der sich in Reisestimmung kurzerhand beschlieben, die Parlaments zu erweitern, berfahrcu" ist unf z u c n g; wir wolle» auch jedes schwellende B e rw a l t un g SV e rfa h re n g e g en eine Einmischung des Reichstages schützen; wenn der Reichstag das tut, maßt er sich Rechte an, die ihm nicht zukommen, er legt sich dann das Streben bei, ein Konvent zu werden(Zuruf links: Hu! hui). er will Vau» die Rechte einer Exekutive haben.(Zustimmung rechts.) Abg. Dr. Müllcr-Meiningen(Vp.): Den Antrag des Grafen W e st a r p auf Zurückverweisung an die Kommission kann ich nicht e r n st n e h m e n; denn die Kommissiou hat die Frage seit L'/s Jahre» nach allen Seiten gründlich behandelt. Auch das Zentrum sollte seine An.träge zurückziehen, die nur eine Kom- i'lizieruug und Gefährdung der Sache bedeuten.(Zustimmung bei der BolkSpnrtei.) Abg. L-drbour(Soz.): Der Abg. Bell meinte, bei Annahme unseres Antrages würden die kurzen anfragen stets i» Debatte»l ausarten. Die praktischen Erfahrungen des englischen Parlaments beweisen das Gegenteil. — Der Abg. K r e t h fand es unerhört, wenn der Reichstag die von ihm beantragte Einschränkung bei dem Recht der kurzen Anfrage ablehue; er sprach von einer Anmaßung der Rechte der Exekutive seitens des Reichstages. Dabei hat jetzt schon der Reichstag das Recht der Interpellation ohne diese Beschränkung. Es handelt fich also um ein bestehendes Recht, das auf eine andere Form der Anfragen übertragen wird. Der konservative Antrag, dagegen will das bestehende Recht des Reichstages eiuschränken.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Bell(Z.) szur Geschäftsordnung�: Da unsere Anträge von rechts und links beanstaudet sind und uns daran gelegen ist, etwas Positives zu schaffen, ziehe ich unsere Anträge in der Er- Wartung, daß in der Praxis danach verfahren wird, zurück. (Bravo ! links.) Abg. Schultz(Rp.): Ein Reichstag. befindet, sollte diese Sache nicht so einen Versuch darstellt, die Rechte des und in die der Krone einzugreifen.(Große Unruhe links.) Ich bin ein Gegner der kleinen Anfragen überhaupt.(Zuruf links: Frhr. v. Zedlitz! Abg. v. G a m p: Was geht Sie denn an. was Zedlitz sagt. Große Heiterkeit.) Auch Herr v. Zedlitz will die kleinen An- fragen sicherlich nicht ohne Kamelen und würde, wenn er von diesen Dingen Kenntnis hätte, die Hände überm Kopf zusammenschlagen. (Große Heiterkeit.) Abg. Graf v. Westarp(k.): Ich will keineswegs ein bestehendes Recht des Reichstages einschränken, aber der Reichstag ist für die Verwaltung nicht zuständig und ein Recht der Ueberlvachung kann cS nicht geben, solange noch ein Verfahren schwebt. Abg. Gröber(Z.): Die Befugnis des Präsidenten ist eine all- gemeine Frage, die bier nicht speziell zu regeln ist. Auch heute schon hält der Präsident sich für befugt, beleidigende Anträge und Petitionen zurückzuweisen.(Zustimmung im Zentrum.) Abg. Gras v. Westarp(k.): Die Ausführungen des Vorredners zeigen, daß man ein so beschränktes Gebier eben nicht aus der Geschäftsordnung herausgreifen kann; man sollte warten bis zur allgeineiueu Revision der Geschäftsordnung.(Zustimmung rechts.— Aha! links.) Abg. Kreth(k.): Die Dinge sind eben nicht so harmlos, sondern die einzelnen Teile der Geschäftsordnung hängen eng zu sammeu. Abg. Graf v. Posadowsky(b. k. Fr.): Ihren Eifer, diese Sache unter Dach und Fach zu bringen, muß ich leider etwas v ä»r p f e». Wenn wir uns über Diamanten und Diamanten schleifer so lange unterhalten haben, ist wohl auch der Wunsch eines Parlamentariers begreiflich, daß wir uns über eine so grundlegende Frage deS Parlamentarismus etwas länger unterhalten. In Eng- l a n d liegen die Verhältnisse ganz anders. In wenigen Staaten ist der Verwaltungsorganismus so kompliziert wie bei unS.(Der Redner sucht dies im einzelnen nachzuweisen; mehrfach ertönen Rufe zur Sache!) Vizepräsident Dove: Wenn Sie den Unterschied der deutschen und englischen Verfassung ganz erörtern wolle», würde das wohl zu weit führen.(Heiterkeit.) Abg. v. Posadowsky: Run wollen Sie diesen schwierigen Mechanismus noch erweitern und belasten durch die Keinen An- fragen. Mit Tausenden von Anfragen würden wir überschwemmt werden, die ordnungsmäßig gar nicht erledigt werden könnten.(Zu ruf links: Schaffen Sie doch den Parlamentarismus ab!) Ich lehne jedes Streben nach Erweiterung des Par- l a in e n r a r i s ni u s a b. Ich halte ein Parlament mit elf Parteien für unfähig, die Regierung zu übernehmen und stelle mich rück halllos auf de» Staudpunkt der monarchischen Regierung.(Lebhaftes Bravo! rechts.) Abg. Graf v. OpperSdorfi(b. k. Fr.): Auf diesem Standpunkt kann man voll und ganz stehen und trotzdem den kleinen An- fragen zustimmen.(Heiterkeit und Sehr gut!) nicht oder in ganz unzulänglicher Andeutung bringen. Nur die gröbsten, gewaltsamsten Effekte blieben übrig. Die Einlage, die das andere flott machen sollte, war. so gerupft, selbst ohne jede rechte Ilottheit. Ter Talisman, der den rothaarigen wandernden Barbier g eh i Ifen Titus Feuerfuchs im Schloß der schriftstellernden Gräsin zur allgemeinen Frauengunst vcrhilft, ist eine schwarzlockige Perücke, das Geschenk eines aristokratisch empfindenden Friseurs, dem Titus das Leben rettete. Die neidische Niedertracht des tückischen Friseurs, der seinem selbstgeschaffenen Schönheitskonkur- reuten beim Schlafen eine semmelblonde Perücke über die schwarze slülpt, vermehrt nur deffen Chancen. Denn blond ist die Lieblings- färbe der Frau Gräfin . Er wird der Ehre gewürdigt, in der Privataufführung ihres neuen Stückes den Holosernes zu mimen. Man verfolgt seine Leistung mit ermunternden Zurufen, bis Judiths Schwert dem entschlummernden Tyrannen eine Perücke nach der anderen vom Haupte schlägt— und zum Entsetzen aller das brandrote Haar zum Vorschein kommt. Mit der Don Juan - Karriere ist es nun aus; zum Ersatz bekommt er Salome, ein rot- haariges Gänsemädchen, zur Frau und wird von einem reichen Vetter zum Universalerben eingesetzt. Herr Retzbach hatte die Doppelposse geschickt inszeniert. Engen Burg spielte den Vielumworbenen, Erich Ziegel de» windigen Haarkünstler mit gutem Humor. In den weiblichen Rollen wirkten die Damen Arnold. Balctti Schneider- Nissen und G a st o n. ät. Musik. Im Friedrlch-Wilhelmstädtischen Schauspiel- hau» ist der Dramenwinter eines gräßlichen Mißvergnügens mit dem spanischen Ernesto Alcanos sanft zu Tode gebetet worden. Da- für zog mit Jean Gilberts keuscher Susanne prompt ein ungleich fröhlicherer Operetten-Frühling ein. Und es war ein glück- verheißendes Beginnen: Die mit dem Tugendprcis bedachte Sünderin Susanne machte Furore und wurde jubelnd ausgenommen. DaS gehört sich auch so; denn Friyi«reo, die Titelheldin, sührte sich als ein singetanzender Stern erster Ordnung ein. Dorxnerwetter. da ist „Schmiß" I Und dazu Alfred S ch m a> o w. der als Pomarel ganz neue Flötentöne hören läß»; Edmund Pa ul s en und R. I. S enius in brillant hingelegten Rollen origineller Käuze. Klara Berger als anbetende gutgläubige Delphine, sowie die ganze Familie„ävs Aubrais" nebst Reinhold Pasch (Leutnant), die so schlagend die wissenschaftlich begründete Vererbungstheorie des gelehrten Herrn Vaters in prmri beweist, Donnerwetter noch einmal! Kapellmeister A. Friede dirigiert die musizierende Schar, die oben auf der Bühne agiert und die Kapelle unten im Orchesterraum, daß aus der Partitur Jean Gilberts nur so die Funken schlagen; während Alwin R e u ß und SeniuS für eine geradezu glänzende Regiekührung zeichnen. Wem diese Susannen-Aufführung nicht das Blut in Wallung bringt, der ist ein saurer Hering— den aber der Knall- psropfengeist dieses feschen Operettenensemble» hoffentlich gar bald in quietschvergnügte Stimmung versetzen wird. o. k. '•. Damit schließt die Debatte. Unter Ablehnung aller Abändern n gSan träge werden§ 31 a, b und c nach den Anträgen der Kommission angenommen. Der zweite Abschnitt handelt von den Interpellationen. § 32 sieht vor, daß Interpellationen von mindestens 3 0 Mit- gliedern unterzeichnet sein müssen, und daß ihnen kurze Er- w ä g u n g s g r ü n d e beigefügt werden können. Diese letzte Bestimmung will ein Antrag von Normann[l. st r e i ch e n und außerdem eine Bestimmung einfügen, wonach Jnter- jzellationen nur Fragen von allgemeiner Bedeutung aus dem Gebiete der inneren oder auswärtigen Politik des Reiches zum Gegenstande haben dürfen, und Interpellationen, die ein schwebendes Gerichts-, VerwaltungS- oder Disziplinarverfahren betreffen, unzulässig find. § 33 soll nach den Kommissionsbeschlüssen lauten: „An die Beantwortung der Interpellation oder die Ablehnung ihrer Beantwortung schließt sich die sofortige Besprechung an, falls mindestens 80 anwesende Mitglieder dies verlangen. Der Ablehnung der Beantwortung der Interpellation steht es gleich, wenn der Reichskanzler eine bestimmte Erklärung, ob er die Interpellation beantworten wolle, nicht abgibt. Falls keiner der Interpellanten widerspricht, darf die Besprechung auch in einer späteren Sitzung er- folgen... Durch Beschluß des Reichstags kann die sofortige Besprechung auch dann zugelassen werden, wenn der Reichskanzler eine bestimmte Erklärnng, wann er die Jnterpelltion beantworten wolle, nicht ab- gibt oder die Frist zur Beantwortmia auf mehr als zwei Wochen vom Tage ihrer Einbringung an bemißt." Ein Antrag A l b r e ch t und Genossen(Soz.) will im ersten Absatz hinter dem Worte„ob" einschalten die Worte.oder wenn sowie hinter„nicht abgibt" die dem Absatz 2 entnommenen Worte oder die Frist" usw. bis„bemißt". Ein Antrag v. N o r m a n n(k.) will im zweiten Absatz die Worte „oder die Frist" bis„bemißt" streichen, event. statt 2 Wochen sagen 4 Wochen, oder, falls auch dies abgelehnt wird, die Frist aus 4 Wochen bemessen, sofern es fich um eine Angelegenheit der auswärtigen Politik handelt. Ferner soll hinzugefügt werden: Wem, der Reichskanzler das Wort vor dem Interpellanten er- greift, um nachzuweisen, daß die Besprechung der Interpellation das Reich schädigen würde, so hat der Reichstag über die Zulassung der Besprechung ohne Beratung zu beschließen. Die Abstimmung ist eine namentliche. § 33a sieht in der Kommissionsfassung vor. daß bei der Be- sprechung einer Interpellation Anträge gestellt werden können, welche die Feststellung verlangen, daß die Behandlung der den Gegenstand der Interpellation bildenden Angelegenheit durch den Reichskanzler der Anschauung des Reichstags entspricht oder daß sie ihr nicht entspricht. Ein Antrag Albrecht(Soz.) verlangt, daß durch die Anträge der Reichstag zum Ausdruck bringen soll, daß er die Antwort des Reichskanzlers billigt oder nicht billigt. Ein Antrag v. Normann(Z.) will den§ 83 s durch die Bestimmung ersetzen: „die Stellung eines Antrages bei der Besprechung einer Interpellation ist unzulässig. Es bleibt ober jedem Mitgliede des Reichstags überlasten, den Gegenstand in Form eines Antrages weiter zu verfolgen." Im Falle der Ablehnung dieses Anträge sollen nur zugelassen werden bei Jnterpellattonen, die ein Gebiet betreffen, für welches der Reichs- kanzler verfassungsmäßig die Verantwortlichkeit trägt, und die Ab- stimmung über solche Anträge soll eine namentliche sein. Z 33b endlich bestimmt, daß die Verhandlungen über Jnter- pellationen aus einen bestimmten öffentlichen Sitzungstag beschränkt werden können, wenn �Interpellationen in zu großer Zahl einlaufen. Die Sozialdemokraten beantragen, diesen Passus zu st r e i ch e n. Abg. Dr. Bell(Z.): Meine Freunde werden für die Kommissions' beschlüsse stimmen. Den Antrag der Sozialdemokraten auf Streichung des 8 33 b lehnen wir ab. Abg. Kreth(kons.): Die Anträge auf Ausgestaltung des Jnter fiellationSrechtS stammen aus der Zeit unmittelbar nach den türmischen Novemberdebatten deS Jahres 1S08. Man glaubte damals— ich will nicht erörtern, durch wessen Schuld— daß die Regierung zu allem bereit sein werde, was man forderte. In fanatischem Eifer stürzten sich damals die Vertreter der unentwegten Demokratie, auf das lebhafteste von den National' liberalen unterstützt, auf die alten Wünsche der Demokratie, daS Patlament auf Kosten der Krone zu stärken. Inzwischen sind nun vier Jahre vergangen und die Welt steht noch(Heiterkeit rechts). DaS beweist, wie„dringlich" diese Aufgabe ist. Wir werden uns nach wie vor gegen jeden Versuch wenden, solchen Verstoß gegen diesen föderativen Charakter deS Reichs sehen wir in der Zulassung von Anträgen. Die Erweiterung deS Jnter- pellationsrechts bedeutet die Verleihung des Rüge rechts an den einen der beiden gleichberechtigten Faktoren gegenüber dem anderen, d. h. eine Machterweiterung des Reichstages. Das hat die sozialdemokratische Presse offen zugestanden. Ein Reichs- kanzler mit nicht ganz robusten Nerven wird eS vorziehen zu gehen, wenn er fortgesetzt schlechte Zensuren wegen Unfähigkeit usw. bekommt. Es ist allein das Recht deS Kaisers, zu be- stimmen, ob ein Reichskanzler bleibt oder geht. Gegen ihn also richtet sich die Kritik, die ihm ziffernmäßig bescheinigt, daß der Mann seines Vertrauens des Vertrauens nicht würdig ist. Mir ist es un- verständlich, daß das Zentrum, daS bis jetzt noch immer auf dem Boden. des föderativen Charakters des Reiches ge- standen hat, hier einen so ganz anderen Stand- p lt ii k t einnimmt.— Dann noch«ne praktische Frage. Der Beschluß des Reichstages wird doch dem Reichskanzler und dem Bundesrat vorgelegt. Angenommen dieser lehnt den Beschluß ab, so wird der Reichstag de» Reichskanzler wiederum über diesen Be- schluß interpellieren und so geht das Ballspiel weiter mit Gracie in mfinitum, es fragt sich nur, wer den Ball zuerst an die Nase kriegt.(Heiterkeit.) Den Vorwurf, daß wir r o h a- l i st i s ch e r wären, als die Regierung, nehmen wir gern auf uns.(Bravo ! rechts.) Man wird jetzt wieder viel von„Reaktion" sprechen. Ein österreichischer Staatsmann hat einmal gesagt, die Liberalen aller Länder teilten die Welt in Aktionäre und Reaktionäre. (Heiterkeit. Abg. Dr. David(Soz.): Sie find beides I— Erneute Heiterkeit.) Wenn wir ein Hemmnis sind der rasenden Fahrt, die der Reichswagen jetzt nimmt, um möglichst schnell zum Ab- grund zu sausen, dann wollen wir uns diesen Vorwurf als Reaktionäre gern machen lassen. Wir brauchen eine feste Rc- giernng in dieserZeit, wo dem Reiche von innen und außen Gefahren droben. Darum wollen wir die Autorität, die zur Führung des deutsche» Volkes berufen ist, nicht schmälern lassen, nach unserem Grundsatz: Autorität, nicht Majorität.(Lebhafter Beifall rechts.) die Autorität des. Kaisers zu schwächen und den föderativen Charakter des Reiches zu mildern. Einen Humor und Satire. Maikühle. Oestlich Wehn die Frühlingswinde Und bedauernd konstatiert man: Bleibt der Paletot im Spinde Spät am Abend, dann erftiert man. Dennoch trotz der Maienkühle Will der Jüngling sich beweiben, Muß er sich im Hochgefühle Frostig auch die Hände reiben. Ja. der Drang ist nicht zu halten. Mondscheintrunken läßt der Schwärmer; Freilich, voll wird sich entfalten Die Natur erst, wenn es wärmer. Auch im Reichstag siehst du Spuren Neuer Lenzeskraft erstehen, Mag auch von Ostelbiens Fluren Scharf der Wind herüberwehen. Einig find sich die Parteien, Daß der Zweikampf nicht zu bill'gen, Nur die Rechte will sich weihen Erst dem Schutz der ArbeitSwill'gen. Und in Afrika die Sklaven Will das Zentrum ganz befreit sehn, Wenn in Deutschland erst die braven Jesuiten kampfbereit stehn. Daß der Reichstag nicht noch lleiß'ger Unsre schlimmen Schmerzen lindert. Liegt nur daran, daß ein eis'ger Ostwind die Entfaltung hindert. Trotz der Heil'gen und der Ritter Weiß man. daß sich manches wendet, Wenn des Volkes Zorngewitter Endlich erst Befruchtung spendet. Fridolin. Notizen. — August Strindberg ist Donnerstag abermals operiert woroen. Die Operation ist gut verlaufen. Der Kranke fühlt sich bedeutend besser. Die Aerzte sind aber der Meinung, daß die Besserung nur ein« vorübergehende ist und daß die Tage des Patienten gezählt sind. Trotz seiner großen Schmerzen hat Strind- derg das Interesse für alles, was um ihn vorgeht, bewahrt. — Edwin Bormann , der Bliemchendichter, der die sächsische Mupdartdichtung wenn nicht begründet, so doch fruchtbar beeinflußt hat, ist in L e i p z i g gestorben. Abg. Dr. David(Soz.): Der Vorredner hat alle möglichen Gründe angefiihrt, weshalb die Konservativen im Interesse des Vaterlandes, im Interesse deS Kaisers usw. die Vorschläge der Kommission bekämpfen müßten. Nur den Grund der Gründe hat er uns in seinen langen Aus- führungen nicht gesagt. Dieser eigentliche Beweggrund: weshalb die Herren sich gegen die Absicht stellen, daß der Reichstag das Recht haben soll, im Anschluß an Interpellationen ein klares Urteil über die Haltung der Regierung auszusprechen, ist der: die Herren von der Rechten betrachten die Regierung als ihren Exckutivausschuß.(Lebhafte Zustimmung links.) Wenn in England die Regierung der Exekutivausschuß der Majorität des Parlaments ist, so ist bei uns die Regierung der Exekutivausschuß der konservativen Minderheit und die Herren setzen alles daran, um dies Verhältnis zu erhalten. Der Vorredner meinte, es sei eine Anmaßung, wenn die Volksvertreter sich herausnehmen, ein Mißtrauensvotum gegen den Reichs- kanzler auszusprechen, der doch Vertrauensmann des Kaisers sei. Ach ja, meine Herren, einen solchen Reichskanzler, den darf man gar nicht scheel ansehen, weil er Vertrauensmann des Kaisers ist. Und dieselben Herren sind es. die einen Reichskanzler nach dem anderen über die Klinge haben springen lassen. i Lebhafte Zustimmung links, Händeklatlchen auf den Tnbünen, was Vizepräsident Dove nicht für zulässig erklärt.) Wer hat den Bismarck gestürzt? Er selbst hat eS gewußt und hat es ausgesprochen mündlich und schriftlich. Und aus dem Lager der Konservativen sind auch die Pfeile gekommen, die den Grafen C a p r i v i gestürzt haben. Auch Fürst B ü l o w hat eS den Konservativen schriftlich bestätigt, daß sie sich in frivoler Weise gegen die Interessen des Reiches und der Mon- archie vergangen haben. So dachten die Reichskanzler selbst über die Art, wie die konservative Partei die Unantastbarkeit des Reichskanzlers und des Kaisers in der Praxis handhabt. Auch der jetzige Reichskanzler könnte vielleicht schon einiges sagen über die Art, wie ihm die Herren aus der Rechten das Leben er- schweren. Angesichts all vieler bekannten historischen Tatsachen ist die Argumentasion des Vorredners derartig gewesen, daß es mir schwer fällt, zu glauben, daß er selbst an den Ernst seiner Aus- führungen geglaubt hat. Das Recht, der Regierung seine Meinung zu sagen, hat der Reichstag heute schon durch Annahme von Rc)oluttonen. WaZ hier neu geschaffen wird, ist lediglich, daß solche Anträge aus Zweck- mätzigkeitSgründen auch am Ende der Besprechung einer Jnter- pellation angenommen werden können. Also von einer Erweiterung der Rechte des Parlaments kann keine Rede sei». Man kann doch nicht die Mithilfe der Presse bei der politischen Aufklärung unterschätzen. Wer Zeitungen liest. hat jedenfalls ein besseres Urteil über politische Dinge, als wer sie nicht liest. Freilich gibt es auch Leute, die keine Zeitung lesen, sondern fich Ausschnitte präparieren lassen. Gerads für solche Leute, die die öffentliche Meinung nur zurecht- geschnitten und verfälscht erfahre», ist eS wichtig, die öffentliche Meinung hier in authentislber Weise klar festzustellen. Und das fit am besten durch eine solche JnterpellationS- debatte zu erreichen. Geht sie ohne Beschluß aus, fo liegt die Gefahr vor, daß dem Kaiser auch dann die Meinung des Reichs- tages nur durch Ausschnitte der konservativen Presse und deS„Lokal-Anzeigerö" vor Augen kommt. Gerade im Interesse einer zuverlässigen Information des Reichskanzlers und des Kaisers dürfen wir keinen Zweifel lassen, wie in einem solchen Falle die Volksvertretung denkt. Herr Kreth rühmte die Regie» rung, daß sie sich an das Kochen der Volksseele in den bekannten Rovembertagen nicht gekehrt habe. Nun, auch die Freunde des Herrn Kreth, haben damals scharfe Worte der Kritik an der Regierung bis zur höchsten Spitze hinauf gefunden, und daS kann jetzt nicht wieder weggekratzt werden. Bei den letzten Wahlen hat das Volk den Freunden des Herrn Kreth ja auch einen Denkzettel gegeben. Sie sind zusammengeschmolzen, weil sie glaubten, fich der Entwickelung entgegenstellen zu können. DaS Werlvolle an dieser Debatte ist, daß sie unS die ganze Schwäche der konservativen Partei zeigt(Sehr richtig! links), die ganze Schwäche der kleinen Gruppe, auf die sich die Regierung stützt, und die Regierung sollte sich warnen lassen, sich noch weiter auf diese Gruppe zu stützen und so immer mehr in Gegensatz zur Mehr- heil des deutschen Volkes zu kommen. Das Zentrum hat besser begriffen, um was eS sich handelt. Aber die Konservativen sehen das nicht ein. Wen Gott strafen will, schlägt er mit Blindheit. (Lebhaste Zustimmung links.) Noch ein paar Worte zu unseren Anträgen! Der erste will be- wirken, daß auch dann eine Besprechung der Interpellationen statt- finden muß, wenn die Regierung die Beantwortung ablehnt. Die Streichung deS§ 33 b beantragen wir. weil bei einer JntepellalMi die Gefahr einer Obstruktion nicht vorliegt, dazu eignet sich eine Interpellation ihrer ganzen Technil nach nicht. Für einen solchen Fall, der an wichtige Dinge anknüpft und dann andere Formen an- nimmt, braucht man hier keine Borkehrungen zu treffen. Im§ 33» wünschen wir lediglich einen klareren und deutlicheren Ausdruck. Eine beleidigende Form wählt man in solchen Fällen schon deshalb nicht, um in der Sache eine Mehrheit zu erreichen.(Bravo l bei den Sozialdemokaten.) Abg. Dr. Junck(natl.); Ich spreche dem Abg. Kreth und feinen freunden den Dank dafür aus. daß sie namentliche Abstimmung eautragt haben. Uns wäre eS auch nicht unangenehm, wenn die Rede des Abg. Kreth im Stenogramm verbreitet würde. Man würde dann erkennen, wie die Herren jeden Fortschritt hintanzuhalten suchen, wenn eS fich um den bösen Reichstag handelt. Er stellte die Anträge als Ausfluß der Tätigkeit des Großblock« hin. Bergißt er, daß das Zentrum daran mitgewirkt hat Z(Sehr gut I links.) Die AuSführungm des Abg. Kreth
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten