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Dr. SS. 29. Zahrgasz. 2. ßtilnjt Ks.Awiick- ßttlintr lolMott Sonntag. 28. April 1912. Relcbdtag* 48. Sitzung: Sonnabend, den 27. April, vor» mi tags 11 Uhr. Am BundeSratStifch: v. Breitevbach. Die zweite Beratung des Etats der ReichSeisenbahne» Bnrd fortgesetzt. Abg. Soßmann(3) wünscht, daß für die Arbeiterzüge genügend Wagen zur Verfügung gestellt werden, damit die einzelnen Abteile nicht zu sehr überlastet werden, und befürwortet die Wünsche verschiedener Bcamtengruppen um Besserstellung im Gehalte. Auch die Löhne der Arbeiter bedürfen dringend der Aufbesserung, sie entsprechen durchweg mich denen der ent­sprechenden Arbeiterkategorien in der Privatmdustrie. Minister v. Brcitenbach: Der Abg. Liesching wünschte gestern, daß die Ueberschüsse der Reichöeisenbahnen zur Schaffung eines Ausgleichsfonds benutzt werden. Diese Frage ist von all- gemeiner Bedeutung und vom Reichsschatzomt zu erwägen: aber die Rente der Reichseisenbahnen wird dazu kaum Veranlassung geben können denn sie reicht kaum zur Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals. Der Abg. Weil! wünschte, daß dem Reichs- tage nur die Ueberschüsse in einer Summe überwiesen werden, die Verwaltung aber und die Bestimanung über die Ausgaben im ein- zclnen ins Land verlegt wird. ES würde das mit dem Bestreben nach einer Reichseisenbahngemeinschaft im Widerspruch stehen, es würde ja eine neue partikulare Verwaltung dadurch ge- schaffen werden. Der Abg. W e i l l erhofft davon eine Verwinde. rung des.PreußentumS" in der Verwaltung, das gar nicht vorhanden ist. vielmehr ist in der Bevölkerung ein Preußenhah vorhanden, der auch in diesen Bestrebungen nach gesonderten Ver- waltungen zutage tritt. Dem Wunsch des Vorredners, die Löhne der Arbeiter denen in der Industrie gleichsustellen. können wir nicht nachkommen; wir dürfe» der Industrie nicht in bezug auf die Arbeiter Konkurrenz machen. Auf die gestrigen Ausführungen des Abg. W e i l l betone ich noch einmal den unerschütterlichen Standpunkt der Ver- waltung, keine Vereine und Bestrebungen bei den Eisenbahn arbeitern   zu dulden, die irgend welche Beziehungen zu der Sozialdemokratie haben.(Bravo  ! rechts.) Abg. Dr. Will(Elf., Z.) wünschte eine zweite Eisenbahnlinie durchs Rheintal zur Entlastung der viel zu stark in Anspruch ge­nommenen Hauptlinie Colmar   Mülhausen  , und bittet um Besserstellung der U n t e r be a mben. sie mühten mit den Bostunterbeamten gleichgestellt werden. Die Bestimmungen über die Freifahrten des Statthalter» find reformbedürftig.(Abg. (Soz.s): Er kriegt ja noch etwas dazu; 100 000 M. P e i r o t e s I I Reisespcsen!). Die Löhne der verschiedenen Arbeiterkategorien bei den Reichseisenbahnen sind durchweg niedriger wie die der Privatbahnen im Kreise Diedenhofen  . Auch die Ak- kordlöhne sind zu niedrig: wir finden da noch Löhne von 2,60 M. Diese sollten doch wenigstens auf 3,00 M. erhöht werden. Bei der Anstellung von Beamten sollte die Verwaltung die im Lande Geborenen nicht so zurücksetzen wie es geschieht. Abg. Jckler(natl.): Wenn man gleich nach dem Abschluß der BesoldungSreform die Bcamtengehalter nicht schon wieder reformieren will, so sollte man den Beamtengruppen, die zu kurz geloinmen sind, persönliche Zulagen geben. Redner geht ausführlich auf die Verhältnisse einzelner Beamtensategorieni ein. Besonders schlecht gestellt sind die Werkführer, die Maga- zinaufseher, die noch dazu eine verantwortliche Stellung inne- haben. Die ungelernten Arbeiter m den Hauptwerkftätten stehen weit besser als die Arbeiter in den Hauptmagazinen und noch schlechter stehen die Arbeiter in den B e t r i e b sma ga zi ne n. Die Akkordarbeit müßte auf jeden Fall bei Reparatur- arbeiten beseitigt werden. Die Nachtarbeit muß höher de- wertet werden als das heut« geschieht. Die Erreichung des Höchst- lohnes ist etwas sehr weit hinausgeschoben, bis auf 24 Dienstjahre, so daß die meisten Arbeiter es erst mit 60 fahren erreichen. Mit 40 Jahren sind die Ausgaben für die Familie doch meist viel größer, daher sollte der Höchstlohn 10 Jahre früher er- reicht werden. TaS Akkordsystem der Güterbodenarbeiter sollte ebenso einer Revision durch Einsetzung, einer Kommission unter. zogen werden, wie das bei dem Akkordsystem der Werkstätten- arbciter bereits geschehen ist. Di« Bahnunterhaltung»- arbeite! sind die Stiefkinder der Verwaltung, sie haben die niedrigsten Löhne, neuerdinyS sind ihnen noch Zulagen entzogen. Dadurch ist unter ihnen eine llnzusriedenheit er- zeugt, die sehr unangenehm werden, kann. Die Rangierer wünschen die Bezahlung von Ueber stunden. Die Arveiter in Luxemburg   mochten Frelfahrtschein« auch für da» Ausland. Für die Krankenkossen wünscht man die Beseitigung der drei- tägigen Karenz und die Zulassung der beschränkten, freien Arzt- wähl. Der Herabsetzung desWählbarkeitSalterSzu den A r be i t e ra u»s chü js e n agf 26 Jahre sollte der Minister doch zustimmen, denn wir haben gerade auch unter den jungen, Leuten äußerst tüchtige, die sehr gut als Vermittler zwischen Ver- waltung und Arbeiterschoft wirken können, gerner müssen, die Ausschüsse auch die Befugnis haben, sich der Angelegenheit einzel- ner ausnahmsweise anzunehmen. Das wird da» Vertrauen zwischen Arbeiterschaft und Verwaltung nur heben. Vor allen» aber ver- langt die Arbeiterschaft eine den allgemeinen TeuerungSverhält- nissen entsprechende Lohnerhöhung. DaS Streikrecht können die Eisenbahner nicht für sich in Anspruch nehmen, al» Aequivalent dafür können sie aber eine ausreichende Versorgung verlangen. Wir hassen, daß, wie bisher, so auch in Zukunft ein Vertrauens- veihältni» zwischen den Eisenbohnarbcitern und dem Minister be- stehen wird.(Bravo  ! bei den Rationallibernlen.) Abg. Werner-Eiietzen<W irisch. Vg.) vertritt spezielle Wünsche einzelner Baemlenkategorien. Abg. Peirote»(®oz.): Da« Eisenbahnwesen, das Verkehrswesen ist da» Gerippe unteres WirlschastSwesenS; es sind darin SS 000 24 000 Angestellt« beschäftigt, und schon daraus ergibt sich das Interesse, das wir für diesen Zweig der Verwaltung haben. Wir werben unsere Be. schiwerden lieber in Strasburg   vorbringen, weil wir bort wohl ein geneigteres Ohr finden werden. Mit diesem Wunsch zcr» stören wir leineSweg« den Gedanlen der ReichSrisenbahngemein- schaft, denn dieser Gedanke«riskiert ja noch kaum, und der Minister will ihn auch nicht in die Wirklichkeit umsetzen. Von allen unseren Forderungen istsogutwienichtSer- füllt worden. Der Minister fühlte sich durch unsere Kritik ver. letzt; er mein', wir erkennen die Leiswngen seiner Verwaltung nicht an. Für die oberen und mittleren Beamten brauchen wir nicht einzutreten: indem wir aber für die unteren Beamten und Arbeiter eintreten, erkennen wir ihre Leistungen gern vollkommen an. Der Minister meinte, von Hungerlöhnen könne nicht geredet werden, und berust sich daraus, daß die Löhne seit 1890 um 60 Proz. gestiegen sind, die Lebensmittel seit 1876. Das beweist nichts; die Lebensmittelpreise sind ja feit dem neuen Zolltarif um 4 0 Proz. gestiegen. Die Eisen- bahnverwaltung geht bei den Löhnen nicht von dem sozialen Be. dürfnis der Leute auS. Wie elend die Lage der Leute ist. beweisen die zahlreichen Petitionen. 60 Proz. der Frauen der ver- heirateten Arbeiter müssen mitverdienen, um einiger. maßen durchkommen zu können. Der LebenSmittelaustvand ist ganz erheblich gestiegen, er betrug im März in Elsaß-Loth- ringen 27.16 M. pro Woche für die vierköpfige Familie, i» Metz   sogar 28,44 M. Dabei ist die Ernährung der Marine- soldaten zugrunde gelegt. Dieser Ernährung müßte doch min- destens die der Eisenbahnarbeiter gleichkommen, die doch eine notwendige und nützliche Arbeit verrichten, was man bei den Ma- rinesoldaten nicht immer sagen kann. Wie diesem notwendigen LebenSauftvand gegenüber der wirkliche Verdienst der Arbeiter ist, dafür nur ein Beispiel: ein Rottenführer, der drei Kin- d e r zu ernähren hat, verdient 2.24 M. täglich. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Da muß man doch wohl von Hunger löhnen sprechen.(Sehr richtigl bei den Sozial- demokraten.) Wende man einige Millionen der Ueberschüsse des Reichsetats für diese Arbeiter auf; dann sind sie besser angewandt. als Sie es beabsichtigen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Weigerung, die Feiertage zu bezahlen, zeigt einen großen Mangel an sozialem Verständnis bei der Verwaltung.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Ar- beiterausschüsse, wie sie jetzt sind, gleichen dem berühmten Messer ohne Klinge, dem das Heft fehlt. In Colmar   hat die Verwaltung einfach alle Wünsche des Arbeiterausschusses abgelehnt, auch das Verlangen auf bessere Behandlung der Arbeiter durch Vorgesetzte. Direfte Eingaben einzelner hat dabei die Generaldirektion sich verbeten. Es muß daher dafür gesorgt werden, daß die ArbeiterauSschüsse nicht bloß Dekoration bleiben. (Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.) Die Zahl der etatS- mäßigen Beamtenstellen muß vermehrt werden. Heute werden vielfach Schaffner als Lokomotivführer verwandt, ohne den Lohn der Zugführer zu erhalten. Das ist eine ganz unangebrachte Spar- samkeit.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Personal- Mangel infolge dieser falschen Sparsamkeit ist so groß, daß ganze Wagenladungen von Aepfeln   zugrunde gegangen sind, weshalb gegen die Eisenbahnverwaltung von Colmar   eine Sch adenersatzklage in Höhe von 280000 M. ange­strengt worden ist. DaS Zentrum wird es interessieren, daß am sogen, weißen Sonntage, wo bei uns die Kinder zur ersten Kam- munion gehen, 16 Beamte, die mit ihren Familien zur Kirche gehen wollten, den Urlaub nicht bekamen, weil kein Ersatz für sie dagewesen sei. AIS   der russische Zar durch Elsaß  reift«, war genügend Personal vorhanden, um einen weit- gehenden UeberwachungSdienst einzurichten. Ganz unzulässig ist, daß wegen des Ausfalls der Wahlen, der der Regierung nicht ange- nehm ist, die Beamten den Arbeitern gegenüber ein gereiztes Wesen zur Schau tragen. Die Dienstzeit sollt« gesetzlich fest- gelegt werden. In der Schweiz   ist das geschehen, und dort ist «ine 36stündigc Ruhezeit festgelegt. Es geht also. Jedenfalls sollte man den Wünschen der unteren Beamten in Strasburg   entgegen­kommen, die einen ununterbrochenen Dienst wünschen, weil sie außerhalb der Stadt wohnen. DaS Disziplinarverfahren muß geändert werden. Die Zeugen müssen in Gegenwart des An- gcschuldigten vernommen werden, dem Angeschuldigten muß das Material vörher bekanntgegeben werden. Die Personalakten sollten den Beamten, wie das in anderen Bundesstaaten geschieht. von Zeit zu Zeit zur Einsicht vorgelegt werden. DaS richtigste wäre, den Beamten auch das freie Koalitionsrecht zu gewähren.(Sehr gut! bei den Soz.) Auf jeden Fall müssen Beamtenausschüsse gebildet werden. Redner vertritt des weiteren einzelne Wünsche auf Ausbau des BahnnetzeS in Elsatz-Lothringen  . Ferner muß ich erwähnen, daß unser Wagenmaterial außer- ordentlich viel zu wünschen übrig läßt. Auch unsere vernach- lässigten Stationsgebäude sollten besser ausgestattet werden. Das einzig gut ausgestattete ist das in St. Pili, weil der Kaiser aus der Reise zur HohkönigSburg dort durchkam; jetzt wird der Luxus dort nicht mehr benötigt, weil die AutoS vor der Eisenbahn be  vorzugt werden. Mit feiner heutigen Politik wird der Minister in Elsaß Lothringen   keine kulturellen Eroberungen machen. Wenn er gestern sagte, daß er unerschütterlich an seinen Grund sähen in der Bekämpfung der Sozialdemokratie festhalten werde, so verweise ich ihn darauf, daß der elsaß- lothringisch Landtag einstimmig das mißbilligt und als wider die guten Sitten verstoßend verurteilt hat, was der Minister als einen uner- schütterlichen Grundsatz hinstellt.(Hörtl hört! b. d. Soz.) Fährt der Minister mit seiner jetzigen Politik fort, so muß er darauf ver zichten, bei uns irgend welche moralischen oder kulturellen Erobe- rungen zu machen. Wenn der Minister mit einer vornehmen Hand bewegung es abgewiesen hat, daß seine Handlung Erpressung fei. so verweise ich daraus, daß Arbeiter, die sich desselben Per gehens oder Verbrechens schuldig gemacht haben, wegen Er Pressung verurteilt sind. Vizepräsident Dove: ES ist unzulässig, daß Sie dem Staats minister, wmn auch indirekt. Begehung von Verbrechen vorwerfen. Abg. Peirotrs(fsrtfahrend): Das wollte ich auch nicht; aber sich finde sein Vorgehen unerhört und ungerecht. Dem Abg. Weill warf der Minister vor, wir verbreiteten Preußenhatz. Davon kann �chon aus dem Gunde keine Rede sein, weil wir Sozialdemokraten überhaupt keinen Men» schen hassen(Zust. b. d. Soz.) und wie sollten wir gerade die Preußen hassen, wo doch in Preußen 2% Millionen erwachsene Menschen für u n» gestimmt haben. Aber mit unserer Kritik wer den wir nicht einhalten, bis die elsaß  -lothringischen Eisenbahnen in Verkehrsbeziehung und jeder anderen Richtung wahre Muster anstalten find.(Bravo  ! b. d. Soz.) Abg. Schiffer(Ztr.): Die Sozialdemokraten glauben dadurch für ihre ZukunstSpläne wirken zu können, daß sie den Verleb lahm legen. Daher mutz die Regierung diese Dinge a u f m e r k sam im Auge behalten. Selbstverständlich wünschen'wir keine Scharfmacherei.(Zuruf b. d. Soz.: Wenn das �eine Scharfmacherei sein soll!) Mit loyalen Mitteln muß die Regierung versuchen, sozialdemokratische Arbeiter fernzuhalten. Die Sozial- demokraten weise ich darauf hin, daß in anderen Ländern noch alle Streiks von Eisenbahnern für die Arbeiter ungünstig verlaufen sind.(Sehr wahr! i. Ztr.) Den Ausdruck Hungerlöhne kann ich nicht als berech tigt anerkennen.(Zuruf b. d. Soz.: Haben Sie ein« Ahnung! Das Wählbarkeitsalter zu den Arbeiterausschüssen so lohnten Schicht beträgt der Lohn nach 9 Jahren 3,10 M. Ter Abg. P e i r y t e s ist noch einmal auf den schon mehrfach erorterleir Fall der Entlassung zweier Arbeiter nach langjähriger Dienstzeit eingegangen. Diese Entlassungen waren nötig, weil die Betref- senden schwere Verstöße gegen die Disziplin begangen hatten. Den Vorwurf, mein Vorgehen verstoße wider die guten Sitten, kann ich mit Ruhe hinnehmen, denn bei der Verwaltung der Reichseisenbahnen habe ich stets nur im Auge, dem Staatswohl und dem öffentlichen Interesse zu dienen.(Bravo  ! rechts.) Abg. Windeck  (Lothr.) trägt Wünsche aus dem lothringische« Erzgebiet vor. das an das französische   Kanal- und Eisenbahnnetz besser angeschlossen werden sollte. Damit schließt die Diskussion. Bei der Abstimmung über die Resolution A l b r e ch t(Soz.) auf Bezahlung der Wochenfeiertage, ist das Bureau über das Resultat zweifelhaft; bei der Ab- srimmung durch Hammelsprung stimmen 38 Abgeordnete mit ja, 43 Abgeordnete mit nein; das Haus ist also beschlußunfähig. Nächste Tagung: Montag 1 Uhr.(Fortsetzung des.Etats der Reichseisenbahnen, Kolonial-Etat.) Schluß 4 Uhr. Mgeorclnetenbaus. 68. WWW. W auf 20 Jahre herabgesetzt werden. Ich bitte den Minister, in diesem Punkte entgegenzukommen. Auch muß die Wirksamkeit der Ar- beiterauSschü s s e ausgebaut werden. Es sollt««in Zentral- arbeiterauSschuh in Strahburg eingesetzt werden, der etwa alle zwei Jahre die Gesamtwünsche der Eisenbahner, soweit sie allgemeiner Natur find, der Generaldirektion vortragen sollte. Wir müssen den Arbeitern klar machen, daß sie die beste Vertretung ihrer Jnter- essen nicht bei der Sozialdemokratie, sondern bei den bürger- lichen Parteien finden.(Bravo  ! i. Ztr.) Minister v. Breitenbach: Die Verwaltung ist lebhast bestrebt, ihre sozialen Pflichten zu erfüllen. Fast sämtliche Arbeiterkate- gorien der Reichseisenbahnen haben seit dem Aufsteigen der Kon- junktur Lohnerhöhung von über 20 Proz. erhalten. Der Parallel- linie Strasburg Basel wenden wir unsere Aufmerksamkeit dauernd zu: sie wird aber erst in Angriff genommen werden können, wenn die jetzige Hauptstrecke dem Bedürfnis gar nicht mehr genügt. Was den Vogesendurchbruch betrifft, so liegen 10 Projekte dafür bor. Das Akkordsystem soll so durchsichtig gestaltet werden, daß jeder Arbeiter ersehen kann, was er verdient hat. Die Akkord- löhne der Güterbodenarbeiter sollen ebenfalls einer Revision unterzogen werden. Daß ein Rottenarbeiter, wie der Abg. Peirotes anführt, nach zehnjähriger Dienstzeit einen Lohn von 2,28 M. bezieht, kann nicht zutreffend sein; bei der niedrigst ent- Sißung: Sonnabend, den 27. April, vorwitfags 11 Uhr. tlm Mnisterttsch: v. D a l l w i tz, H o l ß. Der Etat des Innern. Abg. Hammer(k.) hält die Mittelstandsrede gegen die jüdischen Hausierer usw. Dann sagt er: Vor wenigen Jahren erst hat der führende freisinnige Block die Sozialdemokratie auf das schärfste verurtei lt und heute liegen Sie(nach links) sich indenArmen. Die Abgg. Liebknecht und S t r ö b e l haben ihr Volk beschimpft.(Erregte Rufe der Sozialdemokraten: Fälschung! Lüge! Abg. Dr. Liebknecht   wird zur Ordnung gerufen.) Preußen marschiert seit 160 Jahren i n allem an der Spitze aller Staaten.(Abg. Dr. Lieb- knecht: Dreiklassenwahlrecht!) Es ist ein Jammer, Herr Dr. Liebknecht, daß Sie uns angehören.(Stürmischer Beifall rechts. Abg. Liebknecht: Das schmerzt Sie eben!) Hoffentlich veranlassen die Reden und Zurufe der Sozialdemokraten die bürger- lichen Parteien, eine Geschäftsordnung zu machen, die den Sozialdemokraten einen Zaum anlegt. Machen wir es doch wi« in Frankreich  , wo unbotmäßige Abgeord- nete nach drei Ordnungsrufen nicht nur von handfesten Dienern hinausbefördert, sondern ihnen auch noch auf 4 Wochen die Diäten entzogen werden.(Großer Beifall bei der Mehrheit. Abg. Hoffmann: Standrechtlich erschossen muß er werden! Heiterkeit links.) Abg. Dr. Bell(Z.): An dem lleberwuchern der Kinos sind die teueren Theaterpreise schuld. Man sorge für klassische Volksvorstellungen I Die Verwaltungsbeamten müssen Rechtschutz gegen ungerechte Pensionierungen erhalten. Der sozialdemokratische Antrag auf Aufhebung der Plakat- und Kolportage- Paragraphen des alten preußischen Preßgesetzes geht uns zu weit. Aber wie steht es mit der vom Hause jetzt geforderte« Aenderung? Ueber das Vereinsrecht haben wir eigene Anträge gestellt. Der Redner beklagt sich über Zurücksetzung deL Katholiken bei Besetzung höherer Beamtenstellen sowie über Benachteiligung von Zentrumsanhängern bei Beförderung. W i r sind so staatSerhaltend und national wie sonst einer.(Rufe der Sozialdemokraten: Regierungspartei!') Warum hat Herr Pachnicke hier das Wahlrecht hereingezogen? Wohl weil die Neuwahlen heranrücken!(Hört? Hort! bei den Sozialdemo- traten.) Beim Dreiklassenwahlsystem fährt daZ, Zentrum so gut wie beim Reichstagswahlrecht. Wir haben an der Wahl- reform kein parteipolitisches Interesse. Warum untersucht Dr. Pachnicke nicht oie Wirkung des ReichstagSwahl  - rechts auf seine Partei?(Abg. Dr. Schepp: Geht Sie gar nichts an!) Die Fortschrittler würden kein einziges Mandat erlangen. Sollten Sie sich von der Rücksicht auf die äußerste Linke leiten lassen?(Abg. Schepp: Wie Sie früher auch?!) Unsere Stellung zur Wahlrechtsfrage ist absolut klar und das schon seit Windthocsts Anträgen von 1373!(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Sie wollen oder können uns nicht verstehen, aber das Voll ist über unsere Haltung im klaren. Wer die Sozialdemokratie noch nicht versteht, möge nur das Auftreten dieser Herren hier studieren, auch Professor v. Schmoller und mancher höhere Regierungsbeamte, der bei den Wahlen die Sozialdemokratie begünstigt hat.(Abg. Hoff- mann: Dom zu Speier!) In Solingen   hat Abg. Scheide- mann gsagt:.Wenn wir erst einmal die Mehrheit haben, werden wir die Regierung zum Teufel jagen!" Die Revi- sio nisten sind viel gefährlicher als die Radikalen, mit denen sie im Endziel übereinstimmen. Scheidemann   hat ja auch oie Fortschrittler gelobt(Hört! hört! im Zentrum) und sie als zeitsparende Vorarbeiter der Sozialdemokratie bezeichnet. Wie recht also hatte B i s m a r ck, als er den Freisinn die Vorfrucht der Sozialdemokratie nannte. Tort(auf die Sozialdemokraten weisend) sitzen Ihre(zu der Fortschrittlichen Volkspartei  ) Erben, und das Traurigste ist, daß für dieses Erbe nicht einmal Nachlaßsteuer zu zahlen ist.(Heiterkeit recht? und im Zentrum.) Unsere Haltung zur Wahlrechtsfrage war durch die Verhältnis) e dik- tiert. Die Uebertragung des Reichstagswahlrrchts auf Preußen war unmöglich. Da sagten wir nicht:Aller oder nichts?", sondern wir sehen in der Politik die Kunst des Erreichbaren. DaS ist unser Grundsatz.(Abg. Hirsch- Berlin(Soz.): Grundsatz?!) Wir arbeiteten deshalb auf tunlichste Ausgestaltung und populäre Er- Weiterung des Wahlrechts hin. TaS Dreiklassenwahlrecht wäre ja auch durch unsere Beschlüsse bedeutend verbessert worden.(Lacheii der Sozialdemokraten.) DaS Herrenhaus verunstaltete aber die Vorlage so, daß wir vorzogen, einen besseren Zeitpunkt abzuwarter,. Mit einer Annahme de? geheimen und direkten Wahlrechts hier im Hause haben wir doch noch kein neues Wahlrecht, sondern nur eine,» Torso, denn für das gleiche Wahlrecht ist kein« Mehrheit da. und die Anträge, die auch dieses enthalten, fallen. Wir halten u>,- verbrüchlich fest an der Drittel ung in den Urwahl- bezirken, die allein die unerträgliche plutokratifche Wirkung des Dreilla ssenwa hl rechts mildern und den Wählern die llnbeguemlich- feiten dieses Wahlrechts erträglich machen kann. Der Einführung des RetchStagSwahlrechtS in Preußen stehe» keine schlimmeren Feinde im Wege als die S oz i a l d e in o kr a t c n.(Lachen bei den Sozial- demokraten.) Da? unerhörte Berhalten der sozialdemokratisch«!» Abgeordneten hier muß dioGegnrrschaft gegen daSReichStagSwahlrrcht bei Regierung und Landtag   stärken.(Beifall bei der Mehrheit. Zurufe der Sozialdemokraten: Was geht denn das Sic an?| Billiges Argument! Da wird Ihnen das Kapital dankbar sein!) Der Redner protestiert gegen daSstörende" Auftreten der S o z i a l- demokraten. Mr wären ein Kindergespött, wenn wir uns diesen TerroriSmuS gefallen ließen.(Beifall bei der Mehr- heit.) EL gibt keine Zentrumsgewerkschaften. In 'chwerer Stunde haben die christlichen Gewerkschaften die Ehre erdeutschenArbeiter gerettet.(Stürmischer Beifall bei der Mehrheit. Lachen der Sozialdemokraten.) Verleumdungen und 'ozialdemokratischer Drahtzieherterrorismus konnte fie nicht abhalten, den ganz ungewerkschaftlichen Streik(Zu- rufe der Sozialdemokraten: Zu brechen!)... Die Parlamentsver- Handlungen haben mit einer zerschmetternden Niederlage der Sozialdemokratie geendet.(Lachen der Sozialdemo- kraten.) Gegen die Verleumdungen und Beschimpfungen der Sozial-