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stutzen. Doch sie crkaUiilen bald',{jasj Mr ein Viericl der Paffa� lgiere in den Rettungsbooten Aufnahme finden konnte. Herz- gerreiszende Szenen spielten sich ab. Der Kapitän des Schiffes gab den Befehl, dag die Musikkapelle des Damp- fers sich am Kiel versammeln und das bekannte amerikanische Kirchenliednearcr my god to thce"(Näher mein Gott zu dir) spielen sollte. Während die Kapelle die Weise anstimmte, waren die Rettungsboote schon voin Schiffe so weit entfernt, dag die In- sasscn der Rettungsboote nur noch ganz leise Töne hören konnten. Als wir voni Schiffe wegrudertcn, fuhr Mr. Jones fort, bemerkte ich, dag das Schiff sich bereits stark nach vornüber geneigt hatte. Man konnte deutlich sehen, dag dieTitanic " in der Mitte geborsten war und die beiden Teile des Schiffes auseinanderfielen. Die jGewalt der Kollision wurde vornehmlich am Kiel , nicht am Stern des Dampfers verspürt. Wir waren in den kleinen Booten ungefähr 4,/j Stunden auf dem Meere, bevor uns dieCarpathia" rettete. Wir sahen weite Eisfelder und Eisschollen und ivaren mehrmals in Gefahr, von diesen erdrückt zu werden. Das Wetter war furchtbar kalt und wir hatten entsetzlich unter der Kälte zu leiden. Alle Männer zeigten einen Heldenmut. Im Zwischendeck derTitanic " war von einer Panik nichts zu verspüren, während die Passagiere der zweiten Kabine sich Ü n wilder H a st in die Boote stürzten. Dr. Washington Dodge, der Rendant der Stadt Franziska, sagt u. a.: Bei dem ersten Anprall derTitanic " mit dem Eisberg schwankte der Dampfer nach beiden Seiten, so dag es den Anschein hatte, als wolle er u ms a l l c n. Viele von den Rettungsbooten waren nicht voll mit Passagieren besetzt. Einige hatten nur ö Personen aufgenommen. Viele vn Bord derTitanic " befindlichen Personen waren so verwirrt, daß man ihnen nicht glaubhaft machen konnte, dag !s t ch das Schiff vor d e in Untergang befände. Sie begaben sich ganz ruhig wieder in ihre Schlafkabinen, da sie eine unmittelbare Gefahr für ihr Leben nicht befürchteten. Auch ein Teil der Mannschaft war der Ansicht, dag hier Zusammenstöße keine bösen Folgen haben würden. Einige Stewards waren, als der Zusammenprall sich ereignete, damit beschäftigt, mehrere Passagiere in der Radfahrbahn in die Kunst des Rad- fahr en S einzuweihen. Andere Reisende gaben sich dem Tennis- oder Rugbyspiel hin. Viele der Passagiere und Mannschaft standen an der Realing und machten sich über die l u st i g, die zu den Rettungsbooten stürzten. Sie riefen ihnen zu, sie wärenLandratten" und hätten keine Ahnung, wie es auf der See zugehe. Aus der großen Zahl weiterer Schilderungen geben wir noch den Bericht des Obersten G r a c i e, der sich nack» dem Untergang derTitanic " auf e,n Floß rettete. Grocie sagt: Als das Schiff versank, war ich auf das oberste Deck gestiegen und hielt mich am Geländer fest, das ich erst losließ, als die Titanic " in der Tiefe verschwand. Ich wurde dann von einem Strudel im Kreise herumgetrieben und lange Zeit unter Wasser gehalten. Als ich wieder an die Oberfläche kam, fand ich zum Glück ein H o l z g i t t e r. an das ich mich an- klammerte. Dann entdeckte ich ein aus Segeltuch und Kork be- stehendes Flog. Ich schwamm darauf zu und die auf dem provi- forischen Rettungsboot befindlichen Personen halfen mir, b i n a u fz uge la ng en. worauf noch andere mit den Fluten Kämpfende auf dasselbe gebracht wurden. Bei Tagesanbruch waren wir unser 3 0 auf dem Floß. Bis zu den Knien im Wasser stehend, durften wir uns nicht rühren, da wir sonst gesunken wären. Wir mußten auch mit schwerstem Herzen einigen n o ch i m Wasser schlv im wenden Unglücklichen die Auf- nähme verweigern, da sonst alle umgekommen wären. Die Stunden, welche ich verbrachte, waren die längsten meines Lebens. Wir tvaren starr vor Kälte und erschöpft, als endlich die Rettung nahte. Der Oberst b e st r e i t e t. dag die Zwischen- deck er sich auf die Boote gestürzt hätten und von den Offizieren erschossen worden wären. Er sagt, einige hätten versucht, ein Boot für sich zu retten, worauf ein Offizier, um sie einzuschüchtern, einen Schuß über ihre Köpfe abgegeben habe. Bon einer Konfusion oder Panik sei nichts zu bemerken gewesen. Der Augenzeuge George Braden schildert das Ende des Kapitäns Smith . Dieser stand ganz allein auf Deck. Einmal wurde er von einer Welle niedergeworfen; aber er erhob sich wieder. Als das Schiff sank, wurde er wieder Von einer Welle zu Boden gerissen und nicht mehr gesehen. Die Debernabme auf dieCarpatlria". New Bork, 19. April. Ein Passagier derCarpathia " erzählte, man habe von derCarpathia " 16 Rettungsboote derTi­ tanic " gesichtet. Die Ucberführung der Geretteten auf dieCar- pathia" bot einen mitleiderregenden Anblick. Den Er- loachsenen wurden Taue um den Leib geschlungen, Kinder und Säuglinge wurde» in Säcken an Deck gezogen. Einige Boote waren nicht halb voll, andere überfüllt. Einige der Insassen trugen Gefells chaftstoilettc, andere Nachtgewänder und Decken. Sobald die Geretteten an Bord derCarpathia " waren, eilten sie in den Salon, um ein warmes Frühstück einzu- nehmen, da sie vier oder fünf Stunden bei schneidendem Wind in den Booten zugebracht hatten. Sie klagten nicht, sie schienen von ä)ciil Erlebten w i e betäubt. Auf dieCarpathia" wurden auch sieben kleine Babys gebracht, deren Namen nicht bekannt sind und deren Angehörige vielleicht niemals aufgefunden werden. Die Kleinen wurden von derTitanic " aus in die Rettungsboote geworfen und ihr Name konnte durch nichts festgestellt werden. Die Coteti. New Jork , 19. April. Die G e s a m t l i st e d c r T o t e n einschließlich der in den Rettungsbooten und auf derCar- pathia" Gestorbenen wird jetzt auf Itivl Personen angegeben. Die SiebeHmt auf den Ozeatimfen. DerFrankfurter Zeitung " entnehmen wir«ine nach a m t° lichen Quellen bearbeitete Tabelle, die leider dartut, daß auch auf deutschen Dampfern nicht genügend Rcttungs- boote mitgeführt werden. Die Tabelle lautet: Wenn nicht schleunigst eine grundlegende Aenderung in der Zahl der Rettungsboote getroffen wird, dürften bei ähnlichen Katastrophen auch auf deutschen Schiffen zwei Drittel der Passagiere zu denüberzähligen Personen" gehören. Im Stick gelassen? New Bork, 19. April. Die Angabe des Telegraphisten Bride von derTitanic ", dcrzufolge der Norddeutsche Lloyd- d a m p f e rFrankfurt " nicht auf das H i l f e s i g n a l reagiert habe, will der Börseymann Taylor aus Philadel- phia bestätigen, der sich in der Marconikabinc befand, als die Titanic " sich mit derFrankfurt " in Verbindung gesetzt hatte. Taylor meint, wenn dieFrakfurt" sofort beigedreht hätte, würden ivohl alle Passagiere gerettet worden sein. Der hiesige Chef des Norddeutschen Lloyd , Herr v. Helmholt, er- klärte dazu, dieFrankfurt " fahre zwischen Galveston und Bremen . Er werde jetzt feststellen, wann der Dampfer aus Galveston abge- fahren sei und zu ermitteln suchen, wo er zur Zeit der Katastrophe gewesen sei. Wahrscheinlich sei nichts Bestimmtes zu ermitteln, bis dieFrankfurt " nicht in Bremen angekommen ist, Sie Kekgsrbeitekdetvegung. Der Streik im westsächsischen Kohlenrevier abgebrochen. Obwohl bisher der Kampf der Bergarbeiter alle Möglich- keiten des Erfolges gezeigt hat. ist plötzlich ein Umschwung in der Situation eingetreten. Ein großer Teil der Bergarbeiter hatte bestimmt auf einen Erfolg der Vermittlungsverhand- lungen der Regierung gerechnet. Diese Verhandlungen haben den Erfolg nicht gebracht und es mehrten sich die Anzeichen, daß die Enttäuschung über das ablehnende Verhalten der Regierung einen erheblichen Teil der Streikenden ins Wanken gebracht hat. Aus diesem Grunde ist die am Donnerstag in Zwickau versaminelt gewesene Revierkonferenz der Ver- trauenslcute zu dem Entschluß gekommen, einer Ab- schwächung des Kampfes zuvor zu kommen und den Streik auf voller Höhe, wie im Ruhrgcbiet ge- schehen, abzubrechen. Nach langer und scharfer Dis- kussion wurde zur Abstimmung geschritten. Von den an- wefenden Vertretern waren 33 für und 21 gegen die Fort- setzung des Streiks. Die zur Fortführung des Streiks nötige Dreiviertelmehrheit war somit nicht vorhanden. Gegen vier Stimmen wurde dann eine Resolution an- genommen, in der zum Ausdruck gebracht wird, daß diesmal zwar kein Erfolg erzielt wurde, daß es aber jedenfalls nur wenige Jahre dauern werde, bis die Bergarbeiterorganisation derart gefestigt ist, daß ihr auch das brutalste Unternehmer- tum nicht mehr widerstehen kann. Diese Resolution wurde am Freitagnachmittag den Streikenden in zehn Versammlungen vorgelegt. Dort machte sich ein außerordentlich lebhafter Widerspruch gegen den Abbruch des Streiks bemerkbar. Diese Tatsache widerlegt wohl am besten die von den Berghcrren und der bürgerlichen Presse verbreitete Behauptung, daß der Streik nicht durch die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Bergarbeiter, sondern lediglich durch die Verbandsleitung provoziert worden ist. Schließlich kam aber in den Versammlungen die Ansicht zum Durch- bruch, daß in dieser Situation ein anderer Schritt als die Vertagung des Streiks nicht übrig blieb. In den Versamm- lungen gelangte schließlich überall die Resolution mit großer Mehrheit zur Annahme, nur in einigen Versammlungen stimmte eine größere Majorität dagegen. Die Versammlungen haben dann beschlossen, sich am Freitag nachmittag 4 Uhr auf den Schächten zum Arbeits- beginn für Montag zu melden. Friede in Böhmen . Die Zugeständnisse der Unternehmer sind nun auch von den Versammlungen der Bergarbeiter angenommen worden. Der Ver- trog, der zwischen beiden Parteien festgelegt wurde, sieht eine drei- jährige Dauer des Abkommens vor. Beinormalen Leistungen" der Arbeiter ist ihnen ein Lohn von 4 Kronen 60 Heller bis S Kronen zugesichert. Was sind im Bergbau mit den oft so abnormalen Ver- Hältnissen normale Leistungen, und verstehen auch die Unternehmer unter den angeführten Lohnsätzen nur Mindest löhne, nicht etwa auch gleichzeitig Maximal löhne? Die Delegierten der Arbeiter mußten denn auch in einer Konferenz mit Bedauern konstatieren, daß die dringendsten und wichtigsten Forderungen der Arbeiter von den Unternehmern nicht eingestanden wurden und daß den ObertagS- und den bei den Koksanftalten be- schäftigten Arbeitern überhaupt keine Lohnaufbesserung gewährt wurde. Ueber die Unzulänglichkeit der Zugeständnisse für die übrigen Arbeiter waren sich alle Delegierten einig, aber eS ist wenigstens zum erstenmal ein Lohnvertrag vorhanden. Es wird Sache der Bergarbeiter sein, dem Vertrag Leben einzuflößen und auf seine Erfüllung zu dringen. Wie in Nordwestböhmen, so mußten nun auch die Bergarbeiter im Mährisch-Ostrauer Gebiet mit wenigem zu- frieden sein, sind ihre Organisationsverhältnisse doch trostlose. Nur deshalb vermag man das, was die Bergarbeiter dort auS dem Streik»ach friedlichen Verhandlungen mit nach Hause bringen, als ausreichenden Erfolg zu buchen. Zu i h ni hat wesentlich mitgewirkt die Initiative der Regierung, die ihr Teil mit dazu beitrug, um eine wirtschaftliche Katastrophe zu verhüten. Sie hat die Unterhandlungen geführt und außerhalb des Rahmens des im Bergbaugesetz vorgesehenen Einigungsamtö das hier schon Wochen- lang resultatlos getagt hatte dieBewegung zum Abschluß gebracht. Die kapitalistische Regierung hat den Grubenbaronen zwar nicht wehe getan, immerhin war sie, sehr im Gegensatz zu der preußischen Re- gierung, vernünftig genug, u», einzusehen, daß militärische Auf- inärsche zu friedlicher Beilegung der Differenzen nicht beitragen, daß ein gewaltsames Eingreifen der Staatsmacht nur zu Revolten der in ihrer Mehrheit unvrgainsierlen Bergarbeiter sühren mußten. Die Bergarbeiter selbst erkennen nun den Vorteil eines organi- sterten Vorgehens und in drei Jahren werden hoffentlich die Unter- nehmer mit einer mächtigen Organisation zu rechnen haben. Das Aüten der SMiuttlz. Zwei Jahre Gefängnis« Dortmund , 18. April. lEig. Ber.) Am Donnerstag hatte sich vor der zivciten Streikkammer am Dortmunder Landgericht u. a. auch der Bergmann Joh. Schumann zu verantworten, der der gefährlichen Körper- Verletzung in zwei Fällen und des Hausfriedensbruchs an- geklagt war. Der Angeklagte war in"Untersuchungshaft. Er soll mit anderen Personen gemeinschaftlich handelnd die Arbeitswilligen Pagel und Pcllag mißhandelt haben und zivar mit cineni Stock. Außerdem soll er sich, als er einen der beiden verfolgte, des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht haben. Schumann gab zu, zwei Stockschlägc gegeben zu haben, das soll aber ohne Absicht geschehen sein: in Wirklichkeit hat Schumann nach seiner Angabe den lieber- sallencu beistehen und ihn vor den Angreifern schützen wollen. Hauptbelastungszeugen waren zw ei Kinder, tm angaben. genau gesehen zu haben, wie Schumann schlug. Die Be- lastungszeugen gaben weiter an, die Streikenden hätten zu der Zeit, am 12. März, Spalier gebildet und dann alle Streik- brecher, die vorbeigekommen seien, gehauen und verfolgt. Der Vorsitzende wies darauf hin. daß der Angeklagte eventuell auch aus Z 122 bestraft werden könne, und daß die Sache dann wegen Landfriedensbruch vors Schwur- gericht gehört. Der Staatsanwalt war in erster Linie für Ueberweisung ans Schwurgericht. Der Angeklagte, er- klärte er, habe sich an einer öffentlichen Zusammenrottung be- teiligt und sei dabei tätlich geworden. Jedenfalls habe er sich in zwei Fällen an einer Schlägerei beteiligt und er sei dann noch bei dem einen Mißhandelten eingedrungen. Für zwei gefährliche Körperverletzungen wurden je 9 Monate und für qualifizierten" Hausfriedensbruch(mitWaffe" Stock!) 3 Monate, zusammengezogen auf 1 Vs Jahre Gefäng­nis, beantragt. Der Verteidiger brachte Bedenken vor. ob auf die Aussagen der jugendlichen Zeugen hin eine Ver- urteilung erfolgen könne, und er meinte weiter, wenn keine Freisprechung erfolge, werde die Sache wohl an das Schwurgericht zu verweisen sein. Das Urteil lautete auf zwei Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen in Tateinheit mit v e r s u ch t e r N ö t i- gung; von der weiteren Anklage wurde Schumann frei- gesprochen. Daß sich der Angeklagte von vornherein an der Zusammenrottung beteiligt habe, wurde nicht an- genommen. Die sehr hohe Strafe wurde mit deraußer- ordentlichen Roheit" der Handlung und damit be- gründet, daß der Angeklagte schon oft wegen Roheitsvergehen vorbestraft ivar. Er wurde als einunverbesserlicher Raufbold" bezeichnet. Streikjustiz i» Duisburg . Auch am Landgericht Duisburg kann man noch alle Tage Wunder der Streikjustiz erleben. Die Frau des Bergmanns Andreas Reuther aus Schmidthorst war der Beleidigung eines Arbeitswilligen angeklagt. Sie mußte für ihre vor 17 I a h r e n e r l i t t e n e Vorstrafe wegen Beleidigung noch im gegenwärtigen Anklage» zustand herhalten. Das Gericht verhängte über die Angeklagte wegen des von ihr bestrittenen Zurufs:Pfui, Streikbrecher" eine Gefängnisstrafe von einem Monat, mit der Begründung, daß die Angeklagte schon vorbestraft sei. Hus Induftm und HandeL Konjunktur und Banken. Der Kopitalbedarf der Banken war im ersten Quartal 1912 infolge der aufsteigenden Konjunktur im deutschen Wirtschaftsleben recht hoch. Bei den Aktienbanken und Gesellschaften m. b. H. belief sich die Summe der Neuinvestierungen auf 138,54 Millionen Mark. Das bedeutet gegen die vorjährige Vergleichsperiode eine Zunahme um 64,36 Millionen Mark. Für Neugründungen wurden 41,53 Mill. Mark aufgewendet gegen 11,33 Millionen Mark im Vorjahre. Die Summe der Kapitalserhöhungen ist von 62,80 Millionen Mar! auf 97,01 Millionen Mark gestiegen. Die Entwickelung der Unterneh- mungslust im Bankgewerbe im ersten Quartal der Jahre 1906 bis 1912 ergibt sich aus nachstehender Zusammenstellung: Demnach übersteigen die diesjährigen Neuinvestierungen da? Niveau der sechs vorangegangellen Jahre ganz erheblich. Besonders bemerkenswert ist die starke Zunahme der Neugründungen. Kaufkraft der Löhne. Für die Hebung der Lebensbedingungen der Arbeiter werden gewöhnlich die Lohnsteigcrungen zum Beweise angeführt. Da aber die Lebensmittelpreise ebenfalls steigen, ist diese Beweisführung durchaus nicht bindend. Der Aufwand für die Nahrungsmittel steigt oft viel erheblicher als der Lohn. ES ist deshalb versucht worden, daS Verhältnis beider Größen zueinander oder die Kaufkraft der Löhne zu bestimnien. Vor kurzem hat daS fran- zösifche Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik die Kosten des Lebensunterhalts und die Löhne von 1810 bis 1910 statistisch zu erfassen versucht. Ueber die Resultate und den Wert dieser Statistik berichtet dieArbeitsmarkt-Korrespondenz": Trotz des aufgewandten Fleißes darf der Wert der Zusammen« stellung nicht überschätzt werden.Vor allem muß man sich hüten. allzu sichere Schlüsse aus dem gesammelten Material zu ziehen und damit praktische sozialpolitische Maßregeln zube- gründen. Wer die Schwierigkeiten kennt, die sich selbst in der Gegen» wart dem Zustandekommen einer zuverlässigen Statistik über Löhne. Lebensmittelpreise usw. entgegenstellen, der wird Erhebungen, die nachträglich noch für vergangene zum Teil weit zurückliegende Zeiten gemacht werden, nur mit größter Skepsis entgegentreten. Setzt man die durchschnittlichen Löhne, die Kosten des Nahrungsmittelaufwandes und die Kaustrast der Löhne im Jahre 1900 gleich 109, so erhält man »ach der französischen Statistik für die nachstehenden Jahr« folgende Jndexzzifsern: Pöfin« Nahrungsmittel« Kaufkraft Jahr«ohne aufwand derLöhn, 1810... 41 74 55.6 1820... 43 80 58.6 1830... 45 83.3 54 1840... 48 84.6 67 1850... 51 85,5 69.6 1860... 60 95,5 63 1870... 71 103 69 1880... 82 110 74,5 1890... 92 103 89,6 1900... 100 100 100 1010... 110 104 106 Nach diesen Aufstellungen müßte sich die wirtschaftliche Lage der Arbeiterklasse in den letzten hundert Jahren ganz ungeheuer gebessert haben. Die Kauslraft deS Arbeitslohnes hätte sich demnach beinahe verdoppelt. Besonders scharf war die Steige- rung der Löhne in den letzten zwanzig Jahren, während die Kosten des NahrungsmittelaufwandeS nur eine minimale Veränderung er- fahren haben. Bei dem großen Interesse, daß gegenwärtig in Deutschland den Fragen internationaler Statistik entgegengebracht wird, ist anzunehmen, daß dte Ergebnisse der französischen Er, Hebungen auch hier vielfach Verwendung finden werden. Vor allem wird man darauf gefaßt sein müssen, daß die deutschen national- ökonomische» Professoren und auch amtlichen Stellen diese Ziffern in ihre Publikationen aufnehmen und sie damit noch gewissermaßen sanktionieren. Es muß deshalb darauf hingewiesen werden, daß diese Statistik zu einem großen Teil auf lokalen Ermittelungen, die nach verschiedenen Methoden erfolgt sind, beruht und daß es sehr bedenklich erscheint, derartige Einzelresultate zu verall- gemeinern." Für Deutschland sind wir in der Lage, einzelne der Zahlen vergleichsweise heranzuziehen. Nach dein soeben erschienenen Jahr« buch für den Preußischen Staat sind z. B. von 1816/20 bis 1911 die Rindfleischpreise von 62 auf 131, die Schweinefleischpreise von