oon der die„Voss. ZtA." mittheilt, daß sie ihre Töchter Olga und Jenny, weil ihr die Konftrmationsfeierlichkeiten, bei denen alleMäd- chen in Schwarz gekleidet werden,„wie eine Leichenfeier, bei der nur der Sarg fehlt", erscheinen, nunmehr in der katholischen Hedwigs- kirche am Konfirmanden-Unterricht theilnehmen läßt, woselbst sie zu Pfingsten eingesegnet werden sollen. Die Mutter gehört aller- dings der römisch-katholischen Kirche an. der Vater ist jedoch evangelisch; die Töchter hatten bisher den evangelischen Kon- firmanden-Unterricht genossen, und sollten mit Einwilligung der Mutter nach evangelischem Ritus eingesegnet werden— wenn, ja wenn sie w e i ß e Kleider tragen dürften. Hier kann man in des Wortes engster Bedeutung sagen, daß unsere gläubigen Kreise den G l a u b e n wie ein Gewand wechseln. Und das sind dieselben Herrschaften, die mit überlegenem Spott auf diejenigen Proletarierfamilien„herab"sehen, die, weil sie an äußerlichem Kultus keinen Geschmack finden, weil sie erkannt haben. daß die Religion oder besser die Konfesfion mit der Wissenschaft keine Gemeinschaft hat, sie der Letzteren aber, als der verläßlicheren Führerin, folgen wollen, für sich und ihre Kinder den Austritt aus der Landeskirche bewirken und ihre Kinder statt im Buchstabenglauben, in freiem Denken unterrichten lassen.„Die Wilden sind doch bessere Menschen!" Da fällt uns aber noch eins ein: Die gesammte Bourgeoisie stimmt stets in das Klagelied ein, daß in der sozialistischen Ge- sellschaft jede Freiheit des Individuums unterdrückt sein werde, daß Alles schematischer Regelung unterliegen würde; wir fragen dagegen ganz bescheiden: Glaubt vielleicht Jemand, daß die Sozialdemokratie jemals eine„Kleiderordnung" erlassen würde, wie es der evangelische Oberkirchenrath gethan hat? Der wird um seine Adresse gebeten. Die Erklärung der Sechzig. Sechzig Droschkenkutscher- Habe» an die„Bert. Ztg. eine Erklärung gelangen lassen, laut der sie sich nicht der allgemeinen Arbeiterbewegung anschließen wollen; allerdings sagen sie auch nicht, welcher anderen Partei sie angehören wollen. Das Schriftstück macht einen heiteren Ein- druck, da es keine Spur von Gründen beibringt; die sechzig Droschkenkutscher erscheinen gewissermaßen als politische Autoritäten, deren Urtheil auch ohne Gründe inS Gewicht fallen und einen politischen Eindruck machen soll. Die Redaktion der „Verl . Ztg." ist kindlich genug, der Kundgebung der Sechzig in der That einen solchen Werth beizumessen und dieselbe in be- sonders hervortretender Druckart abzudrucken. Die Sechzig nehmen sich übrigens heraus, für die Droschkenkutscher insgesammt zu sprechen. Die„Verl . Ztg." bemerkt zu der Erklärung:„Wenn die Sozialdemokratie auf die Gewinnung des Droschkengewerbes als solchen rechnet, so verkennt sie ganz und gar, daß gerade die Droschkenkutscher sich in ihrem Erwerb schon bedroht sehen würden, wenn wirklich einnial die Pforten des sozialdemokratischen Paradieses sich aufthun sollten." Leider unterläßt es die„Verl . Ztg.", diesen weisheitsvollen Satz zu begründen. Sehr gespannte Verhältnisse scheinen in Charlottenburg zwischen der Verwaltung der Glas- und Kohlenstaub-Fadrik und ihren Arbeitern zu bestehen. Ter letzten Rummer des„Fachgenosse" entnehmen wir hierüber folgendes: „Obwohl die Lohnreduktion von den Arbeitern der Charlotten- burger Aktiengesellschaft für Glas- und Kohlenstaub- Fabrikation zurückgenommen wurde und man annehmen konnte, daß das Ver- hältniß zwischen Verwaltung und den Arbeiter» wieder in normale Bahnen geleitet werden könne, so haben sich in den letzten Tagen Vorgänge abgespielt, die diese Annahme über den Haufen zu wersen geeignet sind und es steht zu befürchten, daß ernsthafte Differenzen ausbrechen, wenn nicht die außerhalb Charlottenburgs arbeitenden Kollegen die Augen offen halten. Der zum Hütten- lneister avanzirte Glasmacher Oskar Wolfs tritt in einer Weise (sogar handgreiflich, wie behauptet wird) gegen die dortigen Kollegen auf, die diese zum Widerstande reizen muß. Einige oder mehrere Anklagen schweben bereits vor Gericht. Am 7. März fand eine öffentliche Glasarbeiter-Versanunlung statt, in welcher Dinge zur Sprache gebracht wurden, worüber selbst behördliche Organe die Köpfe schüttelten. Es wurde beschlossen, eine Eingabe an die Direktion zu machen, in welcher um die Entlassung Wolff's ge- beten wird, und klar gelegt, daß sich dieser Mann nicht zu einem solchen Posten eigne. Daß die Situation ernst ist, geht daraus hervor, daß der erste Hüttenmeister, Herr Dehle, dieser Tage in Löbtau und Dresden war und, wie wir hören, 20 Mann für Charlottenburg engagirt hat. Sollte dieses Engagement unter unrichtigen An- gaben erfolgt sein— man sagt, daß in Charlottenburg ein neuer Ofen in Betrieb komme— d. h.: soll das Letztere der Fall nicht sein und das Engagement nur dazu dienen, die Charlottenburger Kollegen auszumerzen, so müssen die Löbtauer und Dresdener u. f. w. Genossen wissen, was sie zu thun haben; sie sind in diesem Falle nicht an ihre Zusage gebunden. 'Auch hier zeigt sich wieder einmal der ungeheure Nachtheil, daß die Kollegen in Löbtau nicht organisirt sind, denn sonst könnten solche Experimente, die alle auf den Nachtheil der Ar- beiter hinauslausen, einfach nicht gelingen. Die Kollegen in Charlottenburg bauen fest darauf, daß ihnen allerseits die nöthige moralische Unterstützung zu Theil wird! Nachtrag: Richtig ist, daß zum l. April ein Ofen mit 16 Mann besetzt werden soll; da aber mehr engagirt war- den sind, so hat dies doch nur den Zweck, die„unbequemen Elemente" auszumerzen. Daher nochmals Kollgen: doppelte Vorsicht!" lieber den in diesem Artikel erwähnten Glasmacher Oskar Wolff wird uns mitgetheilt, daß er selbst früher in der Arbeiter- bewegung eine hervorragende Rolle gespielt und dies die Erbitterung der ihm jetzt unterstellten Arbeiter besonders hervor- gerufen haben soll, da er erst seit seiner Beförderung zum „Hüttenmeister" die alten umstürzlerischen Ideen von sich abge> streift hat. Dieser Tage wurde er an seine früher vertretenen Anschauungen in recht drasttscher Weise erinnert durch einen Vers, den er mit Kreide an den Bretterzaun der Charlotten- durger Fabrik geschrieben fand: Tod aller Tyrannei! Die Arbeit werde frei! Wolf. Aber der„Wolf" ist zahm geworden, so sagen sich heute die Arbeiter. Der„Durchbruch Zimmerstraße" ist jetzt zur wirklichen Straße geworden, denn daS Pflaster ist gelegt worden. Augen- blicklich erhält die Straße Kanalisation. Auch die eisernen Thor- flügel sind in den Zugängen, welche zu den Gärten des Kriegs- Ministeriums führen, eingehängt worden. Also die Stunde naht, wo männiglich befriedigt auf das endlich gelungene Werk schauen kann. Eine größere Festlichkeit zur Feier dieses erfreulichen Er- eignisses ist, so weit wir hören, nicht in'Aussicht genommen worden. Wer wird denn im sogenannten„ZnkunftSstaat" die untergeordneten, die Reinigungsarbeiten verrichten wollen, halten uns die Gegner stets entgegen, wenn sie mit ihrem national- ökonomischen A B C zu Ende sind. Zur Illustration nun, wie weit die Technik bei richtiger Verwendung einen guten Theil dieser viele Zeit und viele Arbeitskrast in Anspruch nehmenden Arbeiten ersetzen könnte, führen wir folgende Mittheilung an, welche wir der„Volks-Zeitung" entnehmen: Ein elektrisches Essen. Der Newyorker Franklin- Experimental-Klub feierte kürzlich sein erstes Jahresfest durch ein Festmahl, bei dem alles elektrisch herging. Die Elektrizität hatte die Speisen gekocht. die Austern geöffnet. die Eier gar gemacht, den Punsch und den Kaffee erwärmt. Die Schüsseln spazirten «uf einer kleinen elektrischen Bahn herein, welche das verbrauchte Geschirr wieder abführte. Zum Schluß gab es einen Blumen- regen, indem man den Strom unterbrach, welcher die mit einem eiserneil Stiel versehenen Blumen bisher an die Decke gebannt hatte. Die Tafelmusik war an einem entfernten Orte aufgestellt und es wurden ihre Töne den Gästen telephonisch übermittelt. An dem einen Tischende stand eine Phonographenpuppe mit den Zügen und der Kleidung Franklin's. Die Puppe brachte einen phonographischen Toast aus. Selbstverständlich war der Saal elektrisch beleuchtet. Eine amerikanische Fachzeitschrift stellt jetzt die elektrischen Wunderherrlichkeiten auch im Bilde dar. An der Umwandlung des bei der Charitee gelegenen Triangelgrundstückes für Zwecke der wissenschaftlichen Adtheilung des Instituts für Infektionskrankheiten wird jetzt mit allen Kräften gearbeitet. Die Inneneinrichtung geschieht nach den An- gaben und Vorschlägen Robert Koch's und wird in bester Weise den Bedürfnissen, welche sich bei den in der Abtheilung vorzu- nehmenden experimentellen Arbeiten als nothwendig erweisen, angepaßt. Zur Erreichung dieses Zweckes sind in den gegen- wältigen, stark mitgenommenen Zustand des alten Baues erheb- liche Eingriffe erforderlich geworden. Die in der Nähe ge- legenen Baracken, welche die Krankenabtheilung von 120 Betten aufzunehmen bestimmt sind, stehen in einer Zahl von zehn ein- geschossigen Bauten und einem zweigeschossigen Bau äußerlich vollendet da. Augenblicklich ist man auch mit ihrer Innen- Einrichtung, sowie mit der Regulirung des umliegenden Terrains beschästigt. Die Baracken machen mit ihren weißen Wänden von Gipsplatten und ihren schwarzen Pappdächern in ihrer sym- nietrischen Gruppirung einen recht freundlichen Eindruck. Die Belegung mit Kranken dürfte wahrscheinlich schon Anfangs Mai erfolgen. Mit dem Verlust der Sehkraft auf beide» Augen hat der Selbstmordversuch eines jungen in der Gr. Frank- furtersiraße wohnenden Kaufmanns G. geendet. Der Betreffende war bislang in einem Engrosgeschäft in der Friedrichstadt thätig gewesen und hatte daselbst die Stellung eines Reisenden bekleidet, seit einem Vierteljahr mit der einzigen Tochter eines Rentiers in Frankfurt a. M. verlobt, erhielt G. Ende voriger Woche von da die erschütternde Nachricht, daß seine Braut plötzlich am Herz- schlag gestorben sei. Gestern Morgen von der Begräbnißfeier zurückgekehrt, theilte er liefbetrübt seinen Wirthsleuteu mit, daß er für längere Zeit verreisen werde, zahlte die Miethe für den kommenden Monat und sandte seineKoffer an seine in Stettin wohnende Eltern. Gegen 5 Uhr Nachmittags hörte die in der Küche befindliche Wohnungsbesitzerin einen dumpfen Knall in dem Zimmer ihres Miethers und hineintretend fand sie G. mit blutendem Gesicht auf dem Sopha liegen; derselbe hatte sich eine Kugel in die linke Schläfe schießen wollen, seine Hand hatte dabei aber gezittert und das Geschoß streifte, den Nasenrücken durchschlagend, beide Augen. Nach Anlegung eines Nothverbandes durch einen hinzugerufenen Art lieh sich der be- dauernswerthe Mann, der völlig geblendet war, in eine Privat- klinik überführen, nin hier zu erfahren, daß die Sehkraft auf beiden Augen dauernd erloschen sein dürfte. Ein jugendlicher Scharfschütze, nämlich ein mit einem Tesching bewaffneter etwa 12 jähriger Bursche machte gestern Vor- mittag den nördlichen, noch unbebauten Theil der Tilsiterstraße unsicher. Nachdem derselbe hinter dem Grundstücke der Aktien- Gesellschaft„Friedrichshöhe" Schießübungen angestellt, gerieth er mit mehreren Jungen, welche auf den Böschungen des Weges spielten, in Streit, im Verlauf dessen er, ohne sich zu besinnen, das Tesching anschlug und auf seine Gegner abfeuerte. Das kleine Bleigeschoß traf einen etwa achtjährigen Knaben, den Sohn eines in der Landsberger Allee wohnhaften Leinwebers, in die Brust. Ein zufällig vorübergehender Mann verfolgte den nach der Frankfurter Allee zu fliehenden Schützen, welcher leider ent- kam, auf der Flucht aber das Teschin von sich warf. Das letztere ist dem Polizeirevier am Landsverger Platze überliefert worden, woselbst die Eltern des angeschossenen Knaben unverzüglich An- zeige erstatteten. Die Kugel konnte aus der stark blutenden Wunde bald entfernt werden, edlere Theile scheint dieselbe glück- licherweise nicht verletzt zu haben. Von einem Hunde zerrissen und getödtet! Die Ehe- frau des Schiffers L. aus dem Dörfchen Gosen kam vorgestern zu dem in Erkner wohnenden Fleischermeister H., um Einkäufe zu machen. Die Schifferfrau bat, auf den Hof hineingehen zu dürfen, was in der Annahme, daß der bissige Hofhund an der Kette liege, auch gestattet wurde. Leider war aber diese An- nähme falsch, das riesige, bösartige Thier sprang auf die L. los. faßte sie am Genick und verletzte die Wehrlose, die laut jammernd um Hilfe rief, ohne gehört zu werden, durch Bißwunden am Halse und Rücken derartig, daß sie besinnungslos niederfiel. Die unglückliche Frau, welche im nächsten Monate ihrer Entbindung entgegensah, starb wenige Stunden darauf, ob injolge ihrer Ver- letzungeu oder des gehabten Schreckens, wird die gerichtliche bereits eingeleitete Untersuchung ergeben. Die Kesselexplosion, welche vorgestern Vormittag auf dem Rengert'schen Favrik-Grundstücke zu Stralau stattgefunden, hat noch ein drittes Opfer gefordert: der Arbeiter Lohlar ist im Laufe des gestrigen Vormittags im Krankenhause am Friedrichshain seinen entsetzlichen Brandwunden erlegen. Der Zustand des letzten der verunglückten Arbeiter, Hostert, soll zur Zett zu ernsten Besorgnissen keinen Anlaß geben. Die guten Freunde. Stöcker ist bekanntlich in Genf nieder- geschrien worden und hätte beinahe Prügel bekommen. Richter nützt nun in der„Freis. Ztg." diesen Genfer Stöcker- Skandal gegen die Sozialisten als den gemeinsamen Feind aus, die er in leichtfertiger Erfindung für die Urheber des Tumults ausgiebt. Wenn irgendwo tumultuirt wird, nennt Richter die Tumultuanten Sozialdemokraten; nachher benützt er dann seine eigene Erfindung weiter zum Beweise dafür, daß die Sozialdemokraten Tunml- tuanten seien. In hiesigen Versammlungen hat Richter diesen Kniff, der eine Uebertragung von Pferdehändler-Gewohnheiten in den politischen Kampf darstellt, schon häufig angewandt. Was die Kunst des Entstellens betrifft, so könnte Stöcker allerdings ans seinen Freund Richter neidisch sein. Die gegnerischen Blätter behandeln das Thema von der „Opposition " in der sozialdemokratischen Partei sehr ergötzlich. Wirklich vergeht kein Tag, wo nicht triumphirend verkündet wird, daß die Opposition wieder Oberwasser habe und der Partei- leitnng, den„Autoritäten" u. s. w. tüchtig zu schaffen machen werde; daneben aber wird auch jeden Tag behauptet, die„Auto- ritären" übten eine„Diktatur" der schlimmsten Art. Das Erster? versichert die Korrespondenz, die ein Reporter Holzerland verschickt, so oft und in so langen Tiraden, bis dem Reporter die Hand ermüdet. Das Letztere schreibt z. B. gestern wieder die„Post" aus dem Anlaß, daß eine Versammlung der Buchbinder am Montag auf Vorschlag des Abg. Auer beschlossen hat, ein Viertel des Arbeitsverdienstes vom 1. Mai zu dem vor einigen Tagen im„Vorwärts" an- gegebenen Zwecke abzuliefern.„Es ist ergötzlich(meint das Blatt), zu beobachten, wie die„Autoritäten" mit den„denkenden und zielbewußten Genossen" umspringen." Begründet wird dieses„ergötzliche" Urtheil nicht, nur die Andeutung erfolgt, daß der Beschluß allein der Fraktion zur Liebe gefaßt sei, da eine andere Versammlung auf Tivoli denselben Antrag abgelehnt habe, weil„damals die Fraktion noch nicht gesprochen hatte." Zu so putzigen Auslegungen bringt die Verlegenheit unsere Gegner. Wenn diese gleichzeitig finden, daß die„Autoritäten" eine Tyrannei ausüben und daß die„Opposstion" Oberwasser hat, so kann eigentlich nicht besser bescheinigt werden, daß die Verhält- nisse in der Partei durchaus in Ordnung sind. Die Lokalkommission von Adlershof ersucht uns die Namen der Gastwirthe bekannt zu geben, welche sich fortwährend weigern, ihre Säle zu Arbeiterversammlungen herzugeben. Es sind dies: 1. Leopold, Restaurant zum Bahnhof. 2. Schwabe, Bismarckstraße. 3. Wöllstein's Lustgarten, Inhaber Wiedemam und Manofsky. 4. Stippekohl, Oppenstraße. Ferner weigern sich den„Vorwärts" auszulegen: 1. Hecht, Genossenschafts-Wirths- Haus. 2. Albrecht, Bismarckstraße. � Es sind mithin nur noch zwei Lokale, in welchem der„Vorwärts" ausliegt: Kuhla, Hoff- mannstraße und Misserer, Bismarckstraße. Wir machen es den Genossen aller Orten zur Pflicht, bei ihren etwaigen Ausflügen oder Landpartien nur diese beiden Gastwirthe, sowie den Zigarren- Händler Wolf, Bismarckstraße, zu berücksichtigen. Die Lokalkommission: Oskar Bartels, Genossenschaftsstr. 23. Martin Grüneberg, Bismarckstr. Sv. Polizeibericht. Am 23. d. M. Abends sprang eine Frau an der unteren Schleuse in den Landwehrkanal und ertrank!— In der Wohnung ihrer Herrschaft in der Alexanderstraße versuchte � am 24. d. M. Vormittags eine im hochschwangeren Zustande be- findliche Dienstmagd sich durch Oeffnen einer Ader am rechten Bein das Leben zu nehmen. Nach Anlegung eines Nothverbandes wurde sie nach der Entbindungsanstalt gebracht.— Mittaas wurde ein Pferdebahn-Arbeiter vor dem Grundstück Alt- Moabit 133 von einem Reitpferde geschlagen und erlitt dabei an- scheinend innere Verletzungen.— Vor dem Hause Alt-Moabit 129 fiel zu derselben Zeit ein Schneider ohnmächttg zur Erde und brach dabei den rechten Fuß, so daß er nach dem Krankenhause Moabit ge- bracht werden mußte.— An der Ecke der Andreas- und Langen- straße wurde Nachmittags ein 9 jähriger Knabe von einem Möbelivagen überfahren und so schwer verletzt, daß er bei der Ueberführuna nach dem Krankenhause am Friedrichshain verstarb. — Eine Kellnerin versuchte zu derselben Zeit in ihrer Wohnung, in der Schlegelstraße, sich mittelst Sublimats zu vergiften. Nach Anwendung von Gegenmitteln wurde sie nach der Charitee ge- bracht.— Abends fanden an fünf verschiedenen Stellen kleiners Brände statt, welche von der Feuerwehr gelöscht wurden. Außer- dem wurde dieselbe Vormittags nach Stralau gerufen, wo in der Palmölfabrik von Rengert eine Explosion von Schwefelkohlen- stoff stattgefunden hatte, wobei der Arbeiter Döbert auf der Stelle getödtet und drei andere Arbeiter so schwer verletzt wur- den, daß ihre Ueberführung nach dem Krankenhause am Friedrichs- Hain erforderlich wurde. Gevirslks-�eikttng. Folgende Entscheidung des Reichsgerichts, zweiter Straf- senat, über eine von der Staatsanwaltschaft gegen ein frei- sprechendes Urtheil des Landgerichts II zu Berlin , in einem Strafprozesse gegen den Genossen Joseph Klinger vom 8. No- vember 1890 eingelegte Revision, dürfte nicht ohne Interesse für weitere Kreise sein. Die Revision ist verworfen worden und die Gründe lauten hierfür: „Die seitens der Staatsanwaltschaft wegen Verletzung des g 135 des Strafgesetzbuches durch Nichtanwendung insoweit eim- gelegte Revision, als der Angeklagte Klinger von der gegen ihn wegen Beleidigung„des stehenden Heeres, bezüglich Mitglieder der bewaffneten Macht" erhobenen Anklage freigesprochen ist, konnte keinen Erfolg haben. Ter erste Richter hat als erwiesen angesehen, daß der An» geklagte in einer Versammlung des sozialdemokratischen Wahl- vereins für den Wahlkreis Teltow -Beeskow-Storkow-Charlotten- bürg auf die wirthschastlichen Verhältnisse zu sprechen gekommen sei und dabei ausgeführt habe, wie sich die Volksheere in der Schweiz und Amerika bewährt hätten; ein Volksheer— so habe er weiter dargelegt— sei ein Fortschritt in der Kultur- entwickelung, denn dann könnten sämmtliche wehrhaften Leute in Friedenszeiten und so lange sie nicht durch kurze militärische Hebungen in Anspruch genommen würden, dem Volt, ihre Arbeitskraft widmen und seien nicht„als nnntit>e«r»esreffer bei den Fahnen". Es ist ausdrücklich festgestellt, daß Angeklagter„nur in diesemr wirthschastlichen Sinne von unnützen Brotfressern gesprochen habe,, weil die Soldaten des stehenden Heeres als Arbeitskraft dem Lande entzogen seien, und, wenn sie in ihrer Heimath am noths wendigsten wären, wie z. B. bei der Ernte, nicht mit eingreifen könnten". Der erste Richter hat nun„in diesem Zusammenhange" in der fraglichen Aeußerung„nur eine wirthschaftspolitische Aus- einandersetznng" gesehen, die„keinen beleidigenden Charakter ge- tragen habe". Es erscheint nicht rechtsirrthümlich, wenn auf Grund dessen die Freisprechung des Angeklagten ausgesprochen ist; denn wenn die Gründe des angefochtenen Urtheils den be- leidigenden Charakter der festgestellten Aeußerung verneinen, weil es sich„nur um eine wirthschaftspolitische Auseinandersetzung" gehandelt habe, so wird damit offenbar zugleich festgestellt, daß dem Angeklagten bei jener Aeußerung überhaupt das Bewußtsein des ehrenkränkenden Charakters derselben nicht beigewohnt habe; i es ist somit namentlich auch verneint, daß er das Bewußtsein gehabt habe, die Ehre des stehenden Heeres beziehungsweise der Mitglieder der beivaffneten Macht anzutasten. Tie Ausführungen der Revisionsschrift, daß mit dem Aus- drucke„unnütze Brorsresser" eine Herabwürdigung der Persönlich-� leiten, welche das stehende Heer bilden und somit eine Beleidigung� sprachlich„nothwendig und objektiv" voryanden fei, kann als» richtig nicht anerkannt werden. Es giebt keine Handluna, ins-! besondere auch keine Aeußerung, welche unter allen Umständen einen beleidigenden Charakter tragen muß. Namentlich können, Ausdrücke, die unter gewöhnlichen Verbältnissen als Beleidigungen aufzufassen sein werden, unter Umständen in einem ganz anderen Sinne zu verstehen sein. Es kann deshalb nicht mit Erfolg zum Gegenstande eines Revisionsangriffes gemacht werden, wenn der erste Richter unter den im vorliegenden Falle obwaltenden Um- ständen dem Ausdrucke„unnütze Brotfresser" einen beleidigenden Charakter überhaupt abgesprochen hat; darin liegt zugleich die — von der Revision vermißte— Verneinung des Bewußtseins von dem ehrenkränkenden Charakter der Aeußerung ans Seiten des Angeklagten. Soweit die vom Vorderrichter getroffene negative Schlußfeststellung etwa zu Bedenken Anlaß geben könnte, würden dieselbe jedenfalls nur auf thatsächlichem Gebiete liegen, in dieser Instanz also abpüehnen sein.(Strafprozeß-Ordnung § 876.) Hiernach mußte die eingelegte Revision verworfen werden..* Unter der Anklage der Aufreizung zu Getvaltthätig» keiten stand gestern Genosse Max B a g i n s k i vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts II. Am 4. November v. I. fand in der Gosebrauerei zu Charlottenburg eine Wählerversammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins für Teltow-Beeskow-Char- lottenburg statt, in welcher der Angeklagte über„Anarchis- m u s und Sozialismus" sprach. Er soll dabei u. A. aus- geführt haben, daß das Ziel des Sozialismus der Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung— gleichgiltig ob auf friedlichem Wege oder mit Gewalt— sei. Wegen dieser und anderer Stellen wurde gegen den Redner die Untersuchung wegen M a j e st ä t s- beleidigung und Aufreizung eingeleitet, die Strafkammer lehnte aber die Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich den Majestätsbeleidigung ab, das Kammergericht bestätigt ans die erhobene Beschwerde des Staatsanwalts diesen Beschluß der Strafkammer und die Anklage lautet daher nur noch auf Aus- reizung zu Gewaltthätigkeiten,— Die Sache konnte im gestrige' Termine noch nicht zu Ende geführt werden, da formale Mänge eine Vertagung nothwendig machten. Die Mittheilung von der Berurtheilung eineS Unsckiul' dige », welche gestern das Kriminal-Gerichtsgebäud« durch»>- erregte daselbst wegen der begleitenden Umstände begrelflwf. Aufsehen. Wenn die weiter« Untersuchung ergeben sollte, o hier wirklich ein Jrrthnm der Justiz vorliegt, dann würde
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