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it. 99. 29. Jahrgang. I Stilnoc Ks Jotitiätts" Krlim MMM Srantu«, 28. Jptil IPß. Der erste lilai und der Kampf gegen den liiilitarismus. Von K. K a u t s k y. Ii, Das Beispiel des Normalarbeitstages betveist uns aber auch, wie irrig es ist, den historischen Materialismus in der Weise aufzufassen, als sei eine Tendenz, die aus dem Wesen des Kapitalismus entspringt, unter allen Umständen ein un- entrinnbares Fatum, solange die kapitalistische Produktions- weise dauert. Marx hat in dem Abschnitt über den absoluten Mehrwert imKapital" gezeigt, daß die Tendenz zur Ver- längerung des Arbeitstags mit Naturnotwendigkeit in dem kapitalistischen   Produktionsprozeß und seiner Gier nach Mehrwert begründet ist. Er zeigt indes in demselben Ab- schnitt noch weit ausführlicher, wie mit gleicher Naturnot- wendigkeit die Gegentendenz nach Verkürzung der Arbeitszeit ersteht und sich bis zu einem gewissen Grade siegreich durchsetzt. Freilich, gegen Lebenselements des Kapi- talismus komnlt man nicht auf, solange dieser herrscht. Zu deren Verteidigung bilden alle bürgerlichen Schichten und Parteien dem Proletariat gegen iiber eine geschlossene Phalanx, die es nur durch Eroberung der Staatsgewalt zu durchbrechen vermag: Wo es sich da- gegen um kapitalistische Tendenzen handelt, die nur b e- stimmten Augenblicks- oder Sonderinter- essen dienen, da kann der proletarische Kampf gegen sie unter Umständen bei weiterblickenden bürgerlichen Schichten oder solchen mit gegensätzlichen Sonderinteressen einen Ver- bllndeten finden, der ihn zum Siege führt, ehe noch das Prole- tariat stark genug ist. die Staatsgewalt selbst zu erobern. Die innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft bestehenden Gegensätze zu studieren und zweckentsprechend auszunutzen, betrachteten Marx und Engels daher als eine wichtige Auf- gäbe der Theoretiker und der theoretisch gebildeten Praktiker des kämpfenden Proletariats. Der Satz von der reaktiv- nären Masse der bürgerlichen Klassen war ihnen stets verhaßt und wurde von ihnen energisch bekämpft. Es war nicht leicht, diese Auffassung aus dem proletarischen Bewußt- sein zu entfernen, denn seit den Anfängen der Arbeiter- bewegung entspricht sie dem Instinkt der Masse. Deren nächste praktische Erfahrung ist die, daß sie von allen Bourgeois aus- gebeutet wird, mögen sie fromm sein oder Freidenker. Liberale oder Konservative, Agrarier oder Industrielle. Das Nächst- liegende ist es daher, alle Unterschiede zwischen ihnen als be- deutungslos anzusehen, wozu noch kommt, daß die darauf be- gründete unterschiedslose Feindseligkeit gegen alle bürgerlichen Schichten und Parteien weit einfacher und leichter zu fassen ist als eine Politik, die nicht bloß die gemeinsamen, sondern auch die gegensätzlichen Interessen unserer Gegner studiert. ein Studium höchst verwickelter Art, das nie ein Ende nimmt. da die historischen Situationen, die Fragen, die im Vorder- grund des politischen Kampfes stehen, ebenso wie die Zu- sammensetzung und Beschaffenheit der bürgerlichen Parteien im Laufe der ökonomischen und politischen EntWickelung be- ständig wechseln.. Die Ueberwindung der Auffassung der primitiven Ar- beiterbewegung, als bildeten alle bürgerlichen Schichten zu- sammen eine geschlossene, unterschiedslose Masse, wurde für die Marxisten noch erschwert dadurch, daß der vormarxistische So- zialismus in den entgegengesetzten Fehler verfiel. Er wollte die Klassengegensätze überwinden und die Klassen aufheben nicht durch den Klassenkampf des Proletariats, sondern durch den Appell an das sittliche Empfinden der wohlmeinenden Menschen aller Klassen, eine Aufgabe, die nach seiner Meinung durch den proletarischen Klassenkampf aufs unangenehmste gehindert wurde. Die Verehrer des bloßen Masseninstinkts waren nicht gewöhnt, feine Unterscheidungen zu machen, und so erschien ihnen das marxistische Rechnen mit den Interessen- gegensätzen zwischen einzelnen Schichten der bürgerlichen Elemente als gleichbedeutend mit den Erwartungen, die der utopische Sozialismus in die wachsende Arbeiterfreundlichkeit innerhalb der besitzenden Klassen setzte, und jenes Rechnen schien ihnen ebenso utopisch und schimärisch wie diese Er- Wartungen. Der Marxismus  , der die Einseitigkeit sowohl der pri- mitiven Arbeiterbewegung wie des utopischen Sozialismus überwand und sie beide zu einer Einheit vereinigte, hatte gleichzeitig gegen den Satz von der reaktiv- nären Masse wie gegen den von der Gewin- nung des menschenfreundlichen Teiles der Bourgeoisie durch Verzicht auf jeglichen abstoßenden Kampf Front zu machen. Er hat sich schließlich durchgesetzt, aber die beiden Tendenzen, die er überwand, entspringen tiefgewurzelten Bedürfnissen und machen sich immer wieder geltend. Nur finden sie es seit dem Siege des Marxismus für notwendig, sich marxistisch zu verkleiden. Die auf die wachsende Sittlichkeit und Menschenfreund- lichkeit der Bourgeoisie bauende Tendenz leugnet freilich im Grunde die materialistische Geschichtsauffassung, sie kann sich aber nach dem Siege des Marxismus doch nicht enthalten, gleichzeitig nach einer ökonomischen Grundlegung ihrer Er- Wartungen zu suchen, und sie proklamiert daher den Satz, daß die ökonomische EntWickelung einen ganz anderen Verlauf nehme, als Marx gezeichnet, daß die Klassengegensätze sich stetig milderten. Jeder Fall, bei dem einmal das Proletariat mit einem Teile der besitzenden Klassen gemeinsame Jnter- essen hatte und mit dessen Hilfe eine Forderung durchsetzte, ward als der erste Schritt einer Annäherung dieser Klassen an das Proletariat bezeichnet, dem naturnotwendig immer weitere in gleicher Richtung folgen müßten. Wie wenig diese Erwartungen gerechtfertigt sind, zeigt schon das Beispiel, das wir bereits mehrfach angezogen haben, das des Normalarbeitstages. Er wurde in den verschiedensten Ländern errungen und nicht bloß durch die Agitation des Proletariats allein, obwohl diese die Haupt- triebkraft dabei bildete, so daß ohne sie überhaupt nichts zu- stände.gekommen wäre: sondern auch durch das Interesse einer Reihe von Elementen der besitzenden Klassen. Da finden wir die weitschauenden Elemente, die erkennen, daß ohne Arbeiterschutz die ganze Arbeiterklasse verkommt und damit die Industrie ihre Arbeiter, die Armee ihre Rekruten verliert. Wir finden die großen Unternehmer, die die Kosten der Ver- kürzung der Arbeitszeit leicht ertragen können und ihre schwächeren Konkurrenten dadurch zu ruinieren hoffen, wenn für die Fabriken die Arbeitszeit verkürzt wird, indes ihre eigenen Betriebe nach Belieben lang arbeiten dürfen. Endlich finden wir den Gegensatz der Agrarier gegen die städtischen Industriellen, der namentlich in der Zollpolitik die schroffsten Formen annimmt und die Agrarier für die proletarischen Forderungen gegenüber den Industriellen günstig stimmt. Alle diese bürgerlichen Interessen haben den proletarischen Kampf um den Normalarbeitstag sehr wirksam unterstützt. Ohne sie, allein auf seine Kraft angewiesen, hätte das Pro- letariat kaum viel erreicht. Aber es waren eben nur be- .stimmte bürgerliche, mit denen des Proletariats in diesem einen bestimmten Falle übereinstimmende Interessen, die da wirkten, und nicht etwa ein beginnendessoziales Empfinden" undGerechtigkeitsgefühl" der Bourgeoisie. So- bald diese Interessen aufhörten, nahmen auch die bürgerlichen Triebkräfte für den Normalarbeitstag ein Ende. Der Nor- malarbeitstag ist in den kapitalistischen   Betrieben soweit ein- geführt, daß er notdürftig das rasche physische Verkommen der gesamten Arbeiterklasse verhindert. Wohl gibt es noch Schichten, die ungeschützt zugrunde gehen, so namentlich die Heimarbeiter, aber die sind nicht mehr zahlreich genug, um durch ihren Ruin das Fortbestehen der Arbeiterklasse über- Kleines Feuilleton. Die Erhellung Englands durch den Kohlenstreik. Eine merk- würdige Begleiterscheinung hat der englische   Kohlenstreik gehabt, die nachträglich von den Astronomen hervorgehobeik wird. Wegen der auf einen Mindestbetrag verminderten Kohlenverbrennung hat England in jenen Wochen eine so gute Luft genossen, wie seit langem nicht. Das festzustellen, waren die Astronomen natürlich in besonderer Lage, da sie in ihren Arbeiten von der Durchsichtigkeit der Luft abhängig sind. Ein Himinelswrscher hat beispielsweise Beobachtungen darüber angestellt, wann die Sterne nach Sonnen- Untergang am Abendhimmel sichtbar würden, und es stellte sich her- aus. daß dies ganz ungewöhnlich ftikh eintrat, meist schon eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang. So waren am. März schon um sieben Uhr die roten Strahlen des Mars, der Beteigeuze   und des Aldebaran, sowie der silberne Gürtel des Orion deutlich ficht- bar. Die Capella war im Zenith im hellen Glanz, der Arkturus schwach im Osten. Außerdem waren gleichzeitig bereits wahrzu- nehmen der Sirius. Procyon, die Zwillinge(Kastor und Pollux), ferner der Regulus und Denebola im Löwen  . 10 Minuten später erschienen der Saturn und der Polarstern  , 20 Minuten später der Merkur  , obgleich dieser Planet sehr nahe am Horizont und auch in unmittelbarer Nähe des Punktes stand, wo die Sonne unter- gegangen war. Theater. Lustspielhaus.Windhunde", wenn sie auf zwei, statt vier Beinen gehen, sind als moralbrüchige Subjekte bei allen Tugendtanten verschrien.So'n Windhund!" sagt man mit stirnrunzelndem Ausrufungszeichen hinterm Namen. Kurt Kraatz und Artur Hosfmann laufen Sturm gegen sotane Philister- Meinungen, indem sie mit ihrem gemeinväterlichen Baby: Dr. Winternitz, gewissermaßen einen Windhund in Reinkultur vor- führen. Auch er ist ja zweifellos einverfluchter Kerl" dennoch ein Opferlamm für unsere Freunde. Dem Rechtsanwalt Fcrber verhilft er mittels einer nach amerikanischem Muster inszenierten Wahlagitation zum Mandat eines Reichstagsboten; und den schüch- kernen Hilfslehrer Stöger bringt er glücklich unter die Zipfelhaube des Ehemannes. Ganz zuletzt denkt er an sich selber; und männig- lick, müßte schon ein ganz z widerer Gniefkian sein, um besagtem Windhund seine ausgezeichnet gespielte Schachpartie zu mißgönnen. Die beiden Schwankverfasser haben sich redlich bemüht, ihr Publi­kum durch eine zündende, nie versandende Situationskomik zu unterhalten; und die Darsteller hauen mit Aufbietung aller ihrer Sprühtcufeleien in die gleiche Kerbe. Ernst Bach   als Titelheld zumal ist in allem und jedem ein richtiggehender Bonvivant. Der Fremdworte verdrehende Bauunternehmer Dittmar konnte bei Franz Arnold und der Hilfslehrer Stöger in seiner Enthalt- samkeit und Sprachreinigungsbeflissenheit bei Toni Jmpe- loven gar Vicht   besser ausgehoben sein. Daneben harft, geigt, bläst, trommelt das mimisches Ensemble sein« Parts frisch-flott, daß die Wolle stiebt und das ganze Lustspielhaus vor Lachen auf Stützen steht. e. lc. Friedrich-Wilbelm städtisches Schauspielhaus. Vorstellung der Richard Wagner  -Gesellschast:»Das III. Reich", Nietzsche-Tragödie von Paul Friedrich. Die wahllos aneinander gereihten Szenen dieser sogenannten Nietzsche  -Tragödie beginnen mit einem Besuch des anfangs fo Wagnvrbegeisterten Baseler Professors im Hause des Meisters und skizzieren im zweiten Bilde mit allerdings recht dürftigen Strichen das Treiben bei dem ersten Bayreuther   Festspiel. Vielleicht gab das den Anlaß, daß eine Wagnergesellschaft" sich bemüßigt fand, das wunderliche Opus ans Lickit der Rampen zu befördern. Musik in großen Massen war als Hilfskraft aufgeboten worden. Ein Orchester eröffnete den Höhenflug der Handlung mit einemsinfonischen Prologe" des BerfasserS und spielte in den Zwischenakten Wagners Festouverture und den Siegfried- Trauermarsch aus derGötterdämmerung  ". Was Nietzsches Wagner- enthusiasmus und dessen jäher Umschlag mit der Entwickelung seinerUebermenschenphantasien" und mit dem nach Herrn Paul Friedrich dadurch inauguriertendritten Reich" zu schaffen hat, bleibt eins der vielen Geheimnisse des Dichters. Er tischt das ein- fach anekdotisch auf und läßt, nachdem sein Held in Bayreuth   sich über die Enttäuschung genügend ausgeklagt hat. nächtlicherweile einen mysteriösen Fremdling erscheinen, der den Professor auf die historische Mission, die seiner harre, hinweist. Die Baseler würden ihn, auch wenn er sich vom Lehramt dispensieren ließe, sein Gehalt schon weiter zahlen und so könne er ganz ungestört tn der er- habenen, seinem Wesen kongenialen Gletscherwelt der Alpen die großen in ihm schlummernden Ideen zu Ende denken. Man hört den Helden dann in einem Bauernhäuschcn, von dem er seine Absage an Wagners Kunst in die Welt hinaus- gesandt, über Einsamkeit und das Unverständnis der Freunde vor der Schwester deklamieren; hört, wie er in dem Hotel zu Sils Maria   einen harmlosen Professor der Aesthetik, der ihn ein bißchen interviewen möchte und um einen literarischen Beitrag bittet, ziemlich unmotivierter Weise an die Luft setzt; und wird zuguterletzt nach solchen Proben von dem Wachstum des Genius zum Zeugen seines Triumphs in Winternacht hoch oben auf dem Berninapasse. Eine trotz der eisigen Temperatur in luftigste Ballettschleier gehüllte Dame laut Theaterzettel heißt sie:Das Lebeu" umgaukelt ihn. Dann aber naht der Fremdling wieder, sein Schutzgeist, diesmal in einem grünen Zaubermantel, dämonisch bleich und leidenschast- lich. Dies hohe Wesen hat die ganze spätere Nietzschesche Philosophie am Schnürchen und feiert die verworrenen Schlag- Worte derselben in einem Wolkenbruch von Reden als unerhörte, alle Götter die sich der Mensch bisher geschaffen, in Grund und Boden schmetternde GeisteStat. Der Held, von der Begeisterung des prophetischen Gespenstes mit fortgerissen, fliegt in seine Arme. Er ist gefeit sür alle Zeit! Karl Thumser, der in diesem letzten Bilde freilich arg versagte, spielte die Konversationsfzeneo in geschickt Haupt zu gefährden. Die kleinen Handwerker sehen ihre Ar-- beitszeit durch die Gewerkschaften so eingeengt, daß der Normalarbeitstag der Fabriken ihnen keinen Vorteil mehe bietet. Der Haß gegen die Gewerkschaft macht sie vielmehr solidarisch mit den Fabrikanten. Und daß seitdem auch Agrarier und Fabrikanten sich im gemeinsamen Hasse gegen das Proletariat und vielfach auch in gemeinsamer Zollpolitik gefunden haben, ist bekannt., So ist der Fortschritt des Normalarbeitstages seit Jahr-- zehnten völlig ins Stocken geraten. Dassoziale Empfinden'' der Bourgeoisie auf diesem Gebiet hat völlig aufgehört, j Es sind stets nur besondere Forderungen, dick unter besonderen Verhältnissen eine Interessen- gemeinschaft zwischen dem Proletariat und einzelnen Teilen! der besitzenden Klassen herbeiführen. Eine länger dauernde Interessengemeinschaft oder auch nur eine allseitige Jnter- essengemeinschaft während eines bestimmten Zeitpunktes mit irgendeiner bürgerlichen Schichte oder Partei ist ganz un« möglich. Und ebenso wie die Situationen und Forderungen wechseln auch die Parteien selbst, die mit dem Proletariat ein' Interesse gemeinsam haben. Gestern bekämpften unsere Ge< nossen in Frankreich   mit den Radikalen zusammen dep Kleri- kalismus, heute kämpfen sie dort mit den Konservativen zu- sammen gegen die Radikalen für ein verbessertes Wahlrechts was nicht hindert, daß sie in allen anderen Fragen den Kon- servativen aufs feindlichste gegenüberstehen. i In der Tat ist nichts irriger als der Glaube, um dort, wo wir gemeinsame Interessen haben, mit bürgerlichen Par- teien zusammenarbeiten zu können, müßten wir ihnen ent- gegenkommen, alle trennenden Fragen zurückschieben. Das wäre richtig, wenn wir an das Wohlwollen der Bourgeois appellierten. Aber wir rechnen nur mit ihren Interessen, und wo die in Frage kommen, da verbündet sich der Bourgeois mit der Hölle, wenn er dabei seine Rechnung findet. Das' einzige, was ihm imponiert, ist Macht, und die unserer! Partei beruht in der Kraft des Proletariats und in der Ent-- schiedenheit, mit der sie seine Interessen wahrt. Die Politik des Entgegenkommens, der dauernden Ar- beitsgemeinschaft in einem Block oder gar des Ministerialismus ist daher von Uebel. Sie zu bekämpfen war dringend not- wendig. 1- Aber leider hak der Kampf gegen diese Politik manchem unserer Genossen den Blick für die Unterschiede getrübt, dick zwischen ihr und der Politik des Rechnens mit den Interessen-- gegensätzen innerhalb der bürgerlichen Klassen bestehen. Dev den Masseninstinkten naheliegende Gedanke von der einheit-' lichen reaktionären Masse, dessen Ueberwindung nur durch lange theoretische Arbeit möglich war, hat wieder Kraft er- langt natürlich beruft auch diese Anschauung sich auf Marx. Die literarischen Vertreter des Syndikalismus in Frankreich  behaupten, die einzigen zu sein, die Marx richtig verstanden haben. Und das gleiche sehen wir in Deutschland   bei jenen unserer Genossen, die denInstinkt der Massen" als Nicht- schnür demgeschmeidigen", das heißt dem die wechselnden� Interessengegensätze studierendenTheoretiker" entgegensetzen, Das Stichwahlabkommen des Vorstandes mit den Fort-' schrittlern hat ihnen jetzt einen willkommenen Angriffspunkt gegeben. Sie sind allerdings so klug, sich nur gegen seinen anfechtbaren Punkt, die Dämpfung, zu wenden, weil sie wissen, daß sie dabei am ehesten Erfolg erzielen. Aber ihre Argu« mente würden nicht nur die Dämpfung, sondern jedes Stich-- wahlabkommen treffen, und daß das ihre Absicht ist, läßt sich leicht beweisen. . Es ist gerade ein Jahr her, da ließ Mehring in einem Spitzenartikel bei uns(XXIX, 1, Nr. 25) die Bemerkung fallen,eine sreisinnig-sozialdemokratische Taktik sei ins Be- reich der Möglichkeit gerückt", er hatte weiter in Nr. 27; erklärt:< Die Sprengung des schwarzblauen Blocks ist die absolute' Forderung des Tages, und wenn sie nur dadurch erreicht werden kann, daß wir in der Stichwahl die freisinnigen Kan- nachgebildeter Nietzschemaske verhältnismäßig einfach und na- türlich. Herr Neff, zugleich der Jnszenator de? Stückes, betätigte als Fremdling die vorgeschriebene Dämonie. Um die Nebenrollen stand eS zum größten Teil recht übel. Am Schluß erschien der Autor, vom üblichen Applaus gerufen vor dem Vorhang. ät. Mttfik. Der Sommer uahk, und mit ihm fn vm Thrskm« vbe Ja- sammenstellungen von mehreren Stücken zuZyklen". So stell« jetzt die Königliche Oper   heitere Werke der Mufikdramatik zusammen, so viel oder so wenig es ihrer in der deutschen   Musik- geschichte gibt. Es sind geläufige Stücke, ausgenommen das erste, älteste der Reihe. Noch vor Beginn des Ehklus wurde anr Freitag feine Aufführung vorweggenommen. Es ist von C. W.- Gluck  Die Maienkönigi n", ein Schäferspiel. Das heiß« vor allem: wir werden in die Zeit zurückversetzt, in der die fran- zösischen Herrschaften desalten Regimes" die angeblichen Herr- lichkeiten des ländlichen Volkslebens mitmachen wollten und dabei natürlich todsicher danebentrafen.Idylle" spielte man in der Wirklichkeit und auf dem Theater;Handlung" brauchte man eigentlich weder dort noch hier. Da seufzt z. B. nach der schönsten Hirtin im Dorfe der Schäfer Philint; ein Pariser Geck und ein biderber Pächter bemühen stch um sie; die aber nimmt den Hirten, überläßt den Pächter ihrer Freundin und den Kecken seiner Lächer« lichkeit. Aber nun kommt über die unechte Welt Läs Echte: die Musik des deutschen   Meisters Gluck. Sie singt so melodiös und siedekla- miert" so zutreffend, und sie kennzeichnet das Verschiedene sc» hübsch abgestuft, und sie tut das in so naiv primitiver Weise, da� man sich gleich selbst schäferlich fühlen könnte, wenn daS alles nichtt schon anderthalb Jahrhunderte vorüber war'. Dem Einakter wurde gleich das nächste, ettvaS jüngere Stuck des Zyklus angereiht. Sein Komponist steht so ungefähr zwischen Gluck   und Mozart  ; es ist C. Ditter v. Dittersdorf, und sein lange nicht vergessenes Hauptwerk heißtDoktor und Apotheker"; wir hatten es hier schon vor vielen Jahren. Das gut deutsche Singspiel; entzückende Enscmblegesänge und kaum eine oder die andereArie"; dazwischen Prosadialog, während Gluck seine Musikpausen mit veritabelnAlexandriner"°Versen füllt«°» data data data, data data data! In unserem alten Opernhaus macht man derlei zwar citvas eintöniger, als Modernes; aber gut geht es doch. Neue Sänger und Sängerinnen überraschen den, der nicht häufig hinkommt. Baß- bariton Mang intereffierte in beiden Stücken, im ersten auch Buffotcnor Henke, im zweiten besonders die Soprane Frau Andrejewa-Skilondz in der Rolle des ernsteren und die uns länger bekannte Frau Boehm von Endert in der de» heiteren Mädchens, die altbewährte Altistin Frau V. Scheele« Wüler als die Uzrkgntejte van allen.' sz, j