das Gesetz so zugeschnitten, daß die qe werblich eu Breilnereienweniger Nutzen davon haben, und daß ihr Weiterbestehen ganz un-möglich wird, wenn die neue Vorlage Gesetz wird.Wie weit ist denn überhaupt die Spiritusbrennerei für dieLandwirtschaft notwendig? Als das Gesetz geschaffen wurde, hatjener Herr, der als Minister später der Liebling der Agrarier wurde,als Abgeordneter das Schlagwort geprägt: Keine Brennerei, keineSchlempe; keine Schlempe, kein Vieh; kein Vieh, kein Dünger, undohne Dünger keine Kartoffel. sHeiterkeit links.) Daran glauben dieHerren noch heute. Sie haben aber durch die gesetzlichen Be»schränkungen zugunsten einiger laudwirtschaftlicher Brennereienweiter nichts erreicht, als daß sich das Brennerei-gewerbe außerhalb der Landwirtschast, technisch nichtwelter entwickeln konnte.(Hört I hört l links.)Die Kartoffel, ein wichtiges Volksnahrungsmittel, wirddem Markte entzogen, weil sie zur Herstellung von Schnapsverarbeitet werde» muß, während Schweden uns Norwegenz. B. längst dazu übergegangen sind, die bei uns lästigen Abfälleder Sägemühlen und Zellstoffabriken zur Spiritusherstcllung zu ver-arbeiten. Es ist berechnet worden, daß 7 Prozent der gesamtendeutschen Spiritusproduktion ouS diesen Abfällen hergestellt werdenkönnte, die heute unbrauchbar und im Wege sind. Aber unsere Ge-setzgebung macht das eben unmöglich. Sie zwingt, die Kartoffel,Getreide und höchstens noch die Melasse der Zuckerrübe zu Spirituszu verarbeiten. So greift das Gesetz auch in die I n t e r e M e nde r Landwirtschaft s e I b st hemmend ein.(Sehrrichtig! links.) Weshalb ist aber da-Z Gesetz so gemacht worden? Der Vater des Gesetzes, der Abgeordnetev. G a m p, hat gesagt, das Gesetz sei dazu da, eine Bin-d u n g der P�r o d u k t i o n zu schaffen. Alto inan will die Er-zeugung von Spiritus künstlich durch die Gesetzgebung einschränken.damit der Spiritus dem freien Wettbewerb entzogen wird, der janur preisdrückend wirken kann. Dieses„löbliche" Bestreben hat derGesetzgeber dann fortgesetzt mit der Einführung der Brennsteuer,die scheinbar vom Brenner, in Wirklichkeit vom Schnapstrinker bezahltwird. Dann kam die Denaturierung des zu gewerblichen Zwecken her-gestellten Spiritus. Diesen Spiritus aber verkauft die Zentrale n a chdem Ausland billiger als nach dem Inland.(HörtI hörtllinks.) Im Ausland war man nämlich inzwischen auch zur Spiritus-Produktion übergegangen, und nun verlaufte die Zentrale nach demAuslandunter dem Selbstkostenpreis,unbekümmert daruni, daß dadurch die deutsche Industrie schwer ge-schädigt wurde. Es ist doch ganz klar, daß das Ausland mit diesembilligen Spiritus die Produkte billiger herstellenkann, als die deutschen Fabrikanten, die den denaturiertenSpiritus teurer bezahlen müffen.(Sehr richtig! links.) Auch eineIllustration für den Patriotismus der Herren vomSpiritus ring!(llnruhe rechts.) Neben der Einschränkung derProduktion kam die Einführung der Differenzierung zwischen demkontingentierten Spiritus und dem Spiritus, der außerhalb diesesKontingents hergestellt wird. Diese Differenzierung brachte dieLiebesgabe von 4t> Millionen Mark jährlich, und um diese46 Millionen Mark ist der Trinkbranntwein verteuert worden.Diese 46 Millionen Mark sind der Zuschuß der arnienBranntweintrinker zu den Produktionskosten der reichenBrenner.(Hört! hört! links.) Was dieser Zuschuß für denBrenner bedeutet, das haben uns einwandfreie Zeugen gesagt.Unseren jetzigen Kollegen, den Grafen P o s a d o w s k y, hat derAbg. Dr. S e m l e r als Zeugen dafür angerufen, daß ihm GrafPofadowsly gesogt hat: Diese Liebesgabe ist notwendig, weil sonstunsere ostelbiichen Großgrundbesitzer nicht mehr in der Lage sind,die notwendigen Zuschüsse für den Herrn SohnLeutnant und den Herrn Sohn Referendar zugeben.(Lebhaftes Hört! hört! links. Unruhe rechts.) HerrSemler hat ausdrücklich gesagt, daß ihm Graf Posadowsky daserzählt habe, und er(Seniler) habe hinzugefügt, das seiwenigstens ehrlich.(Heiterkeit links.) Herr K r e t h habeaber gesagt:Ehrlich wohl, aber dumm.(Stürmische Heiterkeit links.) Mögen die Herren das jetzt unter-einander abmachen. Im Interesse der historischen Wahrheit mußtedies erwähnt werden.(Zurufe rechts: Ist ja alles widerlegtworden!) Graf P o f a d o w s k t> ist ja nachher zum Worte ge-meldet und wird sich hierzu äußern. Noch ein Zeuge. Die. K r e u z- Z e i t u n g" hat dieser Tage darauf hingewiesen, daß.wenn die Liebesgabe abgeschafft würde, die Domäuenpächter e i nklagbares Recht gegen den Staat hätten dahin,daß ihnen die Pacht um den Betrag der Liebesgabeermäßigt ivllrde.(Lebhaftes Hört! hört! links.) Einen besserenBeweis können wir wohl nicht erbringen, als wenn dies vondem führenden konservativen Blatt selbst zugegeben wird. Undnun ein Kronzeuge I In unserer Mitte sitzt der Herr, der als derUrheber des letzten Branntweinsteuergesetzes zubezeichnen ist, der wegen seiner Verdienste um die Zentrale zumDirektor der Spirituszentrale gewählt wurde.(Abg.Kreth: Ist nicht wahr!— Stürmisches Gelächter links.) DerHerr, von dem das Gerücht geht, daß er dem M i n i st e r dasGesetz in die Feder diktiert hat.(Widerspruch des Abg.Kreth.) Darüber sind sich alle Fachleute einig, daß dasGesetz nur auf die Interessen der Spirituszentrale zugespitztist. Ohne diese? Gesetz hätte die Spirituszentrole trotzoller höchst»nerkwürdigen terroristischen Geschäftsmachenschaftensich nicht die Stellung erringen können, die sie heute errungen hat.(Lebhafte Zustimmung links!) An unverdächtiger Stelle, nämlichauf der Generalversammlung der Spiritus-fabrikanten bat an, 23. Februar 1912 dieser Herr eine Redegehalten, die das Entzücken der Zuhörer in einer Weise erregt hat.daß beantragt wurde, die Rede drucken zu lassen und sie alle»Reichstagsabgeordneten zuzuschicken— außer den Roten.(StürmischeHeiterkeit bei den Sozialdemokraten.) In dieser Rede hat HerrKreth ausdrücklich betont, daß der Kontingent für dieO st e-l b i e r von geringerer Bedeutung fei, als für diesüddeutschen Brenner, iveil der Spirituspreis in Norddeutschlandum den Betrag der Kontingentöobgabe überreichlich erhöhtwerden könnte.(Hört I hört! links.) Also die Liebesgabe kannruhig fallen, die Ostelbier brauche» nicht zu jammern, denn dieZentrale bringt de» Verlust wieder reichlich ein.(Sehr richtig I links.)Auch der frühere Staatssekretär Shdow, der da? Gesetz selbst einFürsprcchgefctz für die Brennergenannt hat, hat ausdrücklich erklärt, daß ourch das Wirken derSpirituszentrale die Liebesgabe ü b e r s l ü, s i g geworden sei,weil die Zentrale den SpiritnSpreis aus sich heraus nichtunerheblich steigern könne.(Hört! hört! links.) Eigentlich brauchenwir da gar nicht mehr Herrn Paasch«, Mitglied deS AufsichtS-rates der großen Brennereien in Simmern, die zirka300 000 Mail jährlich an Liebesgaben erhalten. Aberauch er hat gesagt, daß die Konservativen auf die Liebesgabedurchaus verzichten kömiten, iveil sie wüßten, daß ihreSpirituszentrale jeden Augenblick den Preis des Spiritusum den Betrag der Liebesgabe erhöhen könnte.sodaß sie die Liebesgabe dann nur aus einer anderen Tascheerhielten.(Hört! hört! links.) Uebrigens stimmt da« mit deranderen Tasche nicht. Es ist inimer dieselbe Tasche deöarmen Brann wein tri nkers und nur die Methode ist eineandere.(Sehr richtig! links.) Wieviel den Herren an dem Geldeliegt, das ihnen die Schnapstrinker zahlen müssen, geht auch daraushervor, daß der Bülow-Block gerade an der Liebesgabe gescheitertist. Aber jetzt, wo die Herren wissen, daß sie durch die Zentralemehr als die Liebesgabe bekommen, kommen sie her und bringensie als Geschenk und stellen sich vor dem deutschen Volkeso hin, als verzichteten sie großmütig auf die Liebes-gäbe I(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.) Wer daglaubt, daß die Agrarier freiwillig etwas hergeben, dermutz politisch wirklich sehr naiv sein.(Heiterkeit und Zustimmunglinks.) Allerdings, ganz einig sind sich die Herren nicht. ES wirdauch hier die berühmte Schlacht des Ostens gegen denWesten und Süden geschkageir. Es liegt an den verschiedenenBodenverhältnissen des Ostens und des Südens und Westens. Imganzen aber bleibt es dabei, daß die Herren nur deshalb auf dasAlmosen verzichten, weil die Zentrale ihnen noch mehr Geld schafft.Nun gibt es eine Instanz, die alles, was der Zentrale schädlichsein kann, beseitigt: das ist der hohe Bundesrat. Der Bundesratwacht darüber, daß nur ja nicht die Produktion über das Kontingenthinausgeht, damit die Preise auf keinen Fall sinken.Wenn das geschieht, dann wird auf Grund des Durchschnittsbrandes,der an die Stelle des Kontingents getreten ist, sofort regulierendeingegriffen. Von diesem Recht macht der Bundesrat ständig zu-gunften der Zentrale Gebrauch. Bekanntlich hatte der sozial-demokratische Parteitag in Leipzig den S ch n a p S b o y k ott be«schloffen. Nun ist unsere Macht leider begrenzt. Es ist uns nichtmöglich, an die im tiefsten Elend lebenden Volkskreise heran-zukommen, die durch Ihre(nach recht?) Schulen auf dem Lande insystematischer Verdicrnmung erzogen werden, undderen Gehirne verkleisterr sind.(Großer Lärm rechts,lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Es sind dies dieAermsten der Armen, die am niedrigsten entlohnt werden, die keineLebensfreude haben und die in der Flasche ihre Seligkeitfinden. Dieselben Leute, die für einen Schnaps Ihnenihre Stimmen verkaufen.(Lärm rechts, lebhaftes Sehrrichtig I bei de» Sozialdemokraten.) Würden wir die Landkartenehmen und die Kreise schwarz anstreichen, m denen die Konserdativenund daS Zentrum herrschen, und in denen der größte Schnapskonsnmherrscht, wir würden ziemlich auf dieselben Gegendenkommen.(Lebhafte wiederholte Zustimmung bei den Sozialdemo-traten.) Dennoch ist es um? gelungen, denSchnapskonsum um eine halbe Million Hektoliter einzuschränken,und 10 Millionen Mark Liebesgabe sind den Herren nicht in dieTasche geflossen.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Aber anstattdaß eine königliche Staatsregierung dieses Bestreben, das Volk vomBranntweinelend zu erretten, unterstützt, hat der Bundesrat s o-fort die Kontinentsziffer herabgesetzt, damit nur janicht die Gefahr eintritt, daß durch den geringeren Verbrauch derPreis gedrückt wird. Hätte man den Dingen freien Lauf gelassen, sowären nicht nur 10 Millionen, sondern volle 46 Millionen Liebes-gäbe rettungslos verloren gewesen, und der Spiritus hätte um2 0 Mark billiger werden müssen. Aber wir geben unserenKampf nicht auf. In jeder Versammlung legen wir unseren Freundenans Herz:trinkt keinen Branntwein, der Körper und Geist zerrüttet und dernur die Taschen Eurer erbittertsten Feinde füllt.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Bundesrat istgewissermaßen der OberanfsichtSrat der Zentrale, und eS besteht hierein Privatmonopol unter staatlicher Aussicht n,itstaatlicher Förderung im Interesse einer kleine» Gruppe wohl-habender und reicher Leute.(Sehr wahr! links.) Daß die kleinenBrenner von dieser Gesetzgebung einen Vorteil haben, ist einMärchen. Die Ziffer von SO 000 wird nur genannt, damit eS soscheint, als ob eine große Menge hinter der Zentrale steht. InWirklichkeit sind eS nur einige tausend Gutsbesitzer. Dieses Privat-Monopol ist durch die Gesetzgebung geschaffen»vorden, im Wider-spruch zu den linksstehenden Parteien, geschaffen von den Herren,die jetzt so tun, als ob sie bereit wären, auf die Liebesgabe zu ver-zichten. Herr Spahn scheint die Schliche des Gesetzes nichtgenau zu kennen, sonst müßte er wissen, daß in Wirklichkeitalles beim Alten bleibt, und daß nur die Firma sich ändert.Die Macht der Zentrale bleibt ungebrochen unddie Belastung der großen Massen wird auch nicht um einenPfennig gemildert.So lange die Konlingenticrung der gesainten Produktion und dieStrafsteuern für den Ncberbrand bestehen bleiben, so lange wirdnichts Durchgreifendes geändert. Im letzte» Jahre sind etwa2'/, Proz. Ueberbrand erzeugt worden. Sofort hat der Bundes«rat absichtlich den Durchschnittsbrand entsprechend niedrigereingesetzt, damit die volle Wirkung des Gesetzes zu-gunsten der Brennereibesitzer zum Ausdruck gelangt. Aber daseistnoch nicht alles. In ihrer Sündenmaienblüte haben Sieauf Befehl der Spirituszentrale noch den Vergäll ungözwangin das Gesetz hineingebracht. Der VergällungSzwang liefert erst rechtalles, was nicht ostelbisch ist, der Zentrale aus. Dceser VergällungS-zwang trifft vor allein die gewerblichen Brennereien, die ver-gällten, d. h. stenersrcien Spiritus auf den Markt bringen müssen.Je größer der Prozentsatz ist. den eine Brennerci an ver-gälltem Spiritus auf den Markt bringen muß, desto geringerder hohe Verdienst an de», teuren für Trinkzwecke bestimmtenSprit. Nun ist das Gesetz wieder so gesaßt worden, daßdie landwirtschaftlichen Brennereien auf Grund einer Bundesrats-Verfügung aus dem vorigen Jahr nur 30 bis 40 Proz. ihrerAusbeute zu vergällen brauchen, die gewerblichenBrennereien, vor allem die Hefebrennereien aber SS bis 70 Proz.(Hört! hört! links). DaS alles geschieht, damit dieselben Leute, dieschon infolge der Kontingentierung Vorteile habe», auch aus dem Ver-gällungSzwang Nutzen ziehen können. Und, um der Zentrale»un denMarkt ganz ausschließlich einzuräumen, hat man in das Gesetz die Be-stimmung aufgenommen, daß Spiritus im Kleinhandel nur in ganz be-stimmten Gefäßen mit festgesetztem Rauminhalt und einem vor-geschriebenen Verschluß verkaust werden darf. Damit ist natürlichder kleine Zwischenhandel ganz vernichtet, denn einsolches Lager abgestempelter Flaschen kann sich nur der Groß-Handel leisten.(Sehr richtig! links.) Die Zentrale will das ge-tan haben, um dem unreellen Zwischenhandel zu begegnen. DieHerren wollen reell recht viel verdienen, sie wollen jede Kinkurrcnzausschalten und nachdem ihnen das gelungen ist,nehmen sie Wucherpreise für ihr Produkt.(Seljr wahr! bei den Sozialdemurfralen.) Der Schatzsekretär meinte,daß das vorliegende Gesetz, abgesehen von der Aufhebung derLiebesgabe», nur Bestimmungen formaler Natur enthielte. Erscheint die einzelnen Paragraphen gar nicht genau zu bennen.(Heiterkeit links.) Ter§ 13 z. B. ist durchaus kein Beiwerk, son-dern enthält eine der schlimmsten Lcsiiniinungen, durch die dieZentrale wieder in die Lage kommt, ihre Macht weiter zu ver-stärken. Z 13 bestimmt nämlich, daß die norddeutschen Brenne-'reien ihr altes Kontingent nach wie vor v e r g ä l l u n g s s r e i be-halten dürfen. Dadurch werden aber die gewerblichen Brennereien,die nach 1887 entstanden sind, schwer geschädigt, weil sie ge-zwungen werden, ihre ganze Produktion zu vergällen und zu einemniedrigen Preise auf den Markb zu bringen. Dieser Paragraphstärkt also die ohnehin allmächtige Zentrale aufs neue. Wenn wirernstlich die Absicht Habens die Extrasteuer auf Spiritus zugunsteneiniger wohlhabender und sehr reicher Brenncreibesitzer zu be-seitigen, da nützt es nichts, einige Paragraphen über die Liebes-gäbe zu ändern, sondern eS muß das ganze Gesetz durch-gearbeitet werden und— man kann sagen— es muß gesäubert und gereinigt werden von all den geheimen Knif-f c n, die die Zentrale hineinzubringen verstanden hat.(Leb-hafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Erst wenn das gelungen ist, können Sie sagen, das Sie etwas für die Landwirtschaftgetan haben, denn erst dann werden eine ganze Reihe neuer land-wirtschaftlicher Brennereien entstehen können. Erst dann werdensie existenzfähig sein. Allerdings wird- dann die Zentrale nichtmehr die Macht haben, die sie heute hat, und sie wird dann ihrenLieblingen nicht mehr die heutigen Riesenvorteile zuwenden können.Es gab ja bis in die letzten Jahre hinein einige Outsider, diesich neben der Zentrale hatten behaupten können. Auf der letztenGeneralversammlung der Spirituszentrale konnte aber endlich zurallgemeinen Befriedigung der Herren festgestelld werden, daßFrieden im Gewerbe ist. Alle sind still gemacht. WissenSie, wie? Alle, die nicht mehr selbständig auf dem Markte auf-treten können, müssen der Zentrale für das. was sie verkaufen, eineExtragebühr, eine Verpflichtungsgebuhr von 1(4 M. zahlen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Also für Ware, die garnicht durch die Zentrale verkaust wird, müssen sie ihren Tribut ent-richten-. Was das für Erfolge hat, nun, das ist nicht aus der»Börscnibcrichsen zu ersehen, bi'e gibk cÄ für SpirlsuS«ZW mehr,sonder» aus den llkase» der Zentrale. 1009 war der Preis 46 Marl',augenblicklich ist er 7öX- Mark.(Abg. Kreth, kons.: Die Kar-toffclpreise kennen Sie wohl nicht!) Ach ja, aber solche Preis-stcigerung um 50 Prozent entspricht keineswcgD- den Steigerungender Äartoffelprcise, die in einzelnen Gegenden um ein Viertelgestiegen sind. Steigerungen des Spirihispreiscs sind erst iirletzter: Zeit erfolgt(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.Widerspruch des Abg. Kreth.) Ich habe das ja aus Ihreneigenen Berichten.(Heiterkeit.— Zuruf des Abg. Kr e t h.)Eine Zentrale, deren Vorgeben als gegen die guten Sittenverstoßend bezeichnet ist, die wiederholt wegen unlauterenWettbewerb verurteilt ist. sollte sich vor solchen Vorwürfen hülcn.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Das Gesetz macht es ge-wissen Gruppen von Brennereien unmöglich, mit den landwirt-schastlichen Brennereien in Ostelbien zu konkurrieren, es hat diefreie Konkurrenz künstlich ausgeschaltet; es verhindert künstlich dieneue Entstehung von Brennereien. Das haben 1909 auch die Na-tionalliberalcn gesagt, freilich nur mit Worten. Herr Basser-»i a n n nannte es einen Beutezug her landwirtschaftlichen Groß«brenner gegen die landwirtschaftlichen und gewerblichen Konsumen-ten. Trotzdem haben die Nationallibcralen immer mitgeholfen, das Gesetz so zu gestalten, wie es geworden ist. Esist ein Hilfsmittel zur Ausplünderung der ärmsten Bolksmafsen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemoktraen.) Es ist so kou-struicrt, daß das Privatmonopol der Zentrale existieren und bc-stehen kann und daß man wohl bloß noch auf die-Pkummrr 95 imReichsschatzamt wartet, um das Monopol für den Staat zu bringen.Die freie Konkurrenz zugunsten der Zentrale wird auch durch denunglaublich hohen Schutzzoll auf ausländischenSprit verhindert. 1909 betrug er 30 Mark, jetzt 125 Mark überdie Höchststeuer.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auchdiese'Bestimmung muß heraus, wenn wir wirklich die Liebesgabebeseitigen und die Macht der Zentrale brechen wollen. Aber siefühlt sich sicher, ihre Mitglieder sind javerschwägert mit hohen und höchsten Herren,die Tausende und Zehntauscnde von Mark aus der Liebesgabe bc-kornnien. Wir 110 würden schon daran gehen, an dieses Privat-Monopol und es in Fetzen reißen, aber wie weit wir von den andc-ren Herren Hilfe haben, wissen wir ja noch nicht.Süddeutschland hat sich 1867 sein Reservatrecht gesichertund sich nur dadurch übers Ohr hauen lassen, daß es sich nicht auchdie Spannung sichern ließ. Das Kontingent selbst ist zugunstenSüddeutschlands festgesetzt, eS bringt fast gar keinen Uedertontiu»gent auf den Markt, sondern kann die ganze LiebcSflabe in dieTasche stecken. Aber niit Recht fragen die kleinen und mittlerenBrenner in Sachsen, Hessen, dem Elsaß, was sie denn da-für können, daß sie nicht Südedrutsche sind. Nun reden ja die Her-rcn von der Zentrale sehr viel davon, daß sie die kleinen und mitt-leren Brenner nicht schädigen. Warum wird klar, wenn man andie Worte des Herrn R ö s i ck e auf der letzten Generalversarnin-hing der Zentrale denkt: man darf nicht von dem- Standpunkt aus--gehen, daß man die Großen erhalten und die Kleinen vernichtenwill, weil allemal noch ein Größerer kommt.(Heiterkeit.) NichtMitleid bewegt die Zentrale, sondern die Äugst vor demS t a a t s in o n o p o l. Die eigentlichen Schnapstrinker sitzen aufdem Lande, der städtische Arbeiter hat sich meist schon davon be--reit. Ucber die Verteuerung des tochnapses wird der Bauer under Landarbeiter wütend, und mit Rücksicht auf diese Wähler wirddas Zentrum es sich doch überlegen, ob es statt der vorgeschlagenennickt andere Maßnahmen ergreift.Verharrt das Zentrum dabei, dieses schwierige komplizierteGesetz der B u d g e t k o m m i s s i o n zu überweisen, so klage ich esöffentlich an, daß es dieses verwickelte Gesetz in Hände legen will,die es gar nicht bearbeiten können. Eine besondere Kom-_in i s s i u n müßte ein Branntweinstcuergesetz machen. Da würdenauch Fachleute sitzen, die das Gesetz nicht so liederlich machen.wie das letzte des Schnapsblocks. Einer der Herren von der Zen-�sitrale ist selbst Besitzer dreier Melasscbrcnnercicn. hat aber bei derleichtfertigen Schncllarbeit übersehen, daß beim Uebergang von derMelassebvennerei zur Hescbrennerci das Kontingent nicht beibehal-ten werden darf. Diese Lücke im Gesetz hat ihm jedoch nicht ge»schadet, er verlangte für die Herabsetzung des Kontingents auf zehnJahre eine Entschädigung von je 50 000 Mark.(HörttI)ört! bei den Sozialdemokraten.) Sie wurde ihm gewährt, unddie Zentrale hat nock, ein gutes Geschäft gemacht, denn was sie vonihm erworben hat, ist j e tz t j ä h r l i ch 150 000 M k. wert.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Kommt die Vorlage an die Budget-kommission, so können ja noch ganz andere Steuern aus der Ver-senkung auftauchen. Im Februar d. I. ist in einem geheimen.Rundschreiben des Deutschen Bauernbundcs seinenMitgliedern mitgeteilt, daß die Brau- und Biersteuer vor1914 nicht kommen soll, dann aber in Aussicht genommen sei.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Zur Deckung sei u. a. auch eineReichsstruer auf den Umsatz in Gastwirtfchafte«»in Aussicht genommen. Wer garantiert uns. daß in der Budget-kommission nicht diese Steuerpläne auftauchen? Wenn die Zentralemerkt, das Gesetz soll ihre Macht einschränken, wird sie schon neueSteuern vorschlagen. Das Publikum kann ja zahlen.Sieben dem S p i r i t u s r i n g hat das Gesetz auch einen Hefe-ring ermöglicht, durch den die Bäcker und das Publikum ebenfallsauf das empfindlichste geschädigt werden. Um 10 MillionenMark jährlich ist durch diesen Ring dem Volke das Brot ver-te u e r t. Das Gesetz bringt einen Paragraphen, der zunächst sym-pathisch anmutet: er spricht von der Ehrlichkeit im Handel, werSchnaps trinkt, soll wissen, wieviel Sprit er enthält, und deshalbwird der Gehalt von 25 Proz. vorgeschrieben. In der Praxis kommtdas auf Polizeischikane hinaus. 1909 ist auch der Zusatz vonBrairntweinschärfen verboten. Die Ausführungsverordnung fürdiese Bestimmung ist dem Bundesrat überlassen. Auf meine Er-kundigung erfuhr ich, daß sie sich noch jetzt, im Jahr« 1912, imStadium der Vorbereitung besindet.(Große Heiterkeit.)Jetzt kommt diese neue Bestimmung mit den 25 Proz. So wün-schenswert es ist, daß der Verfälschung des Spiritus entgegengetretenwird, so wenig glaube ich, wird es damit zu erreichen sein. Bei derSpiritusgesetzgebung hat ja alles differenziert; so könnte man auchdarauf verfallen, die Schnapsgläser zu differenzieren, sie inpatriotische und unpatriotische zu teilen(Heiterkeit), und den desnicht genügenden Patriotismus verdächtigen Gastwirten nur dieunpatriotischen kleinen Gläser zu gestatten. Auch für die Hefe-Produktion will die Vorlage das Austreten einer neuen Kon-lurrenz, speziell die genossenschaftliche Produktion, verhindern. Mitall seinen verzwickten Bestimmungen ist er keineswegs geeignet,etwas zu schaffen, was im Interesse weiterer Volkskreise notwendigist. Auch wir bedauern die Verbreitung des Branntweintrinkens.Wer aber sagt, die Verteuerung des Branntweins schadet nichts,denn sie schränkt den Schnapsgenuß ein, der kennt die Ver-h ä l t n i s s e nicht. Jede anfängliche Einschränkung wird baldwieder nachgeholt. Denn die Kreise, die durch ihre traurige Wirt-schaftliche Lage zum Schnapsteufel getrieben werden, trinkenihn auch, wenn er teuerer wird.Die Verelendung wächst und daher wird noch mehr Schnapsgetrunke».So bringt die Verteuerung sogar noch eine Steigerung deS Konsumsbeim schnaps hervor. Sehen Sie doch nach Rußland. Dort bestehtdie höchste Schnapssteuer. Freilich kommt auf den Kopf der Be-völkerung dort etwas weniger Schnaps als bei uns; aber doch nur.weil weite Kreise aus religiösen und anderen Rücksichten gar keinenSchnaps trinken: in den Kreisen aber, wo der Schnapsgenutz zuHause ist, ist trotz der hol)«» Steuern der Konsum ein ganzgewaltiger.Wir müssen Protest dagegen einlegen, daß das Deutsche Reichseine Einnahmen aus der Verteuerung der Nahrung s-und G e n u ß m i t t e l de r Aermsten der Armen nimmt.Wenn Ueberschüsse vorhanden sind, so hat man seine Schuldenzu wzählcn, und man hat die Verpflichtung, die Versprechungen