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Nr. 89. 29. Jahrgang.

Reichstag  .

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Bittwoch, 17. april 1912.

88. Sigung. Dienstag, den 16. April 1912, nachmittags 2 Uhr.

mit der

Abg. Ulrich( Soz.):

Geheimhaltung des Vertrages

im Anschluß

alt

Heffens die anderen Staaten davon abgehalten worden sind, sich der ligten Regierungen bisher die Anregung an das Reich gelangt, ver preußisch- hessischen Gemeinschaft anzuschließen, so daß es zu einer mittelnd einzugreifen.( Hört! hört! rechts.) Geheimgehalten find allgemeinen Betriebsmittelgemeinschaft nicht gekommen ist. Der die Verträge mit Hessen   und Baden nicht, sondern preußisch- hessische Vertrag muß geändert werden. Wenn man be- sie sind in der preußischen Gefeßessammlung publi Ueber den internationalen hauptet, der Bertrag könne überhaupt nicht gekündigt werden, so ziert worden.( hört! hört! rechts.)- Am Bundesratstische: Präsident des Reichseisenbahnamtes muß das Amt darauf sehen, daß diese Ewigkeitsbauer beseitigt seiseverkehr ist ein neues Uebereinkommen geschaffen, das die Bes Waderzapp. wird, die einfach gegen die guten Sitten verstoßen würde. Inter- Stimmungen einheitlich und größtenteils Präsident Dr. Kaempf: Bevor wir in die Tagesordnung ein- essant ist, daß der später abgeschlossene Vertrag mit Baden tatsächlich die bestehenden deutschen   Bestimmungen regelt. Ein Entwurf zur treten, glaube ich dem Schmerze darüber Ausdrud geben zu müssen, dem entgegenkommt, was in Hessen   seit Jahrzehnten gefordert Regelung der Haftpflicht für Frachtschäden liegt vor. daß ein großes Schiffsunglüd Hunderte von Menschen- worden ist. Dieser Vertrag ist der hessischen Zweiten der Ruhezeit der Beamten hat uns eingehend beschäftigt. leben, ja vielleicht mehr als tausend verschlungen hat. Stammer erst durch die Veröffentlichung erst durch die Veröffentlichung des Ein Bedürfnis zu einer reichsgefeglichen Regelung fann ich Der Dampfer, Titanic", der englischen   White Star Linie ge- Geheimrats Kirchhoff betannt geworden.( hört! nicht anerkennen. Daß eine Gefährdung der Betriebssicher­hörig, ist untergegangen und hat viele Menschenleben in seinen hört 1) Die heit nicht vorliegt, habe ich im vorigen Jahre statistisch nach Schiffbruch hineingezogen. Wir sprechen unser schmerzliches gewiesen. Die Mitteilungen aus Beamtenkreisen, auch wenn sie Bedauern aus über das Unglück, das in erster Linie das eng- läßt sich nur so erklären, daß man damals schon die Unhaltbarkeit richtig sind, beweisen nichts für eine Ueberbürdung des Per­lische Volt betroffen hat, in zweiter Linie all die Nationen, die des heifischen Vertrages erfannt hatte. Das Reichseisenbahnamt fonals. Lange Schichten kommen nur bei leichtem Dienst vor. Angehörige auf dem Schiffe haben. Sind wir doch nicht sicher, daß sollte daher eingreifen, um das, was für Baden möglich gewesen ist, Solche Mitteilungen über zu lange Dienstzeit müssen also, wenn Ich danke Ihnen für den Ausdrud des Bedauerns und des amt darf nicht vom Reichseisenbahnamt selbst tot geschlagen der Dienstpflichten. nicht auch unsere Nation unter dem Unglück schwer zu leiden hat. auch für Heffen zu erreichen.( Sehr richtig!) Das Reichseisenbahn- fie Wert haben sollen, ergänzt werden durch die Mitteilung Schmerzes, den Sie dadurch bewiesen haben, daß Sie sich von den werden. Es muß dafür sorgen, daß eine einheitlich große Betriebs- Tatsache, daß die meisten Unfälle in den ersten vier Dienst­Plägen erhoben haben. mittelgemeinschaft für das ganze Reich durchgesetzt wird auf Grund stunden vorkommen und die fernere Tatsache, daß der Gesundheits­Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten der Gleichberechtigung aller Stontrahenten. Sämtliche Eisenbahnen zustand des Eisenbahnbetriebspersonals durchaus tein besonders Beratung des Reichshaushaltsetats. Sie fegt ein müssen vom Reich erworben werden, schon im Interesse einer ein- ichlechter ist. Die reichsgefeßliche Regelung wäre auch nicht zwed­heitlichen deutschen   Gesamtverkehrsregelung. Das wäre sehr wohl mäßig. Einen Vorteil für die Beamten würde sie taum bringen, Beratung des Reichseisenbahnamtes. durchzuführen, wenn wir nur einiges ablassen wollten und die notwendige ständige Fortbildung wäre bei einer gefeglichen In der Schweiz   ist man mit bon den Ausgaben für Marine und Kolonien. Regelung fehr erschwert. Eine weitgehende Ermäßigung der Personen- und Gütertarife wäre den Erfolgen der dort geschaffenen gesetzlichen Regelung der Man verlangt eine mildere Nahezu 500 000 m. find für dieses Amt angefordert. Es lohnt auch nur möglich, wenn der gesamte Verkehr vom Reich geregelt Arbeitszeiten wenig zufrieden. fich daher, die Frage aufzuwerfen, was das Institut des Reichs- würde. Das Reichseisenbahnamt muß sich an die Spize der Handhabung und direkt die Möglichkeit, die gefeßlichen Be­eijenbahnamtes eigentlich leistet. Es gibt Streise, die es für ein deutschen   Eisenbahnverkehrsbehörden stellen und dafür sorgen, daß ſtimmungen in bestimmten Fällen überschreiten zu dürfen. Auch totgeborenes Kind halten. Eigentlich ist es in Wirklichkeit auf den Standpunkt der Gleichberechtigung aller Eisen ist die Betriebssicherheit nach dieser gefeßlichen Regelung in der ein Amt ohne Amt, bahnen besigenden Bundesstaaten gemeinsam einheit- Schweiz   nicht besser, sondern schlechter geworden, während in Deutsch­eine Behörde, die fehr wenig tun tann, weil sie ihre Aufgaben au lich gearbeitet wird im Interesse der Nation.( Beifall bei den land die Zahl der Unfälle zurückgegangen ist. Die Regelung Sozialdemokraten.) des Dienstes auf den deutschen   Bahnen ist im großen und ganzen engbegrenzt auffaßt. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß das Reichs- Sozialdemokraten.) Abg. Schwabach  ( natl.): Gegen eine Aufhebung des Reichseifen- befriedigend. Eine Nachprüfung, ob die praktische Handhabung Härten eisenbahnamt entsprechend den Bestimmungen der Verfassung eigent bahnamts hat sich seinerzeit auch der Abg. Singer sehr energisch im einzelnen gezeitigt hat, hat ergeben, daß Erleichterungen im lich eine Behörde mit ganz besonderer Initiative sein sollte, die dahin wirken müßte, daß wir Reichseisen ausgesprochen. Gewiß, die Befugnisse, die wir dem Amte wünschen, Interesse des Personals erfolgen können. Vorschläge in dieser Rich­bahnen im weitesten Sinne des Wortes erhalten, und daß ihr hat es nicht, aber der Kreis seiner Aufgaben ist doch noch ein tung liegen den Verwaltungen zur Prüfung vor. Die Verkürzung Aufsichtsrecht in jeder Hinsicht ausgebildet wird. Bisher hat das Amt recht bedeutsamer. Ich möchte fragen, wie weit die Verhandlungen der Dienstzeit um nur eine Stunde für das Betriebspersonal würde zur Entwickelung eines Reichseisenbahnwesens so gut wie nichts gebiehen sind über eine Vereinheitlichung des Personen die beteiligten Verwaltungen 45 Millionen fosten. Bei allem getan. und Gepäckverkehrs im internationalen Verkehr. Wohlwollen für die Beamten muß die Frage also vorsichtig Das ist am deutlichsten in die Erscheinung getreten Dringend notwendig ist eine Erleichterung ber Abferti- behandelt werden. Den Bestrebungen auf Vereinheitlichung in der Zeit, wo mit den verschiedenen Einzelstaaten über die Frage beim Zollverkehr. Es fon des Eisenbahnwesens steht das Amt mit großem Interesse einer Betriebsmittelgemeinschaft und der dann glücklich zustande ge- eine Vereinbarung jetzt herausgekommen sein, die mit einem gegenüber. Aber es darf nicht außer acht gelassen werden, daß die brachten Güterwagengemeinschaft verhandelt wurde. Damals hätte Redner deutschen   Eisenbahnen schon jetzt eine weitgehende Einheitlichkeit in der Misere der Behandlung der Einzelstaaten durch Preußen durch großen Teil der jetzigen Zoйplacereien aufräumt. Vor allem wird zu prüfen sein, das Gingreifen des Amtes ein Ende gemacht werden können, aber entwurfs, durch den die Dienst- und Ruhezeit des deutschen   welche Richtlinien bei weitergehenden Ginigungsbestrebungen zu befürwortet weiter einen Antrag auf Vorlegung eines Gesetz- den Betriebseinrichtungen besitzen. davon hat man nichts vernommen. Das völlige Versagen Zunächst werden solche Bestrebungen von den des Amtes scheint mir ein Symptom dafür zu sein, daß seitens Eisenbahnpersonals reichs gefeglich geregelt wird. Wir streben gelten haben. der in Frage kommenden Beamten überhaupt keine Neigung be- das sich durch seinen Ausschluß selbst schädigen würde. Breußen zumal fie wichtige Hoheitsrechte dabei aufgeben müſſen. an ein einheitliches deutsches Eisenbahnwesen mit Einschluß Bayerns  , beteiligten Bundesstaaten selbst ausgehen müssen, steht, den burch die Reichsverfassung festgelegten Gedanken des muß sich an die Spitze dieser Einheitsbewegung stellen.( Bravo  ! bei das große Ziel der vollen Zusammenschweißung der deutschen  Reichseisenbahnwesens zu propagieren. Man stellte dem Bahnen in zufriedenstellender Weise erreichen will, fann es den Nationalliberalen.) großen Bruder Preußen die kleinen Brüder einzeln daß er auf den früheren Plan des gegenüber und suchte suchte so für Preußen ganz Abg. Schirmer( 8.) stimmt der nationalliberalen Resolution nur in der Weise, unzulässige Vorteile herauszuholen. Ich halte betreffend die Dienst- und Ruhezeit der Eisenbahner zu. Die Haupt- Fürsten Bismarck   zurückgreift und für die Uebertragung der Bahnen eine recht unglückliche. diese Entwickelung für fache sei die Verkürzung der Dienstzeit auch im Interesse der Sicher auf das Reich eintritt.( Sört! hört!) Weshalb diese Lösung auch Besonders bei dem Abschluß der heit des Verkehrs. gegenwärtig absolut unmöglich sein soll, vermag ich nicht einzusehen. Eisenbahnverträge mit essen und Baden hat die Absicht vor­geherrscht, möglichst eine Einheit in der Richtung der preußischen aufgabe, die Wahrung der allgemeinen Verkehrsinteressen, in der staaten eher auf ihre Hoheitsrechte verzichten können, wie das bei Abg. Dr. Haas( Vp.): Das Reichseisenbahnamt hat seine Haupt-( Hört! hört! rechts.) Bugunsten des Reichs würden die Bundes­Auffassung herbeizuführen. Am schlechtesten ist dabei eifen weg- Braris nicht durchführen fönnen. Es müßte doch jedenfalls gegen verschiedenen Verwaltungszweigen bereits geschehen ist. Aber Sie gekommen. Aber Bersuche des preußischen Geheimrats Kirchhoff in den Konturrenzkampf zwischen deutschen   Eisenbahnen, gegen den wiffen alle, aus welchen Gründen seinerzeit der Bickmarcksche Plan feinem Buche Die deutsche Eisenbahngemeinschaft" das wegzuleugnen, scheitern an den feststehenden Ziffern und daran, daß man nun in einzelstaatlichen Geist Front zu machen. Der Vereinheitlichung stehen gescheitert ist. Daß er heute mit Aussicht auf Erfolg wieder auf­Hessen selbst anfängt zu begreifen, daß dieser erste Vertrag, den wir sympathisch gegenüber. Der Eisenbahnwagenverband hat genommen werden könnte, muß ich angesichts der Stimmung, die Preußen mit einem Kleinstaat abgeschlossen hat, für Hessen   außer- fich bortrefflich bewährt. Für den Verkehr genügen zwei bei den Erörterungen hierüber in verschiedenen Bundesstaaten hervor­ordentlich unglücklich gewesen ist, nicht bloß in der Richtung, daß Klassen. Reichseisenbahmen über ganze Reich werden getreten ist, entschieden bezweifeln. wir nicht mehr bekommen können, dagegen ließe sich Abg. Dr. Will( Els.): Daß die größte Zahl der Unfälle in die man die Hoheitsrechte nicht genügend gewahrt hat, das wäre und eine Reich seisenbahngemeinschaft durchführen. Geradezu ersten Stunden der Dienstzeit fällt, beweist nichts gegen die höchst gleichgültig sondern weil Hessen   fast jeden Einfluß gefährlich für die Betriebssicherheit ist die Zulassung einer Behauptung der Ueberbürdung des Betriebs­auf die Gestaltung des Eisenbahnwesens innerhalb seiner bis 16 stündigen Arbeitszeit der Lokomotivführer. Hier müßte das perfonals, sondern spricht gerade dafür. Nach einer zu Landesgrenzen verloren hat. Der ganze verkehrspolitische Einfluß Reichseisenbahnamt eingreifen und vor allem dafür sorgen, daß furzen Bause sind die überbürdeten Beamten noch nicht ge= des Landes ist so gut wie eliminiert, und man fühlt in Hessen  , daß diese Beamten einen wirklichen Ruhetag in der Woche haben und nügend ausgeruht und erst wenn wieder Gewöhnung an den der dominierende Faktor der Gemeinschaft sich sehr wenig um die einen arbeitsfreien Tag, vor dem eine arbeitsfreie Nacht liegt und Dienst eintritt, wenn der Beamte gewissermaßen aufwacht, kommen Interessen des hessischen Boltes tümmert. Im preußischen Abgeord- dem eine arbeitsfreie Nacht folgt.( Sehr richtig! links.) netenhause hat man sich über die Klagen Hessens   beschwert. Das Amt weniger Unfälle vor. Die 45 Millionen für eine Stunde Dienstzeit­würde sich damit ein großes Verdienst um unsere tüchtigen Beamten verkürzung können die Eisenbahnverwaltungen bei ihren großen und um die Betriebssicherheit erwerben.( Bravo  !) Ueberschüssen wohl ertragen.( Sehr richtig!) haben wohl noch das Recht, darüber zu klagen, daß das Messer gar Präsident des Reiseisenbahnamts Wackerzapp: Die Tätigkeit Abg. Behrens( Wirtsch. Vg.): Die Bestimmung, daß, wenn ein schartig ist und den Naseur zu ersuchen, etwas mehr Mensch des Amts wird sehr unterschäßt, da sie wenig nach außen in die Monarch fährt, neben dem Lokomotivführer immer ein Re­lichkeit zu üben.( Heiterkeit.) Hier sollte das Reihseisenbahn- Erscheinung tritt. Seine Anordnungen erscheinen als Anordnungen des gierungsrat fizen muß, sollte beseitigt werden. Sizt doch amt dem Kleinstaat zu Hilfe kommen( Sehr wahr! bei den Bundesrats oder der einzelnen Verwaltungen. Aber auch kein höherer Beamter neben dem Chauffeur im kaiserlichen Sozialdemokraten), vor allem angesichts der großen finanziellen diese Erlasse beruhen auf den Erhebungen des Reichseisenbahnamts Automobil. Den Anträgen auf reichsgefeßliche Regelung Belastung, die Heffen aus diesem Vertrage erwachsen ist. Das Ein- resp. auf seiner vermittelnden Tätigkeit. Was den Gemeinschafts- der Dienst- und Ruhezeiten des Personals stimmen wir zu. Die greifen des Amtes ist um so notwendiger, weil durch die Klagen bertrag Preußens mit Hessen   anlangt, so ist von keiner der betei- Erfahrungen in der Schweiz   beweisen nichts dagegen; wir müssen

Das

-

die Eingeseiften

Aber

Märchen vom Hühnerstall.

=

Den modernen Kunst- Snobs, den ethischen und aesthetischen Dandys und allen denen gewidmet, die proletarische Tendenz in einem Kunstwert berechtigterweise hassen.

Es war einmal ein Hühnerstall, ohne Hahn. Es war unleugbar ein behaglicher Stall, frisch gestrichen, grün mit weiß, mit einem Leghäuschen in Rotokostil, durch ein abfallendes Dach mit vergoldeter Suppel bor Regen geschützt, kurzum ein Stall, worin sich jedes wohlerzogene Huhn glücklich fühlen konnte.

Dieser elegante Stall stand an der Sonnenseite eines jeden Tag gepflegten, gehartten und berieselten Gartens. Inmitten eines Rasenbeetes mit Geranien und Veilchen befand sich dort eine rich tige Fontäne. Zu Füßen eines marmornen Ritters, schön und imposant wie einer aus der Siegesallee  , sprikte das Wasser nach vier Richtungen hin. Morgens, mittags, abends: immer war es eine Lust für die Augen. Ausgenommen für die Hühner, denn die flogen auf, sobald es dunkel wurde. Zweimal am Tage herrschte außergewöhnliche Erregung in dem Stall. Dann kam eine Dame über den Kiespfad heranspaziert. Sie trug einen Turban und einen Napf mit Hühnerfutter. Sie hatte Puppenhändchen, die sie jeden Morgen von ihrem Friseur manifuren ließ. Sie hatte elfenbeinerne Zähne, bis auf die Weis­heitszähne. Die waren aus Gold. In den Ohren prangten Dia­manten und wenn sie ihre Finger in den Futternapf stedte, um den Hühnern Mais, Gerste und Hanffamen zu streuen, erglänzten ihre Ringe so start, daß die Hühner es nicht aushalten konnten und die Aeuglein lichtscheu schlossen, wenn sie danach blickten. Aber sie blickten nicht danach. Sie blickten mit gierigem Hunger nach dem täglichen Brot, und wenn sie so geschlemmt hatten, daß sie nicht mehr fonnten, legten sie sich in die Sonne und sprachen zufrieden ihr Dankgebet. Auch Hühner beten. Auf Ehrenwort. Wer es nicht glaubt, fann fein wirklich Gläubiger sein.

Zweimal am Tage, wie ich schon sagte, kam die Dame mit den Puppenhündchen, deni Turban und den Ringen über den Kiespfad, um die Hühner zu füttern. Beim letzten Gang öffnete sie das Leg­häuschen und entnahm die Eier dem reinlichen Stroh.

Es waren herrliche, frische Trinkeier, weil die Hühner feine Gelegenheit hatten, schlechte oder sündige Sachen zu schlucken. Und die Dame sie gern.

Sogar mitten im Winter, wenn die Hühner nicht mehr legten, faufte sie niemals fremde Eier, weil sie es mit Recht verabscheute, Eier, um die fich ein Hahn bemüht, zu verspeisen.

Auf diese Weise waren die Tame und die Hühner sehr glücklich. Die Dame.

Die Hühner legten.

An jedem Sommertag begaben sich die Hennen abwechselnd in bas Leghäuschen.

das

Sie tafelten, fakelten entseßlich, tafelten mit Schmerz und Ueberzeugung, fakelten nervös und aufgeregt, kakelten, daß die Nachbarn neidisch aufhorchten, tafelten bei jeder neuen Schöpfung. Sie tafelten und legten weiße, ovale, große und kleine Gier. Sie legten Gier mit dicken und dünnen Schalen. Und wer am meisten kakelte oder wer die größte Anzahl im Verlauf einer Saison legte, nannte sich Dichter, zog den anderen in Stimmungsaugenblicken die Federn aus und bemächtigte sich des meisten Futters.

Bei regnerischem Wetter, wenn sie sich gesättigt, sprachen sie über die Schönheit, die Gestalt, die Struktur, die Zeichnung, die Färbung, die äußerliche Vollkommenheit der Eier. Ein Huhn, das schon seit Jahren die vortrefflichsten Eier produzierte, ein Huhn von Ansehen und Erfahrung in der Dologie, gab dann seine wohlausgedachten Ansichten zum besten:

Glaubt mir," sagte es, das höchste Jdeal bleibt immer: reine, wohlgebaute, nicht zu aufgeblasene, nicht zu grobschalige Eier zu legen. Wir müssen uns an die Tradition unserer Ahnen halten, die uns schon in der griechischen und römischen Architektur sowie in der Renaissance begegnet. Habt das Ei des Eies wegen lieb! Liebt es seinen unbefleckten Glanzes, jeiner zarten Farbe, seiner herr­lichen Form wegen. Ein Ei, wie ich es mit Lust und Leidenschaft lege, ist ein Kunstgegenstand, worauf die Küten bis ins dritte und vierte Geschlecht stolz sein werden..

Niemand opponierte.

Die Theorie, das Ei des Eies wegen lieb zu haben, billigten alle, wennschon über die Form Meinungsverschiedenheiten herrschte, weil es auch perverse, wunderliche Hühner gab, die kleinere, rundere, tokettere oologische Kriterien vorzogen.

Da, als es wieder Frühjahr wurde, geschah etwas Sonderbares. Die Henne mit Ansehen und Erfahrung wurde brütisch. Sie fatelte nicht mehr, wurde aus extatischer Eingebung ein­siedlerisch, nahm die Eier unter ihre Flügel und versuchte stunden­lang das Allerhöchste zu erreichen.

Die anderen Hühner blickten erstaunt und bewundernd zu. Auch der Marmorritter blidte.

Und die Dame belächelte das Mirakel.

Der einzige, der nicht erstaunt war, nicht bewunderte, nicht blickte, nicht lächelte, war ein Eindringling, ein gemeines, ordinäres, schlecht gefüttertes Bauernhuhn, das eines Tages über den Garten­zaun geflogen kam, ohne das Eigentumsrecht der Dame zu respek­

tieren.

Gewöhnt, sein Futter auf den umliegenden Weiden zusammen­zupaschen, naschte es von den Gerstenkörnern, die neben dem statt­lichen Hühnerstall, neben das Leghäuschen ir Rokokostil  , gefallen waren.

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Wer

legen, es gibt noch etwas auf der Welt außerhalb eures Stalles, und wenn ich es sagen darf: ich beunruhige mich beim Loswerden eines Gies nur darüber, ob es auch einen Hahnentritt hat! Sonst brütet man faule Eier aus, Windeier feine Rüfen.

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Tendenziöses Geschöpf!" sprach die ethische Henne empört, während der Eindringling beim Herannahen der Dame mit dem Turban, den goldenen Weisheitszähnen und dem Futternapf schnell über den Zaun nach den Weiden zu entwich. Das ist das Ende des Märchens von dem Hühnerstall- ohne Hahn. Heinz Sperber.

Kleines feuilleton.

Sonnenfinfternis und drahtlose Telegraphie. Die Frage, ob die Sonne auf die Fortpflanzung der Herzschen Wellen, der Träger der drahtlosen Telegraphie, von Einfluß ist, war bisher ein ungelöftes Problem. Wie A. de la Baume- Pluvimel in der Zeitschrift der französischen astronomischen Gesellschaft mitteilt, wollen nun die Physiker die Sonnenfinsternis vom 17. April dazu benutzen, um ge­naue Versuche in dieser Hinsicht anzustellen. Man weiß bereits, ohne den Grund dafür genau angeben zu können, daß die Herz­schen Wellen sich bei sonst ganz gleichen Bedingungen während der Nacht leichter fortpflanzen als während des Tages. Ist nun die Verschiedenheit in der Intensität der Tag und Nachtsignale allein dem Einfluß der Sonnenstrahlen zuzuschreiben? Man will ver suchen, diese Frage dadurch zu beantworten, daß man die Ver­schiedenheit in der Intensität der Signale mißt, die am 17. April bor der Sonnenfinsternis und im Augenblick ihres Höhepunktes empfangen werden.

Notizen.

- Vorträge. Zur Beobachtung der am Mittwoch, den 17., stattfindenden Sonnenfinsternis wird die Urania- Sternwarr bereits vormittags 11 Uhr für das Publikum geöffnet werden. Um 11 Uhr wird Prof. Schwahn einen Vortrag unter Vorführung von Lichtbildern über den Verlauf der Finsternis in ganz Deutschland  halten. Die Finsternis beginnt 12 Uhr 8 Minuten und endigt 2 Uhr 47 Minuten.

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Im Lessing- Museum( Brüderstr. 18) spricht Donners­tag, den 18. April, abends 8 Uhr, Prof. Daniel Jacoby über Friedrich b. Sallet. Eintritt frei. Theaterchronit. Jm Theater des Westens gelten von jetzt ab für die Aufführungen der Schönen Helena" die gewöhnlichen Preise. Es hörte von dem Wunder der brutseligen Henne und benahm Eine Riesenstation für drahtlose Tele­sich unverschämt. graphie wird nach der Umschau" in Neumünster   errichtet werden. Kollegen," sagte es und verschluckte sich dabei fast an einem Sie wird drei Türme von je 150 Meter Höhe erhalten, die später au großen Maistorn selten fand es solche Leckerbissen Role auf sieben vermehrt werden sollen.