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finanzielle Anforderungen dürfen nicht bewilligt werden, ohne daß Deckung geschaffen wird. Dabei mutz vorsichtig vorgegangen werden. Wenn man jahrzehntelang hier an Steuervorlagen ge- arbeitet hat, wie ich, wird man schlietzlich etwas steuerscheu. (Heiterkeit links.) Die Gegnerschaft, die zunächst gegen alle Steuern vorhanden ist, vermindert sich erst, wenn sie eine Weile bestanden haben. Unter solchen Umständen erweist sich die m ö g- lichste Schonung des Steuerzahlers als Staatsnot- wcndigkeit. Besonders müssen Massenverbrauchs- a r t i k e l von der Steuer frei bleiben, wenn das aber nicht an- gängig ist, so müssen dabei neue Bahnen beschritten werden. Gegenüber der theoretischen Berechtigung der Staatsmonopole wird man aber die praktischen Schwierigkeiten dieser Art der Be- schaffung von Mitteln nicht verkennen. Die Wehr st euer kann als selbständige Steuer nichts bringen. Bleibt die E r b s ch a f t s- st e u e r. Sie spielt ini heutigen Porteileben eine eigenartige Kalle, ja sie ist geradezu zum Schibboleth der politischen Parteien geworden, und Parteien, die sonst nicht bewilligungsfreudig sind, verlangen geradezu diese Steuer. Demgegenüber mutz ich doeg sagen: die Elbschaftssteuer ist ebenso drückend wie alle anderen Steuern, sie mutz aber für Deutschland   auch wie für alle anderen Staaten eines Tages kommen. (Zuruf links: Es ist ja eine grotze Mehrheit dafür vorhanden l) Es ist in einem Teile der Presse zu lesen, datz der bisherige Staatssekretär ein warmer Freund der Erbschafts  - st e u e r gewesen sei und sein Nachfolger deshalb notwendig ein Gegner dieser Steuer sein müsse. In einer Frage von so ein- schneidender Bedeutung ist ein Personenwechsel natürlich ohne Einfluß. Unter drei Staatssekretären habe ich an der Aus- dehnung der Erbschaftssteuer gearbeitet. Der erste Entwurf dieser Art, der allerdings nie das Licht der Reichswelt erblickt hat, rührte von meiner Hand her.(Zurufe.) Da kann ich doch kein grundsätz- licher Gegner der Erbschaftssteuer sein. Die Verbündeten Re- gierungen haben auch zweimal Entwürfe dieser Art der Oeffent- lichkeit unterbreitet. Wie könnten sie da grundsätzliche Gegner der Erbschaftssteuer sein! Im gegenwärtigen Moment können wir aber einen solchen Vorschlag nicht machen, einmal, weil wir in letzter Lesung die Steuer nicht b e- willigt bekommen würden, dann aber auch, weil eine so grotze, das ganze Volk erregende Maßnahme nur getroffen werden darf, wenn wir einer großen Aufgabe gegenüberstehen, die ohne den Ertrag der Steuer nicht verwirklicht werden kann.(Zuruf.) Augenblicklich brauchen wir aber nur eine mätzige Deckung. Diese aber muh uns bewilligt werde», und tunlichst einmütig be- willigt werden, damit wir nicht wiederum dem spottenden Ausland das Bild der Zerrissenheit und Zerfahrenheit bieten. Bei dieser Be- ischränktheit der Steuerquellen kamen die Verbündeten Regie- rungen auf die Beseitigung der sogenannten Liebesgabe. Es ist eigentlich keine neue Steuer, sondern die Beseitigung einer bisherigen Leistung der Regierung, die heute nicht mehr die Be- deutung hat wie früher. Redner geht auf die Einzelheiten dieser Porlage ein. Man hat gesagt, die Last der Aufhebung der Liebes- gäbe würde wieder der Konsument tragen, der Konsum würde also zurückgehen. Ich stehe diesem Einwand sehr kühl gegenüber.(Zuruf aus dem Zentrum: Kühnl) Herr Abgeordneter, ich trage meinen Namen nun seit Sl> Jahren und olle Variationen meines Namens dieser Art sind mir bekannt. (Heiterkeit.) Ich stehe diesem Einwand deshalb so kühl gegenüber, weil ich in der Abnahme des Branntwetnverbrauchs so grotze Borteile für die Volkskraft und Volksgesund- h e i t, einen so hohen Gewinn an ethischen Werten erblicke i(Lebhaftes Bravo l rechts. Heiterkeits links.), datz alle materiellen Schädigungen dahinter zurücktreten. Aber einstweilen ist diese Hoffnung resp. Befürchtung des Rückganges des Branntweinver- brauchs noch unbegründet. Gegen unsere Absicht, den Ueberschutz von ISN nicht ganz zu Tilgungszwecken zu verwenden ist von sachkundiger Seite in einem Artikel derDeutschen Revue" neuerdings Stellung genom- men worden. Es liegt mir fern, gegen den Verfasser dieses Ar- tikels zu polemisieren, nicht bloß wegen des T r e u v e r h ä l t- n i s s e s, in dem ich lange Jahre zu ihm gestanden habe, sondern auch, weil ich mich letzten Endes mit ihm in jeder Beziehung eins weiß. Ich bin ihm dankbar, datz er noch in letzter Stunde so beherzigenswerte goldene Worte in die Welt gesetzt hat.(Lachen links. Zuruf: Wahrhast rührend.) Der Standpunkt, der in diesem Aufsatz eingenommen ist, findet auch die Billigung der Verbündeten Regierungen. ES besteht nur ein Unterschied, der wirklich nicht sehr erheblicher Natur ist und dahin geht, datz die Verbündeten Regierungen glauben, von dem Ueberschutz von IStl einen etwas größeren Teil für andere Zwecke verwenden zu können. Im übrigen kann ich nicht dringend genug davor warnen, aus der Vorlage den Schluh zu ziehen, daß unsere Finanzloge eine glänzende wäre. Treten neue grotze Ausgaben an uns heran, und treffen die Voraussetzungen in bezug auf die zukünftige Gestaltung der Einnahmen nicht ein, so werden neue Steuern angefordert werden müssen. Wenn Sie mich nun fragen, weshalb sich die Finanzverwaltung mit einer so kargen Deckung von 3040 Millionen begnügt, so möchte ich nochmals be- nierken: Wir lehnen den Vorwurf ab, daß wir die Finanzlage zu rosig oder zu dunkel sehen. Wir hoffen, daß wir in der vorge- fchlagenen Weise, allerdings auch n u r in der vorgeschlagenen Werse die Mittel gewinnen, um die für den Bestand und die Ehre des Reiches erforderlichen Ausgaben zu bestreiten. Wir wissen, datz wir mit unserer finanziellen Forderung bis an die ä u h e r st e Grenze herabgegangen sind. Wir haben das aber mit vollem Bewußtsein getan, weil wir die Steuerkraft des Volkes schonen wollen, nicht bloß, wie einige der Herren zu meinen scheinen, in bczng auf die Erbschaftssteuer, sondern auch in bezug aus die Steuern schlechtweg. Wir halten diese Schonung für not- wendig aus finanzwirtschaftlichen und politischen Gründen. Es mutz eine Reserve d. sein für die Stunde der Not. Eine Nation, die wie die unsere unausgesetzt für die Abwehr eines Angriffs- Irieges gerüstet zu sein hat, die muH ihr Pulver trocken und ihre Einnahmequellen flüssig haben.(Bravo  ! rechts.) Abg. Haas-(Soz.): Als am 27. März ISN das Gesetz über die Jriedenspräsenz- stärke de» deutschen Heeres verabschiedet wurde, da hat wohl keiner der Abgeordneten geglaubt, datz schon nach einem Jahre die Regierung mit neuen Militärforderungen an don Reichstag   heran- treten würde. Der Reichskanzler hat heute erklärt, datz auch die Negierung selbst daS nicht voraus gesehen habe. Heute aber wird da» Gesetz, das Ivir für fünf Jahr« beschlossen haben, wieder durch- brachen in einer bi» dahin unerhörten Weise. Mau fragt sich, was das Quinquennat überhaupt für einen Sinn. hat. Die Regierung bindet den Reichstag für fünf Jahre. Der Reichstag gibt dabei das wichtige Budgetrecht preis, die Regierung be- hält dagegen freie Haird. Das Volk mutz deshalb auch jetzt wieder darauf gefatzt sei», daß. wenn der Reichstag der gegenwärtigen Vorlage zustimmt, keinesfalls bis zum Jahre 1917 damit alle weiteren Forderungen abgeschnitten sino. Min wird gerade nach den heute gehörten Ausführungen vom RegierungStifch damit rech­nen können, datz sehr bald wieder neue Heeresforderungen kommen werden.(Sehr wahr! links.) Sie find schon ange- kündigt worden in der Presse und haben ein Echo gefunden in den Ausfuhrungen der Minister. Es klingt ja wie ein Hohn, wenn versichert wird, datz das Quinquennat eine Stettgkert in der Organisation unseres Heeres gewährleistet und datz damit für -längere Zeit eine Beruhigung geschaffen wird. Kann es eine stärkere Beunruhigung geben, als tvenn die Regierung heute alles über sen Haufen wirft, was sie selbst noch im vorigen Jahre mit Rachdruck vertreten hat?(Sehr richtig! links.) Damals sagte der KricgSminister, eS wäre vollständiggenügendi wenn 11 000 Mann bewilligt würden. Jetzt heißt cS. die Existenz Deutsch  - lands wäre gefährdet, wenn nicht 29 000 Mann bewilligt werben. Wem soll denn der Reichstag und das deutsche   Volk nun Vertrauen schenken, dem Heeringen von 1911 oder dem von 1912?(Rufe bei den Sozialdemokraten: Keinem!) Der Kriegs- minister wird sich nicht wundern können, wenn aus seiner Haltung der Schluß gezogen wird, datz die militärischen Sachverständigen- urteile einen Wert nicht beanspruchen können.(Sehr rich- tig! bei den Sozialdemokraten.) Es wird behauptet im Lande, datz sich die auswärtige politische Lage in unvorhergesehener Weise geändert habe und daß die Heeresvorlage durch diese Aen- derung herbeigeführt sei. Diese Behauptung hat heute klipp und klar der Reichskanzler selbst widerlegt. Er hat gesagt, es liege kein Grund zur Beunruhigung in der äußeren politischen Lage bor  , es gebe keine unmittelbar drohende Gefahr. Nicht ganz so klang es aus dem Munde des Kriegsministers. Er wollte mit der bekannten Geheimniskrämerei an- deuten, daß da irgendwo eine Gefahr bestehe, und er versprach, in der Kommission nähere Aufklärung zu geben. Wir find deshalb heute genau so klug, als wir es nach dem Studium der Vorlage und ihrer Begründung waren. In den der Regierung nahestehen den Zeitungen war zu lesen, daß Frankreich   einen gewaltigen»lill tärischen Machtzuwachs durch fein neues Cadregesey bekomme. Diese Behauptung kann auf uns Leinen Eindruck machen. I n Wirklichkeit ist die Präsenzstärke des französi- scheu He eres kaum vermehrt worden und es hat nur eine Verschiebung innerhalb der Heeresorganisation stattge- funden. Auch mit dem Hinweis auf die schwarze Armee FrankvrichS will man das Volk gruselig machen. Auch die französischen   Chauvi nisten brüsten sich damit, daß Frankreich   aus seinen Kolonien viele Soldaten herausholen könne. ES liegt aber klar auf der Hand, daß Frankreich   noch für lange Zeit gerade zum Schutze seiner eigenen Kolonien sein Land von Trupp en entblößen mutz. Die Besetzung Marokkos   wird Frankreich   noch lange Zeit in An- spruch nehmen, so daß nicht daran zu denken ist, daß irgendwie von daher uns eine unmittelbare Gefahr droht. Tatsächlich ist auch Frankreich   an der Grenze seiner militärischen Leistungsfähigkeit angelangt, und ein Vergleich zeigt die gewaltige Ueberlegqnheit Deutschlands   in der Geburten- z i f f e r vor Frankreich  . Ii» Deutschland   haben wir ein grotzes Reservoir, aus dem wir, wenn wir wirklich angegriffen werden und uns verteidigen müssen, diejenigen Truppen stellen können, die wir nötig haben zur Abwebr und zur Verteidegung. Wenn in Frankreich   dieser und jener Bramarbas mit dem Säbel rasselt und hochtrabende Phrasen in die Welt schleudert, so glaubt doch kein Mensch daß da» französische Volk zu einem Angriffskrieg gegen Deutschland   übergehen kann. DaS ist auch in einem Artikel der Kreuzzeitung  " ausgeführt worden. Wir fragen deshalb immer wieder: Was hat die Regierung dazu ge- trieben, jetzt, nachdem kaum daS Gesetz vom 27. März 1911 in das Reichsgesetzblatt aufgenommen ist, mit einer neuen, so weit gehenden Vorlage zu kommen. In der Begründung wird betont. daß das Gesetz schnell erledigt werden müsse. Jeder fragt, warum das nötig ist, und heute hah man auch vergeblich darauf ge- wartet, datz diesen inhaltleeren nichtigen Worten ein Inhalt gegeben werde. In der Begründung heißt eS: die militä- rische Lage erfordert noch darüber hinaus eine Steigerung. War- um? fragt man, welche militärische Lage? worin äußert sich die? Nicht» von alledem haben wir heute erfahren. Redensarten über Redensarten haben wir nur gehört.(Sehr rich- tig! links.) Als ich heute den Reichskanzler hörte, mußte ich mir sagen, daß seine Rede ein altes, sehr bekanntes Klischee darstellt. Es war eine Rede, wie sie unsere Oberlehrer gewöhnlich bei der Sedanfeier halten.(Lebhaftes Sehr wahr! link».) Irgend« etwas, was geeignet wäre, die konkret gestellten Forderungen konkret zu begründen, liegt nicht vor. So, wie diese Vorlage begründet ist, kann man jede Vorlage auch mit doppelten und dreifachen Forde- rungen begründen. Wa» in Wirklichkeit! den Wahnwitz dieser Rüstungspolitik begründet, ist die Weltmachtspolitik. Es denkt keiner meiner Parteifreunde daran, das Reich wehrlos zu machen, aber wir sind allerdings entschlossen, mit aller Kraft entgegenzutreien jenen Eroberung Sa e- l ü st e n, die sich innerhalb unseres Volkes bemerkbar machen.(Rufe rechts: Wo denn?) Lesen Sie doch die Ihnen nahestehende Presse. Dagegen halten wir es für selbstverständlich, unser Land. unsere Kultur' zu verteidigen und zu, schützen gegen etwaige räuberische Angriffe. Dieses Ziel zu erreichen, ist am geeignetsten. ein demokratische» BolkSheer, eine Miliz. Dies läßt sich allerdings nicht so leicht au Eroberungs­kriegen gebrauchen, wie das jetzige stehende Heer, das ja eine Institution istzurErhaltungdergegenwärtigenWirt- schaftsordnung. Durch ein Volksheer würden auch die m i l i- t ä r i j ch e n O p f e r für den einzelnen vermindert werden. Wir wende» uns selbstverständlich nicht gegen eine Ausbildung der Jugend zur Wehrfähigkeit, wir wehren uns nur dagegen� daß eine solche Jugendausbildung im Sinne des Hnrrapatriotis- mu» und des Chauvinismus erfolgt. Eine solche Miliz wäre nicht etwa eine sklavische Nachbildung der Schweizer   Ein- richtung. Auch diese Schweizer   Miliztruppen haben aber noch bei den letzten Manövern die Bewunderung militärischer Sachverständiger aus den verschiedensten Ländern der Welt errungen, und wenn der deutsche Kaiser in diesem Jahre in der Schweiz   die Truppen besichtigen wird, so ist eS nicht ausgeschlossen. daß er auch von der Tüchtigkeit dieser Miliz ein ganz anderes Bild gewinnt» als er es jetzt wahrscheinlich hat. Die Miliz ist auf dem Marsche. Ein Staat nach dem anderen befreundet sich immer mehr und mehr mit dieser Einrichtung. Diejenigen, welche von der Miliz nichts wissen wollen, das sind die mächtigen Nüfcnießer der gegenwärtigenWirtschaftsordnung.die das Heer am liebsten gegen den inneren Feind verwenden, wollen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Das haben die Vorgänge der letzten Zeit bewiesen. Sie wissen, datz noch Rheinland-Westfalen au» Anlaß de» Berg- arbeiterstreiks Militär geschickt wurde, datz man nach Mans- feld, obwohl gar keine Unruhen vorgekommen waren. Maschi- nenaewehre gesandt hat. Sie werden eS begreifen, daß die sozialvemokratische Partei einem System, da» so vorgebt, auch nicht eine Spnr von Sympathie entgegenbringen bann. Die Arbeiter würden geradezu selbstmörderisch handeln, wenn sie zur Stärkung de» Systems etwas beitrage", würden. E» kann deshalb noch wie vor nur die Parole meiner Parteifreunde sein: diesem System keinen Mann und keine« Groschen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) W/ir wissen, daß die Miliz nicht von heute auf morgen durchgeführt wird, und wir stellen deshalb Forderungen, daß innerhalb der bestehenden Heeresver» fassung Erleichterungen für die Soldaten durchgeführt werden. Wir fordern die Herabsetzung der Dienstzeit für Kavallerie und reitende Artillerie. Wir stimmen dabei überein mit militäri- schen Sachverständigen, die längst zu dem Resultat, gekommen sind, daß eine Verkürzung dieser- Dienstzeit sehr wohl möglich ist. Daß sich die Herren von der Regierung gegen eine solche Forderung sträuben, qlaube ich; aber alS es sich darum handelte, für die In- santerie die Dienstzeit auf 2 Jahre herabzusetzen, haben wir von der Zlrgierung dieselben Gegengründe gehört(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) und es hat sich herausgestellt, daß eS doch sehr wohl möglich gewesen ist, die kürzere Dienstzeit durchzu- führen. Wir verlangen weiter, daß da» Borrecht der Einjährig- Freiwilligen beseitigt wird, daß alle Soldaten in dieser Beziehung gleichgestellt sind. Wir können Vicht   zugeben, daß die Intelligenz der Einjährig-Freiwilligett, nattleniliche ihre Fähigkeit in militäri- scher Hinsicht von Natur aus und infolge ihrer Ausbildung auf Gymnasiasten usw., derartig ist, daß sie die Fähigkeiten der genieinen Soldaten überragt, und ein solches Privileg aus sachlichen Grün- den irgendwie berechtigt ist.(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) Nun werden von uns außerdem noch Bewilligungen für die Flotte verlangt. Seit Deutschland   den D r e i z a ck in die Hand genommen und überall, wo ein Platz an der Sonne zu erobern ist, dabei sein will, hatsichderJmperialismusmächtigentwickelt. Wir verstehen es sehr wohl, daß immer mehr und mehr Reibungen zwischen den einzelnen Nationen entstehen. Das Finanzkapital sucht Anlage in fremden Ländern, das I n d u st r i e- kapital sucht Absatzgebiete, und wenn es nicht anders geht: mit Gewalt. Der italienisch-türkische Krieg ist dafür ein Musterbeispiel, und in China   liegt das internatio- nale Kapital beutegierig auf der Lauer, um. wenn die Gelegenheit günstig ist, wiederum Eroberungen zu machen. Die Aufrollung der Dardanellenfrage ruft allerdings Bc- klemmungen hervor. Aber es ist ein ungeeignetes Mittel, die Rüstungen zu steigern, um diesem Zustand der Spannung entgegen zu wirken. Im Gegenteil, die fortgesetzten Rüstungen steigern die Gefahr des Wcltbrandes.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Jede Rüstung eines Staates reizt den anderen Staat auch zur Rüstung. Unsere Vorlage gibt sicherlich das Signal zu weiteren Rüstungen anderer Länder. Wohin soll das führen? Das Ende kann nur sein: ein Ende m i t S ch r e ck e n. Alles sollte deshalb versucht werden, um diesem Wahnwitz Halt zu gebieten. Die Konkurrenz auf dem Weltmarkt darin stimme ich dem Reichskanzler zu schafft allerdings Konfliktsmöglichkeiten. Aber deswegen ist ein Weltkrieg nicht unvermeidlich. So sicher es ist, daß der ewige Friede, an dem grotze Denker geglaubt haben, kommen wird, sobald die grotzkapitalistische Wirtschaftsordnung durch tken So-zialis- m u s abgelöst ist(Lachen rechts), so wäre es doch eine Illusion, zu glauben, datz in diesem Augenblick unter den kapitalistischen  Staaten eine völlige Abrüstung herbeizuführen möglich wäre. Aber was sehr wohl durchführbar ist, ist eine Minderung, eine Ein- schränkung der Rüstungen. Unser Reich ist mächtig genug, datz cS nicht als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden kann, wenn unsere Regierung in dieser Beziehung den ersten Schritt tut.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn der Reichskanzler erklärt hat, das Ansehen des Reiches würde gesteigert, wenn sein Heer und seine Flotte größer würden, so erkläre ich demgegenüber, datz unser Ansehen durch friedliche Taten deutscher Kultur am meisten auch in den Augen der anderen Völker gehoben werden kann.(Lebhafte Zustimniung bei den Sozialdemokraten.) Es geht ja den Staatsmännern diese Erkenntnis auch von Zeit zu Zeit auf, datz der gegenwärtige Zu- stand auf die Dauer unhaltbar ist. daß ein GesundungSprozetz ein- geleitet werden muß. Noch vor kurzem hat der englische  Schatzsekretär bei seiner Etatrede ausdrücklich hervorgehoben, datz diese Lasten für die Völker unerträglich werden. Lloyd George   sagte:Die ungeheueren Ausgaben für die Rüstungen beschränken den Staat in seiner Tätigkeit kür dringende soziale Bedürfnisse.(Hört! hört! und Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ganz bedeutende Werte, die für weit bessere Zwecke frei werden würden, werden diesen durch e p i l e p- tische Anfälle von Militarismus entzogen, die von Zeit zu Zeit die zivilisiert« Welt befallen." Solche epileptische Anfälle über uns heraufzubeschwören, scheint mir nicht Aufgabe unserer Regierung zu sein. Vielfach stellt man es so dar. als ob wir uns deswegen rüsten müßten, weil uns von England grotze Gefahr droht. Das Zentrum verweise ich demgegenüber aus einen Artikel derGermania  ", der vor kurzem erschienen ist mit der UeberschriftEnglands Schwäche". Ich verweise ferner darauf. datz in einem Artikel derKreuzzeitung  " vom 14. April mit aller Entschiedenheit die populär« Auffassung, wie der Verfasser sie nennt, zurückgewiesen wird, als ob England im letzten Jahre über uns habe herfallen wollen.(Hört! hörtl bei den Sozial- demokraten.) Der Artikel läuft darauf aus. nachzuweisen, datz England auch in Zukunft nicht darauf ausgehen könne, einen Präventivkrieg gegen Deutschland   zu führen oder Deutschland   zu überfallen. Wenn das richtig ist und ich unterschreibe eS, dann muß bei gutem Willen eine Verständigung über die Einschränkung der Rüstungen möglich sein.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichskanzler sagte heute, von keiner Regierung werde ein Krieg izewünscht. Nun, wenn die Regierungen alle so friedliebend sind, Oann müßte eS doch wenigstens den Regierungen ein leichtes fein, zu einem Einvernehmen zu kommen, und es könnte ja dann >zen Parlamenten überlassen werden, ob sie den Schritt ihrer Re- gierungen billigen oder nicht. Ich glaube, der Reichskanzler kan» janz unbesorgt sein: das deutsche Parlauient wird, ganz gleich, wie >ie Abstimmung über die Heeresvorlage ausfällt, dann, wenn er eine solche Verständigung herbeigeführt hat, sein Siegel auf diese Verständigung drücken. Der Reichskanzler meinte freilich, ein Volk lasse sich leicht von einer fanatisierten Minderheit zum Kriege aufhetzen. Nun, die 4 Millionen, die bei den etzten Reichstagswahlen für die Sozialdemokratie' ge- timmt haben, sind sich darüber klar gewesen, datz sie sich nicht fanatisieren und in einen Krieg hineinhetzen lassen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) In diesem Wahlkampf hat gerade die Frage unserer Rüstungen, die Frage des Im- >erialiSinu». die Frage eines Kriege» eine grotze llolle gespielt, und überall haben unsere Redner jubelndeAuf- nähme gefunden, wenn sie sich mit aller Schärfe aussprachen gegen einen Krieg und gegen weitere Rüstungen.(Sebr wahr! ei den Sozialdemokraten.) Allerdings gibt es eine Minderheit auch im Deutschen   Reiche, die zum Kriege hetzt, aber diese Herren tehen politisch dem SieichSkanzler sehr viel näher al» un».(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichskanzler wird ja auch die Presse der Schwerindustrie verfolgen und wissen, welcher Chauvinismus sich dort breit macht, wie immer die Kriegstrompete geblasen wird. Mit einer geradezu himmelschreienden Ge. wissenlosigkeit wird von diesen Kreisen immer wieder zum Kriege gehetzt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn also der Reichskanzler verhüten will, datz eine kleine Minderheit da« Volk in den Kriegstaumel hineinreitzt, sollte er sein Augenmerk richten auf die geradezu gemeingefährliche Tätig- kelt des Flottenvcreins und de» Wehrvcrcios.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Außerdem gibt es noch eine kleine, aber einflutzreiche Gruppe von Junkern, die durch Ruhmsucht geleitet werden, die gern in einem frisch-fröhlichen Krieg Lorbeeren ernten wollen und Stellen für ihre Söhne. Diese Vorlage liefert den klaren Beweis dafür, datz die Regierung sich ins Schlepptau nehmen läßt von diesen Scharfmachern«und Kriegstreibern. Die Regierung sollte schon deshalb für eine Einschränkung der Rüstungen wirken, weil das deutsche   Volk von den Rüstungen er- drückt wird, uird weil die Wirkungen eines Weltkrieges, der da- durch in gefahrdrohende Nähe gerückt wird, so grauenvoll sein würden, wie es selbst die Phantasie eines Dante nicht ausmalen könnte. Im vorigen Jahre sind 11000 Mann für die Heeres- Vermehrung bewilligt, in diesem Jahren sollen ei 2 900 0 Mann sein, das sind bereits 40 000, außerdem soll das Personal der Flotte vermehrt werden. Rechnen Sie dies Personal, wie es bis zum Jahre 1920 nach der Vorlage komplett sein soll, hinzu, zählen Sie hinzu die Zahl der Offiziere, Unteroffiziere und Bc- amten, so kommen wir auf einen Zuwachs von etwa 64000 Personen. Diese Last wird auf die Dauer auch für das opferwilligste Volk zu schwer. Ugd was wird, wenn«s zum Kriege kommt?.