Nr. 98. 29. Jahrgang.
1. Beilage des„ Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 27. April 1912.
Der erfte Mai und der Kampf gegen schiedener. Die Miliz ist vor allem eine politische Forde ensch in der letzten Nummer der„ Neuen Zeit", daß wir
Die Maifeier ist schon durch ihren internationalen Charakter von bernherein stets eine machtvolle Demonstration für den Weltfrieden gewesen. Und immer mehr wird dessen Erhaltung zu dem vornehmsten ihrer Objekte, 1 mehr die Gegenfäße der Nationen sich verschärfen, der Rüstungswahnsinn wächst und die Gefahr eines Weltkrieges aufs bedrohlichste näher rückt. Die Maifeier dieses Jahres fällt in die Zeit des italienischen Raubzuges in Tripolis , der spanischen und französischen Gewaltstreiche in Marokko , der tüdischen Ueberfälle Rußlands in Persien und der Mongolei , der Vorbereitung einer Niederschlagung der merikanischen Rebellion durch Truppen der Vereinigten Staaten: unabsehbare friegerische Verwickelungen drohten alle diese Ausbrüche kolonialer Eroberungspolitik nach sich zu ziehen. Und noch liegen den Völkern die Schrecken eines knapp vermiedenen Weltkrieges in den Knochen, an dessen Abgrund uns zuerst das bosnische Abenteuer Desterreichs und dann vor weniger als einem Jahre der Marokkorummel geführt.
Die allgemeine europäische Situation ist seitdem womöglich noch bedrohlicher geworden, und eben wird dem deutschen Volke von der Reichsregierung zugemutet, das Material zur Schürung des Weltenbrandes, der die Kultur Europas vernichten soll, um den Preis weiterer Hunderte von Millionen ausgiebig zu bermehren. Die Maifeier wird diesmal bei uns unter dem Zeichen der neuen Wehrvorlagen stehen. Daß das Proletariat die einzige Klasse, die Sozialdemofratie die einzige Partei ist, die unter allen Umständen aufs energischste mit Nägeln und Zähnen für den Weltfrieden eintritt und dem Militarismus an den Kragen geht, das ist ein Gemeinplatz geworden. Darüber gibt es in unserer Partei feine Meinungsverschiedenheiten.
Aber darüber, wie wir diese Aufgabe am besten erfüllen, find vor der Maifeier des letzten Jahres verschiedene Anfichten aufgetaucht, und diese Verschiedenheiten machen sich auch diesmal wieder geltend. Die beiden Forderungen, in denen sich bisher unser Kampf gegen den Militarismus fundgab, waren die des Milizsystems und die der A brüstung gewesen. Jetzt sollen wir uns plöglich auf die erstere beschränken und die der Abrüstung als eine völlig verkehrte fallen lassen. Aus welchen Gründen? Man könnte vielleicht meinen, daß die beiden Forderungen einander ausschließen. Bedeutet nicht die Miliz die Volksbewaffnung und die Abrüstung die Voltsentwaffnung, also das gerade Gegenteil? Das ist richtig, wenn man die beiden Forderungen in buchstäblichstem Sinne auffaßt und davon absieht, nach einer vernünftigeren Auffassung zu suchen. In Wirklichkeit bedeutet die Forderung der Miliz, daß die für die Kriegführung des Staates vorhandenen Waffen aus den Händen des Berufsheeres in die des gesamten wehrfähigen und in den Waffen geübten Teiles der Bevölkerung gelegt werden sollen. Die Forderung der Abrüstung aber besagt, daß die Menge dieser Waffen immer mehr beschränkt und vor allem der Einführung neuer Waffen ein Riegel borgeschoben werde.
Diese beiden Forderungen widersprechen einander nicht im mindesten. Man kann die eine ebensogut erheben wie die andere.
Für Ab
Der Charakter der beiden ist aber freilich ein sehr ver-[ für das Milizsystem beschränken wollen. So schreibt ja rung, nicht eine ökonomisch e. Wir streben sie an im im Kampfe gegen den Militarismus und Marinismus( sic) Interesse der Demokratie, um die Macht der Regierung keine andere, aber auch keine zündendere Parole haben zu schwächen, die ihr durch die Verfügung über ein Berufs- als die Programmforderung des Milizsystems". heer verliehen wird. Dagegen braucht ein Milizheer nicht rüstung dürfen wir nicht eintreten. Die Argumentation der unbedingt billiger zu sein als ein Berufsheer. Ein kleines Genossen, die so denken, ist folgende: Das Wettrüften entBerufsheer kann unter Umständen weniger kosten als die Be- springt dem Imperialismus, der eine naturnotwendige Konwaffnung, Einegerzierung und Führung des gesamten wehr- sequenz des modernen Kapitalismus ist. Es kann nur mit fähigen Teiles der Bevölkerung. Durch das Milizsystem wird diesem überwunden werden. Dem Imperialismus dürfen wir auch das Wettrüsten nicht aus der Welt geschafft, wie das daher nur die Forderung des Sozialismus, nicht die der AbBeispiel der Schweiz deutlich bezeugt, deren Militärausgaben rüstung entgegenhalten. Diese ist eine utopistische Illusion, rasch steigen. Und dabei hat die Schweiz nur ein Landheer, die einem Mangel an Verständnis für den historischen Makeine Flotte. Ein Mittel zur Einschränkung der Rüstungen terialismus entspringt. Das trete auch darin zutage, daß die ist also das Milizheer nicht. Wir haben an ihm weitaus mehr Verfechter der Abrüstung betonten, diese liege im wohlverein politisches als ein ökonomisches Interesse. standenen Interesse der bürgerlichen Gesellschaft selbst, die bei Umgekehrt ist es mit der Abrüstung. Das Interesse an der Fortsetzung des Wettrüstens dem Bankrott oder dem ihr ist in erster Linie ein ökonomisches. Sie vermindert die Weltkrieg und damit ihrem Untergang oder zum mindesten ungeheuren Lasten, die das moderne Wettrüsten mit sich bringt tiefster Berrüttung entgegengehe. Jede Klasse wisse selbst und macht größere Mittel für die ökonomische und intellektuelle am besten, was ihr fromme, und es sei nicht bloß überflüssig. Hebung der Volksmassen verfügbar. Dagegen schließt sie nicht sondern geradezu lächerlich, wenn wir der Bourgeoisie zeigen aus, daß ein, wenn auch verkleinertes Berufsheer als Herr- wollten, wo ihr eigenes wohlverstandenes Intereffe liege. So schaftsmittel der waffenlosen Boltsmasse gegenübersteht. Die fagt auch Bensch:„ Es ist stets eine sehr gefährliche ArgumenAbrüstung ist mit Abwesenheit jeder Demokratie sehr wohl tation, wenn wir Sozialdemokraten den herrschenden Klassen bereinbar. nachweisen wollen, ihre Politik sei vom eigenen Standpunkt Die beiden Forderungen haben daher auch nicht immer aus falsch, fie verständen sich also auf ihre eigenen Geschäfte die gleiche Bedeutung für uns. Diese wechselt mit den nicht. Darauf verstehen sich diese Herrschaften sehr gut." wechselnden Situationen. Zunächst stand bei uns die Miliz- Aus dieser Argumentation müssen wir vor allem die Beidee im Vordergrund und noch mehr bei der bürgerlichen De- hauptung ablehnen, jede Klasse wisse selbst am besten, was mokratie, die freilich heute diese dee gänzlich preisgegeben ihr fromme. Das sieht sehr nach historischem Materialismus hat. Das war ganz natürlich, solange sich die Wehrverfassung aus und ist doch grundfalsch. Es wäre nur dann richtig, fast ausschließlich mit der Landarmee beschäftigte. In den wenn man sagen könnte, jeder Mensch wisse selbst am besten, lezten beiden Jahrzehnten spielt aber die Flotte eine immer was ihm fromme. Diesen Saß wird niemand unterschreiben größere Rolle. Und der gegenüber versagt die Milizidee voll- wollen. Er wird aber nicht richtiger dadurch, daß man anständig. Beschränken wir uns in der Agitation auf diese For- nimmt, die Einsicht, die dem einzelnen fehle, stelle sich ein, derung, lassen wir die der Abrüstung fallen, dann haben wir wenn die einzelnen in Masse zusammentreten. Wohl hat jede der Flottenagitation feine Gegenagitation gegenüberzustellen. Klasse ihre besonderen Interessen, und die einzelnen werden In Wirklichkeit kämpft die Internationale seit jeher für sich der Gemeinsamkeit ihrer Interessen nur bewußt, wo sie die Abrüstung zu Wasser wie zu Lande. Die nächstliegende als Masse zusammentreten. Aber die Instinkt der KlassenForm dafür ist die, daß die Sozialdemokratie eines jeden solidarität und des Klassengegensates, der sich aus den Landes den Rüstungen im eigenen Lande entgegentritt. Da- Lebensverhältnissen der Massen ergibt, sagt ihnen noch gar bei wird sie jedoch immer gehemmt werden durch den Ein- nichts über die beste Art, wie sie ihre Interessen zu vertreten wand, sie mache das Vaterland wehrlos gegenüber den Nach- hätten. Man liebt es heute oft, den Instinkt der proletaribarn, wenn diese fortfahren, weiterzurüsten. Nun kann man schen Massen zu preisen und ihn als sicheren Leitstern der prodem sehr wohl entgegenhalten, die Sozialdemokratie wirke letarischen Politik zu bezeichnen. Wäre er das wirklich, wozu überall in gleicher Weise den Rüstungen entgegen, und diese dann die ganze Arbeit der Wissenschaft? Und was dann, wenn lasten heute so schwer auf den Völkern, daß jede Erleichterung verschiedene Massen von Proletariern verschiedene Instinkte in dem einen Staate das stürmische und unwiderstehliche entwickeln? Ist der Instinkt der Massen untrüglich auch Verlangen in den anderen nach rascher Nachahmung herbor- dort, wo er christlich oder liberal ist? Wo er Judenhezen und rufen muß. Der einzige Großstaat Europas , dessen Regie- Negerlynchungen vollbringt? Wo er die Niederwerfung der rungssystem sich noch erlauben könnte, einer starken öffent- Buren fordert oder den Zug nach Tripolis ? lichen Meinung zu troßen, Rußland , ist zurzeit noch militärisch völlig zerrüttet und finanziell so schwach, daß es an einen großen Krieg nicht denken kann.
Das naturwüchsig aus den Verhältnissen hervorgehende lasseninteresse ist die moralische Kraft, die eine Klasse in ihrem Kampfe beseelt und vorwärts treibt. Die schließAber es ist klar, daß die Abrüstungsagitation viel weiter- lichen Ergebnisse ihrer Kämpfe hängen ebenfalls von gehende Forderungen erheben darf und viel wirksamer be- den materiellen Verhältnissen ab. Die 8iele aber, die sich trieben werden kann, wenn an Stelle derartiger Erwartungen die Kämpfenden sezen, hängen ab von dem Grade der Einfeste, bindende Verabredungen der konkurrierenden Staaten sicht in diese Verhältnisse. Je geringer dieser Grad, desto untereinander treten. Jede Agitation, die auf eine weit- weniger zweckmäßig werden die bewußt angestrebten Ziele gehende Einschränkung der Rüstungen abzielt, muß die Her- sein, desto größer die Opfer und Enttäuschungen, desto bitterer beiführung derartiger internationaler Abmachungen auf ihr das Lehrgeld, das die kämpfende Klasse zu zahlen hat. Programm setzen und alle Schritte unterstüßen, die in dieser Richtung gemacht werden.
Damit sei nicht gesagt, daß die unaufgeklärten Massen immer unrecht und die Theoretiker immer recht hätten. Die Theorie sett dem Kampfe leicht weitere Ziele als der Instinkt, der nur das Nächstliegende empfindet. Aber eben darum
Der internationale Tuberkulose- ber tuberkulos Befundenen burch den Schularzt, fachgemäße Be- eine neue Infektion: im Gegenteil, der einmal erkrankte Patient
Vom 7. bis 20. April hat in Rom der 7. internationale Son greß für das Studium und die Bekämpfung der Tuberkulose getagt. Obwohl es unmöglich ist, einem wissenschaftlichen Kongreß, besonders wenn er in Sektionen tagt, vor dem Vorliegen des Kongreßprotokolle gerecht zu werden, so sei doch ein Ueberblick über einige Ergebnisse der Verhandlungen hier versucht.
An dem Kongreß haben sich große und berühmte Kliniker aller Länder beteiligt. Die Tagung fand in drei Sektionen statt, von denen die erste fich mit der sozialem Verteidigung gegen Tubertulose, die zweite mit der Pathologie und Therapie und die dritte mit der Aetiologie und Epidemiologie beschäftgte. Obwohl in der Zahl der angenommenen. Tagesordnungen ungeheuer fruchtbar, hat die erste Sektion doch bei weitem am wenigstens Neues zutage gefördert. Und es war dies von Anfang an nicht anders zu erwarten. Wissen wir doch sehr gut, was auf dem Gebiet der sozialen Verteidigung gegen Tuberkulose zu geschehen hätte. Die Frage der fozialen Tuberkulosebekämpfung ist im eigentlichen Sinne eine foziale Frage, deren etappenweise Lösung sich viel mehr aus Machtverschiebungen als aus Erkenntnisverschiebungen ergeben muß. Ganz anders stand es um die Arbeiten der beiden übrigen Settionen, die eine Momentaufnahme des heutigen Wissensstandes und der heutigen Tendenzen darboten.
-
Dagegen wendet sich nun eine Reihe unserer Genossen, die den Kampf gegen den Militarismus auf die Agitation Kolonien usw., und für solche mit geschlossener Tuberkulose: Er- der Tuberkulose feine natürliche Jmmunität im Organismus zumittelung der Krankheit durch Pirquetsche Reaktion, Ueberwachung rüdläßt. Eine ausgeheilte Tuberkulose schützt durchaus nicht gegen ratung bei der Berufswahl. Für gesunde Kinder, die in einem hat mehr Chancen, wieder zu erkranken als der gesunde. Eine tuberkulösen Milieu leben oder erblich disponiert sind, berlangte Strankheit aber, die nicht zu natürlicher Immunität, also nicht zur er möglichst frühzeitige Entfernung aus dem Milieu und Unter- Erzeugung von Antikörpern führt, eignet sich von vornherein nicht bringung in gefunden Familien, Erziehung zur Sauberteit, zur Serumtherapie, die ja nichts anderes ist als eben die ZufühNahrungsmittelhygiene und hinreichende Ernährung der Kinder rung von Antikörpern, und sie eignet sich auch nicht zur Impfung, unter Mitwirkung der Kommunen. Von den geforderten allge- die ja den Organismus anregen soll, selbst die Antikörper zu erzenmeinen, Maßnahmen, für die Jacob 26 verfchiedene Säße aufstellt, gen, also eine Immunität zu schaffen, die man im Gegensatz zu seien hervorgehoben: Alleinschlafen der Schwindsüchtigen in Einzel- der durch Serum vermittelten passiven, als aktive Immunität be= betten, möglichst in Einzelzimmern, eventuell Mieten eines Bim - zeichnet. Troßdem hält die klinische Behandlung an Serum und mers auf öffentliche Kosten, Verbot des Verschendens von nicht Tuberkulin feft und geht dabei von der Auffaffung aus, daß die desinfizierten Nachlaßsachen, möglichste Verhütung von Ghe Tuberkulose freilich nach erfolgter Ausheilung keine Immunität fchließungen zwischen Tuberkulösen und Gefunden, künstliche Unter- hinterläßt, twohl aber im Kampfe gegen die Krankheit Antikörper brechung der Schwangerschaft bei tuberkulösen Frauen. Hygienische erzeugt, wenn und folange ein Heilungsprozeß vorliegt. Ueberwachung der Arbeitsstätten und des Arbeitsverfahrens, Entfernung von Arbeitern mit offener Tuberhulose aus den Wertftätten, Sanierung unhygienischer Wohnungen, obligate unentgeltliche Desinfektion, Staubberhütung auf den Straßen usw. An gesichts der großem Häufigkeit der Tuberkulose in den Strafanstalten ist die Forderung fakultativer Entlassung bei Beginn der Tuberkulose von Bedeutung.
In bezug auf die Anzeigepflicht bei Tuberkulose einigte man sich dahin, daß die Anzeige aller Fälle offener Tubertulose wünschenswert ist, daß man aber bei dieser Anzeige alles vermeiden solle, was die Betreffenden in ihrem Erwerbsleben schädigen kann, und daß Hand in Hand mit der Anzeige auch die soziale Hilfeleistung zugunsten des Erkrankten eingreifen müsse.
Der Sektion für soziale Bekämpfung der Tuberkulose gebrach es an einem Ueberblick über die praktischen Errungenschaften, die Ueber au& industrie und Tuberkulose gelangte jedes einzelne Kulturland in seinem Kampfe gegen die Tuber eine Tagesordnung zur Annahme, die die Heimarbeit als äußerst tulose verwirklicht hat. Von allen Sektionen war sie am wenigsten gefährlich für die Verbreitung der Tuberkulose und anderer Insetzusammenfassend und auch am wenigsten international. tionstrantheiten bezeichnet und außer der ärztlichen Anzeigepflicht Die Diskussion über die Beteiligung der Frau an der Tuber- der Krankheit auch eine Anzeige der gewerblichen Produkte fordert, tuloſebekämpfung tam nicht über den Gemeinplak hinaus. In um diese der obligatorischen Desinfektion zu unterwerfen, als bezug auf Tuberkulose und Schule war man darüber einig, Uebergangsstadium zu einer Gesetzgebung, die die hausindustrielle daß zwar latente Tuberkulose unter der Schuljugend außerordent- Herstellung von Gegenständen verbietet, durch die Infektion ver lich häufig ist, daß aber Formen von offener Tuberkulose, also bon mittelt werden kann. solcher, die Ansteckung vermitteln kann, zu den größten Seltenheiten gehören. Dagegen wurde die Gefahr betont, die darin liegt, daß das Lehrpersonal oder die Schuldiener an offener Tuberkulose Teiden, und es wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, durch materielle Sicherstellung der Erkrankten diese nicht in die Zwangs lage zu versehen, ihre Krankheit zu verheimlichen.
Was man nun durch die Tuberkulinbehandlung erreichen will, das ist, wie Prof. Sahly( Bern ) ausführte, nicht die Immunisation( als Dauererscheinung), sondern eine immunisatorische Heilwirkung, ein Aktivmachen der Schutzkräfte des Körpers, die durch das Eindringen von Tuberkelbazillen von selbst mobil gemacht werden, aber nicht immer in ausreichendem Maße. Die Wirkung der Einsprißung abgeschwächter oder abgetöteter Bazillenfulturen läuft auf eine spezifische Reizwirkung hinaus, die den Vorteil hat, vom Arzte abgestuft werden zu können. Gerade die neueren Immunitätsforschungen werden hier für die Klinik nutzbar gemacht, indem sie genaueres Verständnis über die Indikation zur Tuberkulin- wie zur Serumtherapie vermitteln.
Ueber den Wert der einzelnen Lymphen war man sich ziemlich dahin einig, daß entscheidende Unterschiede nicht vorlägen, daß aber quantitative Unterschiede bestehen, deren zahlenmäßige Feststellung und Zurückführung auf gegebene Einheiten als wünschenswert dargestellt wurde. Als hauptsächliche Lymphen, deren praktische Wirts samkeit erprobt ist, wurden die Präparate Alttuberkulin Koch, Perlfuchttuberkulin, Bazillenemulsion, Tuberkulinum purum usw. genannt.
Während in bezug auf die Tuberkulinbehandlung, ihre Aussichten und ihre Indikationen feinerlei Meinungsverschiedenheiten Zum Schutz der Kindheit gegen Tuberkulose bestanden, wurde das Zutrauen zur Serumtherapie, also zur wurde das System der Belehrungs- und Verteilungsstellen, be- passiven Immunisierung, vor allem von der französischen und italiesonders vom Typus Calmette, empfohlen, sowie der zahlreichen nischen Schule vertreten. Es handelt sich hierbei um eine Entgifanderen Maßnahmen, in deren Verwirklichung Frankreich als Vor- tung des Organismus durch Gegengifte, die ihm von außen ohne bild vorangeht, seit es durch seine sinkende Geburtenzahl beginnt, eigenen Kraftaufwand zugeführt werden, weshalb diese Behandsich des Wertes des Menschenmaterials bewußt zu werden. Dar- lung sich gerade auf Fälle erstreckt, in denen das Voriviegen der über, daß der Alkoholismus in verschiedener Weise der Tuber- togischen Erscheinungen das Tuberkulin und verwandte Präparate widerrät. Sowohl die französischen als die italienischen Forscher tulose den Weg bereitet, waren die Referenten einig. wollen glänzende Erfolge mit diesem Verfahren gesehen haben und legten Statistiken darüber vor.
Der Zusammenhang zwischen Wohnungsverhält nissen und Tuberkulose ist so offenkundig und so allgemein anerkannt, daß sich über ihn kaum etwas neues sagen ließe. Pro- Die Arbeiten der zweiten Sektion, der für Pathologie und Thefessor Lando uzy konnte über diesen Punkt mitteilen, daß Paris rapie, waren dem Nichtfachmann insofern überraschend, als sie sich für den Pau gesunder Arbeiterwohnungen 100 Millionen aus durch eine unzweifelhafte Rückkehr zum Vertrauen auf spezifische Jm großen ganzen kennzeichnete sich die ganze Diskussion durch geworfen hat, aber er stand mit dieser frohen Botschaft ziemlich Heilmethoden fennzeichneten. Während man lange Zeit hindurch ein Betonen des flinischen Standpunktes gegenüber dem des Laboallein da. In einer Resolution wurde auf das Interesse der Städte Ruftkuren im Verein mit einem hygienisch- diätetischen Heilverfah- ratoriums. Prof. Theissier sagte, daß die Tatsachen der klinihingewiesen, sich einen möglichst großen Teil des Baugrundes vor- ren für den ausschlaggebenden therapeutischen Faktor gehalten hat, schen Beobachtung durch fein Laboratoriumsexperiment zu widerzubehalten, oder neu zu erwerben, um der Bodenspekulation zuvor- strebt jetzt offenbar die Medizin wieder der spezifischen Behandlung legen seien, und daß die Unfähigkeit, die Art des Zustandekommens zukommen und gesunde und billige Wohnungen zu schaffen. der Tuberkulose zu, und zwar sowohl der Serumtherapie, als der eines Heilprozesses zu verstehen, uns nicht abhalten dürfte, die den Ueber prophylaktische und therapeutische Maß- Behandlung mit Tuberkulin in seinen verschiedenen Abarten und Prozeß auslösenden Mittel anzuwenden. Sei doch bis heute die nahmen sozialer Natur berichtete Prof. Paul Jacob der Verwendung chemischer Präparate. biologische Wirkung von Chinin, Quecksilber und Pockenlymphe ( Berlin ) und forderte für Kinder mit offener Tuberkulose: Tren Bekanntlich liegt die Frage der spezifischen Behandlung durch völlig unbekannt. mung von den gesunden, Entfernung aus der Schule, Unterbringung Serum oder Impfung bei der Tuberkulose insofern anders als bei in Heilerholungsstätten, Waldschulen, Seehospizen, ländlichen den meisten anderen Infektionskrankheiten, als das Ueberstehen
An spezifisch chemischen Mitteln wurde eine Berbindung von Jod mit Radium empfohlen, weiter bei tuberkulöjer