tiguvg des Rechts, gegen eine derartige Klassenjustiz legenall- gesirteten Deutschen die schärfste Verwahrung ein.Nach den Acutzerungen des Herrn v. Heerivgen ist es über-flüssig, auch nur mit einem Wort in eine Diskussion über die reli-giösen Pflichten sich mit ihm einzulaffen. Für unsere christlichenOffiziere gilt aber nach wie vor der Befehl des Herrn: Du so IstGott mehr gehorchen, als den Menschen. Wobei esgänzlich gleichgültig ist. ob diese Menschen Kriegs-minister oder noch etwas Höheres sind; sie gelten für nichtsneben Gottes Willen— neben Gottes Willen, den das Gesesj desStaates außerdem feierlich sanktioniert hat! Bleibt der HerrKriegsmimstcr und bleiben seine Anschauungen maßgebend fürunser Heer, so können wir allen Offizieren, denen Religion undGesetz nicht leere Moral sind, mir den Rat geben, desta fester aufdem Standpunkt zu verharren, den sie aus gewissenhafter Pflichteinnehmen. Will dann die Heeresverwaläung gegen alle diese tapse-ren und wirklich ehrliebenden Männer einschreiten: nun gut, siemag es probieren; sie dürfte aber bald merken, daß die Vertreterdes Volkes im Reichstag nicht mit sich spielen lassen und, wie denWillen, so auch die Macht haben, rhre Ansicht in der Frage zurzwingenden Geltung zu bringen!"Das sind sehr entschiedene Worte. Werden aber auchdie entsprechenden Taten folgen? Der ungesetzliche, nieder-trächtige Duellzwang ist ja nichts Neues und was Herrv. Heeringen plump, aber deutlich gesagt, danach habenalle früheren Kriegsminister, hat die Ösftzierskaste stets gebandelt, und das Zentrum war ja Regierungspartei, hätte jaschon längst gegen diesen autzergesetzlichen Zustand austretenkönnen. Und an Gelegenheit hat es ihm nie gefehlt. Hatdoch die Sozialdemokratie immer wieder auf dasUnerträgliche dieser Zustände hingewiesen, hat sie ja immerwieder verlangt, daß die politischen und religiösen Anschauungen aller Angehörigen der Armee respektiertwerden. Leider haben unsere Bestrebungen nie dieUnterstützung des Zentrums erhalten. Soll es jetzt anderswerden, wird das Zentrum in der Kommission wirklich ernstdamit machen, daß unsere Brüder im Waffenrock ebenso wiedie katholischen Offiziere in ihren Ueberzeugungcn nicht der-folgt werden? An uns soll es ja nicht fehlen, und wenn dasZentrum auf seiner durchaus berechtigten Forderung derEntlassung des Kriegsministers besteht, wird esdafür die Unterstützung der überwiegenden Majorität desdeutschen Volkes haben.Aber wir werden die Taten des Zentrums erst sehenmüssen, um daran zu glauben. Denn vorläufig läßt dieplötzlich hervorgerufene Energie eben doch den Verdacht nichtganz abweisen, daß das Zentrum durch den so demonstrativbegonnenen Kanipf die Aufmerksamkeit seiner Wähler davonablenken will, daß es in seiner ganzen Politik die stärksteStütze jenes volksfeindlichen Systems ist, von dem der FallS a m b e t h schließlich nur einen und nicht den wichtigstenAuswuchs darstellt.«eine Ekforin des preußlichenAshirechts!Als eine der dringendsten Aufgaben der Gegenwart hatdie Thronrede vom Jahre 1908 die Reform des preußischenDreiklassenwahlrechts bezeichnet. Noch nicht vier Jahre sindseitdem ins Land gegangen, und das preußische Staats-Ministerium, die Regierung des Königs, ist sich schlüssig geworden, auf absehbare Zeit dem Landtage eine Wahlrechts-vorläge nicht zu unterbreiten. Deutlich hat das Volk beiden Reichstagswahlen sein Verdammungsurteil auch über dieWahlrechtsfeinde des größten Bundesstaates gefällt, und eineRegierung, die auch nur etwas Verständnis für die Forde-rung des Tages hat, würde sich beeilen, dem erbärmlichenTreiklassenwahlsystem den Todesstoß zu versetzen. Die preu-ßische Regierung aber sagt: Nun gerade nicht! Nicht einmaldas direkte und geheime Wahlrecht soll eingeführt werden,obwohl hierfür sogar im Junkerparlament eine Mehrheitvorhanden ist. Nein, in all seiner Schönheit, nicht entstelltdurch irgendein Pflästerchen, soll das volksentrechtende Drei-klassenwahlsystem erhalten bleiben, gleichsam als ein Wahr-zeichen dafür, daß die Entwickelung von sechs Jahrzehntenspurlos an Preußen vorübergegangen ist.lieber diese Absicht der Regierung das Volk nicht imunklaren gelassen zu haben, ist das Verdienst, freilich daseinzige Verdienst, des Polizeiministers v. Dallwitz, dessenEtat am Donnerstag im Äbgeordnetenhause beraten wurde.Daß der Ministerpräsident sich selbst an diesem Tage nichtim Hause blicken ließ, nehmen wir ihm nicht übel, seine„untergeordnete" Stelle ist vollwertiger Ersatz für ihn. Dall-Witz ist des Bethmann und Bethmann ist des Dallwitzwürdig. Eine homogene Regierung, homogen in der Unter-drückung und Entrechtung des Volkes!In der Form wäre die Rede Bethmanns, wenn er sichüber die Wahlrechtsvorlage geäußert hätte, vielleicht andersausgefallen. Möglich auch, daß er der Logik nicht so Gewaltangetan hätte wie Herr v. Dallwitz, aber in bezug auf dieAblehnung jedes Entgegenkommens herrscht zwischen ihnenvolle Uebereinstimmung. In ihrer gottgewollten Abhängig-keit vom preußischen Junkertum, das in dem Dreiklassen-Wahlrecht seine festeste Stütze erblickt, wagt die Regierungnicht, an den Wurzeln des Dreiklassenwahlsystems zu rütteln.Diese ihre Abhängigkeit verbirgt sie hinter„Gründen", derenFadenscheinigkeit auf der Hand liegt, die aber gerade deshalbvon diesem Parlament als durchschlagend angesehen werden.Tie immer wiederkehrende Einbringung des fortschrittlichenWahlrechtsantrages ist nach Herrn v. Dallwitz nur geeignet,der Wiedereinbringung der Wahlrechtsvorlage Hindernissein den Weg zu legen. Wird im Parlament eine Aenderungdes Wahlrechts gefordert, so widersetzt sich die Regierung derErfüllung dieser Forderung. Ist aber alles bübsch ruhig,dann gibt es erst recht keine Aenderung des Wahlsystems. DieBefürworter der Ueoertragung des Reichstagswahlrechts aufPreußen können es machen, wie sie wollen, der Regierungwerden sie es niemals recht machen. Das wird erst dannanders werden, wenn der Entrüstungssturm des Volkes diesewahlrechtsfeindliche Regierung hinweggefegt hat und Männeran ihre Stelle getreten sind, die des modernen Geistes reinenHauch verspüren. Aber mag auch Herr v. Dallwitz und dieihm gleichgesinnten Polizeiseelen in ihrer Beschränktheit undlleberhebung glauben, daß sie sich über den Willen des Volkeshinwegsetzen können, das Volk wird sich eine solche Nicht-achtung, ein so frivoles Spiel mit seinen höchsten Rechtennicht gefallen lassen und mit größerer Schärfe als bisher denKampf gegen das Dretklasseirwablsystem aufnehmen.Aeußerlich verlief die Sitzung ziemlich rubig. Die Rechteund das Zentrum hatten sich dahin verständigt, entgegenAllen bisherigen Gepflogenheiten, zunächst zwei Redner der�Oppositionsparteien hintereinander reden zu lassen. Der Zweckdes Manövers ist durchsichtig: der Reihe nach werden dannspäter die konservativ-klerikalen Blockbrüder über dieOpposition herfallen, und wenn diese erwidern will, wir!ihr das Wort abgeschnitten werden. Als erster sprachAbg. P ach nicke(Bp.), der in den Vordergrund seinerAusführungen die Wahlrechtsfrage stellte und energischer alswir es sonst von ihm gewohnt sind, die Notwendigkeit derUebertrogung des Reichstagswahlrechts auf Preußen bc-tonte, um sodann die Handhabung des Vereinsgesetzes un!die bekannten Jagowschen Erlaffe zu kritisieren und land-rätliche Uebergriffe zur Sprache zu bringen.Nach einer Erwiderung des Ministers v. Dallwitz,die, abgesehen von der Ablehnung jeder Wahlreform, aueine Verherrlichung der Polizei und der Landräte hinaus-lief und nicht nur wegen der Art des Vortrages, sondernauch de.shasb komisch wirkte, weil der Minister gegen eine vor-jährige.Reichstagsrede des Abg. Korfanty polemisierte, be-stieg Genosse Liebknecht die Tribüne. Die Herren vonder Rechten werden sicherlich wieder eine großes Geschrei an-stimmen über den Mißbrauch der Redefreiheit, weil Lieb-knecht etu« zwei Stunden gesprochen hat. Und doch mußman erken?zen, daß unser Redner sich ein großes Maß vonBeschränkung auferlegte. Aber bei den zahllosen Mißständenin der inneren Verwaltung, bei den fortgesetzten Uebergriffenaller Stellen, vom Minister herab bis zum Gendarmen, undvor allem bei der Art, wie gerade Herr v. Dallwitz denKampf zu führe« pflegt, ist es schlechterdings unmöglich, sokurz zu reden, wie man es gern möchte. L i e b k n e Hunterzog sich seiner Aufgabe mit großem Geschick, eine Füllevon Materia! zur Beurteilung der Parteiregierung und derVerwaltungswillkür bot er in prägnanter Form dar, und mitNachdruck trat er fiir die Rechte des Volkes, vor allem für einfreies Wahlrecht ein. Rücksichtslos enthüllte er die Pläne derScharfmacher, die den Tag des blutigen Zusammenstoßeszwischen Volk und Junkertum kaum erwarten können, abergleichzeitig gab er aufs deutlichste zu verstehen, daß dieSozialdemokratie den Scharfmachern den Gefallen nicht tun,sondern ihre noblen Pläne zuschanden inachen wird.Tie in allen Punkten zutreffende Kritik unseres Rednersverliert an Bedeutung weder durch die fortgesetztenOrdnungsrufe, die aus ibn herniedersausten, noch durch dasWutgeheul der Mehrheitspartcien.Am Schluß der Sitzung gab es für das Tribünen-Publikum wieder einmal eine Sensation. Der PräsidentFrhr. v. E r f f a rief nachträglich den Genossen Liebknechtwegen Beleidigung Rußlands und den Genossen Ströbelwegen Beleidigung Preußens, die durch einen Zwischenruferfolgt sein soll, zur Ordnung, wobei es ihm aber selbstpassierte, daß er sich gegen Ströbel eines Ausdrucks bediente,den er, wenn Redner aus dem. Hause ihn brauchen, zu rügenpflegt. Natürlich ließen unsere Genossen sich das nicht ge-fallen, sie gaben ihren Unwillen durch Zwischenrufe zu ver-stehen. Rechte und Zentrum ergingen sich gleichfalls inZwischenrufen, kurz und gut. es herrschte einige Minutenein reines Chaos. Schuld daran ist die Sozialdemokratienicht.Am Freitag wird die Debatte fortgesetzt. Als ersterRedner kommt der Oberscharfmacher Frhr. v. Zedlitz andie Reche.ver Krieg.Noch keine Aufhebung der Dardanellensperre.Konstantinopel, 24. April. Der Ministerrat, der beute überdie Wiedereröffnung der Dardanellen beriet, dauerte bis 8 Uhrabends. Die Minister haben der Presse keine Nachricht zugehenlasten. Gerüchtweis« verlautet, daß die Konferenz, keinen Entschlußgefaßt habe, da die Minister noch nicht einig waren..Terdjiman-i-Haiikat", das Organ des Komitees für Einheit und Fortschritt,schreibt in einem langen Artikel: Wer kann versichern, daß dieItaliener nicht beabsichtigen, ihre Handelsdampfer unter fremderFlagge die Dardanellen passieren zu lassen, um dort ein anderesUnternehmen zu versuchen. Solange darüber nicht ausreichendeSicherheiten gegeben sind, können wir nicht daran denken, die Dar-danellen zu öffnen.— Man behauptet, daß die englische Botschaftbei der Pforte wegen der Wiedereröffnung der Dardanellen vor-stellig geworden ist.Einem Gerücht zufolge schickt Rußland neue Truppenvon Kasan noch dem Kaukasus.Konstantinopel, 23. April. Amtlich werden alle Meldungen überden Zeitpunkt der Beseitigung der Minensperre in den Dardanellenals verfrüht bezeichnet. Ein diesbezüglicher Beschluß sei noch nichtgefaßt. Gleichzeitig wird verlautbar, daß die Furcht vor einer Los-reißung der Minen unbegründet sei. Die bisher ausgelegtenMinen seien solche neuesten Systems. Alte Minen würden nur imäußersten Notfalle verwendet werden. Uebereinstimmende amtlicheMeldungen bestätigen, daß die italienische Flotte in die italienischenGewässer zurückgekehrt ist.Ein Bombardement im Rote« Meer.Koastantinopcl, 26. April. Nach Berichten des Kriegsministershaben die Italiener drei Tage lang Kunfudo im Roten Meerbombardiert, ohne größeren Schaden anzurichten.Ferner macht der Kriegsminister bekannt, daß die Italiener indem letzten Kampfe bei D e r n a 150 Tote und Verwundete verlorenund die Verschanzungen aufgegeben hätten.Ein italienisches Dementi.Rom. 26. April. Amtlich wird folgeiche Note veröffentlicht:Viele Zeitungen verbreiten fortgesetzt Nachrichten über eine Bc-setzungvonJnselnimAegäischenMeere. insbesonderevon LemnoS. TenedoS und anderen Inseln nördlich von Ostropalia.Die Nachrichten, die fast sämtlich auS Konstantinopel kommen, sindvollkommen unrichtig.Ein neuer albanesischer Aufstand in Sicht?UeSküb, 25. April. Im Vilajet Kossowo machen sich die Zeicheneines neuen albanischen Aufftandes bemerkbar. Die unmittelbareUrsache bildet die Wahlagitation des jungtürkischen Komitees, gegendie die Albanesen in zahlreichen Versammlungen heftige Angriffeerhoben. In die betreffenden Gegenden wurde Militär gesandt.Eine Schar gut bewaffneter Albanesen ist in das Gebirge ge-flüchtet und hat dort eine Bande organisiert. Zwischen der Bandedes Bandenführers Jsmael Bajkoro und einer Gendarmerieab-tcilung kam es zu einen: heftigen Kampfe, über dessen Ausgangnoch nichts bekannt ist. Eine zweite Bande setzt die Bevölkerungdes Bezirkes Ghilane in Schrecken. Zahlreiche Bewohner flüchtenüber die Grenze.,vie Revolution in China.Eine Sonderonleihc.Schanghai, 26. April.(Meldung des Reutcrschcn Bureaus.)Die Republikaner Von Schanghai haben für die Bezahlung der Truppen eine besondere Anleihe Von 2 Millionen Taeisabgeschlossen. Eine deutsche Firma soll die Anleihe übernommen haben. Die Republikaner versuchen ferner, cinc Anleihevon tv Millionen Taels zu erhalten. Diese Anleiheunterhandlungenstehen in keiner Verbindung mit den Unterhandlungen über dieAnleihe der Sechsmächte-Bankgruppe.Die Truppen von Nanking werden unruhig, da siekeine Bezahlung erhalten._Politische(lebersicbt.Berlin, den 25. April 1912.Ein vernünftiger Beschluß der Stcuerkommisfiou.Infolge der neueren Rechtsprechung des ObervertvaltungS-gericktS ist es den Zensiten mit höherem Einkommen nicht allzuschwer gemacht, einer richtigen Steuereinschätzung aus dem Wegezu gehen. Früher war es Grundsatz, daß es Sache des Steuer-Pflichtigen ist, die zur Begründung seines Rechtsmittels dien-lichen Tatsachen und Beweismittel selbst zu beschaffen, widrigen-falls er sich die Zurückweisung seines Rechtsmittels zuzuschreibenhabe. Auch das jetzt geltende Einkommensteuergesetz hält, wie ausder AussüHrüngSanweisung und aus der Begründung hervorgeht,an diesem Grundsatz fest, und ebenso hat sich das Oberverwaltungs-geeicht in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes aufdiesen Standpunkt gestellt. Später hat es seine Rechtsprechungrevidiert und die Beweislast für das Rech:smittclverfahren direktumgekehrt, nämlich dem Steuerpflichtigen abgenommen und derSteuerbehörde auferlegt. Das Oberverwaltungsgecicht sagt, auchwenn der Steuerpflichtige es unterlassen hat, für seinen Rechts-mittelantrag irgendwelche tatsächlichen Anführungen oder Beweisebeizubringen, soll die zur Entscheidung des Rechtsmittels berufeneKommission nicht befugt sei, ihn als beweisfällig abzuweisenund es damit bei der Veranlagung bewenden zu lassen. Vielmehrsoll sie auch in diesem Falle die Aufgabe Haben, die Veranlagungin selbständiger Beurteilung nachzuprüfen, die bei der Ver-anlagung zugrunde gelegten Tatsacken, die vom Swuerpflichtigengar nicht bestritten sind, zu untersuchen und für die bei der Ver-anlogung vorgenommenen Schätzungen beweiskräftige Unterlagenzu beschaffen. Die Folge davon ist, daß trotz aller Bemühungenund Verhandlungen mit dem Zensiten in zahlreichen Fällen dieRichtigkeit der Veranlagung in jedem einzelnen Punkte nicht bc-wiesen werden kann und daß die den Verhältnissen des Steuer-Pflichtigen nach Ansicht der VoreinschätzungS- oder VeranlagungS-kommission wie auch der zur Entscheidung des Rechtsmittels be-rufenen Kommission durchaus entsprechende Veranlagung, gegenderen Richtigkeit der Zensit selbst nicht das gerulgste vorgebrachtbat, seinem Antrage gemäß herabgesetzt werden muß. Natürlichbandelt es sich hierbei nicht um Arbeiter und sonstige Angestellte.deren Einkommen ja auf Grund deS 8 23 bis zum letzten Pfennigerfaßt wird, sondern um Drückeberger aus den wohlhabendenKlassen. Ein Kaufmann oder Landwirt z. B. kann, wenn er keineordnungsmäßigen Bücher führt, mit Leichtigkeit der richtigenSteuereinschätzung entgehen, denn die Behörde kann ihm ja nichtsnachweisen. Tatsächlich werden auf diese Weise große Summendem Staate und den Gemeinden entzogen, und die Desraudantenlachen sich ins Fäustchen.Durch die Novelle zum Einkommensteuergesetz soll nun demZensiten die Pflicht auferlegt werden, seine gesamten Einkünfteund die gesetzlich zulässigen Abzüge anzugeben und nötigenfallsauf Erfordern nochzuweisen, wenn infolge eines von ihm ein-gelegten Rechtsmittels von den Behörden eine vollständige Er-örterung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse für er-forderlich erachtet wird. Damit soll namentlich dem vorgebeugtwerden, daß Steuerpflichtige, welche ohne Abgabe einer Steuer-crklärung oder unter Abweichung von den Abgaben ihrer Erklärungveranlagt worden sind, die ihnen vorteilharten Unter schätzungender VeronlagungSkommission stillschweigend hinnehmen, dagegendurch erfolgreiche Anfechtung der ihnen nachteiligen Annahmeneine nach ihren Gesamtverhältnissen nicht gerechtfertigte Ermäßi-gung des veranlagten Steuersatzes erreichen.Dieser von der Regierung beantragten Aenderung de»§ 46deS Einkommensteuergesetzes ist nun die Kommission in ihrer letztenSitzung beigetreten. Dabei ergab sich die interessante Konstellation,daß mit der Regierung und der Rechten besonders die Sozial-dcrnokratie für die Vorlage eintrat. Während sich Polen, Fort-lchrittler und ein Teil des Zentrums dagegen Wandten, bezeichneteder Vertreter der Sozialdemokratie es als eine Ehrenpflicht, nach-dem der§ 23 beibeh.lten sei. alles zu versuchen, um auch die Be-ätzenden zu erfassen. In gleichem Sinne äußerten sich die Kon-'ervativen, von denen ein Redner unter anderem erklärte, wenndie neue Bestimmung nicht Gesetz werde, könnte man den Z 22mit gute«: Gewissen überhaupt nicht aufrecht erhalten. DerFinanzminister vollends bezeichnete die neue Bestimmung als eineder allerwichtigsten und fügte hinzu, daß die Regierung daraufdas größte Gewicht lege.Die neue Bestimmung wird zweifellos Gesetz werden. Obauf dem Papier stehen bleiben oder ob in der Praxis davonGebrauch gemacht werden wird, das hängt allerdings im wcscnt-lichen von der Zusammensetzung der VeranIagungSkommissioncnob, die vor allem nach der Richtung reformiert werden müssen,daß nicht mehr Landräte an ihrer Spitze stehen.Ei« deutscher Arbeitervertreter als Gast der qesetz«gebenden Versammlung No damcrikas.Die„New Yorker Volkszeitung" berichtet aus Washington:„Sprecher(Präsident) Clark und Vertreter Wilson aus Pen-ylvanien(Dem.) trafen Arrangements für eine am �0 Aprilim Hause abzuhaltende„Labor Lecture"(Vortrag überArbeiterfragen). Als Redner für diesen Vortrag ist GenosseKarl Legten, Mitglied des Deutschen Reichstages undSekretär des deutschen wie auch deS internationalen Gewerk-chastsverbandcs, ausersehen. Um dem Genossen Legien zueiner Ansprache Gelegenheit zu geben, wird d aM�S auseine Pause in den Verhandlungen ei n-Ue t c nlassen und zu dem Vortrage den Senat wie auch pro-minentc Bundesbeamte einladen."Si« preußische Gefängnisverwaltuug im Diensteder Uuteruehmcr.Bei der Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahn-Material zu Görlitz stehen schon seit längerer Zeit sämtlicheArbeiter im Streik. Die Firma sucht nun überall Arbeitswillige zu bekommen und hat sich anscheinend zu diesemZwecke an die Gefängnisverwaltung in Senftenberg gewandt.ihr entlassene Strafgefangene zuzuführen. Diesem Ersuchen istauch stattgegeben worden, wie nachstehender Entlassungsschein