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St. 94. 29. 1. KtilU des Jomiitts" Krrlim üolMInlt Dieustag, 23. April 1912. Die Mehrvorlage im Reichstage. 43. Sitzung. Montag, den 22. April 1912, nachmittags 2 Uhr. Am Tische des Bundesrats: v. Bethmann Hollweg  . Frhr. v. Heeringen, b. Tirpitz.Kühn. Lisco. Dr. Del- brück. Reichskanzler Bethmann Hollweg  : Die Verbündeten Regierungen haben Ihnen Gesetzentwürfe vor- gelegt, welche eine Stärkung unserer Wehrmittel zu Wasser und zu Lande bezwecken. Die Vorlagen bereiten zum Teil eine sofortige, zum Teil eine sich allmälig steigernde Ver- niehrung und Verbesserung unserer Kriegs- und VerteidigungSbereit- schaft vor. Beide Borlagen sind das Ergebnis eingehender Prüfungen und Arbeiten der zuständigen Ressorts. Ihr Schwerpunkt liegt in den organisatorischen Neuerungen, die sie bringen, deren Begründung im einzelnen den Chefs der beiden Ressorts vorbehalten bleibt. Ich selbst will mich auf einige allgemeine Gesichtspunkte beschränken. Zunächst möchte ich hervorheben, datz wir Ihnen die Gesetzentwürfe nicht vorgelegt haben im Hinblick auf eine un- mittelbar drohende Gefahr. In der augenblicklichen europäischen   Situation liegt kein Grund für uns zur Beunruhigung. Trotzdem würden wir gewissenlos handeln, wenn wir nicht unsere Rüstungen aus einem unseren Mitteln und unseren Kräften entsprechenden Stand erhalten und stets wieder auf ihn bringen wollten. Tun wir das nicht, dann sind alle unsere Aufwendungen für Wehr- zwecke überhaupt am letzten Ende zwecklos.(Sehr richtig l rechts.) Datz dieser Gedanke immer mehr Gemeingut der Nation geworden ist, dafür zeugen die zahlreichen Stimmen, die aus dem Volke selbst gekommen sind--(Schallende Heiterkeit bei den Sozialdemokraten. Lebhaste Zustimmung rechts), die sie fordern! Diese Stimmung beruht nicht auf kriegerischen Gelüsten oder auf dem Wunsche, andere zu bedrohen. Deutschland   ist kriegsbereit, wenn ihm ein Krieg aufgezwungen werden sollte, Händel aber sucht eS nicht.(Beifall.) Die Stimmung beruht vielmehr auf der durch- aus berechtigten Auffassung, datz eine starke Rüstung für die Erfüllung aller unserer Zwecke und Ziele nötig ist. Wir brauchen eine starke Rüstung nicht nur zur Abwehr eines möglichen Angriffs auf uns, sondern zur Wah rung unserer Stellung im Frieden, zur Sicherung unserer Wohlfahrt zu jeder Zeit.(Sehr richtig!) Gerade diejenigen, die den Frieden wünschen, die für den Frieden arbeiten, die für den Frieden reden, können sich der Einsicht nicht vcrschlietzen, datz für Deutschland   mit seiner kontinentalen Lage im Herzen Europas  , mit seinen nach allen Seiten hin offenen Grenzen in einer starken Wehrmacht im be- sonderen Matze die sicherste Friedensbürgschaft liegt. Es geschieht ja viel, um Konfliktsmöglichkeiten zu verhindern, nicht bloß auf Friedenskongressen, sondern auch durch Abmachungen unter den Staaten und ähnliche Verabredungen. Dadurch werden die Kriegs- Möglichkeiten verringert, aber ausgeschlossen werden sie nicht. Die Beziehungen der Nationen breiten sich immer weiter über den Erdball aus. Dadurch werden unzweifelhaft die fried- lichen Berührungspunkte vermehrt; zugleich aber treten in dem Konkurrenzkampf der materiellen Interessen neue KonfliktSmöglichkeiten hervor. Ich habe gesagt, zurzeit liegen Gründe zur Beunruhigung nicht vor. Um so mehr bedauere ich die alarmierenden Gerüchte, die bei uns und anderswo, vielleicht in mitzverstandenem Pa- triotiSmus, in erregten Pretzartikeln ausgestreut werden, um die nötigen Rüstung Smatzrcgeln angeblich zu fördern. Sie stören Handel und Wandel(Sehr richtig I) und stiften keinen Nutzen.(Sehr richtig I) Ich habe die Ueberzeugung, und alle Anzeichen sprechen dafür, daß keine Rcgicrung der Großmächte einen Krieg mit uns wünscht oder herbeizuführen sucht.(Hört I hört I links.) Aber sehr häufig sind die Kriege nicht von den Regierungen geplant und herbeigeführt worden. Die Bilker sind vielfach durch lärmende und fanatisicrte Minder- hcitcn in Kriege hineingetrieben worden. (Sehr richtig l links.) Diese Gefahr besteht noch heute und viel- leicht heute'. n noch höherem Matze als früher(Hört! hört I rechts), nachdem die Oeffentlichkeit, die Volksstimmung, di? Agitation an Gewicht und Bedeutung zugenommen haben. Wehe dem, dessen Rüstzeug dann lückcnvoll wäre! Wie sich die Zukunft entwickelt, wird niemand prophezeien wollen. Als wir 1919/11 das O u i n q u e n n a t machten, hat niemand voraus- gesehen, datz sich sofort an die Schlichtung öffentlich aufgetretener internationaler Differenzpunkte die Besorgnis vor akuten Ver- Wickelungen und damit die Sorge heften würde, ob wir noch länger einen Teil unserer militärischen Kräfte unbenutzt lassen könnten. Aber nicht nur im Ausblick auf einen möglichen Krieg sei es in naher oder ferner Zukunft haben wir die Pflicht, stark, militärisch stark zu sein. Auch unser Ansehen und unsere Wohlfahrt im Frieden hängen davon ab. Nach unserer Wehrkraft bemitzt mau unseren Wert als Freunde und Bundesgenossen(Bravo I rechts), unsere Bedeutung als eventuelle Gegner, das Gewicht unseres Wortos in internationalen Fragen, die unS berühren, die Rücksichten, die andere auf unsere Interessen nehmen. Wir sehen, datz alle Völker rings um uns nach denselben Grundsätzen verfahren. Wir werden darüber in der Kommission noch weitere Mitteilungen machen. Da können wir mit unserer exponierten geographischen Lage, auf die ich bereits hinwies, mit den steigenden Bedürfnissen eines wachsenden Volkes nicht zurück- stehen. Sie werden, wie ich glaube, dem Lande einen Dienst erweisen, wenn Sie ihm das, was für seinen Schutz und seine Sicherheit notwendig ist. im Gefühl nicht erregter Befürchtungen, sondern ruhiger und ernster Entschließungen gewähren.(Beifall bei den bürgerlichen Parteien.) Lassen Sie mich noch eiuige Worte über die DeckungSfrage sagen. ES ist gewitz keine leichte Aufgabe, schon sobald nach der Steuerreform von 1999 und den Lasten, die sie dem Volke auferlegt hat. mit neuen Steuerforderungen hervorzutreten. Niemand hat das klarer erkannt und hervor- gehoben, als der verdienstvolle bisherige Leiter der Reichsfinanzen.(Stürmisches Gelächter links.) Ich weitz nicht, warum das Ihre Heiterkeit erregt I(Zuruf bei den Sozial- demokraten: Wo sitzt er denn? Grotze Heiterkeit.) Aber so wenig wir um der Hindernisse willen, die sich neuen Steuerforderungen entgegenstellen, Aufgaben unserer nationalen Wehrkraft ablehnen, oder gar aufschieben könüten, ebenso wenig dürfen wir von dem Grundsatze einer gesunden Finanzpolitik abweichen. (Lachen links.) Keine Armee kann ohne die Rückdeckung starker Finanzen agieren, aber eine starke Armee ist zugleich das sicherste Fundament guter Finanzen. ES wäre deshalb unverantwortlich, wollten wir den Grundsatz verlassen: Keine Ausgabe ohne D e ck u n g. wollten wir zurückkehren zu dem System deckungsloser Ausgaben, das uns in vergangenen Jahrzehnten in so schwere Kalami- täten gebracht hat. Und ich bin überzeugt, datz auch der Reichstag die Schwere der Verantwortung fühlt, die ihm mit der Lösung der Decknngsvorlagen auferlegt ist(Sehr richtig! links), und datz er mit den verbündeten Regierungen einig in dem Willen ist. die Ausgaben für unumgängliche Rüstungszwecke nicht zum Ausgangspunkt eines neuen Leidensweges der Reichsfinanzen zu machen. Nun hat die öffentliche Kritik dem Finanzplan, der Ihnen in der Denkschrift des Reichsschatzamtes vorliegt, vielfach den Vorwurf mangelnder Solidität gemacht. Zu Unrecht, und ich hoffe, Sie werden sich dieser Auf- fassung anjchlietzen, wenn Sie die Darlegungen, die Ihnen der Herr Reichsschatzsekretär machen wird, unvoreingenommen prüfen werden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Warum denn nicht Mermuth  ?) Ich mutz zugeben, alle Zukunfts- schätzungen für eine längere Zeit sind mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, müffen mit ihr behaftet sein, selbst wenn sie noch so sorgfältig aufgestellt werden. Die Ausdehnung der Erbschaftssteuer, die von der Linken dieses hohen Hauses grundsätzlich gewünscht wird, hätte uns nach unseren Schätzungen einen Ertrag von etwa 69 Millionen geliefert, gegenüber einem Ertrage von 36 Millionen, den wir von der Aufhebung des Branntw!insteuerkontingentS erwarten. Kann man nun wirklich behaupten, datz eine Differenz von bis 39 Millionen bei einem Milliardenetat unsere Vorschläge von vornherein zu un- soliden Vorschlägen stempeln mutz? Wer den Erörterungen der Oeffent- lichkeit in den letzten Tagen gefolgt ist und aufrichtig sein will, der mutz zugeben, datz die Kritik an unseren Finanzplänen nicht lediglich auf finanziellen Erwägungen beruhte.(Lebhafte Zu- stimmung rechts und im Zentrum.) Ein lautes Wort sprach dabei das Mißbehagen darüber mit, datz wir die Erbschafts   st euer nicht eingebracht haben.(Sehr richtig I rechts und im Zentrum.) Hätten wir das getan, dann wären die Berechnungen der Ueberschüsse, die Hoffnungen der zukünftigen Einnahmen richtiger und gerechter beurteilt worden, und wir würden nicht den zehnten Teil der Vorwürfe zu hören bekommen haben, die jetzt gegen unsere angeblich unsolide Finanzwirtschaft erhoben worden sind.(Sehr richtig I rechts und im Zentrum.) Wir habe�darauf verzichtet, Ihnen die Ausdehnung der Erbschaftssteuer vorzuschlagen, weil ivir der Ueberzeugung sind, datz wir mit den Erträgen, die uns die Aufhebung des Kon- tingents bringen wird, auskommen(lautes Lachen links), und weil weiter die Erweiterung der Erbschastssteuer zweifellos die Kluft zwischen dm bürgerlichen Parteien vergrößert hätte.(Erneutes Lachen links.) Nun ist mir allerdings in der linksliberalen Preffe in der letzten Zeit tagtäglich als unverzeihlicher Fehler vorgehalten worden, datz ich die zu positiver Mitarbeit uns weit entgegengestreckte Hand der sozialdemokratischen Fraktion zurückgewiesen hätte.(Lachen rechts.) Gibt uns diese Hand die Wehrvorlage? (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Nein!) Ich habe aus Ihrer Presse bisher dasselbe herausgefunden. Wenn wir uns jetzt darauf verlassen hätten, datz die Vorliebe der Sozial- demokratie für Besitzsteuern sich stärker erweisen würde, als ihre Abneigung gegen eine Verstärkung von Heer und Flotte, dann wäre daS ein Experiment gewesen, bei dein nur ein folgenschwerer Mißerfolg der Re- gierung herausgekommen wäre.(Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Also nicht dem einen zuliebe und dem anderen zuleide haben die Verbündeten Regierungen von der Einbringung der Erbschaftssteuer abgesehen, sondern aus dem einfachen Grunde, weil sie, statt eine Majorität für den Entwurf sich zu sichern, lediglich der Verbitterung unter den Parteien Vorschub geleistet hätte und das obendrein im unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der Wehrhaftigkeit des Deutschen Reiches, die für eine größtmögliche Einmütigkeit der Volksvertretung Wünschens- wert ist.(Beifall rechts und im Zentrum.) Ich kann des- halb die Linke dieses hohen HauseS doch nur bitten, datz die vorgeschlagene Aufhebung der sogenannten Liebesgabe nicht darunter leiden möchte, datz die Erbschastssteuer nicht auf das Tapet gebracht worden ist.(Lachen links, Zustimmung rechts.) Sie haben die Liebesgabe jahrzehntelang bekämpft.(Sehr richtig! rechts.) Sogar stärker als heute.(Sehr richtig! rechts und Heiterkeit.) Da meine ich, Sie sollten Ihren alten Grundsätzen treu bleiben(Sehr richtig! rechts, Heiterkeit.) und durch Zustimmung zu dieser Matzregel die Wehrvorlagen unterstützen, die, wie ich zuversichtlich hoffe, bei allen bürgerlichen Parteien dieses hohen HauseS ein über- zeugendes Entgegenkommen finden werden. So sehr Ihnen auf der Linken es auch am Herzen liegen mag, den unseligen Streit für die Erbschaftssteuer jetzt zum Austrag zu bringen, so würden Sie doch auch kein wahres Interesse des Landes, weder nach innen, noch nach außen darin erblicken, daß die nationale Frage unserer Wehr- kraft durch diesen Streit vergiftet wird. Die Genehmigung der Vorlagen, die die Verbündeten Negierungen im Interesse der Wehrkraft des Deutschen Reiches für erforderlich halten, ist ein Erfordernis, das hoch über den Kämpfen der Parteien stehen sollte. Je mehr diese Kämpfe dabei ruhen, desto stärker kommt der nationale Wille zum wirkungsvollen Ausdruck. Durch die Stellung, die Sie zu den Vorlagen einnehmen, geben Sie, darum bitte ich, der Welt einen neuen Beweis für die e i n s i ch- tige Opferwilligkeit und auch in Zukunft ungebrochene Vaterlandsliebe der Nation.(Bravo  ! rechts und im Zentrum.) Neue Macht und Stärke soll dem Deutschen Reiche aus dem Inhalt der Vorlagen erwachsen. Aber bevor sie noch zur Tatsache geworden sind, wird eine schnelle und möglich st einmütige Ge- nehmigung dessen, was die Verbündeten Regierungen zum Schutze und zum Mohle des Vaterlandes für unumgänglich halten, zur Erhöhung des Ansehens und der Machtstellung der Nation dienen. (Lebhafter Beifall bei allen bürgerlichen Parteien.) Preußischer Kriegsminister v. Heeringen: Die früheren Friedenspräsenzgesetze von 1899 ab erforderten einen allmählichen Ausbau des deutschen Heeres. Denselben Gesichtspunkt verfolgte auch noch das Gesetz vom 27. März 1911; es bewegte sich in den Bahnen, welche mein Amtsvorgänger schon 1999 in der Budget- kommission kennzeichnete: es sollten nur die allerschlimmsten Lücken in der Organisation während einer Reihe von Jahren geschlossen werden. Als die Heeresverwaltung dem Reichstage den Entwurf seinerzeit vorlegte, betonte ich, ein solches Gesetz sei aus- reichend, solange keine akuten politischen Schwie- r i g k e i t e n vorliegen. Nun aber kamen die Erfahrungen des Jahres 1911. Sie zeigten uns, daß die Anforderungen, die wir in dem Gesetz erhoben hatten, auf die Tauer nicht genügen würden. Es ist Pflicht der Heeresverwaltung, im einzelnen nachzuweisen, welche Verschiebung der militärischen Lage Deutschlands   in der EntWickelung begriffen ist. Lassen Sie mich diesen Nachweis in der Budgetkommission führen, denn es scheint mir ztveck- mäßig zu sein, wenn solche Dinge nicht vor der ganzen Welt aus- gekramt werden. Die Untersuchungen ergaben, datz eine Fort- setzung unserer EntWickelung im Sinne jenes Gesetzes nicht mög- lich sei, daß eine alsbaldige Verstärkung des Heeres und seiner Äricgsfertigkeit unbedingte StaatSnotivendigkeiten seien. Es handelt sich um keine unmäßige Verstärkung) In Deutschland   mutz nach wie vor die-Ueberlegenheit der Armee in der Bewaffnung, in der Organisation und der Aus- b i l d u n g, ferner in dem opferwilligen militärischen Geist seiner Soldaten, ja seines ganzen Volkes liegen. Die jetzigen Vorlagen toerden dem deutschen Heere die ausreichende Verstärkung bringen, vor allen Dingen aber die Schlagfertigkeit innerlich noch meho festigen. Wenn für das Vaterland durch eine Verstärkung der Armee Lücken beseitigt werden sollen, so muß sie s ch n e l l st e n s erfolgen. Deü früheste Twüiun dafür ist der 1. Oktobei löls. Es tviid daher vorgeschlagen, die geplanten MaßnähmAk, fofij'cit itgendibie angängig, zu diesem Termin ins Leben zu rufen. Die Erfüllung des angeftrebten Zweckes suchen die Gesetzentwürfe in zwei Haupt­richtungen: einmal in einer schnelleren Durchführung des Friedenspräsenzgefetzes, und zweitens in einer Ergänzung desselben, weil sonst eine Verstärkung der Mann- schaften erst in zwei bis drei Jahren eintreten würde. Weiter vcr- langen sie die Schaffung von zwei Korps. Wir sind ge- zwungen, unsere mobilen Friedenstruppen von vornherein voll- ständig zu verwenden. Solche Verbände lassen sich vor dem Feinde nicht improvisieren, und wir müssen von den Korps schon in den ersten Schlachten große Leistungen verlangen. Deshalb können wir sie im Frieden nicht entbehren. Damit in Verbindung steht die Bildung einer weiteren, siebenten Armee- Lnspektion. Die Armeeinspektionen sichern uns die gleich- mäßige Ausbildung unserer Korps, vor allen Dingen geben sie uns die Fuhrung für die Armee, die wir schon im Frieden vorbereiten müssen für die Aufgaben, welche unmittelbar nach der Kriegs- erklärung an uns herantreten. In Sachsen   ist das Bedürfnis, ein Infanterieregiment zu formieren, um die normale Zahl von Jnfanterierogimentern bei jedem Armeekorps zu erreichen. Bei den sogenannten kleinen Regimentern wurden von den noch fehlenden 32 Bataillonen nur 14 gefordert. Hand in Hand damit geht die Bitte um Erhöhung des Etats einer Anzahl von Jnfanteriebataillonen, die einen solchen Berücksichti- gung überaus dringend bedürfen, und dann eine Anzahl Feld- batterien. Durch diese Maßnahmen würde nicht nur die Friedensausbildung dieser Truppen ganz besonders gefördert, son- der» auch ihre alsbaldige Schlagfertigkeit im Mobilmachungsfalle verstärkt. Auch eine Vermehrung unseres ausgebildeten Beurlaub- tenftandes ist angebahnt. ES ist möglich, die Maschinen- gewehrkompagnien zu vermehren,� nachdem in anderen Ländern durch die Zuteilung dieser Waffe der Infanterie eine erhebliche Verstärkung ihrer Feuerkraft zuteil geworden ist, können wir sie ihr nicht länger vorenthalten.(Der Kriegminister zählt dann die einzelnen Neuforderungen auf.) Die Vorlage enthält 26 Schein ioerferzüge, nachdem dies Material völlig aus- gebildet ist, ferner auch eine Fliegertruppe, um die über- raschende Entwickelung dieser Erfindung auch für das Militär völlig ausnutzen zu können. Die Neubildungen ermöglichen uns, den Militärpflichtigen in größerem Maße als bisher die Möglichkeit zu geben, den mili- tärischen Dienst durchzumachen. Nachdem die Nachbarstaaten uns gerade in dieser Richtung in großem Umfange vorausgegangen sind, wäre es bedenklich, wenn wir die rasch wachsende Volkszahl Deutsch  - lands noch weiterhin so wenig ausnutzen würden wie bisher. Schließlich ist die gewünschte Verbesserung der Löhnung der Gemeinen in Aussicht genommen. Noch wichtiger ist eine Vermehrung der Stellen der General st abs- offiziere und Hauptleute. Unser Gesichtspunkt war da- bei die Sicherung der Stellenbesetzung im Kriegsfalle. Die Erweiterung und Vertiefung unserer Friedensausbildung hat die militärische Arbeit auf allen Gebieten gesteigert. Infolge der rastlosen Hingabe des Offizierkorps, und in besonderem Um- fange der unteren Offiziergrade sind die Folgen: Ueberanstrengung, Nervosität nicht ausgeblieben. Namentlich gilt das von der In- fanterie. Wir haben die Uebungen des Beurlaubtenstandes ver- mehren müssen, und wir können auf diesem Wege auch nicht still- stehen, wenn wir auf diesem Gebiete auch nicht so weit gehen wer- den wie unser westlicher Nachbar. Wir müssen also auf dem Wege einer Vermehrung des Personals fortschreiten. Das ift auch notwendig im Sinne der unbedingt erforderlichen V c r j ü n- gung des Offizierkorps. Die Zahl unserer Leutnants können wir nicht verringern. Ihr Bestand deckt jetzt schon knapp den Friedensbedarf. Eine Erhöhung der Zahl der Pensionierten ist ausgeschlossen. Der einzige beschrcitbare Weg ist der einer mäßigen Vermehrung der Stellen vom Haupt- mann aufwärts. In dieser Hinsicht konnten wir gegen an- dere Armeen nicht zurückbleiben. Bei der Beratung der letzten Militärvorlage ist im Reichstag mehrfach gesagt worden, man habe das Vertrauen zur Heercsvcr- waltung, datz sie mehr gefordert hätte, wenn mehp nötig gewesen wäre. Wir erwidern jetzt dieses Vertrauen(Heiteickeit), indem wir diese notwendigen Forderungen stellen, lind wir haben das un- bedingte Vertrauen zum Reichstag, datz er an einer Frage, an der unter Umständen die Existenz Deutschlands   hängt (Oho! links), ohne Unterschied der Parteien nicht versagen wird.' (Beifall rechts.) Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpiii: Die neuen Marineforderungen bezwecken in keiner Weise eine Ab- änderung der Flottenpolitik, wie sie durch das Flottengesetz fest- gelegt. Sie sollen nur einige Mißstände beseitigen. Der eine besteht in der Entlassung der Reservisten im Herbst, wodurch fast ein Drittel ausgebildeter Leute durch Rekruten ersetzt und die Schlagfertigkeit der Flotte plötzlich und auf längere Zeit herab- gesetzt wird. Dieser Mißstand ist seit Jahren in der Budget- kommission zur Sprache gekommen. Seine Beseitigung oder Milde- rung war nicht möglich vor einer erheblichen Verstärkung der aktiven Streitkräfte. Solange die Flotte klein war, war auch die Beseitigung dieses Mißstandes nicht so dringend. Aber bei der Bedeutung, die unsere Flotte inzwischen gewonnen hat, ist seine Beseitigung geboten. Dazu kommt, daß jede Nation heutzu- tage mit der Möglichkeit eines plötzlichen Kriegs- ausbruchs rechnen mutz. Ich erinnere an Port Arthur. Darin liegt die zwingende Notwendigkeit, für die sofortige Verwendbarkeit eines erheblichen Teils der Flotte zu sorgen.(Sehr richtig! rechts.) Um dies Ziel zu erreichen, mußten, zumal auch das Heer verstärkt werden mußte, Konzessionen auf anderem Gebiet, z. B. durch Ver- zicht auf die Materialrcserve, gemacht werden, für die ich natürlich die militärische Verantwortung übernehme. Die Kosten der Vorlage sollen auf eine Reihe von Jahren verteilt werden. Sie sind verhältnismäßig nicht groß.(Zuruf links:Na, es geht!") Sie sind in dem Vergleich zu dem Zweck in den engsten Grenzen ge- halten. Der Marineetat wird bis zum Jahre 1917 sich nicht wescnt- lich steigern. Es ist auch die Beschaffung von Luftschiffen vorgesehen und die Heranziehung von Flugzeugen. Die Vorlage bezweckt lediglich die Abhilfe von Mißständen in unserer maritimen Rüstung. Die Kosten sind im Vergleich mit früheren Vorlagen nur gering, der militärische Effekt aber'sehr groß. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß der patriotische Sinn des hohen Hauses der Marinevorlage die Zustimmung nicht versagen wird. (Beifall rechts.) Staatssekretär des Reichsschatzamts Kuhn: Aus breiten Volksgruppen heraus ist die Mahnung an die Rcgicrung ergangen, sie solle ohne jede Rücksicht für eine erhebliche Ver­stärkung unserer Streitkräfte sorgen. Der patriotische Bürger kann das fordern. Der verantwortliche Finanzministcr nicht. Er darf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit nicht außer acht lassen. Seit 1999 hat man fest und zielbewußt einen Weg betreten, der uns aus der Finanzmisere herausbringen sollte. Diesen Weg dürfen wir nicht verlassen.(Lachen links.) Man kann einmal schneller, einmal langsamer gehen, aber einen Schritt zurück dürfen wir nicht wieder gehei». Die Schuldenlasten des Reichs dürfen nicht vergrößert werden, neue An- lMen dürfen nur»erbenden Anlagen dienen. Aene grvße