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Nr. 102. 29. Jahrgang.

4. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Stadtverordneten- Verfammlung.

15. Sigung vom Donnerstag, den 2. Mai, nachmittags 5 Uhr. Borsteher Michelet eröffnet die Sigung nach 5% Uhr mit efine Nachrut für den verorbenen Stadtt. Hammerstein ( A. 2.7 Die Ferten der Versammlung sollen auch in diesem Jahre in die Monate Juli und August fallen. Um 6 Uhr findet die Wahl eines befoldeten Stadtrats( an Stelle des verstorbenen Stadtrats Bohm), und sodann die Wahl des Kämmerers( an Stelle des Dr. Steiniger) statt.

Zum

befoldeten Stadtrat

gewählt wird der Beigeordnete Berndt aus Mainz mit 94 von 96 abgegebenen gültigen Stimmen. 2 Stimmen entfallen auf den Stadtv. Solmik( Fr. Fr.), 8 Zettel sind unbeschrieben. Zum

Kämmerer

wählt die Versammlung den Stadtrat- Schöneberg, der von wählt die Versammlung den Stadtrat B5 B- Schöneberg, der von 105 gültigen Stimmen 104 erhält. 1 Stimme fällt auf Stadtrat Düring; 7 Stimmzettel sind ungültig.

Durch Ergänzung des§ 10 des Gemeindebeschlusses betr. Bewilligung von Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung für die städtischen Arbeiter

soll dieses Statut mit der Reichsversicherungsordnung, die die Sinterbliebenenfürsorge reichsgefeglich einführt, in leberein Doch will der Magistrat aus sozialen Rüdsichten" vom Abzug der reichsgejeglichen Witwenrente vom Witwengeld absehen und nur beim Waisengeld den halben Betrag der Reichswaisenrente ab­feßen.

Stadtv. Ritter( Soz.): Wir sind darüber einig, daß dieselben sozialen Rücksichten, die den Magistrat bewogen haben, von dem Abzug der Witwenrente Abstand zu nehmen, auch bei der Waisen­rente vorhanden sind. Wie hoch ist denn eine solche Waisenrente überhaupt? Sie beträgt nach der Reichsversicherungsordnung drei Zwanzigstel des Rentenbezuges des Ernährers bei seinem Tode. Bei 240 M. Invalidenrente, einer schon ziemlich hohen Rente, be­deutet das 36 M. Das zweite Waisenkind hat nur ein Vierzigstel zu beziehen, also 6 M. Bei zwei Kindern macht das 42 M., zu züglich der 25 M. Reichszuschuß 67 M. oder monatlich 5,60 M. Es sind wahre Bettelpfennige,

die da geboten werden. Die Hälfte, also 2,80 m., soll nun hier auch noch abgezogen werden. Von einem solchen Abzug sollte man doch Abstand nehmen. Wir sind ja in Berlin auch noch immer nicht so weit, daß wir ein bestimmtes Mindestruhegeld oder Witwengeld haben. Es wäre wirklich nicht so schlimm, wenn auch der Magistrat sich unserem Antrage anschlösse.

borlagen begründen. Gegen diese Methode müsse energisch pro­testiert werden. Im Plenum habe die Regierung auf die Kom­mission vertröstet und nun biete sie dieser nichts.

Freitag, 3. Mai 1912.

Aus den Organisationen.

lichten, bei 1, weil er sich am 1. Mai in Ferien befand und der Tag auf die Ferien in Anrechnung gebracht wurde. Zum Ausschlusse empfohlen wurden 12 Genossen, 32 erhielten eine Bei der Weiterberatung am Donnerstag entwickelte sich eine Rüge wegen ihres Verhaltens. Ohne Einschränkung abgelehnt lange und sehr lebhafte Debatte über die Verkürzung der wurde der Ausschlußantrag bei 8 Genossen. Eingestellt wurde Dienstzeit. 3ur Beratung stand der sozialdemokratische An- das Verfahren gegen 2 Mitglieder, weil diese abgereist bezw. zum trag, der für die berittenen Truppen dic Sinführung der zwei- Militär einberufen wurden. Ausgesetzt wurde das Urteil gegen jährigen, für die Fußtruppen der einjährigen Dienstzeit, ferner einen Genossen. Gegen diesen Entscheid, dessen Einzelheiten im die Aufhebung des Privilege der Einjährig- Freiwilligen fordert. Urteil näher begründet sind, steht den Beteiligten das Recht zu, Der sozialdemokratische Antrag, der vom Kriegsminister wie von beim Parteivorstande in Berlin innerhalb vier Wochen die Ein den Rednern des Zentrums, der Konservativen und National- sehung eines Schiedsgerichtes zu beantragen. liberalen bekämpft. wurde, fand in den Genossen Gradnauer, Die Parteiversammlung stimmte dem Urteilsspruch des Schöpflin und Schulz lebhafte Befürworter. Unsere Ge- Agitationskomitees insgesamt zu. noffen betonten, daß bei Wegfall des Parade drills sehr wohl in allernächster Zeit die Dienstzeit in der geforderten Weise ver­fürzt werden tann, als Uebergang der Einführung der Volkswehr Am 27. April tagte in Mülheim am Rhein die General­auf demokratischer Grundlage. Gleichzeitig müsse alles getan versammlung des sozialdemokratischen Vereins für den Wahl. werden, um der heranwachsenden Jugend die beste törper- freis Mülheim- Wipperfürth. Genosse Miß erstattete liche und geistige Erziehung zu teil werden zu den Bericht vom dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Iassen. Mit der letzteren Forderung erklärte sich der Kriegs- Er konnte von einer erfreulichen Vorwärtsentwickelung des Vereins minister einverstanden. Aber gerade durch das Fehlen einer berichten. Der Verein hat im abgelaufenen Quartal die Mit­solchen Jugenderziehung fehlten auch die Voraussetzungen für die gliederzahl von 3000 überschritten und zählte am 1. April 3313 Serabseßung die Dienstzeit, die in der heute vorgeschriebenen Mitglieder. Seit dem 1. Juli 1910 ist die Mitgliederzahl des Ver Dauer unerläßlich sei, um eine schlagfertige Armee zu haben. eins von 2139 auf 3313, also um 1174 gestiegen. In dem gleichen Nach weiteren Auseinandersehungen über die Kosten, die ein Beitraum stieg der Umfaz der Beitragsmarken um 10 000 pro Milizheer oder Volksheer verursachen würde, wurde die Forderung Quartal. Auch die Zahl der weiblichen Mitglieder ist in erfreu der zweijährigen Dienstzeit für die berittenen Truppen mit 13 licher Weise im Steigen begriffen; fie beträgt jett 262. Es geht gegen 13 Stimmen, die Forderung der einjährigen Dienst- also auch in diesem dunklen Winkel, wenn auch langsam, so doch zeit für die Fußtruppen gegen die sozialdemokratischen ständig voran. Am Schlusse seines Berichts gab der Redner der Stimmen abgelehnt. Bei der Abstimmung über die Dienst- Hoffnung Ausdrud, daß es noch in diesem Jahre gelingen werde, zeit der berittenen Truppen erklärten sich außer den Wolfs die Mitgliederzahl auf 4000 zu bringen. Bei eifriger Mitarbeit parteilern ein Pole und ein Elsässer für die sozialdemokratische aller Parteigenossen sei dieses Ziel zu erreichen. Forderung, die zur zweiten Lesung im Plenum wiederkehren wird.

Aus der Wahlprüfungskommiffion.

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Ein sozialistisches Luftschloß.

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Man schreibt uns aus Brüssel : Dem riesigen Genoffens Die Prüfung der Wahl des Abg. Dr. Kaempf in der Wahl- schaftsbetrieb des Genter Vooruit" ist ein neues, originelles Glied prüfungskommission wurde Mittwoch beendet. Ueber eine große einverleibt worden. Draußen in der Groendreef" in Gent , eine Reihe von Punkten wurde Beweis beschlossen. Es handelt sich halbe Stunde etiva vom Freitagsmarkt, wo das sozialistische Kauf­bei ihnen um 19 Wähler, die Ausländer oder entmündigt oder ohne haus Vooruit" und" Ons Huis" stehen, hat der raftlose Anseele, Wohnsitz im Wahlkreise gewesen sein sollen. In einem Falle soll immer auf dem Wege zu fühneren Vervollkommnungen seines ein Herr vom Wahlvorstandstisch einem Bankdirektor, der einen sozialistischen Genossenschaftstraumes, für die Genter Arbeiter ein Bettel für Düwell batte, den richtigen" Bettel einge- ameiundeinhalb Heftar umfassendes Grundstück mit einem beri­händigt haben. Nach der in der letzten Sigung vorge- tablen Schloß für 130 000 Frant erworben. Ein Schloß für Ar­nommenen Berichtigung der Ergebnisse der Wahlatten entfielen beiter? Ja, und warum nicht? Man muß sich doch allgemach für auf Kaempf nur 5586, auf Düme II 5581 Stimmen. Fällt die kommenden Zustände vorbereiten... Der Vooruit" hat also auch nur ein Teil der beschlossenen Beweisaufnahme im Sinne der einfach verfügt, daß das weiße schmude Schlößchen und der herr= Protestbehauptungen aus, so müßte die Wahl für ungültig er liche Bark mit seinen Rasen, seinen hohen Ulmen und Buchen, seinen flärt werden. Die Kommission beschloß einstimmig, dem weißen Brückchen, die über rieselndes Wasser führen, den Arbeitern, Reichstage Beweiserhebung über etwa 18 Punkte vorzu- den Arbeiterfrauen und Arbeiterkindern Gents zum Erholungsort schlagen. diene. Freier Eingang" steht am Schloßgitter. Und gleich daran: Zur Wahl des Abg. Pauli war ein eigentümlicher Nachtrags- Parteigenossen, dieses Schloß steht unter Eurem Schuß!" Es protest eingelaufen. 17 Punkte des Protestes werden in diesem liegt feine üble Fronie darin vielleicht auch ein kleines geschicht­Stadtrat Fischbed: Der Magistratsantrag bringt absolut nichts Rochtrage zurüdgezogen. Nach längerer Beratung bertagte die liches Beichen? daß dieses, einst im Besiz eines Aristokraten Neues. Der Gemeindebeschluß von 1908 besagt bereits, daß das Kommission die Beschlußfassung darüber, ob eine solche zurück- befindliche Luftschloß nun armen flandrischen Arbeitern zugeeignet Witwen- und Waisengeld eintretendenfalls um die betreffenden Be- nahme, nachdem bereits die Kommission Beschluß über die Protest- ist, damit sie im Schloßpart ihren Sonntag genießen, ihr mai feft träge gekürzt werden sollen. Unsere heutige Vorlage geht lange punkte gefaßt hatte, zulässig sei, und welche Wirkung sie habe. feiern. Das anmutig- schlichte Schlößchen ist fünf Fenster nicht soweit, wie der Beschluß von 1908 zulassen würde; wir bitten Zur Wahl des polnischen Abg. v. Trampczynski( 4. Brom - breit und hat ein Erdgeschoß und zwei Stockwerke. Rechts und um ihre Annahme. berg), die am Donnerstag geprüft wurde, lag ein Protest vor, in links schließen sich dem Gebäude kleine Flügel an, die dem ganzen bem gerügt wird, daß 282 Stimmzettel, die den Namen des Kan- einen freundlichen Landhauscharakter geben. Im Erdgeschoß find didaten in polnischer Sprache enthielten, für ungültig die Restaurationsräume allesamt hell und freundlich und intim erklärt worden sind. Die Kommission entschied sich einstimmig in Anlage und Ausstattung. Der Hauptfront ist Rasengrund bor­für Gültigkeit dieser Zettel. Ein Protest gegen die Gültigkeit gelagert, von dem zu beiden Seiten an prächtigen Ulmen und Rot­der Wahl selbst lag nicht vor. Der freifinnige Rektor opsch ist buchen vorbei der Weg in den Park führt. Malerische Baum­im Wahlkreise Liegni 5 mit 6208 Stimmen gegen den konfer- gruppen, reizvolle Blide über flimmerndes Wasser mit weißen vativen Bauerngutsbefizer Schäffer, der 6101 Stimmen erhielt, in Enten, Brücken, Promenadentege, Obstbaumanlagen, Wiesenpläße der Stichwahl gewählt worden. Gegen die Gültigkeit hat das fon- für Spiele der feudale Ursprung läßt sich nicht verleugnen. fervative Kreiswahlfomitee in Löwenberg Protest erhoben. Hierbei Wie wir aber Sonntag, da sich das erstemal das Schloßgitter der spielte eine Rolle, welche Wirkung die im Protest behauptete Beein- Genter Arbeiterschaft öffnete, merken fonnten, ist der Besiz darum flussung der Beamten und Arbeiter des Bahnhofs Greiffenberg nicht weniger für demokratische Zwede geeignet. Wie fühlten fie in Schlesien zugunsten Kopschs durch den dortigen Oberbahnvor sich wohl, die blassen Frauen, die blonden Blämentinder, die sonst steher beizumessen ist. In Frage kommen 75 Personen. Hierüber nur im Straßenstaub und Hofräumen spielen, die Arbeitsmänner. joll Beweis erhoben werden. Auf Grund der amtlichen Fest- und gar die Burschen und Mädel Gents, deren Lachen und Juchzen stellungen wurden bisher Kopsch 4 Stimmen zugezählt und fünf den Park erfüllte, der wohl noch keinen Frühling so viel und so Stimmen abgezogen. Die Beschlußfassung über die Wahl wurde frohes Volk gesehen. Denn alles Elend in Flandern hat den Froh= ausgesett, bis die Referenten festgestellt haben, inwieweit die finn der Rasse nicht umbringen fönnen. Bur Feier des Tages Nachtragungen in den Wählerlisten noch nach dem zulässigen Ter- gab das vorzügliche Arbeiterorchester des Booruit" ein Konzert im -Aus gleichen Gründen wurde die Beschluß- Bart. Bis in den dämmernden Abend hinein flar jen die Melodien min erfolgt sind. fassung über die Wahl des zur Wirtschaftlichen Vereinigung ge- Joh. Strauß', Delibes ' und Richard Wagners. Und rings in der hörigen, im Wahlkreise Kassel gewählten Bürgermeisters Serzog Runde dichtgedrängtes Volk in andächtigem Bauschen und Sinnen. ausgefeßt. Der Protest richtet sich hier gegen die Hauptwahl. Die Zahl der Nachträge in den Wählerlisten, die ohne Zeitangabe er­folgt sind, beträgt hier gegen 200.

Stadtv. Goldschmidt( n. 2.) erkennt zwar an, daß der Magistrat formal zu seinem Vorschlage berechtigt ist, empfiehlt ihm aber doch, in diesem Falle ein Auge zuzudrücken und erklärt sich für den Antrag der Sozialdemokraten. Lekterer Antrag wird mit geringer Minderheit abgelehnt, Der Magistratsborschlag angenommen. Nach Erledigung noch mehrerer Angelegenheiten von nicht wesenlicher Bedeutung, unter denen auch die Abmachungen mit dem Philharmonischen Orchester, betreffs Veranstaltung von Volkskonzerten fich befinden, tritt der Schluß um 128 Uhr ein.

Parlamentarisches.

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treten soll. In Preußen genießen, wie man sieht, die Steuer­betrüger weit mehr Schutz wie die armen Arbeiter.

Die Wehrvorlagen in der Budgetkommission. Die sozialdemokratischen Kommissionsmitglieder brachten am Mittwoch zur Beratung der Wehrvorlagen folgende Anträge ein: 1. Während der Dauer der Dienstzeit im stehenden Heere find Mannschaften der Stavallerie und reitenden Artillerie die ersten awei, alle übrigen Mannschaften das erste Jahr zum ununter­brochenen Dienst bei den Fahnen verpflichtet; 2. keinem An­gehörigen des Heeres darf aus seiner religiösen und politischen Ueberzeugung ein Nachteil erwachsen. Bei der Weiterberatung Die Arbeitslosigkeit bei der preußischen Steuerreform". bemängelten fonservative Redner, daß die Regierung nicht mehr gefordert hat. Der Abg. Cramer forderte die Bildung von Die Steuerfommission des preußischen Abgeordneten­acht Kavalleriedivisionen, die Kosten tämen nicht in Be- hauses beschloß, Arbeitslosigkeit und große Unfälle nur dann als tracht. In längeren vertraulichen Darlegungen lehnte der Grund für Steuerermäßigung gelten zu laffen, wenn der dadurch Kriegsminister die Bildung von Friedensdivisionen der Stavallerie verursachte Einnahmeausfall mindestens% des Ein ab, wie er betonte, in Uebereinstimmung mit allen maßgebenden tom mens ausmacht. Die Regierung war großmütiger als Stellen im Heere. Abg. Erzberger tritt für die Vorlage des- die Herren Voltsvertreter" des Geldsackparlaments. Sie schlug in halb vornehmlich ein, weil Deutschland in Zukunft vor einem dem Gefeßentwurf vor, Arbeitslosigkeit als Aufhören der Arieg gegen drei Fronten Rugland, Frankreich , England ein- Einkommensquelle gelten zu lassen. Damit würde eine schließlich Belgien und Holland stehen werde. Abg. Zedebour Einkommensteuer bei jeder Arbeitslosigkeit weggefallen sein. Wie äußerte sich eingehend zur Frage der Neutralität von Holland und aber früher schon der preußische Landtag gerade das Einkommen Belgien und fordert eine deutsche Friedenspolitik, die die Mög- der Arbeiter und der ärmeren Schichten besonders scharf zur Steuer lichkeit triegerischer Verwidelungen vermindert. Vor allen Dingen beranzog, so auch jetzt wieder das Einkommen selbst derjenigen, die müsse eine Verständigung mit England angestrebt werden. Abg. unter zeitweiliger Arbeitslosigkeit zu leiden hatten. Gewisser­Gradnauer bekämpft die Behauptungen, bei der Masse des maßen zum Ausgleich dieser harten Maßregel für die Armen be­deutschen Voltes sei Stimmung für die Rüstungen vorhanden. schloß die Kommission auf Antrag der Konservativen und National­Gerade die Arbeiter sind von solchen Stimmungen frei, sic liberalen zum Troste der Steuerbetrüger, daß Gefängnisstrafe für haben ganz andere Interessen zu vertreten, als Steuerhinterziehungen erst bei dem zweiten, statt, wie die Rüstungspolitik zu betreiben. Die Rede des Kanzlers im vorigen Regierungsvorlage wollte, bei dem ersten Rüdfalle ein­Zahre über internationale Verständigung der Nationen hat bei anderen Völkern das schon vorhandene Weißtrauen gegen Deutsch land wesentlich erhöht, besonders bei den kleinen europäischen Staaten. Wenn Deutschland in Wahrheit durch unsere fehlerhafte auswärtige Politik isoliert worden ist, so muß auf eine Umkehr ge­drungen werden, sonst jagt eine Militärvorlage die andere. Außerdem fordern wir Verfürzung der Dienstzeit und Aufhebung des Einjährig- Freiwilligen- Brivilegs. Die Behauptungen der Re gierung, daß die Präsenzstärke des Heeres nicht in dem gleichen Maße wie die Bevölkerung gewachsen, sei total falsch. Bei einer Aus Elberfeld wird uns geschrieben: Der lebte Jenaer Bevölkerung von 45,2 Millionen im Jahre 1880 standen 433 705 Parteitag hat bekanntlich beschlossen, daß die in Parteiunter­0,958 Proz. der Bevölkerung unter Waffen, im Jahre 1910 da- nehmungen, Genossenschaften usw. beschäftigten Parteimitglieder, gegen von 64,9 Millionen Einwohnern 679 857= 1,04 Proz. die nach dem bekannten Nürnberger Beschluß verpflichtet sind, den Der Kriegsminister wendete sich sehr lebhaft gegen diese An- ohne zu arbeiten erhaltenen Tagesverdienst vom 1. Mai abzuführen regungen, besonders gegen die Herabseßung der Dienstzeit. Ein und sich dessen beharrlich weigern, aus der Partei auszuschließen Milia system sei eine Unmöglichkeit bei der gegen find. Auch im Sozialdemokratischen Verein Elberfeld- Barmen waren ärtigen Situation. Rebhaft tritifier wurde es, daß die etwa 120, amentlich im Fonsumverein reiung", Elberfeld , be­Regierung sich auch bei den vertraulichen Besprechungen über schäftigte Genossen, die ihren Beitrag nicht abführen wollten. Nach die internationale Lage so zugeknöpft verhält, daß die Kommission und nach sind dann noch etwa 40 Genossen ihren Verpflichtungen fich unmöglich ein Bild davon machen kann. Staatssekretär nachgekommen, bis sich das Niederrheinische Agitation 3 b. Aiderlen lehnte ausdrücklich eine genaue Darlegung ab, auch tomite e veranlaßt fah, gegen 82 Genoffen auf Grund der Partei­über Verhandlungen mit England will er sich nicht äußern. Abg. tagsbeschlüsse zu entscheiden. In der letzten Mitgliederversammlung Lensch weist auf die fundamentalen Unterschiede zwischen wurde darüber Bericht erstattet. Das Urteil tam im wesent­stehendem Heer und Milizsystem hin und betont die Zweckmäßig lichen zu folgenden Resultaten: Nach der Verhandlung und vor dem feit des letzteren Systems für die Landesverteidigung. Der Redner Urteilsspruch hat der Sozialdemokratische Verein gegen 27. Be­fritisierte die meistens unangebrachte Geheimniskrämerei der Re- schuldigte den Ausschlußantrag zurückgezogen, und zwar bei 5, weil gierung, die sich auf Dinge erstreckt, die jedem bekannt sind, der sie erst nach dem 1. Mai 1911 Mitglied geworden sind, bei 2, weil Die einschlägige Literatur verfolgt. Es soll eben nur nach außen der Ausschluß irrtümlich gegen sie gestellt war, bei 17, weil sie den der Anschein erwedt werden, als ob der Kommission schwer auf sie entfallenden Betrag voll gezahlt haben, bei 2 wegen be­wiegende Staatsgeheimnisse verraten worden seien, die die Wehr- sonders mißlicher Verhältnisse, die ihnen die Zahlung nicht ermög­

Aus der Partei.

Ausschlußverfahren wegen Verstoß gegen den Nürnberger Maifeierfonds- Beschluß.

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Dann zeigte sich der Park noch seinen Besuchern im Glanz ber elektrischen Lichter. Knapp neben dem sozialistischen Schloßz steht nämlich die Flachsspinnerei des Vooruit", deren Affumula­toren den Schloßbetrieb mit Strom versorgen. Fabrik und Lust­schloß auf einem Grund: lugt die Zukunft aus dieser Nachbar­schaft nicht symbolisch hervor?

Der russische Parteistreit. Wir erhalten aus Baris etne fleine Schrift, betitelt Der Anonymus aus dem Vorwärts" und die Sach­lage in der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands ". Me Herausgeberin zeichnet die Redaktion des Sozialdemokrat, die sich, was nicht gerechtfertigt ist, als Redaktion des Zentralorgans der S. D. A. P. Rußlands " bezeichnet. Die genannte Broschüre wendet sich in der heftigsten Weise gegen den in Nr. 72 des Vor­wärts" erschienenen Artikel, in welchem wir gegen den einseitigen Charakter eines von dem Genoffen Lenin an das Internationale sozialistische Bureau gesandten Berichts Stellung nahmen und dem uns zugegangenen Protest der übrigen Richtungen der Sozialdemo tratie Rußlands Raum gaben. Diese durch die Pflichten der ele mentarsten Loyalität diftierte Haltung hat uns nun den Zorn des Leninschen Zentralorgans" zugezogen. Da wir es ablehnten, einer Diskussion über die inneren russischen Parteistreitigkeiten im Vor­ wärts " Raum zu geben, werden wir in der obengenannten Broschüre mit heftigen Vorwürfen überschüttet. Solche Dis fussionsmethoden" finden in der deutschen Partei keinen Anflang und die Grobheit der Verfasser ist für uns kein Grund, uns zu einer einseitigen Stellungnahme au gunsten einer Sondergruppe drängen zu lassen.

Zugleich werden wir um die Veröffentlichung folgenden Schreibens ersucht, das Genosse Blechanoff an den Genossen Huysmans , den Sekretär des Internationalen Bureaus gerichtet hat: San Remo, den 27. März 1912. Ich habe die Kopie der russischen Resolution in Paris , die Sie mir zugesandt haben, erhalten. Da die Verfasser sich auf mich berufen, so betrachte ich es als meine Pflicht, Ihnen offen alles zu erklären, was mir in bezug auf die Frage bekannt ist.

Abgesehen von einigen Einzelheiten, die mir als ungenau er­scheinen und vom Ton der Resolution, der von einer starken Er­regung zeugt, entspricht leider dieselbe ver Wahrheit.

Es ist Tatsache, daß die Konferenz, von der die Resolution spricht, bloß die Delegierten einer einzelnen, wenn auch ziemlich zahlreichen, Richtung unserer Partei versammelt hat. Ebenso ist es unbestreitbar, daß, indem sie die Vollmachten( les pouvoirs) der ganzen Partei sich zuschrieb, sie eine Handlung beging, die sehr leicht zu einer Spaltung führen kann, was natürlich sehr traurig wäre. Die Spaltung ist desto wahrscheinlicher, daß alle diejenigen Organisationen, die an der Konferenz nicht teilgenommen haben und dieselben bilden die große Mehrheit eine andere vorbe. reiten. Findet diese statt, so ist die Spaltung vollzogen. Ich bin überzeugt, daß das J. S. B. diese Art, der Amster damer Resolution über die sozialistische Einigkeit Folge zu leisten, unmöglich gutbeißen kann und ich frage mich, ob das Bureau nicht