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während sich Liebknecht beim KapitelStrafansialtsverwaltung" über den Mißbrauch verbreitete, der mit der Arbeit der Gefangenen betrieben wird. Am Abend wurde das Kapitel..Medizinal. w e s e n" in Angriff genommen, dessen Beratung am Donners- tag fortgesetzt wurde. Der Redner unserer Fraktion, Genosse Hirsch, verbreitete sich Lei dieser Gelegenheit in sachkundiger Weise über die gesundheit- lichen Verhältnisse des Staates und ging auf den von anderer Seite berührten Streit zwischen Krankenkassen und Leipziger Ver- band ein. Unserem grundsätzlichen Standpunkte entsprechend, stellte er sich nicht auf die Seite derer, die es den Aerzten verübeln, daß sie sich organisieren. Im Gegenteil, er räumte den Aerzten genau so wie allen übrigen Schichten der Bevölkerung das uneingeschränkte Koalitionsrecht ein. nur verlangte er, daß die Negierung sich in die wirtschafllichen Kämpfe zwischen Kassen und Aerzten nicht einmischt. Schließlich brachte er auch die einseitige Vertretung der Interessen der Apotheker durch den Referenten im Ministerium, Geheim- rat Fröhlich, zur Sprache, der es an der für einen Regierungs- Vertreter notwendigen Objektivität fehlen läßt. Die sozialdemokra- tischen Anträge auf RegelungdesJrrenrechts und auf eine Ausgestaltung des Säuglings- und Mutterschutzes wur- den ohne Widerspruch Kommissionen überwiesen. Eine seltene Uebereinstimmung des Hauses trat bei der Be- sprechung der Frage des Neubaues des Opernhauses zu- tage. Man war allgemein der Meinung, daß den Künstlern in weiterem Umfange Gelegenheit zur Betätigung ihres Könnens ge- geben werden müßte. Dieser Anregung, die zu einetn Beschluß er- hoben wurde, trat auch Genosse Liebknecht bei, dessen be- herzigenswerte Ausführungen in der Forderung gipfelten, daß die Kunst dem Volke gehöre und daß deshalb im Interesse der breiten Masse eine möglichst soziale Billettpreispolitik getrieben werden müsse. Auch in der Frage der Bezüge der Altpenfionäre, d. h. der vor dem 1. April 1303 pensionierten Beamten und Lehrer, wurde end- lich, nach wiederholten Beratungen im Plenum und in der Kam- misston, eine Einigung erzielt, die zwar nicht völlig befriedigt, aber doch immerhin eine Abschlagszahlung bedeutet. Daß die Sozial- demokraten es mit den Beamten mindestens ebenso gut meinen wie die bürgerlichen Parteien, die angesichts der Wahlen um ihre Gunst buhlen, beweisen die von warmer Liebe für die Altpensionäre dik- lierten Worte unseres Genossen Hoff m a n n. Am Freitag stehen kleinere Vorlagen auf der Tagesordnung. Mit der dritten Lesung des Etats soll am Sonnabend begonnen werden. Im Seniorenkonvent des Reichstages wurde am Mittwoch bestimmt, daß wenn die Beratung des Kolontal- etatS am Donnerstag zum Abschluß kommt, am Freitag die Anträge der Geschäfteordnungskommission auf Ausbau der Geschäftsordnung als erster Punkt auf die Tagesordnung' der Plenarsitzung kommen soll. Dabei soll der Antrag der Freikonservativen, die FraktionS - stärke betreffend, behandelt werden. Sonnabend und Montag werden Ferientage sein. In der nächsten Woche wird dann die Beratung begonnen mit dem Reichsschatzamt und dem Pensionsfonds. Im übrigen werben sich die werteren Arbeiten nach dem Fortschreiten der Beratungen der Budgetkommission richten. Tie groste Versöhnung. Der Streit zwischen denAlten" undJungen" der national- liberalen Partei scheint wenigstens vorläufig mit einer zärt- li�en Versöhnung zu enden. DieNationalzeitung" meldet: ,Die Beratungen der Eürigungskommission, die eine Ver- mittlungsformel für den Ausgleich zwischen den Jungliberalen und dem bekannten Beschluß des Zentralvorstandes finden sollten, sind Mittwoch zu Ende geführt worden. Die Einzelheiten sind vorläufig noch vertraulich doch ist die Absicht, den Vertretertag zu verschieben, an dem Widerspruch der Jungliberalen gescheitert. Der Vertretertag wird also an, 12. Mai doch stattfinden und sich mit dem Kompromiß zu beschäftigen haben." Trotz dieser Heimlichtuerei ist die fortschrittliche Presse über den Vorschlag der Ausgleichskommission genau unterrichtet. Nach ihrer Mitteilung läuft der Vorschlag darauf hinaus, daß der Neichsverband deu: nationalliberalen Jugend bestehen bleibt, jedoch auS dem Gefüge der nationalliberalen Parteiorganisation ausscheidet. Der Neichsverband wird in Zu- kunft den Zusammenhang mit der Partei durch die Angliederung der einzelnen jungliberalen Vereine an die ProviNzial- und Landes- organisationen behalten. Durch diese Angehörigkeit soll der jung- liberale Einfluß in der Zentralinstanz der Partei verbürgt werden. Die nationalliberale Jugend scheint geneigt zu sein, diesen schönen Vorschlag zu akzeptieren. Der Vorstand des Reichsverbandcs der nationalliberalen Jugend hat nämlich am Sonntag in Frank- furt a. M. beschlossen, zu empfehlen, daß der Vertretertag der nationalliberalen Jugend seinen Vertretern auf dem allgemeinen Parteitag rät, für den Antrag der sogenannten freien Kommission einzutreten unter den folgenden Voraussetzungen: 1. Der allgemeine Parteitag findet an dem festgesetzten Termin, am 12. Mai er., statt. 2. Ter Zentralvorstand der Partei empfiehlt den KommissionS- antrag als den seinigen unter Aufhebung seines Beschlusses vom 24. März er. 3. Tie Begründung, die dem Parteitag für den Ztommissious- antrag gegeben wird, wird vorher festgelegt. Sie muß die Fest- sicllung enthalten, daß das Bestehen des Reichsverbandes der na- twnalliberalen Jugend, wenn auch ohne besondere Vertretung in der Partei, für die Zukunft gewährleistet wird. 4. Der Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses, Geh. Rat Friedberg, schlägt Dr. Fischer dem Zentralvorstand zur Zuwahl in den geschästsführenden Ausschuß vor. Einzelne dieser Forderungen mögen den Friedbergern und Fuhrmännern etwas unbequem sein, vor allem das Verlangen, Herr Friedberg solle selbst den Führer der Jungliberalen. Dr. Fischer, der auf FriedbergS Betreiben am 24. März d. I. aus dem geschästsführenden Ausschuß der nationalliberalen Partei hinaus- gewählt worden ist, zum Wiedereintritt in diesen Ausschuß vor- schlagen; aber schließlich sind alle diese Bedingungen nicht derart, daß die Friedberger sie nicht bewilligen könnten, denn sie sind nichts ReueS, sondern stellen im wesentlichen nur den früheren Zustand wieder her. Nach einigem Handeln und Feilschen werden sich des- halb wohl einstweilen dieAlten" diesen Forderungen fügen, bis sich die Aussichten für eine Abhalfterung der Jungen und der Bafsermänner bessern. Es wird deshalb wahrscheinlich die auf den 12. Mai festgesetzte Entwirrungslomödie mit einem wenigen und weinerlichen großen Bersöhnungsfest schließen. Wie lange die Uebereinstimmung der schönen Seelen dauern wird, ist freilich eine andere Frage. Die Deckung der Wehrvorlage in der Kommission. Ist der Mittwochssitzung entspann sich zunächst eine längere prinzipielle Auseinandersetzung über einen so z i a l d c m o k r a- tischen Antrag, der die Branntweinsteuer auf Ivb M., die jetzige Höhe der Rontingentssteuer festsetzen will. Die Sozialdemokraten sind mit der Aufhebung des Kontingents einverstanden; im Interesse des Konsums aber sind sie nicht für den Steuersatz von 125 M. pro Hektoliter, der heute für den außer Kontingent stehenden Branntwein bezahlt wird, sondern für den jetzt geltenden KontmgentSsteuersatz von 135 M. Die Vergünstigung für die süddeutschen Reserbairechte wollen sie in diesem Fall anerkennen. Demzufolge sollen die süd- deutschen Brennereien 7� M. weniger Steuern zahlen, als bisher innerhalb des Kontingents zu entrichten waren. Im weiteren aber beantragten die Sozialdemokraten die Ein- führung der Erbschaftssteuer. Genosse Wurm gab hierzu folgende Erklärung ab: Wir Sozialdemokraten bewilligen für den Militarismus, so auch für die jetzige Heeres- und Flottenvorlage, deren Annahme wir leider nicht verhindern können, keinen Mann und keinen Groschen. Wenn wir aber, wie in der gegen- wärtigcn Situation erreichen können, daß eine indirekte Steuer durch eine direkte ersetzt werden kann, sind wir bereit, für eine solche direkte Steuer,' z. B. die Erbschaftssteuer, zu stimmen. Zu dieser Erklärung bin ich durch meine Frak- tion ermächtigt." Konservative, Polen , Nationalilberale und Zentrum bean- tragten, den aus der Betriebsauflage angesammelten Fonds zur Propagierung und Verbilligung des technischen Spiritus um jährlich 16 Millionen zu verstärken, welche Summe aus der Verbrauchs- abgäbe zu entnehmen sei. Die Antragsteller machen von der An- nähme dieses Antrages ihre Zustimmung zum Gesetz abhängig. Das Ergebnis der Beratung war die Ablehnung des Antrages der Sozialdemokraten, die Annahme des konservativen Antrages betreffend die 16 Millionen für den technischen Spiritus. In beiden Fällen geschah die Annahme bezw. Ablehnung mit 15 gegen 13 Stimmen. Die Beratung der§Z 2 und 3, die die Hauptbestim- mungen für Süddeutschland enthalten, wurde noch nicht zu Ende geführt. Es liegt zum süddeutschen Reservat eine Reihe von Anträgen vor, die auf eine Erweiterung der Spannung bis zu 12 Mk. hinaus- laufen. Nach längerer Debatte über diese Anträge reichten die sozial- demokratischen Vertreter in derBranntwein-Kommission" am Donnerstag einen spezialisierten Staffelungs- Antrag ein unter dem Vorbehalt, daß in zweiter Lesung an den Einzelheiten der Staffelung Vereinfachungen vorgenommen werden könnten. Die Tendenz des Antrages geht natürlich dahin, die kleinen(und mittleren) süddeutschen Brennereien vor der übermächtigen Kon- kurrenz der Riesenbetriebe zu schichen. Der Antrag wollte den landwirtschaftlichen Genossenschafts- und den kleineren Brennereien durch eine gestaffelte Ermäßigung Vor- teile bieten, gegenüber den großen Brennereien. Nach dem seit- herigen Gesetz z. B. bezog die Brennerei von Sinner in Baden eine Liebesgabe von 186 003 M. pro Jahr. Nach dem neuen Gesetz würde diese Liebesgabe immer noch 45 360 M. betragen, während sie nach dem sozialdemokratischen Antrag auf etwa 9000 M. herab­gedrückt würde. Ter Antrag wurde gegen die acht Stimmen der Sozialdemo- kraten abgelehnt. Dagegen fand ein Antrag Vogt(kons.) Annahme, der den vor dem 1. April 1912 betriebsfähig hergerichteten(süd- deutschen) Brennereien mit einer Jahreserzeugung von nicht mehr äls 100 Hektoliter Alkohol eine Ermäßigung um 0,12 M., bei mehr als 100300 Hektoliter eine solche von 0.10 M. pro Liter zugesteht. Jesuitendebatte im bayerischen Landtag. In Ler bayerischen Abgeordnetenkammer kam am Mitt- woch die Interpellation des Herrn Dr. Casselmann betreffend den Jesuitenerlaß zur Besprechung. Ministerpräsident Frhr. v. Hertling hielt zur Verteidigung des Erlasses eine lange Rede, in der tzr ausführte: Die Emschließung, die den Gegenstand der vorliegenden Jnter- pellation bUdet. war das Endziel längerer bereits unter dem früheren Ministerium eingeleiteter Verhandlungen. Auf Grund der einschlägigen Erwägungen glaubie der frühere Kultus- minister eine Weisung dahin in Aussicht nehmen zu sollen, daß zu der nach Ziffer 1 der Bekanntmachung vom 5. Juli 1372 verbotenen Ordenstätigkeit der Jesuiten weder die sogenannten Konferenzvorträge in der Kirche noch jene priesterlichen Handlungen zu zählen find, die zum Zwecke vorübergehender AUS- Hilfe in der Seelsorge in Abhängigkeit vom zuständigen Pfarramt vorgenommen werden. Bon dieser Absicht wurde den Bundes- regierungen Mitteilung gemacht. So stand die Sache, als im Februar der Ministerwechsel eintrat. Wir hatten also eine Erbschaft übernommen und diese zu liquidieren. Doch möchte ich betonen, daß die neuen Minister, da sie mit der in Aussicht genommenen Maßnahme einverstanden waren, auch die volle Verantwortung für die Maßnahme trugen. Der Erlaß befaßt sich mit der Interpretation der vom Bundes- rat zu dem Reichsgesetz erlassenen Vollzugsbekanntmachung vom 5. Juli 1872. Das Wort Ordenstätigkeit, das vom Bundesrat nicht näher erläutert worden ist, stellt keinen eindeutigen, klarumschriebe- nen Begriff dar. Es ist weiterer und engerer Auslegung fähig, je nachdem man entweder alle seelsorgerischen Funktionen einbezieht oder jene priesterlichen Handlungen ausschließt, bei denen der Ordensangehörige einer anderen Aufsichtsgewalt als die für die Ordensleitung unmittelbar untergeordnet ist. Beide Auslegungen sind nach der Anschauung der bayerischen Regierung an sich mög- lich und mit dem Wortlaute der reichsrechtlichen Vorschriften zu vereinbaren. Für die bayerische Regierung war bei dein Uebergang zu einem milderen Vollzug die Erwägung bestimmend, daß in dem all- gemeinen Urteil über den Jesuitenorden seit dem Erlaß des Reichs- gesetzes vom 4. Juli 1872 ein Umschwung zugunsten des Ordens eingetreten ist. Dies erhellt schon aus der Aufhebung des 8 2 des Jesuitengesetzes. Die bayerische Regierung glaubte, daß diese gesetzgeberische Maßnahme nicht ohne Rückwirkung auf den admini- strativen Vollzug dieser Bestimmung Und der zugehörigen Aus- führungsvorschriften bleiben könne. Um allen Zweifeln an der Loyalität der bayerischen Regierung zu begegne», und um auch nicht den Schein einer Trübung dcS Verhältnisses der bayerischen Regierung zur Reichsleitung aufkommen zu lassen, hat sie vor kurzem beim Bundesrat den Antrag auf authentische Jnterpreta- tion des BegrifftOrdenstätigkeit" eingebracht. Hierdurch hat die bayerische Regierung zu erkennen gegeben, daß sie bereit ist, die- jenige Auslegung sich zu eigen zu machen, die das Organ, das allein zu einer verpflichtenden Interpretation berufen ist, nämlich der Bundesrat, für richtig erklärt." Der Ministerpräsident spricht zum Schluß die Hoffnung aus, daß die öffentliche Meinung, die in einem über die Be- deutung dieser Angelegenheit weit hinausgehenden Maße ge- reizt wurde, sich nun wieder beruhigt und der von Bayern selbst angerufenen Entscheidung des Bundesrats vertrauens­voll entgegensieht. Am Schlüsse der Sitzung kam es zu erregten Auftritten. Als Abg. Quidde (lib.) um 2� Uhr einen Antrag auf Ver- tagung stellte, erklärte der Vorsitzende der Zentrumsfraktion Abg. Lerno, daß das Zentrum die Besprechung der Jesuiten - Interpellation zu Ende führen wolle. Es entspann sich eine lange erregte Debatte über die Geschäftsordnung, in deren Verlaus die Abgeordneten Timm(Soz.) und Hübsch(lib.) dem Zentrum Vergewaltigung der Minorität vorwarfen. Schließlich schloß der Vizepräsident Frank die Sitzung und setzte die Weiterberatung auf Donnerstag, den 2. Mai, fest. Heute wurde die Debatte beendet. Sie brachte zwar keine Aufklärung über den Ursprung des Erlasses und über den Konflikt der bayerischen Regierung mit der Reichsleitung, aber sie vollendete das Bild einer ebenso geivalttätigen wie unge- schickten Zentrumsregierung. Genosse Adolf Müller wies auf die schwere Niederlage hin, die die bayerische.Megierung gegenüber dem Reiche erlitten habe und forderte das Zentrum auf, endlich einmal seine Macht zu gebrauchen, um das AuS- nahmegesetz zu stürzen. Das Zentrum wurde durch diese Rede so sehr in die Enge getrieben, daß der Ministerpräsident auf jede Entgegnung verzichtete. Die Blamage wurde vollendet durch die Tatsache, daß der Kultusminister sich herausgc- nommen hatte, das Haus zu täuschen. Von liberaler Seite war nämlich festgestellt worden, daß der Erlaß auf Betreiben des Münchener Erzbischofs ergangen sei. Der gegenwärtige Kultusminister behauptete nun, daß der Text dieses Erlasses ohne wesentliche Aenderungen vom jetzigen Ministerium über- nommen worden sei. Heute wurde nun aber von einem libe­ralen Redner enthüllt, daß der neue Kultusminister d i e e n t- scheidenden Stellen hinzugefügt habe, namentlich die Erlaubnis, daß die Jesuiten in der Kirche auch dieSakramentc sp e n den dürften. Auf dieser bewußten Unwahrheit ertappt, versuchte der Kultusminister mit einer Insinuation gegen die Liberalen zu entwischen, denen er vorwarf, daß sie überhaupt die Spendung der Sakramente in der Kirche nicht wollten, doch mußte er einen wenig rühmlichen Rückzug aistreten. Oie CClimn in JMaroWto. Die Entsendung französischer Kriegsschiffe in die marokkanischen Gewässer. Paris , 1. Mai. Offiziös wird als Grund für die Ent» sendung der PanzerkreuzerGloire" und C o n d 6" nach Marokko angegeben, der französische Ge> schäftsträger in Tanger habe dem Ministerium des Aeußern bestätigt, daß der Aufruhr in Fez auch auf Tanger eine gewisse Rückwirkung ausgeübt habe, und daß namentlich die jüdische Bevölkerung sich sehr beunruhigt zeige. Um die Be- fürchtungcn der fremden Ansiedelungen und der jüdischen Be- wohner zu zerstreuen, habe die Regierung die Entsendung der beiden Kriegsschiffe beschlossen. Kämpfe bei Larrasch. Paris , 1. Mai. Wie aus Madrid gemeldet wird, soll die auf dem linken Lukkosufer bei Larrasch lagernde französische Mahalla das Dorf Hura an- gegriffen, sich des Viehes bemächtigt, sowie eine ein- geborene Familie, einen deutschen Schutzbefohlenen und acht spanische Schutzbefohlene gefangen genommen haben. Zur Lage im Gebiete von Fez. Paris, 2. Mai. Aus Fez wird vom 1. Mai gemeldet: Eine Harka, die im Osten von Fez gebildet wurde, um aus Fez vorzurücken, hat sich aufgelöst. Die Beni Urain haben sich nicht dazu entschloffen, gegen Sefru zu marschieren. Es verlautet, daß in Fez eine Kriegskontribufton zur Entschädigung der Opfer der dortigen Unruhen erhoben werden soll. Paris , 2. Mai. Nach den letzten aus Fez eingetroffenen Telegrammen nimmt die Entwaffnung der Bevölkerung ihren Fortgang. Bisher sind bereits 14 CK» Gewehre abgegeben worden. Die Bevölkerung verhält sich ruhig, man fühlt aber deutlich, daß nur die A n w e s c n h e i t der T r up p e n sie in Schach hält. Nur mit deren Hilfe wird es möglich sein, die Ruhe dauernd aufrecht zu erhalten. Die Stämme der Umgegend sind dagegen nach wie vor sehr kampslustig, zumal täglich Ueberläufer von den scherifi- schen Truppen zu ihnen stoßen. Es bleibt daher abzuwarten, ob sie durch die blutige Niederwerfung des Aufruhrs in Fez so eingeschüchtert sind, daß sie keinen Angriff auf die Stadt mehr wagen iverden. Die Soldaten, die ge- meutert hatten, sind sämtlich mit in der Burg Kasba des Stammes der Schorarda eingeschlossen, ihre Zahl beläuft sich auf etwa 231» Mann, Sie sind über das ihnen drohende Schicksal äußerst besorgt, wozu die vorgestern veröffentlichte Kundgebung des Sultans viel beiträgt. Truppensenduvg nach Marokko . Paris , 2. Mai. Der Dampfer Armönic ist von Bastta auf Korsika mit einer Batterie des 2. Gebirgsartillerie- regiments nach Casablanca abgegangen. Oesterreick. Die Behandlung ausländischer Arbeiter in Preuße«. Wien , 2. Mai. In der österreichischen Delegation wendete sich der tschechische Sozialdemokrat Ncmcc dagegen, daß österreichische Arbeiter ohne Grund und gegen das internationale Rccht aus Preußen ausgewiesen werden. Die Demo- kratie sei die einzige Grundlage, auf der auch Neu-Oesterrcich auf- gebaut werden könne. Die Umwandlung Oesterreichs in einen Nationalitäten-Bundcsstaat böte Gewähr für feine Erhaltung. Rußland. Die Arbeitermetzelei. Petersburg, 1. Mai. Reichsduma. Bei der Besprechung der Interpellation über die Ereignisse an der Lena erklärte der H a n d e I s m i n i ste r, er sei von den: Ministerpräsidenten dazu ermächtigt, im Namen der Regierung kategorisch die in der Presse und der Duma geäußerte Befürchtung zu dementieren, daß die Wahrheit über diese Ereignisse nicht zutage gefördert werde. Die Regierung sei fest entschlossen, eine umfassende und eingehende Untersuchung über diese traurige Angelegenheit zu veran- stalten. Es sei notwendig, das Verhalten aller beteiligten Beamicn sowie die wirtschaftliche Lage und die Arbeitsbedingungen in den Lcnagoldfeldern und die ganze Entwickelung des Streiks, der zu der furchtbaren Katastrophe vom 17. April führte, aufzuklären. (Beifall rechts und in der Mitte.) Das Ergebnis der Untersuchung werde in weitgehendstem Maße veröffentlicht werden. Obwohl die Ungeduld der Oeffentlichkeit vollständig begründet sei, müsse der Regierung dock, zugestanden werden, daß ihr unmöglich sei, die Untersuchung zu beschleunigen, weil gegenwärtig jede Verbindung zwischen Jrkutsk und dem Lenadistrikt unterbrochen sei. Sobald die Verbindungswege wieder hergestellt seien, werde sich die Unter- suchungskommission an den Ort der Ereignisse begeben. Die Ne- gierung werde von ganzem Herzen dem Wunsche de» Hauses nach Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes entsprechen, der die Diiigung der Arbeiter auf den Gold- und Platinafeldern und die Arbeitszeit und Wohnungsverhältnisse der Arbeiter regeln sowie die Ärbeiterversicherung gegen tlraukheit und Unglücksfälle aus Sibirien ausdehnen werde.(Beifall rechts und im Zentrum.) perlten. Der Russcnkurs. Teheran , 1. Mai. Die Regierung hat bis jetzt in Verfolg ihres Planes, ihre Gegner aus dem Wege zu schaffen, 16 Personen verhaftet. In einigen Kreisen glaubt man. daß auf diese Weise die Wahl eines gefügigen Medschlis vorbereitet werden soll.