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gosetzeS habe der Minister vor aller Oeffentlichkeit entschuldigt und da- durch den dagegen gerichteten Erlassen die Spitze abgebrochen. Die vom Minister angeführte.schwierige Interpretation" des Gesetzes sei ein wohlausgellügeltes System agrarischer und konservativer Be- Hörden, um Liberalen und Sozialdemokraten die ihnen gesetzlich gewährleistete Betätigung unmöglich zu machen". Der Artikel schlieft: .Die Wahlreform setzte der Minister auf den griechischen Kalender. Man konnte aus der Rede des Herrn v. Dallwitz den Eindruck gewinnen, als ob man impreutzischen Ministerium des Innern geneigt sei. die Riederlämvfuug der Sozialdemokratie in den Vorder- grund aller Aufgaben zu stellen und nach dieser Aufgabe alle anderen zu orientieren. Das wäre eine Ersüllung konservativer Wünsche. Wir me-chts» hoffen, fy>k der Schein trügt, denn nach den Rezepten derer um Hehdebrand kann man wohl Sozialdemokraten züchten, nimmermehr aber die sozialdemokratische Bewegung aus oer Welt schaffen." Die.Köln. Ztg." vergistt nur hinzuzufügen, dost der National­liberalismus. und speziell jene Spielart des Nationalliberalismus, die man im preußischen Abgeordnetenhause findet, einen wesentlichen Teil der Schuld trägt, wenn im Preußen des zwanzigste» Jahr­hunderts noch immer der Polizeigeist Friedrich Wilhelms I. regiert und Genies von den Qualitäten eines Dallwitz in der Regierung dieses kuriosen Kulturstaats die erste Geige spielen. Ein aufgeklärter Obskurant, Und weder Hengst noch Stute, Der sich begeistern kann zugleich Für Sophokles und die Knute. Zur Krisis in der nationalliberalen Partei bringt das in Köln erscheinende Organ des Reichsverbandes der Vereine der imtionalliberalen Jugend, dieI u n g l i b e r a l e n Blätter", einen Aufruf, der den Mitgliedern� den Ernst der Lage vor Augen führt und um Einsendung von G e l d s e n- düngen zur Stärkung des Verbandes ersucht. Es heißt in dem Aufruf: ..Ein schwerer Kampf ist uns ausgezwungen worden. Westfalen. Schleswig-Holsteiner und Magdeburger , die mit der bisherigen Politik der Partei stets unzufrieden waren und stets die Fühlung nach rechts hin unter allen Umständen auf- rechtzuerhalten wünschten, versuchen unsere Organisa» tion, den Reichsverband, ohne den die jungliberale Be- wegung nicht zu denken ist, der aber auch seit Jahren schon iest in die Organisation der Gesamtpartei eingefügt ist, auf dem Wege der Statutenänderung zu vernichten. Die Art des Vorgehens der Westfalen ist eine durchaus unfaire Machtpolitik. Der Kampf trifft uns nicht unerwartet. Schon immer haben die Westfalen gegen den Jungliberalismus und Baffermann in herausfordernder Sprache gekämpft. Und doch mutz das Vor» gehen derRechlfer" in der Partei gerade jetzt um so mehr ver- biitern, als wir noch die letzten, schweren Reichstagswahlen Schulter an Schulter mit der Gesamtpartei aufopferungswillig und arbcitsfreudig durchgeführt haben. Wir haben keine Mühe und auch kein von uns aufbringbares finanzielles Opfer gescheut, um dem Kandidaten und dem Programm der Partei zum Siege zu verhelfen. Es ist auch nicht so sehr unsere Organisation, als vielmehr unsere politische Haltung, die die Herren aus Westfalen , Schles- wig-Holstein und Magdeburg bekämpfen. Die Politik der letzten Parteitage soll aufhören; der Jungliberalismus und Bassermann sollen aus der Partei herausgedrängt werden. Die nationalliberale Partei soll nach rein gouvernemen- talen Rücksichten geführt werden. Darum kämpft man gegen uns Jungliberale, darum sucht man jetzt unserer Or- gaaifation den GarauS z u rnachenl Ten uns aufgezwungenen Kampf nehmen wir auf! Zu seiner Durchführung bedürfen wir aber, da wir jetzt auch keine Parieiunterstützung erhalten, der opferbereiten Hilfe aller derer. die sich bisher mit Stolz und Freude Jungliberale genannt haben. In dieser ernsten Stunde darf keiner, der sich äußerlich oder innerlich zu uns rechnet, versagen! Jeder g'be uns zur Durch- führung der notwendigen Abwehr einen Beitrag nach seinen Kräften! Keiner darf fehlen! Es handelt sich um die Zukunft der nationalliberalen Partei und unserer Bewegung. Die gleiche Rummer der.Jungliberalen Blätter" enthäl: einen Artikel, der gegen Auslassungen eines Mitgliedes des Zen- tralvorstandeS der nationalliberalen Partei, Dr. v. B r ö ck e r. Hamburg, die imElbwart" erschienen sind, polemisiert. Von den rechtsstehenden Elementen in der nationalliberalen Partei sei die Forderung auf Auflösung der jungliberalen Ver- eine damit begründet worden, daß ein« einheitliche Parteiorgani- saiion notwendig sei; der Auflösungsantrag richte sich, so werde behauptet, nicht gegen die Tendenz des jungliberalen Verbandes. Indern entspringe rein organisatorischen Erwägungen. S)er Artikel des Zentralvorstandsmitgliedes Dr. v. B r ö ck e r strafe aber diese Begründung Lügen, denn Bröcker gestehe offen die politischen Absichien des Auflösungsantrages zu: »Jetzt wissen wir wenigstens, wohin der Weg geht und welche bobe politisck� Bedeutung die Anträge der Westfalen, lLchleswig- Holsteiner. Hamburger, Magdeburger und Hessen befitzen. Alle diese NaHonalliberalcn betrachten den Reichsverband nicht als Organisation der Jugend, ihre Anträge haben also niemals einen organisatorischen Charakter, sondern sie betrachten oen Reichsverband als den organisatorischen linken Flügel der Partei, der mächtiger ist als sie, auf dessen Seite auch Bassermann steht, und um diesen Flügel zu vernichten, stellt man den Antrag, den Reichsverband der natio- nalliberalen Jugend aufzulösen. Geschieht das nicht, bildet man den rechten Flügel organisatorisch auS, und was dann kommt das mutz sich einmal Herr Basscrmann, als der Führer der Partei, sorgsam überlegen. Man unter- schiebt dem junglibcrlaen Re>chsberband etwas ganz anderes, alS sein Wesen ausmacht, nämlich daß er der linke Flügel sei, so hat man dann erst überhaupt eine Rechtfertigung für den Antrag der Organisation der Altliberalen, und das ist wohl die Hauptsache und der erwünschte Haupterfolg derRechtser". Wir müssen gestehen, offener, rücksichtsloser und klarer konnte der Feldzugsplan der Westfalen und Genossen nicht ausgedeckt werden. Wir sind neugierig, was die..Westfälischen Politischen Nachrichten" und die sonstigen Vertreter unserer Gegner zu diesen Ausführungen sagen werden. Ob nun wirk- lich dieWestfälischen Politischen Nachrichten" noch den Mut flnden, zu behaupten, die Anträge gegen den Reichsverband ent» behrten jeden politischen Charakters, seien nur rein organisa- torischer Natur??!" Für das gleicheliberale Band", das dieJungen" und Alten" in der nationalliberalen Partei umschlingt, sind diese Aeußerungen recht charakteristisch. Scho« eine« Schritt zurück? DieGermania " hat gestern sehr energisch und mit vollem Ktccht den Rücktritt des Kriegs Ministers gefordert. Und in bsi Tat kann eine Partei mit einem Minister, von dem sie aus den stichhaltigsten Gründen erklärt hat, daß er sich außerhalb der Gesetze gestellt hat, unmöglich weiterarbeiten. DaS Zentrum vertritt ja die Ansicht, daß ein Minister, der sich mit den Anschauungen der Majorität der Volksvertretung im Widerspruch befindet, demissionieren mutz. sti auch nicht erst seil gestern. ES Hut ja im b a h e r i s ch e n Landtag nach denselben Grundsätzen gehandelt. Immerhin bedeutet solche Anschauung natürlich eine starke Annäherung an das p«ill a m-e n t<rr t s ch e S y st e m, und es wird den ver» bündeten Konservativen sicherlich einigen Schmerz bereitet haben, datz die Klerikalen solche Grundsätze proklamieren. Denn die Konservativen sehen das Recht des Ministersftirzes als ihr Reservatrecht an, das von keiner Volksvertretung angetastet werden darf. Und auch das wird sie kaum beruhigen, daß das Zentrum ein solches Recht nur dann in Anspruch nimmt. wenn es selbst über die Majorität verfügt und es dort nicht gelten läßt, wo es in der Minorität ist. Dagegen werden die Konservativen schon mehr Trost aus der Tatsache schöpfen, datz das Zentrum die Suppe noch etwas auskühlen lassen will, bevor sie gegessen wird. DieGermania " ist zwar noch immer recht zornig, aber die Entlassung des Herrn v. Heeringen wird heute doch schon nicht mehr so un- bedingt gefordert wie gestern. Das Blatt versichert zunächst, datz das Zentrum die Wehrvorlagen auf jeden Fall bewilligen, datz es also das einzige Machtmittel zur Durchsetzung seiner Forderung aus der Hand geben wird, und fährt dann fort: Die Person des Herrn von Heeringen scheidet dabei aus, wie sie überhaupt mit solchen Anschauungen auch aus der Leitung des KriegSministeriumZ ausscheiden müßte. Herr v. Heeringen hat durch seine Erklärung über den Duellzwang im Heere'den Widerspruch der über- wiegenden Mehrheit deS deutschen Reichstags hervorgerufen, aber im Reichstag selbst keinen Verteidiger ge- funden. Die Presse hat seine Auffassung ebenfalls mit ver- schieden«! Ausnahmen abgelehnt. Also aus dem kategorischen Jmperattv ist bereits ein schüchterner Konjunktiv geworden, und im Dunkel der Kom- Mission wird sich schon«Ales finden. Wir haben gestern bereits darauf hingewiesen, datz dem Zentrum dieser Scheinkampf ganz gelegen kommt, um vor den Wählermassen sich wieder einmal als unabhängige und un> erschrockene Vertreterin aufzuspielen. Aber auch im Vatikan kann es nur guten Eindruck machen, ivenn das Zentrum sich als Kämpferin für die katholische Anschauung in den Duell- fragen zeigt. So schlägt das Zentrum zwei Fliegen mit einer Klappe, bewährt sich gegenüber den Anschuldigungen der Osterdienstagleute als Hort des Katholizismus und spielt bei seinen Wählern das alte demagogische Spiel der von der Re- gierung unabhängigen Partei, während eS in der Tat die mächtig st e Stütze des herrschenden reaktiv- nären Systems ist._ Der brannschweigische Landtag hat die an sich schon so jämmerliche Wahlrefornrvorlag« der Re- gierung in erster Lesung noch erheblich verschlechtert. Er hat den Antrag der Wahlrechtskommission angenommen, nach dem der zu wählende Abgeordnete im Wahlbezirk ansässig sein und mindestens ein Jahr darin gewohnt haben muß. Auch die Aufteilung der dritten Klasse durch eine Zusatzstimme für Wähler, die mehr als 20 M. direkt« StaatSsteuer zahlen, ist mit erheblicher Mehrheit an- genommen worden. Damit ist die Wahl. reform" für die Arbeiter- fchaft völlig wertlos geworden. Es ist so gut wie gar nichts von einer Reform übrig geblieben._ Staatliche Gesinnungsschnüffelei. Nach Itjähriger Beschäftigung wurde kürzlich bei der.Halber- siädter Eisenbabnwerkstätte der Arbeiter Sch. plötzlich entlassen. Auf seinem Entlassungsschein wurde ihm ausdrücklich bestätigt, datz er sich gut g e s ü h r t hälte untz« feine Leistungen sehr gute gewesen seien. Der Grund der Entlassung war, daß Sch. am Abend des Stichwahltages zur Reichstagswahl an der sozialdemokratischen Versammlung tcilgenammcn hatte, in der das Wahlresultat ver- kündet wurde. Er war in die Versammlung gekommen, weil die bürgerliche Versammlung, in der das Resultat bekanntgegeben tverden sollte, überfüllt war. Ein Spitzel denunzierte den Eisen- bahner, der daraufhin einem hochnotpeinlichen Verhör unterzogen wurde. Er war geständig und derFall" wurde nun der Eisen- babitdirektion in Magdeburg unterbreitet. Diese hielt eine noch- malige Vernehmung des Uebeltäters für nötig und wollte von ihm wissen, welchem Verbände er angehöre und für welche Partei er bei der letzten StadtUwordnetenwahl gewählt habe. Der Verband es war der Trierer Verband war einwandfrei, aber die Be- antwortung der anderen Frage verweigerte der Mann. Infolge- dessen wurde seine Entlassung verfugt. Nachdem sein Verband erklärt hatte, datz sich in seiner Sache nichts machen" lasse, wandte er sich an den Minister der öfsent- lichen Arbeiten. In dessen Austrage wurde ihm von der Eisenbahn- dircktion Magdeburg der Bescheid, daß trotz nochmaliger Prüfung die Entlassung nicht zurückgenommen werden könnte, die erfolgt sei, weil er an jener Versammlung teilgenommen und dadurch seine Anhängerschaft zur sozial- demokratischen Partei bekundet habe. Man sieht, es wird viel Lärm um einen Eierkuchen gemacht; aber ist es nicht beschämend, datz gegen einenfreien Staatsbürger" ein solch hochnotpeinliches Verfahren um eines derart geringfügigen Vorkommnisses willen eingeleitet wird? Der Seniorcnkonvent des Reichstages traf am Freitag für die nächste Zeit einige geschäftliche Dispositionen. Der Etat der RcichSeiscnbahnen, der auf der Tagesordnung steht, wird noch einige Tage in Anspruch nehmen. Dann soll der Kolonial- etat in dritter Lesung zur Beratung gestellt werden. Darauf wird der Abschnitt der Geschäftsordnung, der von der GeschästsordmingS- kommisfion bereits fertiggestellt ist, zur Beratung kommen. Die weiteren Dispositionen hängen davon ab. wie die Arbeiten der Budgetkommission fortschreiten. Voraussichtlich werden dann zunächst die Etat« deS Reichskanzleramts und des Auswärtigen Amts in Angriff genommen werden._ Das Darlehen derLippeschen Landeszeitung". Zu der Notiz..Von der bürgerlichen Presse" in der letzten Tienstagnummcr desVorwärts", in der mitgeteilt wurde, datz während des lippischen Thronstreites die liberale ..Lippische LandeSzeitung" von dem Grafregenten fdem Vater des jetzigen Fürsten ) ein Darlehen von 60 000 M. erhalten hat, schreibt uns Herr Dr. Neumann- Hofer, der jetzige Besitzer der Lippischen LandeSzeitung": 1. Das Darlehen seitens des verstorbenen Grafregenten Ernst zur Lippe ist nicht etwa, wie aus der Notiz leicht geschlossen werden könnte, mir, dem jetzigen Besitzer derLippischen LandeSzeitung", gegeben worden, sondern dem�Vor-Vorbesitzer meiner Zeitung. 2. Das halbe Dutzend Straftaten, das mir von dem An- geklagten zwecks Führung desWahrheitsbeweises" vorgeivorfen wurde und das den polnischen Gegnern teils von entlassenen An- gestellten, teils von ehemaligen Dienstmädchen angeblich hinterbracht worden ist, hat vor Gericht keinerlei Bestätigung erfahren. Das Ilrteil stesst vielmehr ausdrücklich fest, daß nicht eine einzige der behaupteten Straftaten erwiesen ist, weder in subjektiv« noch in objektiver Hinsicht. 3. Wenn das Gericht sodann zu der verhältnismäßig milden Strafe von I2S M. für eine Lersammlungsäutzerung und einen Zeitungsartikel gekommen ist, so hat es das einerseits damit be- gründet, daß der Angeklagte diese positiven Beschuldigungen erst in der Gerichtsverhandlung vorgebracht bat, um die angebliche Berechtigung seiner Aeußerungen zu beweisen, nicht aber in den allein unter Anklage stehenden mündlichen und schriftlichen Be- merkungen, so datz für das Urteil nur die einfache Beleidigung nach ß 180 in Frage kommen könne; und andererseits damit, datz dem Avgcklagien angesichts seiner vor Gericht klar zutage getretenen geringen Urteilsfähigkeit geglaubt werden müsse, daß er an die Richtigkeit der ihm hinterbrachten falschen Beschuldigungen ge- glaubt habe. Hochachtungsvoll und ergebcnst A. Neu mann». Hofer, M. d. R." Die Wirren in Mrokko. Uneinigkeit zwischen Militär- und Zidiwerwaltung. Paris , 26. April. DerFigaro" meldet gerüchtweise, datz zwischen dem Gesandten Regnault und dem Genera! Moinier Qnlätzlich der Durchführung des in Fez proklamierten Belagerungszustandes M i tz- Helligkeiten entstanden seien. Regnault habe gegen verschiedene von Moinier angeordnete Maßnahmen Bedenken diplomatischer Natur und insbesondere die Notwendigkeit von Rücksichten auf die Autorität des Sultans geltend gemacht. Marokka im Ministerrat. Paris , 26. April. Bezüglich der Meldung, daß der morgige Ministerrat sich mit der Ernennung des Generalresidenten in Marokko und mit den ihm zustehenden Befugnissen beschästigen werde, wird in an- scheinend offziösen Mitteilungen darauf hingewiesen, datz der von Mulay Hafid unterzeichnete Protektoratsvertrag noch der verfassungsmäßig notwendigen Genehmigung durch das französische Parlament bedürfe, und datz deshalb eine end- gültige Ernennung noch nicht erfolgen könne. Es heitzt, die Regierung werde vorläufig einen Residenten oder einen Koni- missar nach Fez entsenden, dessen Machtbefugnisse später eine entsprechende Erweiterung erfahren könnten. Tie Situation in Fez. Fez, 26. April. Zwölfhundert Askaris haben ihre Waffen und Munition abgegeben. Die Stadt ist in ver- schiedene Bezirke eingeteilt worden, deren jeder seinen ver- antwortlichen Leiter hat. Die Haussuchungen werden fort- gesetzt. Der Fez-Flutz führt eine Menge Gegenstände, die von der Plünderung herrühren und die die Plünderer aus Angst vor Entdeckung weggeworfen haben. Der Sultan, der für säin Leben fürchtete, hat sich wieder beruhigt. Verstärkungen treffen noch dauernd ein. General Moinier beabsichtigt, nach Sefru zu marschieren, wenn in Fez die Ruhe wieder voll- kommen hergestellt ist. Paris , 25. April. Aus Fez wird von dem Sonder- berichterstatter der Agence Havas gemeldet: Die Aussagen der festgenommenen Meuterer bestätigen, datz ein Teil der Be- völkerung mit den Aufrührern im vollen Einverständnis war. Einer der Mörder des Unterintendanten Lory gestand, datz er und seine Helfershelfer in das Haus auf Anstiften von Wei- bern eingedrungen seien. Das Judenviertel siebt aus, als ob es von einem Erdbeben heimgesucht worden wäre. Massendesertion französisch-marokkauischer Truppen. Tanger , 26. April. Ein scherifischer Tabor in der Stärke von 17 5 Mann, der unter der Führung des Hauptmanns Vary steht, desertierte aus dem Lager von Ar- baua mit Waffen, Gepäck und Pferden. Die Deserteure sollen nach Norden abgezogen sein. Elksar, 26. April. Die Desertion der scherifischen Ka- vallerie, deren Haltung seit einigen Tagen verdächtig war. aus dem Lager von Arbaua, bestätigt sich. Nach Aussagen von Eingeborenen soll die Infanterie treu geblieben sein. Elksar, 26. April. Hauptmann Vary meldet am 24. April um Mitternacht, datz noch die ganze Infanterie im Lager sei, sich aber eine lebhafte Unruhe bemerkbar mache. Die Instrukteure und K a i d s seien in das Zelt des Hauptmanns geflohen, und es seien schon mehrere Gewehr- schüsse gefallen, ohne indessen jemand zu verletzen. Feindselige Haltung der Stämme. Aus M c k i n e z kommt die Nachricht, datz die Araber- st ä m m c in dieser Gegend äußerst erregt sind. Mehrere Scharmützel mit französischen Truppen haben bereits stattgefunden. Geswrn nachmittag ist bei einem solchen Gefecht ein französischer Schütze getötet worden» während zwei andere schwer verletzt wurden. Der Stamm der B e n i M' t i r zeigt ebenfalls eine feindliche Haltung. Eine große Harka dieses Stammes ist bei Khenifra zusammengezogen worden. Oertemicb. Wiener Gemeind ewahlftatistik. Der vierte Mahlkörper, in dem auch die privilegierten Wähl« der oberen drei Wählerklassen mitsttmmen, während die Zahl der Arbeitcrwähler durch das Erfordernis der dreijährigen Seßhaftig­keit und die Riesensihwindeleien der Wahlmoöher dezimiert wird, ging 190 zum erstenmal zur Wahl. Damals hatte er 239 404 Wahl- berechtigte, 1906 339117 und 1912 371 998. Die Wahlbeteiligung betrug 1906 60,2 Proz., 1912 79,3 Proz. obgleich für die Ge, meindewahlen die Wahlpflicht, wie sie für Landtags- und Reichs- ratswahlen in Niederöstcrreich eingeführt ist, nicht besteht. ES erhielten am 24. d. M. die Christlichfazialen 120 917 Stimmen ii906; 113 942, 1900: 81 549), die deutschen Sozialdemokraten jetzt 118 526(1906: 98112, 1900: 56 909!!), die Deutschsreiswnigen er- hielten 23 620(früher an den Wahlen der vierten Wahlkörper nicht selbständig beteiligt), di» Deutschnationalen 5805, die tschechisch» bürgerlichen Zähl- und tschechoslawlsch-sozialdemokratischen" Zcr- splitterungSkandidaten erlangten 12 621 Stimmen der Rest waren zersplitterte und ungültige Stimmen; nicht weniger als 15 060, worunter sich« tausende bctrügerislher UngültigkeitS- erklärungcn wegenungenügender oder ungenauer" Bezeichnung sozialdemokratischer Kandidaten. Bezieht man die Parteiziffern auf die Zahl d« Wahl- berechtigten, so ergibt sich, datz wir 1900 erst 24,82, 1906 schon 27,32 und 1912 31,89 vom Hundert aller abzugebenden Stimmen erhielten: bezogen auf die wirklich abgegebenen Stimmen beträgt unser Anteil 1900: 41.95 Proz., 1906: 46,86 Proz., 1912: 41,74 Proz. Hierbei ist die starke Wahlbeteiligung und das Ein- greisen des nichiklerikalen Bürgertums und der Separatisten in den Mahlkampf von 191Z wohl zu bericksichtigen. TTanRrCiCD* Zur Maifeier. Paris , 26. April. Der Syndikatsverband des Seine - departements hat an die Arbeiter die Aufforderung gerichtet, den t. Mai auch dadurch zu feiern, daß sie an diesem Tage ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Der Tag möge dazu benutzt werden, in die Gemüter der Kinder die Lehren des Syndikalismus einzupflanzen.