanien ungeheure Erregung hervor, denn die Zustände in diesem Gefängnis iibertreffen noch die Schrecken von Montjuich . So wurde eine Gefangener, der einen anderen vor Mißhandlungen eines Aufsehers schützen wollte, in eine Zelle geschleppt, wo zwei Revolverschüsse auf ihn abgefeuert wurden. Er liegt im Gefängnisspital. Die schlimmsten Tinge aber spielen sich in einem Raum ab, der „Sibirien " genannt wird. Der Journalist hat dort 19 halb- nackte Männer gesehen, dir an der Mauer angekettet waren. Der Abstand von einem zum anderen beträgt einen Meter. Die einzige Lichtöffnung hatLOZentimeterHöhcund 10 Zentimeter Breite. Ein in der Mitte stehender Kübel dient zur Aufnahme der Exkremente. Die 19 Gefange- nen sind in diesem Raum seit dem Juni v. I. inter- niert und seit dieser Zeit ist es ihnen ver- boten, miteinander zu sprechen. Wird jemand bei der Ucbertretuug dieses Verbots erfaßt, erhält er 299 Stockhiebe. Die Gefangenen schlafen auf der bloßen Erde und erhalten zur Ernährung nur trockenes Brot und Wasser. Die bürgerliche Presse aber wird in ihrem internationalen Byzantinismus fortfahren, einige Anekdötchen über Alfolsens „Liberalismus " zu erzählen. Sozialea* Moral eines Arbeitgebers Die Staatsanwaltschaft ersucht um Abdruck de» unser«, Lesern bereits bekannten Urteils in der Strafsache gegen unseren berant- wortlichen Redakteur Genossen Barth. Wie kommen nachstehend dem Ersuchen nach. Ja der Strafsache gegen den verantwortlichen Redakteur deS „Vorwärts", Richard Barth , zu Berlin , Adalbertstr. L0, geboren am 10. November 188L zu Ilmenau , Dissident, wegen Vergehens gegen§z 180. L00. 81, 41 deS Strafgesetzbuchs,§ L0 des Reichs-Pretz- gesetzeS, hat die Ferienstrafkammcr des Königlichen Landgericht? I in Berlin in der Sitzung vom 4. September 1011 für Recht erkannt: Der Angeklagte wird wegen öffentlicher Beleidigung zu zwei Monaten Gefängnis und in die Kosten des Verfahrens verurteilt. Dem Beleidigten wird die Befugnis zugesprochen, binnen einem Monat nach Zustellung einer Ausfertigung deS rechtskräftigen Ur- teils durch einmalige Einrückung des Urteilstenors in demselben Teile des„Vorwärts' und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des beleidigenden Artikels geschehen ist, die Verurteilung de? Angeklagten auf dessen Kosten bekannt zu machen. Der Artikel in sämtlichen Exemplaren des„Vorwärts", Nr. SOS, vom 80. Dezember 1010, mit der Ueberschrift:„Soziales, Moral. eines Arbeitgebers" ist unbrauchbar zu machen, desgleichen die zu seiner Herstellung bestimmten Platten und Formen. Wie eS in einer christlich geleiteten Ortskrankenkassr anSsteht. In der Generalversamuilung der Bochumer OrtSkrankenkasse erstattete der Revisionsausschuß über die in der Kasse vorgekommenen Unregelmäßigkeiten Bericht. Die gesamten Vorstandsmitglieder sind, soweit Arbeitnehmervertreter in Frage kommen» christlich«. Die Revision hat sich auf die Jahre 1907— 1910 erstreckt. ES sind, soweit eine Prüfung möglich war, 278 Veanstandungeu vor- gekommen. Da nicht ordnungsgemäß Protokolle geführt wurden, ferner eine große Anzahl Dokument« verschwunden sind, so ist eine genaue Untersuchung überhaupt nicht durchzuführ«,. DeS weiteren sind eine Anzahl von Fällen der gerichtliche» Unter- suchung übergeben, so daß auch diese ausscheiden. Aus dem Bericht der Revisoren geht hervor, daß eine serodez« hoarsträubende Lotterwirtschaft in der Berwalwn, der«osse ge- herrscht hat. Der Vorsitzende hat sozusagen unbesehen' alle» unterschrieben, was der Rendant vorgclegi, und der Rendant hat diese Unacht- samkeiten weidlich für sich ausgenutzt. Der Rendant war, obwohl er neben einer herrschaftlich«» Woh- nun ein Gehalt von 7000 M. bezog, Mitglied der Kasse, und ließ sich als solcher die teuersten Sachen verschreiben, oder verschrieb sie sich selbst, suchte Sanatorien auf und machte von de» IS M. pro Tag ihm zustehenden Reisespesen nebst Fahrt zweiter Klasse recht reichlich Gebrauch. Der Rendant ließ sich für 87S M. Utensilien für den Hausgebrauch verschreiben, abonnierte nicht weniger als 29 Zeitungen, ließ sich in der Unfallversicherung versichern und sich eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eine? Monatseinkommen» geben. Die Hundrdrrssur— obschon niemand den Hund gesehen hat. für den trotzdem HundebiSkuit angeschafft worden war—, die Erteilung von Turnunterricht an eine Dame, alle» wurde auf Konto der Krankenkasse gesetzt. Obschon die Generalversammlung sich gegen eine Einweihungsfeier aussprach, wurde sie doch veran- staltet und für Essen und Wein 266 M. verausgabt. Um die Kranken schnell wieder gesund zu bekommen, wurden den Ehrfürgte» der Krankenhäuser hohe Zuwendungen gemacht. Um die persönlichen Verwaltungskosten nicht zu hoch erscheinen zu lassen, wurden die Gehälter der Kontrolleure im Betrage von 4041 M. unter„Dienst- und Hilfeleistung in der niedere« Hcilkundr" gebucht. 1690S M. Pflege kosten an Krankenhäuser wurden statt für 1910, erst im Jahr« 1911 gebucht, um dadurch den Jahresabschluß günsttger zu gestalten. Diese Proben mögen genügen. Der Vorsitzende erhielt einen Betrag von SO 00» Mi gegen die Verpfändung seine» Warenlager» geliehen. Die Summe ist jedoch zurückgezahlt. Zu alledem hat der Vorstand Ja und Amen gesagk. Ein christliches Vorstandsmitglied führte au», als er im Jahre 1910 beantragt habe, daß regelmäßig Protokoll geführt werde» solle, hätten seine Kollegen diese Anregung abgelehnt. Die von der Kommission beantragte Stellung do« Regreß- ansprächen an den Vorsitzenden und den Rendante» wurde WS zur nächsten Generalversammlung vertagt, da die Untersochnng noch nicht abgeschlossen ist. Die Herrschaften, die bei der Beratung der ReichSverstchernngS- ordnung so viel von sozialdemokratischer Mißwirtschast in de« Ort»- krankenkassen faselten, haben hier einen fetten Happen. Städtische Arbeitslosenversicherung i» Stuttgurt? Seit Jahren schon drängen die sozialdemokratischen Gemeinde- Vertreter Stuttgarts auf die Einführung der gemeindlichen Arbeits. losenversicherung. Nunmehr ist vom Stadtschulthritzenumt eine Denkschrift über gemeindliche Arbeitslosenversicherung ausgearbeitet worden, in der vom Referenten die Einführung de» Geuter Systems, wie et auch in Straßburg zur Einführung gelangt ist, unter Ein- schlutz der Spareinrichtung empfohlen wird. Ein Betrag von jähr- lich 10 000 M. wird al» zunächst ausreichend erachtet. Die Unter- stützuug soll in Forin von Zuschüssen an Berufsvereine gewährt werden. Zu der Unterstützung der Gewerkschaft soll ein Zuschuß von SO Pro»., jedoch höchsten» eine Marl pro Tag, gewährt werden. Die Arbeitslosigkeit muß aber„unverschuldet' sein, der Empfänger muß mindestens ein Jabr in Stuttgart wohnen. Der Zuschuß endigt mit dem Aufhöre» der Unterstützung des Berufsverein» oder sobald dem Arbeitslosen solche Arbeit nachgewiesen wird, welche das Arbeitsamt nach dessen Vorbildung, Beruf und körperlichen Ver- hältnisscn als angemessen ansieht. Auswärtige Arbeit muß von Ledigen immer, von Verheirateten nur dann angenommen werden, wenn das Wohnen bei der Familie dadurch nicht beeinträchtigt Ivird. Die keiner Gelvertschaft angehörigen invalidenversichcrungspflkch- tigcn Arbeiter und Arbeiterinnen können ein Sparguthaben bei der städtischen Sparkasse bi» höchstens 80 M. anlegen und erhalten in» Falle der ArbeilSlosigkeit von den Abhebungen 60 Prag . Zuschuß. jedoch höchstens 1 M. pro Tag. (Siehe auch 1. Beilage.)
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