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Nr. 103. 29. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt

Der tote Jagow gegen den lebenden mannsgerichtsveifißer Groß- Berlins( Sandlungsgehilfen)

Rofenow.

Am 1. Mai hat der Polizeipräsident v. Jagow folgende Mai­botschaft an die Berliner Freie Volksbühne erlassen:

Die öffentliche Aufführung des von der Direktion am 10. April dieses Jahres zur Zensur eingereichten Stüdes Die im Schatten leben" im Thalia- Theater wird gemäß§ 10, II 17, d. Allg. Land­rechts ous ordnungspolizeilichen Gründen hiermit untersagt. Das Bühneneremplar folgt anbei zurück. Jagow.

Als der Berliner Polizeipräsident durch seinen bekannten Erlaß der Freien Voltsbühne die Zensurfreiheit entzog, deren sie sich viele Jahre lang unbestritten erfreut hatte und gegen die Beschwerde des Borstandes ein obsiegendes Erkenntnis des Oberverwaltungsgerichts erreichte, wurde von der Regierung feierlich erklärt, daß das Vor­gehen gegen die Voltsbühne aus feinerlei parteiischer Vorein­genommenheit erfolge. Selbst der Polizeiminister v. Dallwig er. fannte im preußischen Dreiklassenhause das fulturfördernde Wirken der Freien Volksbühne uneingeschränkt an. Kaum aber hat sich die Behörde ihr zweifelhaftes Recht erftritten, so geht sie auch schon dars auf aus, das kulturfördernde Wirken der Freien Voltsbühne mit den Mitteln der Kleinlichen Polizeischikane zu untergraben.

Das nachgelassene Wert unseres leider zu früh verstorbenen Parteigenoffen Emil Rosenow , des Dichters des Rater Lampe ", spielt im Ruhrrevier und behandelt in der naturalistischen Manier der neunziger Jahre Konflikte des Bergarbeiterlebens. Bei dem Er­fcheinen der Buchausgabe vor einigen Monaten wurde der hohe literarische Wert des Dramas allgemein anerkannt, und bürgerliche Blätter wiesen darauf hin, daß sich die Freie Boltsbühne durch seine Aufführung ein hohes Verdienst erwerben könne. Bald darauf er warb die Freie Boltsbühne das Stück zur Erstaufführung, mit ber fie ihre nächste Saison im Herbst dieses Jahres zu eröffnen gedachte. Sie gestattete jedoch dem Arbeiter bildungsausschuß von von Frankfurt Frankfurt am Main eine einmalige Aufführung, die als Vorfeier des 1. Mai am letzten Sonntag im Frankfurter Schumann- Theater bor einem mehr als viertausend topfigen Bublifum mit bedeutendem Erfolge stattfand.( Siehe den

Bericht des Borwärts".)

Was in Frankfurt a. M. erlaubt war, wird nun in Berlin ver­boten. Es wird interessant sein, die Gründe kennen zu lernen, mit benen die Berliner Zensur ihren Streich zu rechtfertigen versuchen wird. Einstweilen fehlt dem ganz unverständlichen Verbot jede nähere Begründung. So charakterisiert es in seiner nadten Willfür die Freiheit ", deren sich das amtlich anerkannte kulturfördernde Wirken eines Arbeiterinstituts in der Aera Dallwig- Jagow zu er freuen hat.

Soziales.

Aus dem Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts. Der Ausschuß des Berliner Kaufmannsgerichts beschäftigte sich in seiner Sibung am Donnerstag mit der Sonntagsruhe in Kon­toren, Ruhezeit und Festseßung der täglichen Arbeitszeit in den jenigen Betrieben des Handelsgewerbes, die nicht mit offenen Ver­laufsstellen verbunden sind.

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welcher lautete:

Hierzu lag ein Antrag der Freien Bereinigung der Kauf­( fen) vor, Das Kaufmannsgericht Berlin wolle auf Grund des§ 18 Abs. 2 des Gesezes über Kaufmannsgerichte bei den verbündeten Regie­rungen die Vorlage einer Novelle zur Gewerbeordnung beantragen, in der die Arbeitszeit und Sonntagsruhe der Angestellten in Kon­toren nach folgenden Vorschlägen geregelt wird:

1. Der§ 105 b Absatz 2 der Gewerbeordnung ist dahin zu er­gänzen, daß den Angestellten in Kontoren eine sechsunddreißig stündige Sonntagsruhe gewährt wird.

2. Dem§ 139 c Absah 1 ist eine Bestimmung anzufügen, nach der die Angestellten in Kontoren nicht länger als neun Stunden, unterbrochen durch eine zweistündige Mittagspause, beschäftigt werden dürfen. Bei ungeteilter Arbeitszeit darf diese Beschäfti gung die Dauer von höchstens acht Stunden, einschließlich einer halb­stündigen Pause, nicht überschreiten. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens drei­zehn Stunden zu gewähren. Diese Arbeitszeit ist für die jugend­lichen Angestellten unter 18 Jahren um eine Stunde zu verringern. 3. Die Bestimmungen des§ 139 d sind dahin umzuändern, daß Ausnahmen von der vorgeschriebenen Arbeitszeit nur zugelassen werden können für Arbeiten, die in unvorhergesehenen Notfällen im öffentlichen Interesse oder zur Durchführung der gesetzlich vorge­schriebenen Inventur auszuführen sind.

Zu diesen Anträgen wurde von seiten eines Gehilfenbeisizers noch folgender Unterantrag gestellt:

§ 139 f der Gewerbeordnung ist dahin zu ergänzen, daß auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der beteiligten Geschäfts­inhaber für eine Gemeinde oder mehrere örtlich zusammenhängende Gemeinden durch die höhere Verwaltungsbehörde für alle oder ein zelne Geschäftszweige angeordnet werden kann, daß die Kontor­arbeitszeit an den Sonnabenden spätestens um 3 Uhr nachmittags zu beendigen ist. Auf Antrag von mindestens einem Drittel der beteiligten Geschäftsinhaber hat die höhere Verwaltungsbehörde ein entsprechendes Abstimmungsverfahren einzuleiten."

Die deutschnationalen Handlungsgehilfenbeifiber hatten zu Antrag 2 noch den Zusazantrag gestellt, die Bergünstigung der früheren Schlußstunde auch auf alle weiblichen Angestellten auszu­behnen, zogen denselben auf Anraten der übrigen Gehilfenbeisiger aber zurüd. Des weiteren beantragten fie: Nach dem zweiten Satz des Antrages 2 ist einzufügen: " Bei geteilter Arbeitszeit muß der Gewerbebetrieb um 7 Uhr, bei ungeteilter Arbeitszeit um 5 Uhr nachmittags beendet fein." Nachdem die Antragsteller ihre Anträge eingehend begründet hatten, wurde von den Beisitzern der bürgerlichen Kaufleute ausge­führt, daß ihnen dieselben viel zu weit gehen. Wenn die Gehilfen in ihrem Antrag 3 schon selbst Ausnahmen zugestehen, so beweise dies, daß von ihrer Seite noch viel mehr Ausnahmen zu fordern jeien. Ein großer Teil der Geschäftsinhaber strebe bereits felber danach, früher, Feierabend zu geben, man soll aber diejenigen, die es nicht können, durch Gejeze nicht dazu zwingen. Die Gehilfen wollten die Kaufleute durch die Anträge, die hauptsächlich aus agi­tatorischen Zweden für ihre Verbände gestellt seien, nur unter poli­zeiliche Aufsicht bringen, damit der Schußmann in den Geschäften aus und eingehen könne. Im Interesse des deutschen Handels lehnten fie die Anträge ab. Der Schuß der Jugendlichen sei fein Schuß; die Jugendlichen seien heute bereits in allen öffentlichen Vergnügungsetablissements in großer Anzahl zu finden, würden zum Bummeln. die Anträge Gesek, jo hätten sie noch mehr Zeit Der Beisiger der sozialdemokratischen Kaufleute trat für die Anträge ein. Er und die Gehilfen traten der Anschauung der bür­gerlichen Beifiker entgegen. Wenn diese Kaufleute sich so energisch gegen die polizeiliche Ueberwachung wehren, so hätten sie doch seiner

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Sonnabend, 4. Mai 1912.

Zeit für den Antrag auf Einführung von Handelsinspektoren ſtimmen sollen. Wer keine Gesezesübertretung begeht, habe auch den Schußmann nicht zu fürchten.

Da auf der Seite der Kaufleutebeisiger nur 7 Mitglieder an­wesend waren, mußten 3 Gehilfenbeisiger bei der Abstimmung aus­scheiden.

Sämtliche vorliegenden Anträge sowie die 2 Unteranträge wurden hierauf bei der Abstimmung mit 7 Stimmen der Gehilfen­beisizer und der Stimme des sozialdemokratischen Kaufleutebei­fibers gegen die 6 Stimmen der bürgerlichen Kaufleutebeifiber an­genommen. Der Vorsitzende enthielt sich der Stimme.

Berfrühte Abmeldung bei der Krankenkasse. Erhebliche Folgen für die Beklagte dürfte ein Urteil des Ge­werbegerichts, das vorgestern gefällt wurde, nach sich ziehen. Die Botenfrau T. flagte gegen die Firma Deutsches Drud- und Ber= lagshaus auf Zahlung eines Tagelohns in Höhe von 1,10 M. Die Klägerin war bei der Beklagten damit beschäftigt gewesen, die Zeit­schrift Freya " auszutragen. Diese Tätigkeit erstreckte sich immer auf die letzten drei Tage der Woche. Des Mittwochs mußte die Klägerin sich aber die Exemplare aus der Expedition in der Linden­straße abholen, um am anderen Tage pünktlich ihre eigentliche Tätigkeit beginnen zu fönnen. Am Mittwoch, den 6. September 1911, weigerte sich nun die Klägerin, einen Posten der Hefte, da er ihr zu schwer war, nach ihrem Wohnort Oberschöneweide zu schaffen. Daraufhin wurde sie sofort entlassen. Ihre Abmeldung von der Krankenkasse seitens der beklagten Firma erfolgte aber nicht vom 6. September ab, sondern als legten Arbeitstag gab die Firma den vorhergehenden Sonnabend, den 2. September, an. Die Klägerin, welche die Absicht hatte, selbstzahlendes Mitglied der Krankenkasse zu bleiben, versäumte es, innerhalb der statutarisch festgesetten Frist nach dem 2. September eine dahingehende Erklärung bei der Kran­tentaffe abzugeben, tat dies vielmehr erst einige Tage später. Die Krankenkasse wies deshalb ihre Mitgliedschaft ab. Da nun aber, wenn der 6. September als letter Arbeitstag zu gelten hatte, dic Frist noch nicht abgelaufen war und die Krankenkasse die fernere Mitgliedschaft hätte anerkennen müssen, Ilagte die Klägerin bei dem Gewerbegericht zunächst auf Erstattung des Schadens, der ihr durch die verfrühte Abmeldung entstanden war, indem die Krantentafic ihr bei einer später eintretenden Krankheit teine Unterstützung ge­währte. Für diesen Vorprozeß erflärte fich jedoch das Gewerbe­gericht als unzuständig und verwies die Klägerin auf den Weg des Berwaltungsstreitverfahrens gegen die Krankenkasse. Das Ge­werbegericht stellte der Klägerin damals anheim, vorher auf Zahlung des Lohns für den 6. September zu flagen, um dadurch festzustellen, ob an diesem Tage noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Diesem Rate war die Klägerin denn auch gefolgt.

Die Kammer 8 unter Vorsiz des Magistratsrats Schult ver­urteilte am 2. Mai die Beklagte gemäß dem Antrage der Klägerin aur Zahlung des Tagelohns. Ein sofortiger Grund zur Entlassung habe nicht vorgelegen, und hätte die Klägerin daher an dem be­treffenden Mittwoch noch Anspruch auf Beschäftigung gehabt, da sic sonst mindestens am Abend vorher hätte entlaffen werden müssen. Der Umstand, daß nur die leßten drei Tage der Woche eigentliche Arbeitstage waren, sei schon um deswillen unerheblich, weil der Klägerin ja nicht schon am letzten Sonnabend ihre Entlaffung mit­geteilt worden sei.

Auf Grund dieses Urteils dürfte nun Frau T. gegen die Ber liner Ortstrantentaffe für das Buchdrudgewerbe, die hier in Be­tracht kommt, bei der Aufsichtsbehörde auf nachträgliche Anerken­nung ihrer Mitgliedschaft klagen. Falls dann die Krankenkasse ver­urteilt wird, steht es dieser zu, gegen das Deutsche Drud- und Ver lagshaus Regreßansprüche zu stellen.

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