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fähigen in Kasernen an der finanziellen Unmöglichkeit. Aus allen diesen Aöten kam: eben wieder nur das Milizsystem Helsen , das die deutsche Sozialdemokratie in ihr Programm aufgenommen Hot, und dessen Notwendigkeit für Frankreich unser Genosse Jültfös in feinem BucheLa novelle armde" (Das neue Heer) ausführlich dargelegt hat. Noch viel angreifbarer wird aber die Begründung der deutschen Wehrvorlage, wenn man Frankreichs militärisch- politische Situation in feinen Kolonien und die seiner Alliierten betrachtet. Die letzten Ereignisse in Marokko reden da eine sehr deutliche Spuache. Auch darüber wird noch manches zu sagen sein.__ Aermiith gegen die etatstchwindler. Der eben erst ausgeschiffte Reichsschatzsekretär Mermuth der- offentlicht in derDeutschen Revue" einen sehr interessanten Ar- tikcl gegen die offiziösen Etatsfriseure und Finanzjongleure, die jetzt in der amtlichen, halbamtlichen und schwarzblauen Presse so emsig am Werke sind, um die Finanzlage als eine so glänzende zu schildern, wie sie es für ihre Zwecke brauchen. Für den Zweck nämlich, die finanzielle Situation des Reiches so darzustellen, als ob trotz der enormen Mchranfordrrungen für den Militarismus lediglich die Ueberschüssc auS den Jahren lÄtl und die lumpigen 3Y Millionen aus der Aufhebung des Branntweinkontingents auS- reichten, um alle militärischen Mehrkosten zu decken. Gegen diesen rosenroten Optimismus wendet sich Herr Wer- muth mit äußerster Entschiedenheit. Und es ist geradezu köstlich zu sehen, wie derselbe Mann, der vor kurzem noch selbst bemüht war, die finanzielle Lage de? Reiches so günstig als möglich darzustellen, jetzt plötzlich nach seinem Rücktritt der Wahrheit die Ehre gibt und alles das bestätigt, was derVorwärts" ge» schrieben. Als seinerzeit nicht nur von den Offiziösem, sondern mit arger List auch von Herrn Erzberger die Finanzlage so überaus glänzend geschildert, als zumal von Herrn Erzberger wie den Offi- ziösen behauptet wurde, daß inzwischen bereits eine erhebliche Schuldentilgung eingetreten sei, da wie» derVorwärts" rechnerisch unwiderleglich nach, daß alles das nichts als Schwin» d c I sei. Denn trotz unertvartet hoher Ueberschüsse über den Etatsansatz hinaus könne von einer faktischen Schuldentilgung deshalb unmöglich die Rede sein, weil ja die SchuldentilgungS- betrage des Etats rein fiktive gewesen seien und nur dann zur Schuldentilgung hätten verwendet werden können, wenn auf der andern Seite entsprechende Mchranleihen aufgenommen worden wären. Daß wollte damals weder die Regierungspresse noch natürlich der Klopffechter des blauschwarzen Block«, Herr Erz- beiger, zugestehen. Aber was sagt nun Herr Mermuth , der ehemalige Reichsschatzsekretär, der genaue Kenner der Verhältnisse? Wörtlich das Folgende: Für das Jahr 1310 bedarf es schon einiger Mühe, nm nach. zuweisen, daß die gesetzliche Schuldentilgung'ü b e r ha u p t er» . reicht und der Schnldentilgnngsbetrag nicht bloß von der Anleihe abgeschrieben ist." Und wie steht es mit der Schuldentilgung für dab Jahr 1911, wo nach den Beteuerungen der RegiernngS- und blauschwarzen Presse ein Ucberschuß von 230 Millionen vorhanden sein soll? Da erklärt Herr Mermuth , daß im Etat für WH nocht ILö M i l, A tonen Marl Anleihe für nichtw erbende Zwecke enthalten gewesen seien, so daß die Ueberschüsse diese« Etats "Zunächst in dieser Höhe für die Schuldentilgungen ver- Wendung zu finden hätten. Geschähe das nicht, so sei auch für 1911 kein Pfennig wirklicher Schuldentil- g u n g zu erwarten. Aber weiter: Auch der Etat für 1812 enthalte eine Anleihe von 103 Millionen für nichtwrrbende Zwecke. Selbst also, wenn sich über die Einnahmeansätze des Etats hinaus ein beträchtlicher Ucberschuß ergäbe, lverde doch erst von einer wirklichen Schuldentilgung gesprochen werden können. wenn diese Anleihe gedeckt sein werde. Wolle man also die Ueberschüsse von 1811 und 1312 dazu verwenden, die neuen Mehrausgaben zu decken, so sinke das Reich, wie man eS sinanztechnisch auch zu bemänteln suche, wieder in die alte Llnleihewirtschaft zurück! Diese Darlegungen de» Herrn Mermuth, auf die wir noch näher zurückkommen werden, beweisen, daß unsere wiederholte dringliche Forderung, endlich einmal den Etat so Übersicht- I i ch zu gestalten und eine so klare Uebersicht auch über die ganze finanztechnische Lage de» Reiche» zu geben, daß sie auch dem Laien verständlich sei, nur zu berechtigt war! Wir haben wiederholt festgestellt, daß auch nicht ein« einzige Partei und nicht ein einziges bürgerliche» Blatt bisher in der Lag« waren, au» dem Etat einen wirklich einwand»- freien Ueberblick über die finanzielle Situation des Reiches zu geben. Sogar die etatsmäßigen Auseinandersetzungen desBor- ivärtS" mit derNordd. Allg. Ztg." und dem RegierungSoffiziosus Herrn Erzberger sind völlig ohne SukkurS auch nur eines liberalen Blattes geblieben! So ungeheuerlich cS war: die SchuldentilgungS- ntärchen des Herrn Erzberger blieben auch in der bürgerlich- oppositionellen Presse völlig unwiderlegt! Jetzt kommt der ehemalige Reichsschatzsekretär Mermuth selbst, um diese Legenden zu zerstören I Man sollte aber doch nicht damit rechnen, daß immer ein abgesägter Reichsschatz. s e k r e t S r die nötige Klarheit über eine finanzielle Situation verbreitet, die er, sofern er noch im Amte verblieben wäre, von Berufs wegen zu verdunkeln sich berpfichtet gefühlt hätte! Ucbersichtlichkeit des ReichSetat«, Heber sichtlichkeit de« Etat» der ReichSschuldcnverwaltung und der Schuldentilgung sind für die Beurteilung der jeweiligen finanziellen Lage deS Reiches das allerdringendste Erfordernis! Der flufitand in Marokko . Paris , 19. April. (Eig. Ber.) Die Bourgeoispresse ist sich über die Ursachen des Aufstandes in der marokkanftchen Hauptstadt nicht einig. Manche Blätter meinen, schuld daran sei, daß die französische Negierung sich bei der Organisation der scherifischen Truppen übereilt habe. Andere glauben im Gegenteil, die Revolte sei die Folge einer zu großen Langsam- keit. Man habe die Gefühle der Marokkaner schonen und die öffentliche Meinung in Frankreich nicht durch eine große mili- tärische Aktion erschrecken wollen. In der Tat ist es unleug- bar, daß man die Aufrichtung des Protektorats wie eine Sache behandelt hat, die nur von den Diplomaten ausgemacht und von den Parlamenten besiegelt zu werden brauche, wozu dann nur noch die Formalität der Zustimmung Muley Hafids zu kommen habe. Wenn die bürgerlichen Blätter jetzt aus einmal «finden, derlei Ereignisse, wie das in Fez, seien vorauszusehen gewesen, so rst es unbestreitbar, daß von ein paar Aus- i-.ahmcn abgesehen nur die Sozialisten immer und itrnner wieder darauf hingewiesen haben, daß die tatsächliche Etablierung der Oberherrschaft noch schwere Opfer an Blut und Geld kosten werde. Heute liegt dies vor aller Augen und auch die andere Voraussage ist eingetroffen, daß die angeblich sonationale" Weltpolrtik:n kritischen Situationen der inter - nationalen Politik einen großen Teil der französischen Wehr- macht binden würde. Denn daß es sich nicht um eine bloße Meuterei malkontenter Soldaten handelt uiti> der in den offiziellen Meldungen bekanntgegebene geringfügige Anlaß toohl kaum mehr als ein Vorwand und jedenfalls ein Anstoß zu einer durchaus nationalen und religionsfanatischen Er- Hebung war, müssen auch die bürgerlichen Zeitungen zugeben. Die marokkanischenRebellen" so nennt man diejenigen, die ihr Land von ihrem Herrscher nicht an die Fremden aus- liefern lassen wollen sind zweifellos von jenem leidenschaft- lichem Geist der Selbstbehauptung erfaßt, der jetzt durch die vom raubgierigen Kapitalismus derchristlichen" Staaten allenthalben bedrohte Welt des Islam geht. Die jüngsten Ereignisse in Tunis haben gezeigt, daß auch in dieses Pro- tektoratsland die Wellen der religiös-nationalen Erregung hinüberschlagen. So zeigt sich die Politik der kapitalistischen Expansion, die jetzt in den Dardanellen von neuem die Gefahr des furchtbarsten Weltkrieges heraufbeschwört, in ihrer ganzen Torheit und selbstmörderischen Aberwitzigkcit. Die Kämpfe in Fez. Pari», 80. April. AuS Fez wird vom 1. d. M. gemeldet: Während der Nacht wurden leichte Angriffe auf die französischen Vorposten unternommen, die mühelos zurückgeschlagen wurden. Am Morgen haben Aufftändische ein« Anzahl Franzosen , die in eng- lisch« Häuser geflüchtet waren, weggeführt, unter ihnen den Direk- tor und einen Angestellten deS Credit Foncicr. Eine Patrouille hat ein Hotel, in dem mehrere Europäer den Angriffen der Auf- ständischen Widerstand leisteten, entsetzt. ES wird befürchtet, daß einzeln« derselben Opfer deS AufttandeS geworden sind. Paris , 13. April. Di« S i t i u s s i, dt«, wie gemeldet, gegen Fez vorrückten, sind S00 Meter südlich der Stadt zurück- geschlagen worden. Mehrere Stämme haben sich vereinigt und einige Duar» treugebliebener Stämme zerstört. Die Bewohner der DuarS haben sich in daß französische Lager geflüchtet. Paris , 20. April. AuS Tanger wird gemeldet: Bei dem Scharmützel vor den Toren von Fez sollen die fran- zösischen Truppen, die einen Bajonettangriff unternehmen mußten, 8 Tote und 2b Verwundete gehabt haben. UMer den vermißten Franzosen werden auch die beiden Kassierer der Zweiganstalt des Credit Foncier d'Alger in Fez genannt. Offizielle Meldungen. Paris , 80. April. Im heutigen Mini st errat teilten Ministerpräsident Poincar«, Kriegsminister Millerand und Marine- minister Delcasse die Funkentelegramme mit, die au» Fez ein» getroffen sind und deren letzte» die Wiederherstellung der Ruhe meldet. Die Konsuln von England und Spanien haben dem französischen Gesandten Regnault ihren Dank für den den Konsulaten und ihren Landsleuten gewährten Schutz ausgesprochen und ihn zu der Tapferkeit der französischen Truppen beglückwünscht. Der Ministerrat erachtete e» für sein« Pflicht. Regnault die In- struktionen vom 1. April zur Errichtung de» Protektorat» zu be- stätigen. Zwischen Regnault und Moinier herrscht übrigen» volles Einverständnis. Mille ran d teilte mit, daß sich gegenwärtig 2LS70 Soldaten in Marokko befinden, davon 7260 in den Gebieten von MekineS und Fez. Di« scherisischen Truppen sind 6000 Mann stark, davon befinden sich 4000 in Fez. Die OkkupationStruppea an der algerisch-Marokkanischen Grenze belaufe« sich auf 10 400 Mann. /.:', ,, Pari», 16. Aprill Im Zusammenhang mit den Meldungen über den Aufstand in Fez wird in einer weiteren offiziösen Mitteilung berichtet, daß der Gesandte Regnault, der ur- sprünglich nur die Unterzeichnung deS Protektoratsver­trages durch den Sultan durchzuführen hatte, am L April vom Ministerpräsidenten Poincarö telegraphisch den Auftrag erhielt, mit der Einrichtung des Protektorats zu beginnen. Regnault stellte alsbald telegraphisch eine Reih« von Anträgen, die von Poincar« gebilligt wurden, darunter ein Antrag betr. die Aufstellung eines Budget« für die Bezahlung der Gehälter der Machsenbeamten, um der Ausbeutung der Bevölkerung ein Ende zu machen, sowie betr. die Ernennung eine» Vertreter» deS Sultan » und eines französi­ schen Kommissar» in allen wichtigen Städten, lleberdie» beantragt« Regnault, daß bei den militärischen Rekognoszierungen nur sehr starke Aufklärungsabteilungen verwendet werden, um auf die Marokkaner Eindruck zu machen. Verbot der Reisen in» Innere Marokko». Tanger , 13. April. Wegen der herrschenden Unsicher« heit ist der Befehl ausgegeben worden, Personen, die m das Innere de» Landes abreisen wollen, zurückzuhalten. Die Ruhe ist wieder hergestellt." Paris , 20. April. Ein im Ministerium des Auswärtigen um Mitternacht eingetroffenes Funkentelegramm auS Tanger meldet, daß die Verstärkungen au» MekineS in Fez eingetroffen sind. Nach einem heftigen Kampf haben die französischen Truppen die von den Aufftändischen besetzten Stellungen eingenommen. Die französisch« Flagge weht jetzt ans den Wällen. Die Ruhe ist wiederhergestellt. General Moinier wird heute in Fez erwartet. Die Meldung von der Wiederherstellung der Ruhe in Marokko ist ungefähr ebenso einzuschätzen wie die SiegeSnachrichten der Italiener vom tripolitanischen Kriegsschauplatz. poUtiscbe dcbcrficht. Verlin. den 20. April 1912. Reichsparteiliche Obstruktion. Die Reichseisenbahncn. Zwei Niederlagen in einer halben Stunde: Dieses jhmst- stück parlamentarischer Fextigkeit hat heute der Abgeordnete Dr. A r e n d t zu Wege gebracht. Seitdem die von den deutschen Wählern dezinierte Reichspartei allen Anstrengungen zum Trotz es nicht zu der Größe einer Fraktion gebracht hat, sind ihre Führer eigent­lich sind nur noch Führer da, dieAngeführten" haben sich verlaufen ganz besonders gegen ihr Schicksal erbittert. Und plumper noch als ihre konservativen Freunde bemühen sie sich, die Arbeitsfähigkeit dieses Reichstages zu bestreiten. So machen sie, wo es nur vielleicht gelingen könnte, kleine Obstruktionsversuche. Der heutige Tag sollte ihnen zwei Ge- legenheiten bieten, ihre Fähigkeiten zu erproben. Aber beide Male zeigte sich, daß jeder Obstruktion, die nicht im Volks- willen wurzelt, die Kraft fehlt und der Erfolg ausbleiben muß. Die entsetzliche Katastrophe derTitanic" bildete den ersten Anlaß, und man konnte so zunächst feststellen, daß diese Herren frei von aller Empfindlichkeit sind, wenn sie irgendein Politisches Resultat für sich erhoffen. Ihr Antrag auf Er- Hebungen über die Sicherheitseinrichtungen in der deutschen Marine gründete sich zwar nur auf unkontrollierte Zeitungs- Nachrichten, über deren Unzuverlässigkeit gerade die Rechte nicht genug klagen kann, wenn sie in irgend welchen Fällen von unseren Rednern zitiert werden, die ihnen indessen zu ihrem Manöver natürlich gut genug waren. Herr Arendt, der der" Feierlichkeit der Stunde halber seiner Uebung ent- gegen die Tribüne bestiegen hatte, begründete seinen?lntrag mit Tränen der Rührung in der Stimme. Er trieb die Heu­chelei so weit, daß er sogar von einer Teilnahmslosigkeit der Linken sprach, weil sie sich für ihn nicht interessieren mochte. Ter Staatssekretär Dr. Delbrück war der Zustim- nnrng fast des ganzen Hauses sicher, als er die Revision der gegenwärtig geltenden Bestimmungen ankündigte, es aber ablehnte, jetzt schon die ganze Frage materiell zu erörtern. wo doch eine exakte Prüfung noch gar nicht möglich fem könne. Herrn Arendt, der überall abgefallen war, erschien danach so- gar die voni Genossen H a a i e vorgeschlagene Vertagung zu viel: wehmutsvoll zog er unter dem Gelächter der Linken seinen Antrag zurück! Ter zweite Reinfall: Alle Fraktionen hatten sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der aus der Strafgesetznovelle zunächst die notwendigen und unaufschiebbaren Aenderungen herausnimmt, über die keine Mcinuixgsverschiedenheit bc- steht. Es war auch verabredet, daß über diesen Gegenstand nicht debattiert werden solle. Aber Herr Arendt hielt seine Rede und schlug die Uebertveisung an eine Kommission vor. Herr Wellstein vom Zentrum lehnte es sehr scharf ab, sich auf eine solche Debatte einzulassen, und bei der Absttm- mung über den Antrag Arendt erhoben sich mit dem erfolg- reichen Taktiker noch reichlich zehn Mann.... Nachdem der Gesetzentwurf in erster und zweiter Lesung beraten war, begann das Haus die Beratung des Etats der Reichseisenbahnverwalwng. Genosse Fuchs eröffnete die Debatte mit einer ein- gehenden Betrachtung'namentlich der Arbeiterverhältnisse. Nachdem der Zentrumsmann K u ck h o f f die Beschwerden einiger Beamtenkategorien vorgebracht und der national- lcherale Geheimrat Schwab ach seine sehr nationalliberale Rede gehalten hatte, äußerte sich Herr von Breitenbach selber. Muß noch besonders betont werden, daß nach seiner Meinung alles in der besten der Verwaltungen am besten be- stellt ist? Die Löhne so sagt er niit vornehmer Noncha- jance sind ausreichend, wenn nicht gar zu scksön: die hy- gienischen und anderen Einrichtungen hervorragend! Koali- tionsrecht das gibt es selbstverständlich nicht! Mit un- erschütterlichem Gleichmut setzte er seine hahnebüchene Theorie von seiner Bekämpfung der Sozialdemokratie auseinander. Am Donnerstag vermutlich da die drei ersten Tage der nächsten Woche für die Generaldebatte der Wehrvorlage reserviert sind wird die Debatte fortgesetzt. Als Redner unserer Fraktion werden die Genossen Dr. Weil! und. P ei rotes sprechen._ Abgeordnetenhaus. Da» Abgeordnetenhaus beendete am Sonnabend zunächst die zweite Beratung des Etats der Eisenbahnverwaltung. ES wurden nur noch lokale Angelegenheiten, insbesondere die Fragen der Bahn« Hofsbauten besprochen. Die Interessen deS Personals, nicht nur der Eisenbahner, sondern auch der Straßenbahner, nahm nochmal» Ge« nosse H o s s m a n n wahr, der namentlich für eine erweiterte Sonn- tagSruhe eintrat. Auch der unvermeidliche Herr S t r o s s e r erschien wieder auf dem.Plan, um den Piaat zu reiten. Hatte er doch ent- deckt, daß eine von der Eisenbahnverwaltung beschäftigte elsäsfische Maschinenfabrik sranzosensreundlich und deutschfeindlich ist. Ein Glück, baß Strosser wacht. Der Staat ist durch seine«ufmerksam- keit einer großen Gefahr entronnen, denn selbstverständlich wird der Minister sofort dafür sorgen, daß die Inhaber der Finnen sich die richtige Gesinnung zulegen. In vorgerückter Stunde begann noch die Beratung de» Kapitel# .Höhere Lehranstalten" vom KultuSeiat. Die Debatte, die belang- lo» war, soll Montag fortgesetzt werden. Die Vorsitzenden der bürgerlichen Fraktionen de» Abgeordneten- hause» haben sich in einer Besprechung mit dem Präfidenten dahin verständigt, die Arbeiten de« HauseS so zu fördern, daß vor Pfingsten Vertagung bis Mitte Ottober eintreten kann. Die Sozialdemokraten waren zu der Besprechung nicht hinzugezogen. Zentrum und Militarismus. Wie steht das christliche Zentrum zum menschemnordenden Krieg zum Militarismus überhaupt? Stellen wir vorerst einmal fest: wa» heißt eigentlich Militarismus? Damit die braven Zentrumsfreunde de» Frieden» und de» Kriege» nicht eine Defi- nierung, wie wir sie bringen, ablehnen, lassen wir die folgende gelten. Sie stammt aus dem Staatslexikon der GörreSgesellschast zur Pflege der katholischen Wissenschaft in Deutschland . E» heißt in diesem von Dr. Julius Bachem herausgegebenen Werke dazu: Militarismus ist im allgemeinen Sinne Kriegswesen überhaupt, im engeren landläufigen Sinne jener Zustand des Staate?, wo das Kriegswesen auch in FriedenSzeiten den un­mittelbaren StaatSzwcck, das öffentliche Wohl, b e e i n t r ä ch- t i g t, wo durch das lieberwiegen des Kriegswesens über die anderen Seiten der öffentlichen Tätigkeit der Staat nicht mehr all« Bedingungen erfüllt, die notwendig sind, daß alle Glieder des Staates frei und selbständig i» ihrem Glücke wirken und eS erreichen können." Wenn schon die Erläuterung nicht ganz korrekt ist, t« beson- deren nicht in ihrem mehr sentimentalen zweiten Teile, wir wollen sie trotzdem akzeptieren, weil sie eben vom Zentrum kommt, aus einem weltberühmten katholischen wissenschaftlichen Werke, dem GörreSlexikon. Wie steht das Zentrum zu diesem eben charakterisierten Mli- tarismus? Man muh schon weit zurückgehen in der Zentrums- Parteigeschichte, ehe man auf kritische und ebensolche Meinungen stößt, wie sie im latholisch-wissenschaftlichen GörreSwerke ausge­sprochen sind. Peter Reichensperger , da? überragende Haupt der- gangener Zentrumsfraktionen, erklärte tri der Debatte über den Militäretat einmal bündig und energisch: Ich bin der Meinung, daß wir das Recht und die Macht haben, den Fuß zu setzen auf die Quelle deS Uebels. an dem ganz Europa krankt, ich bin der Meinung, daß wir das Recht und die Pflicht und die Macht haben. das Wort zu sprechen, das allgemeine Abrüstung heißt und nicht Abrüstung von unS einseitig, daS fällt mir nicht ein, aber«in ernstes Wort zu reden, daß alle Staaten zur Abrüstung nötigenfalls gezwun, gen würden. Wenn irgend ein Krieg jemals gerechtfertigt ist, so wäre eS ein Krieg, der endlich die Sicherung der Segnungen des Frie» den« herbeiführen will daz ist der innerlich gerechteste Krieg und ich sage ganz uichedingt: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende." DaS war zweifellos kräftig und eindeutig. Aber schon fünf Jahre vorher hatte es aus dem Zentrum in diesem Tone gesprochen. Uns kommt da gerade die Aernerlung. des Abg. v. Schorlemer- A l st, auch einer hohen Zentrumsstütze, unter. Er erklärte bei der zweiten Beratung des Gesetzentwurf» über de« Landsturm am 11. Januar 187S;