Sur verbreiteren SchuMiterolur. Nun. geben Sie doch hin zu Sit ?l u s st e l l u n g im Gewerkschafts Hause, die wird ihnen beweisen, wie wir gerade bemüht sind, die Schundliteratur zu be- kämpfen. Aber von bürgerlichen Unternehmern werden Gratis- heste an Schüler und Lehrer verteilt mit Abbildungen, wo z. B. darüber steht:„Unsere Königshusaren." Auf dem Bilde ist zu sehen, wie Husaren die Franzosen niedermachen, und darunter steht: die Husaren warfen ganze Reihen der Feinde über den Haufen. Unter einem anderen Bild mit der Ueberschrift:„Unter deutscher Flagge" ruft ein Hauptmann seinen Leuten zu:„D r a u f u n d o r a n a u f die Dinger!" (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Gegen die Verteilung solcher Schundliteratur sollte der Kultusminister ein- schreiten. Auf den Ankündigungen steht: es laufen ständig Be- stellungen von hohen Fürstlichkeiten und B e h ö r- den ein, u. a. hat der Schatullsekretär des Prinzen Friedrich von Preusien 250 Exemplare nachbestellt. Vor kurzem sprach sich ein Redner hier gegen den Mißbrauch von Schußwaffen durch Jugendliche aus. Aber diese Kriegsliteratur reizt ja geradezu zu einem solchen Mißbrauch.(Sehr wahr! bei ocn Sozial- dcmokratcn.) Lehren Sie unsere Jugend denken statt schieße n. Geben Sie das Zehnfache der Summe für Jugend- pflege für die Schulen aus, dann würden Sie ungeheuren Segen stiften. Aber Sie wollen nicht, daß das Volk zum Denken erzogen wird, denn ei» solches Volk läßt sich nicht unterdrücke», ausbeuten uud bevormunden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Herr Strosser sagte am 19. April, wir erzögen die Kinder zur Gewissenlosigkeit.� Das darf man hier gegen uns sagen! «Hört? hört! bei den Sozialdemokraten.) Als der Minister V. Dallwitz Beamte Heuchler irannte, hat Herr Straffer nicht�dagcgen protestiert, wohl aber, als wir die Beamten dagegen in Schutz nahmen und daraus hinwiesen, daß sie durch solche Verordnungen zur Heuchelei gezivungeu werden. Aber Herr S t r o s s e r kann den Beamten kein.£ für ein U machen. Die 414 Millionen Stimmen, die wir bei den letzten Wahlen erhalten haben, sind Ihnen in die Knochen gefahren. Es ist eine namenlose Wut über Sie gekommen, und die A n g st reizt sie auf, nun ernstlich an die Vernichtung der Sozialocmokratie zu denken. Haben Sie denn immer noch nicht begriffen, daß die Sozialdemokratie nicht znvcr Nichten ist. es seidenn, ihre Ziele wür- den erfüllt?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Sie halten die Sozialdemokratie für ein Hetzprodukt. Wäre sie das. dann wäre sie längst an sich selber zugrunde gegangen. Stein, die Sozialdemokratie ist aus den wirtschaftlichen und politischen Zu- ständen heraus geboren, und sie iviro erst verschwinden, wenn diese Zustände aufgehört haben zu existieren. Wir dringen in immer weitere Kreise, und Sie merken den Boden unter Ihren Füßen wanken, und deshalb glaichen Sie die Slufgabe zu haben, die Sozialdemokratie zu vernichten. Wie ansteckend diese Furcht wirkt, zeigt, daß sogar der VerkehrSminister v. Breiten- b a ch erklärt hat, es gehöre zu seinen ersten Pflichten, der Sozial- demokratie entgegenzutreten. Sein Neffort verwaltet er dann i m Nebenamt.(Heiterkeit.) Und derselbe Minister erklärt, er habe keine Furcht vor oer Sozialdemokratie. Daß diese Furcht doch vorhanden ist, das beweisen die unglaublichen' Mittel, mit denen man versucht, die Sozialdemokratie zu vernichten. So habe ich hier eine Verfügung der Kgl. Eisenbahndirektion Magdeburg vom 2. April, wodurch ein Hobler Knall und Fall ent- lassen wird, weil er am Stichwahltage in Halberstadt eine sozialdemokratische Versammlung, in der das Wahl- resultat verkündigt wurde, besucht hatte, nachdem er in das bürger- liche Lokal nicht mehr hineingekommen war. Der Mann war l 1 I a h r e bei der Eisenbahn beschäftigt, und in seinem Zeug- nis hieß es: Führung gut, Leistung sehr gut.(Hört? hört! bei den Sozialdemokraten.) Bei seiner Vernehmung wurde er aufgefordert, auch die Namen der anderen Beamten, die in der Versammlung gewesen sind, zu nennen. Er weigerte sich, diese Denunziation zu begeben. Hätte er es getan, so hätte er Aussicht gehabt, wieder angestellt zu werden. Bei einer weiteren Vernehmung wurde er gefragt, welchen Stadtverordneten er bei der letzten Wahl gewählt habe und welchem Verband er angehöre. Gewählt hatte er einen bürgerlichen Kandioaten und er war Mitglied des früheren Trierer Verbandes. Tie Entlassung wurde aufrechterhalten, trotzdem sich sogar der Vor- sitzende dieses Verbandes, der Reichstagsabgeordnete Jckler, für ihn verwandte. Aus diese Weise drängen Sie die Leute geradezu in die Reihen der Sozialdemokratie.(Sehr wahr! bei den Sozial- Demokraten.) Vor einigen Tagen hat man sich hier furchtbar entrüstet über eine Sleußerung Ströbels gegen Ruhland. Jetzt hat derselbe russische Staat 3 00 A r b e i t e'r, die als Bittsteller kamen, Einfach niederknallen lassen wie toll« Hunde. (Hört! hört! bei den Sozial- dcmokraten.)(Präs. Frhr. v. Er fsa ruft den Redner zur Sache.) Gestern bei der Fwge der Eingemeindung von Vohwinkel in Elberfeld hatten wir das prachtvolle Vergnügen. Herrn v. Bran- d e n st e i>i sprechen zu hören. Wahre Perlen für unsere Agitation finden sich in seiner Rede, hoffentlich polkt er sie uns bei der Korrektur nicht heraus.(Heiterkeit.) Einige haben wir ja gleich festgelegt. So sagte er, der L a n d r a t habe von der R c- g i e r u n g noch keine Anweisung gehabt, welche Meinung er haben miisse. Run er muß es ja wissen, wie es gemacht wird, er war früher selbst SIegierungspräsident. Leider können wir ihm keinen Platz bei uns bewilligen, weil er doch gar zu scharf borgeht gegen die Regierung. lHeiterkeit.) Sie entrüsten sich, wenn wir vom preußischen Polizeistaat sprechen. Haben wir denn allein eine solche schlechte Meinung von Preußen? Herr G r u n e n b e r g hat neulich bestritten, daß der Abgeordnete GieSberts die Aeußc- rung getan habe, man müsse sich schämen, ein Preuße zu sein. Tatsächlich hat nach demamtlichen stenographischen Be- r i ch t der Abg. G i e s b e r t s am 26. November 1906 im Sieichstag gesagt:..Allmählich kommt es so weit, daß man sich fast draußen in der Welt schämt, als Preuße sich zu bekennen.... Wir Rheinländer verwahren uns schon lange dagegen, Preußen in diesem Sinne zu sein."(Hört! hört? bei den Sozialdemokraten.) Warum entrüsten sich die Konservativen denn nicht in diesem Falle, wo ein scbwarzer Blockkollege so über Preußen spricht.(Präs. Frhr. v. Ersfa: Was im Reichstag passiert ist. geht uns hier nichts an.) Am 27. April sagte Herr Hammer: „Herr Dr. Liebknecht, es ist für uns ein Jammer, daß Sie unserem Volk angehören." So ettvas darf man hier gegen uns sagen! Wir sehen in einer solchen Aeußerung«ine Anmaßung und eine Ucberhebung. wie sie nur Herr Hammer fertig bringen kann. Er möge sich aber merken, daß sich Jammer viel besser auf Hammer reimt.(Heiterkeit.) Als sich der aalglatte Herr v. Zedlitz neulich nach redlichen Bemühungen einen Ordnungsruf geholt hat, da gratulierten ihm zwei Slbgeordnete dazu. Wir sahen keine Entrüstung auf der rechten S«itc. aber wenn wir so etwas tun. ist das eine Verhöhnung des Parlamentarismus «nd dieses Hauses. Wir sollen das Niveau des Hauses herabsetzen. Nun, der Ton im Hause war vor uns auch sibon ein recht schlechter. In dein Plateschen Kommentar zur Geschäftsordnung sind auf Seite 254 ff. eine große Reih« unparlamentarische Ausdrücke aus jener Zeit auf gezeichnet, die fünf Seiten füllen und an Kraft und Saft nichts zu wünschen übrig lassen. Darunter sind welch«, die wir nock, nickt erreicht haben.(Heiterkeit.) Vor kurzem erst hat Herr v. Pappenheim gegenüber Liebknecht gesagt, das sch»-Geschwätz. Wollten wir so etwas gegenüber einem Minister sagen, dann gäbe es gleich eine Sitzung der Kommission zur Berschärfung der Ge- schäftsordnung. Beschließen Sie nur, daß die Reden nicht länger als eine Stund« dauern sollen. Wir werden uns dann bemühen, wenn es uns auch schwer fällt, jedesmal eine Stunde zu reden. (Heiterkeit.) Der frühere Abgeordnete Gneist hat einmal ge. Ja�t...(Präsident Freihirr v. Ersfa ruft den Nedn?r erneut zur Sache und macht ihn auf idie gcschäftsorbnüstgs- mäßigen Folgen aufmerksam.) S'a, dann werde ich das in die Presse bringen, da ist man dock weniger beschränkt. Der Redner kommt nun aus des Ministers v. Breitenbach Erklärung zurück, daß er in eine Eisenbahnversammlung eingedrungen sei. Ich wurde von niemand angehalten, die Kontrolleure stanbcn gerade, wie vor einem Ministerialbeomten. Ich war von drei Seiten eingeladen und sagte auf ein Ersuchen zu, das Wort nicht zu ergreifen. � Aber trotzdem bat der Vorsitzende aus Grund einer Direktionsverfügung, ich möchte weggehen. Aber ein gewalliger Stimmenchorus verlangte, ich solle hierbleiben, sonst gingen sie alle mit. Es gingen auch über 1000 mit, es wurde darüber gesprochen, eine neue Versammlung in der Koppenstraße abzuhalten. Aber aus allen Haustüren beobachteten die Vorgesetzten die Leute. Sie, Herr Minister, hindern die Abgeordneten, sich zu orientieren über die Wünsche der Staatsarbeiter. Das verstößt gegen die Verfassung. (Lachen rechts.) Sie orientieren eben die Regierung nur über Ihre Wünsche, aber wir nehmen es mit unserer Pflicht ernster. Und tpenn Sie das Vorgehen der Regierung billigen, setzen Sie nur die Verfassung Ihres heiligen Preußens herab! Unseren Generalvormund nennt ein bürgerliches Blatt den Minister wegen seines unwirksamen Zeitungsverbots. Ja, aber wenn solche Zeitungen im Wagen liegen blieben? Sie werden das Verbot in allen Wagen anschlagen müssen. Lesen Sie den„Simpli- cissimus" nicht mehr, seitdem er hier aus dem Hause verbannt ist? Sie kaufen ihn wohl bloß mehr. Der Minister drückt mit seinem Verbot nur die Pacht der Bahnhofsbuchhändlcr herunter?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Gar kein Recht sollen nach Ihrem Willen die Beamten haben. Das hat ja auch Herr von W o y na offen zugegeben. Der Gedanke, daß ein Beamter für uns stimmen könnte, ist für Sie der Anfang vom Ende. Herr v. Dallwitz— den Ministerpräsidenten haben wir ja in dieser Session noch nicht gesehen, hoffentlich haben wir noch einen!(Heiterkeit.)— hat die Beamten, die bei den Reichs- tagswahlen sozialdemokratisch gewählt haben, als Lügner, Heuchler und Eidbrccher bezeichnet. Unmittelbar nachher ist mir von einem Beamten folgendes Schreiben zugegangen: Eben lese ich die Rede des Ministers v. Dallwitz und kann nicht unterlassen. Ihnen wieder einmal zu sagen, wie ich mit vielen Bcrufsgenosscn über das denke, was der Minister über die Zugehörigkeit von Beamten zur Sozialdemokratie geäußert hat. Es berührt mich ganz eigenartig, wenn ein Minister den Mut findet, andere Leute Eidbrüchige und Lügner zu nennen. Was der Minister da über die ihm unterstellten Beamten sagt, gilt gewiß auch für uns Lehrer und der Kultusminister wird wohl auch die Ansicht seines Kollegen unterstreichen. Da muß ich fragen, wer soll denn die Verantwortung tragen für alle die Lügen und Heuchelei, die unser Schulwesen demoralisiert. Doch nur die Vertreter der preußischen Siegierung, die uns Lehrer zwingen, täglich im Religions-, Geschichts- und Deutschunterricht die widersinnigsten Dinge zu lehren.(Unruhe rechts.) Und wenn da von Lügnern und Heuchlern gesprochen wird, so möchte ich mir die gehorsamste Frage gestatten, wer steht moralisch tiefer, derjenige, der gezwungen lügt und heuchelt, weil er sonst mit seiner Familie auf die Straße gesetzt werden würde, oder derjenige, der durch seine ihm zur Verfügung stehen- den Machtbefugnisse seine Untergebenen zur Heuchelei und Lüge mit Bewußtsein zwingt? Jchhabe den Eid gezioungenermaßen geschworen(Hört! hört! rechts), weil ich sonst niemals angestellt worden wäre. Ich habe mir schon damals als blutjunger Mensch gesagt, daß dieser Eid unmöglich der Person gelten kann und daß der Begriff„König " hierbei nichts weiter sein kann, als die Personifikation des Staates oder des Volkes. Wenn ich im Schuldienst, der durch mancherlei mittelalterliche Einrichtungen und manche An- ordnung der Vorgesetzten einem fast verekelt wird, täglich nach besten Kräften meine Pflicht erfülle, so folge ich damit meinem Diensteid. Ich habe dem Staat wohl meine Arbeitskraft verkauft, nicht aber meine Ueberzeugung, und wenn ich so oft gegen meine beste Ueberzeugung lehre, so trifft die Per- antwortung nicht mich, sondern jene, die mich dazu zwingen. Der Minister hat gut reden, tvenn er sagt, jeder, der die Absicht hat, sich der Sozialdemokratie anzuschließen, möge aus seinem Slmte scheiden. Wenn ein Minister glaubt, sich dem herrschenden RegierungSkurs nicht unterordnen zu können, nimmt er seine Entlassung und bekommt eine anständige P e n s i o n oft nach wenigen Dienstjahren. Wenn sich aber ein Beamter oder Lehrer nach jahrzehntelangem Dienst aus Ueberzeugung der Sozial- demokratie zuwendet, so könnte er seine Stelle nur aufgeben, wenn er seine Familie hungern sehen wollte, sofern er nicht noch irgend eine Brotstell« findet. Empfehlen Sie mich also, verehrter Herr Hoffmann, (Lachen rechts.) dem Minister v. Dallwitz und seinen Kollegen und eröffnen Sie ihnen, daß ich mich so lange kaltlächelnd Lügner und Heuchler nennen lassen werde, bis die Minister öffentlich erklären werden, daß alle diejenigen, die sich infolge der Herrschaft .der Kirche über die Schule oder der herrschenden Zustände zur Sozialdemokratie bekehren, mit voller Pension entlassen werden!(Lachen rechts.) Die Worte des Ministers stehen im vollsten Widerspruch zu den bekannten Aeußerungen der elsässischen Staatssekretäre über die volle Wahlfreiheit der Beamten, auch sozialdemokratisch zu wählen. Der Zorn von Bulach ist doch etwas ganz anderes als der Zorn von Dallwitz.(Lebhaste Heiterkeit links.) Herr Zorn von Bulach sagte, daß die Bekämpfung der Sozialdemokratie nicht in der Hand der Regierung, sondern in der der Parteien liege. Und wenn die Minister im Namen von Treu und Glauben die Zugehörigkeit von Beamten zur Sozialdemokratie als mit dem Treueid unvereinbar bezeichnen, so scheint man im Elsaß ganz an- dere Begriffe von Treu und Glauben zu haben.(Sehr gut! boi den Sozialdemokraten.) Letzthin hat der Abg. I o h a n n s e n sich die alten längst wider- legten Behauptungen über unsere Auffassung von der Heilig- keitdeS Eides zu eigen gemacht. Ja, wie denken denn andere Leute über den Eid? Rudolf v. Bennigsen, den Sie gewiß alle hochachten, hatte dem König von Hannover den Eid ewiger Treue geleistet, aber schon 1867 schwor er dem König von Preußen Treue. Ebenso modifizierte Herr W i n d t h o r st seinen Treueid. Und wie steht es mit dem Monarchismus und der Königstreue? Mußte nicht der Reichskanzler v. Caprivi den Konservativen im Reichstage zurufen, daß sie doch nicht wegen 1,50 Mark Zolldifferenz ihren Patriotismus aufgeben sollen? Sie(nach rechts) haben im Zirkus gedroht, zur So- zialdemokratie überzugehen. Allerdings haben Sie nicht vorher gefragt, ob Sie auch aufgenommen werden.(Große Heiterkeit.) Im konservativen„Vaterland" wurde gesprochen von krachenden Thronen und auch Sie(zum Zentrum) brauchen Ihre KönigStreue nicht so zur Schau zu tragen, denn die„Germania " schrieb: Die Kirche kann der Monarchie entbehren, nicht aber die Monarchie der Kirche; diese befindet sich ganz gutauch im re- p u b l i ka n i s ch e ii Staat!"(Hört! hört! links.) Die na- tionalliberale„Kölnische Zeitung " hat daran erinnert, daß Sie innerlich Vernunftmonarchisten sind und daß Sie einmal Ihren Monarchismus einer entsprechenden Revision unterziehen könnten. Und hat es nicht auch Kanalrebellen gegeben, die, wenn es ihnen paßte, gegen ihren Herrn und König losgehen, um allerdings später ans der Ministerbant wieder aufzutauchen? Sie selbst haben den Grundsatz betätigt, daß die Beamten ein Recht haben, anderer Meinung zu sein, als der oberste Beamte. Und ist der Rektor der Technischen Hochschule zu München , Professor Günther, der er- klärt hat, aus taktischen Gründen sozialdemokratisch gewählt zu l>aben, ein Ehrloser, Lügner und Eidbrechcr? Und ist Bismarck das. der doch seinerzeit nach Frankfurt telegraphiert hat:„Für st wünscht Sabor"? Bebel wurde seinerzeit in Straßburg nur mit Hilfe der Konserdativen gegen den Protestler ge- wählt.(Abg. Hammer: Schöne Konservative.) Etwas schöner wie Sie, waren die qllerdinßs.(Lebhafte Heiterkeit links.) Wgr Pokrze'i Präsident von Magdeburg , Herr v. Ab- n i'm eidbrüchig und meineidig, der seinerzeit aufforderte, gegen nationalliberalen Büchtemann den Sozialdemokrat c n Avgust Heine zu wählen? Der Beamteneid sagt doch in seinem zweiten Teil:..... und meine mir vermöge meines Amtes obli�genide Pflicht nach meinem besten Wissen und Gewissen genau' zu erfüllen, auch die Verfassung gewissenhaft zu beachten." Und d.rs vergessen Sie immer. Der' Beamte ist außerhalb seiner dienstlichen Stellung Stao t s< bürger und nach der Verfassung hat er das Recht, seiner Mei- nung Ausdruck zu geben. Was ist nun Treue und wer ist treu? Ist der ein treuer Freund, der alles gut heißt und allem zujubelt oder der, der, wenn wir im Begriff stehen, unrecht zu tun. Fehler oder Dummhi'iten zu begehen, uns ivarnt, unter Umständen mit energischem W'ort und uns davon abzuhalten sucht? Ich meine, der ist der treue' Diener, der seinen Herrn selbst durch Ungehorsam vor Gefahr und Untergang behütet. Denken Sie zum Beffpiel, wenn der Kapit än der„Titanic" den Befehlen seines Di- rektorS oder der Llffizier den Rekordabsichten des Kapitäns wider- sprachen hätte und ungehorsam getvescn wäre, dann wären 1600 Menschen nicht ums Leben gekommen. ES kann also Fälle geben, wo es gerade die Ausgabe eines treuen Mannes ist, den Eid des Gehorsams zu brechen. Das Wahlrecht ist das Mittel. welches den Herrschenden anzeigt, wie es im Volke aussieht und welcher Kurs dem Staatsschisf gegeben werden muß, damit es nicht in Gefahr kommt, in Stürmen uud an Eisbergen zugrunde zu gehen. Also nicht die. die durch die Abgabe sozialdemokratischer Stimmen Warnungszeichen geben, brechen die Treue und sind Eid- brecher, Lügner und Heuchler, sondern diejenigen, die durch Drohung und Beichimpsung. durch Mißbrauch ihrer Amtsgewelt da« Wahlresultat fälschen,(Bravo ! bei den Sozialdemokraten. Un- ruhe rechts.) D i e sind Lügner, Eidbrecher und Fälscher, brechen dem Konig die geschworene Treue, belügen und betrügen ihn, indem sie dem Staats schiff einen falschen Kurs geben, die ihm drichenden Gefahren verhüllen und ver- bergen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Herren Minister sind es, welche Staat, Monarchie und König durch die Fälschung der Volksmeinmig in Gefahr bringen. Ein staatstreuer Beamter hat nicht nur recht, wenn er seine Stimme nach seiner Ueberzeugung abgibt, sondern er hat als Beamter aus Grund seines Treueides die Pflicht, seine Stimme entsprechend seiner Gesinnung abzugeben, da er sonst das Wahlresultat fälscht, seinen höchsten Vorgesetzten, den König, belügt, über Gefahr täuscht und seinen Untergang bereiten kann. Der Slbfj. Freiherr v. Z e d-- l i tz hat einen solchen Beamten als einen vollständigen Gesinnungs - lumpen bezeichnet, für den kein Platz im ganzen Vaterlaride wäre. Ein kleiner Beamter hat keinen anderen Weg, seinen Vorgesetzten zu warnen, als den durch die Ausübung des Reichs- tagswahlrechts, und er wäre in der Tat ein Gesinnungs- lump, wenn er davon nicht Gebrauch machen würde. Die meisten Beamten müssen fünf Jahre auf den Tag warten, wo sie ihrer Meinung Ausdruck geben können. Sticht jeder ist in der Lage, be- sitzt die Fähigkeiten und den Mut, um als aktiver Beamter i n d i e Presse Artikel gegen die Regierung des Königs zu lancieren.(Hört! hört? links.) Sticht wahr, Herr v. Zed- l i tz, ein solcher Mann ist a u ch e i n L ü g n e r und Eidbrecher, der keinen Platz in Preußen hat? Einem selchen Gesinnungslumpen ist es aber gestattet, als Oberscharsmacher hier im Haufe Komödie zu spielen(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten), das Volk zu verhöhnen und es in Wahrheit aufzuhetzen.(Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Die kleinen lVeauiten sind Fleisch von unserm-Fleisch und Blut von unserm Blut. Je kleiner die Bezahlung und je niedriger die Stellung, desto größer die Arbeitslast. die Not und Sorge. Je höher aber der Beamte, desto größer die Bezahlung und desto kleiner die Arbeit. Das Volk aber bringt alles das auf.(Lachen rechts.) Sie, die als Agrarier sogar die Milch verteuern und sogar den Säugling zur Aufbringung der Kosten mit heranziehen, sollten doch nicht lachen. Das Volk, das alle diese Lasten aufbringen muß, Ihr Herren Minister, ist es. d a S die Summen für Ihre hohen Gehälter und Pen- sionenaufbringen muß. Sie leben von den Säfte» und Kräften beS Volkes und da glauben Sie fortgesetzt ungestraft ihren Ernähern und Er- Haltern in dieser Meise entgegentreten zu können?! Die Antwort wird Ihnen gegeben werden bei den kommenden Wahlen. Wenn wir dann 5 Millionen Stimmen hoben, dann haben Sie das Verdienst, ein reiches dazu beigetragen zu haben.(Lebhaftes Bravo? bei den Sozialdemokraten. — Unruhe bei der Mehrheit.) Justizminister Dr. Bescler will nur auf Hoffmanns Be- merkungen über die Streikjustiz im Ruhrgebiet eingehen. Es wur- den 4000 Anzeigen sofort erstattet und zur baldigen Erledigung, damit bald wieder Ordnung im Lande ist, mußte Vorsorge zetroffcn werden. Es wird sogar noch einige Zeit brauchen, bis alles er- ledigt ist. Alle, welche auf Ordnung halten, werden das schnelle Vorgehen der Justiz nur billigen.(Beifall rechts.— Zuruf der Sozialdemokraten: Ihre Ordnung!) Der Verzicht auf die Frist ist nicht gegen das Gesetz und rasche Beurteilung liegt im Interesse der Angeklagten. Die Strafabmessung ist Sache der unabhängigen Gerichte. In der Kritik der Gerichte liegt trotz der Milderung gegen früher der Vorwurf, daß die Richter schwach- köpfe seien. Ob die Beweise ausreichen, entscheiden die Gerichte, die sich durch die Reden des Abg. Hoffmann nicht in ihrer Pflicht. nach ihrem Ermessen zu entscheiden, irre machen lassen.(Beifall.) Minister des Innern v. Dallwitz: Die Ausführungen des Slb- geordneten Hoffmann können nichts an der Tatsache ändern, daß ein Beamter, der dem Landcsherrn den Eid der Treue geleistet hat, sich nicht der Sozialdemokratie anschließen darf, die die Monarchie beseitigen will.(Beifall rechts.— Zurufe der Sozialdemokraten: Kanalrebelll) Abg. Haarmann(natl.): Beim Streik haben sich die Sozial. demokraten blamiert. Die Angriffe auf die Justiz weise ich namens aller bürgerlichen Parteien zurück.(Bei- fall.) Sie greifen die preußische Justiz, auf die wir stolz sind, nur an, weil Sie wissen, daß sie der festeste Damm gegen die Sozial- demokratie ist.(Beifall. — Stürmisches Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) Sie müssen ja froh sein, unter dieser Justiz zu leben! Wenn der Mann in dem vom Abg. Ho ff mann erzählten Fall gerufen hat:„werft nicht mit Steinen", so glaube ich das nicht(Sehr gut! bei der Mehrheit), denn da hätten ihn die anderen totgeschlagen.(Stürmische Heiterkeit bei der Mehrheit.) Aber wenn er selbst gerufen hat:„Werft nicht mit Steinen!", so war das unter jenen Umständen nur die Aufforde- rung, erstrechtmitSteinenzuwerfen.(Beifall bei der Mehrheit. — Stürmische Rufe der Sozialdemokraten: Das ist ja Klassenjustiz I> Wir wollen den kriegerischen Geist in der Jugend pflegen, damit das preußische Volk im Kriegsfall sein- Feinde mit dem alten kuror teutonicnz niederschlägt. (Beifall.) Wir wissen auch, daß Ihre(zu den Sozialdemokraten) Lehren das Volk nicht davon abhalten werden.(Großer Beifall bei der Mehrheit.) Abg. Gvfiling(Vp.) erklärt, die Rede des Abg. Hoffmann habe großenteils nicht hierher gehört. Dann weist er den Angriff des Abg. v. Zedlitz auf das Reichstagspräsidium als völlig unbe- gründet zurück, da die ReickstagSdebatte in keiner Weis« durch Schlußanträge ustv. beschränkt worden sei. Wir verwahren uns überhaupt dagegen, daß ein Parlament das andere kritisiere.(Zu- itimmung.) Hierauf bespricht der Redner die Frage der B e- lastung der Gemeinden. Unfern Stolz auf Prcu» -eng Verd i e nste lassen wir uns von den Sozialdemokraten nicht rauben.(Zustimmung bei der Volkspartei.) Die allgenieine Besprechung schließt. Bei den Einzeletats werden zumeist Beamtenwünsche besprochen. Beim Etat des Abgeordnetenhauses begründet Abg. Strosser(k.) einen Antrag auf Ankauf eines Nachbar- grundftucks für einen Garten sowie zur Vermeidung einer ver- dunkelnden Bebauung.
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