Gewerkfcbaftlicbes»Anerkennung der 6cwerhrchaftcti.Während die Scharfmacher aller Grade in der wütendstenWeise gegen die Arbeiterorganisationen Hetzen, müssenStaatsbeamte, die berufsmäßig mit den Arbeiterbedingungenund-Verhältnissen sich zu beschäftigen haben, die kulturelle Be-deutung, ja die Notwendigkeit der GeWerk-s ch a f t e n amtlich feststellen!Das geschieht nämlich in dem Bericht der Gewerbe-inspektoren für das Jahr 1911.Verschiedene Auslassungen geben deutlich zu erkennen,daß die Aufsichtsbeamten der Arbeiterorganisation durchausnicht allgemein vorurteilslos gegenüberstehen. Bei manchemvon ihnen, speziell bei den königlichen Bergräten, merkt mansehr deutlich, daß die in der Regierung nach den Wünschen desUnternehmertums pflichtgemäß kultivierte Abneigung gegendie freien Gewerkschaften bei ihnen schr stark abgefärbt hat.So fühlt sich der Bergrat Jllner, Bergrevier Görlitz, dazu be-rufen, eine Maßregelung aus Rache zu verteidigen. Die Ar-bciter der Grube Görlitz hatten Forderungen erhoben, diekeine Anerkennung fanden. Daraufhin nahm eine AnzahlLeute die Abkehr, um eine bessere Arbeitsgelegenheit zusuchen. Der Beamte sagte:„um einen Druck auf die Werks-Verwaltung auszuüben." Dann bemerkt er weiter:„DieWcrksverwaltung entließ aber 7 Leute, die sich alsRädelsführerbetätigthatten, sofort unter Aus-zahlung der ihnen gesetzlich zustehenden Lohnbeträge."Solches Urteil zeugt wahrlich nicht von vorurteilsloserWürdigung. Um so höher sind daher die anerkennenden, aufkonkrete Tatsachen und wirkliche Wahrnehmungen derBeamten beruhenden Urteile zu bewerten, weil sie trotz derherrschenden Richtung erfolgen.Es gibt kaum ein soziales Gebiet, auf dem die Gewerk-schaften sich nicht segensreich betätigt hätten. Selbst Beamte,die einen Horror vor Lohnbewegungen bekunden, müssen an-erkennen, daß die Gewerkschaften gute soziale und Er-ziehungsarbert leisten.Die organisierten Arbeiter machten den Arbeitgebernmancherlei Schwierigkeiten, behauptet z. B. der Beamte vonErfurt. Er sieht sich schließlich aber doch gezwungen, zu kon-statieren:„Andererseits wird von den Arbeitgebern aner-kannt, daß die Erziehung der Arbeiter durch die GeWerk-schaften sich zuweilen vorteilhaft bemerklich gemacht habe,z. B. bei Verhandlungen mit den Organisationen zum Zweckeder Neuaufstellung von Tarifverträgen." Viel weiter in derAnerkennung gewerkschaftlicher Arbeit gehen andere Beamte.Ter Bericht aus dem Bezirk Potsdam wiegt in dieser Be-ziehung dutzende freier Phantasie entstammender odertendenziös zugestutzter Terrorismusgeschichten auf, wie siebesonders in der letzten Zeit in christlichen Blättern und derberufsmäßigen Scharfmacherpresse serviert worden sind. DerBeamte schreibt:..Mehr Jntereffe für die Unfallverhütung zeigen die Ar-bcitcrorganisationcn. Am Schlüsse des Berichtsjahres hat sichinnerhalb des Holzarbeiterverbandes, Zahlstelle Berlin, eine Un-fallkommission der an Holzboarbeitiingsmaschinen beschäftigtenArbeiter Groß Berlins gebildet. Sie hat sich die Aufgabe gestellt,den Berkehr mit den Getoerbeinspektoren und Berufsgenossen-schaften zur Durchführung und weiteren Ausbildung der Unfall-Verhütung an Holzbearbeitungsmaschinen zu pflegen, bewährteSchutzvorrichtungen zu verbreiten, durch Aufklärung der Arbeiterdie Ueberzeugung von der Notwendigkeit ausreichenden Unfall-schutzes zu verallgemeinern und den Borurteilen gegen Schutzvor-richtungen und der Nichtbeachtung der bestehenden Unfallver-hütungsvorschriften seitens der Arbeiter entgegenzuwirken. Esliegt auf der Hand, daß die Kommission bei richtiger Auffassungdieser Aufgabe segensreich wirken kann."Daß die Arbeiterorganisation erfolgreich das Ueber-arbeilen und die gesundheitsschädliche Nachtarbeit bekämpfen,hebt der Beamte von Kassel hervor:„Wie das Streben der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter-schaft überhaupt auf Verkürzung der Arbeitszeit gerichtet ist, sosucht sie auch die Nachtarbeit, soweit dies technisch möglich ist,einzuschränken."Ein Gewerbeinspektor des Bezirks Frankfurt a. O. er-kennt ebenfalls an, daß die Gewerkschaften schon jetzt in erfolg-reicher Weise für die Durchführung gesetzlicher Bestimmungentätig seien. Man liest in dem Bericht:„Die Inanspruchnahme der Gewerbeinspektoren durchWünsche und Beschwerden vorbringende Arbeiter war sehr ge-ring. Dagegen hat sich mit Arbeiterorganisationen ein etwaslebhafterer Verkehr entwickelt. Der Gewerbeinspektor in Frank-furt hat Gelegenheit genommen, sowohl bei der Ortsgruppe desMetallarbeiterverbandes Fls auch beim Evangelischen Arbeiter-verein Vorträgen beizuwohnen und bei diesem selbst einen Vor-trag über die Bedeutung der Industrie für Deutschland gehalten.Mehrere Beschwerden von Organisationen erwiesen sich als ge-rechtfertigt und führten zur Abstellung der Mängel, zum Teilzur Bestrafung. Andere Beschwerden erwiesen sich als hinfällig,zum Teil infolge ungenügender Kenntnis der gesetzlichen Vor-schriften."In dem Bericht aus Frankfurt findet man aber auch nochein viel weitergehendes Urteil. Wird doch mit dürren Wortengesagt, daß ohne die Mitwirkung der Gewerkschaften an eineDurchführung der Schutzgesetze kaum zu denken sei. Im An-schluß an seine Erfahrungen bei der Untersuchung, ob undin welchem Umfange eine verbotswidrige Mitgabe von Arbeitnach Haufe vorkomme, sagt der Beamte:„Bei Beurteilung der Angelegenheit muß berücksichtigt wer-den, daß eine regelmäßige Aufsichtstätigkeit über die Durchfüh-rung der Bestimmungen kaum möglich ist. Zuwiderhandlungenwerden im allgemeinen wohl nur durch Anzeigen aus Arbeiter-kreisen zur Kenntnis der Aufsichtsbeamten gelangen. Angesichtsdes bedeutenden Einflusses der Arbeiterorganisationen im Bezirkist außerdem damit zu rechnen, daß die organisierten Arbeiterdie Durchführung dieser Bestimmungen hier ebenso scharfüberwachen werden, wie das bezüglich anderer Gesetzes-Vorschriften schon bislang'geschah. So wird wohl auch hier imWege der Selbsthilfe aus der Arbeiterschaft dem Gesetze ge-bührende Beachtung verschafft werden."In derselben Frage bemerkt her Beamte von Düsseldorf,in einigen Fällen hätten die von Arbeiterorganisationen er-statteten Anzeigen über unzulässige Mitgabe von Arbeit nachHause zu eingehenden Ermittelungen Anlaß gegeben, ohnejedoch zu einem greifbaren Ergebnis zu führen:„Immerhinwird man die Kontrolle durch die Organisationen als einwesentliches Hilfsmittel zur Durchführungdes Gesetzes ansehen müsse n."Bei der Unfallverhütung, der Durchführung der Bestim-.mungen über Arbeitszeit usw.. bei der Bekämpfung schädlicherund nicht unbedingt erforderlicher Nacht- und Ueberarbeitentfalten die Gewerkschaften dankenswerte Arbeit, ohnewelche, wie die Beamten mehr oder minder scharf herausstellen, die staatliche Gewerbeaufsicht in manchen Fällen voll-ständig wirkungslos wäre. Auch in der Erziehung der Ar-beiter besonders bei dem Kampfe gegen den Älkoholmiß-brauch, leisten sie fruchtbare, sozial wertvolle Arbeit. ImBericht aus dem Regierungsbezirk Minden wird hervor-verantw. Redakteur:«lb- 4 W-<s. Berlin. Lnseratenteil verant».:gehoben, daß in den letzten Jahren als Erfolg gewerkschast-licher Bestrebungen eine Einschränkung des Alkoholkonsumszu konstatieren sei. Ten Bemühungen des Holzarbeiterver-bandes sei es zuzuschreiben, daß seine Mitgliedern, bei denender Schnapsgenuß schon keine Rolle mehr spiele, nunmehrauch das Biertrinken während der Arbeitspausen erheblicheinschränkten und immer mehr, besonders vormittags, derMilch als Getränk den Vorzug gäben.Die Beispiele mögen genügen! Sie beweisen, daß dieHetzerei gegen die Gewerkschaften unlauteren Motiven ent-springen. Die Aktionsfähigkeit der Gewerkschaften lähmen,hieße Kulturarbeit hindern. Abgesehen von der Frage derLohngestaltung, hätte der gesetzliche Arbeiterschutz ohne dieGewerkschaften in mancher Hinsicht nur papierene Bedeutung.Allerdings, darüber braucht man gar nicht im Zweifel zu sein:der Haß gegen die Arbeiterorganisationen entkeimt geradezueinem guten Teil der Erkenntnis, daß sie dahin streben, gesetz-lichen Bestimmungen praktische Bedeutung zu geben. DieUnternehmer wünschen, daß sie nur„Weiße Salbe" seinsollen.Die Erfahrungen der Gewerbeinspektoren verlangenKonsequenzen! Es wird konstatiert, daß ohne die Mit-Wirkung der Arbeiter manche Schutzbestimmung nicht durchgeführt werden kann. Bisher find den Organisationen aberziemlich enge Grenzen gezogen. Soll ihre Wirksamkeit in dersozialen Arbeit, in dem Zuranerkennungbringen der Schutz-gesetze vollen Erfolg haben, dann muß das Koaliftonsrechtausgebaut, jede hemmende schranke niedergerissen werden.Vor allem auch: die Feststellungen der Gewerbeinspektorensind durchschlaggebendes Argument für die Forderung deroffiziellen Mitwirkung der Arbeiter bei der Gewerbeaufsicht!Berlin und Umgegend.Im Streik der Stukkateure spielt der Neubau Boardinghouse amKurfürstendamm eine Rolle. Dort ist einem nicht bestreikten BreslauerUnternehmer gestattet worden zu arbeiten unter bedeutend höheren,besseren Bedingungen als die Stukkateure sie von ihren Unter-nehmern verlangen. Nun hat der betreffende Unternehmer mit Ge-nehmigung der Streikenden den hiesigen Unternehmern vorläufig fürüber SO 000 M. Aufträge in dem genannten Neubau abgenommen,die jetzt ausgeführt werden. Das hat nun die Unternehmer, dieselbst dort antreten zum arbeiten und vom Bau gewiesen wurdenderart erbost, daß sie in einem Flugblatt den Stukkateurgehilfenmitteilten, daß die Breslauer Firma Streikarbeit mache.Das läßt natürlich kalt. Jetzt tritt man anders auf. Der Unter-nehmcr Heinemann hat erklärt, daß die Streikleitung sich von derBaugesellschaft habe besuchen lassen, daß sie für jeden dort bei demBrcslauer Unternehner arbeitenden Stukkateur pro Arbeitstag 7 M.erhalle. Daß das Unsinn ist, braucht nicht betont zu werden, weilaber bestimmte Zwecke mit solchem Gerede erreicht werden sollen,wird dem Unternehmer, der diese bodenlose Frechheit besaß,und auf Vorhaltungen die Auskunft noch einmal gab, Gelegenheitgegeben werden, den Nachweis dafür am Gericht zu erbringen.Das Flugblatt der Unternehmer, daS man am 1. Mai, als dieStreikenden zur Maiversammlung waren, in die Wohnung zustellenließ, bat die beabsichtigte Wirkung auf die Frauen der Streikendennicht gehabt. Sollte der Unternehmer Heinemann seinen Zweck nunmit unrichtigen Behauptungen zu erreichen suchen?Deittlcbes Reich.Der Streik der Gießereiarbeitrr des Messingwerkes in Heeger-mühle ist beendet. Die Arbeiterschaft hat dank der Einmütigkeit,init der sie vom ersten Tage an zusammengestanden hat, einenschönen Erfolg zu verzeichnen, und das nach einer Dauer des Streiksvon nur zehn Tagen. Ter Streik war entstanden, weil den Arbei-tern an Stelle ihrer bisherigen gußweisen Bezahlung ein Akkord-shstem angeboten war, das in feiner Gestaltung eine schwere Ver-schlechterung gegenüber ihren bisherigen Verhältnissen enthielt. DieArbeiter wollten ihre bisherige Entlohnungsmethodc beibehaltenwissen. Als dies abgelehnt wurde, legten sie am öS. April die Arbeit nieder. Zu den 120 Streikenden kamen bald noch eine erhebliche Zahl weiterer Feiernder, die teils von der Firma, resp. ihrenWerkstattleitern zum Aussetzen veranlaßt worden waren, teils in-folge des entstandenen Mangels an gegossenen Röhren oder Plattenaussetzen mutzten. Tic Zahl der letzteren hatte am Freitag an-nähernd 400 erreicht. Nachdem die Firma sich zu einer Anzahlreckt erheblicher Zugeständnisse berect gefunden hat, haben die Ar-beiter der Gießerei am Freitag abend die Aufhebung des Streiksbeschlossen und nehmen Montag die Arbeit wieder auf. Sic habenallerdings das Akkordsystem nicht abschlagen können» doch ist vertrag-lich bis zum 30. April der bisherige Tagesverdienst garantiertund sind die Preise so gesetzt, daß die Arbeiter mindestens 30 Pf.pro Tag mehr verdienen sollen. Innerhalb der nächsten vier Wochensollen, wenn dieser Mehrverdienst bei derselben Tagesleistung wiebisher nicht erreicht wird, die Preise entsprechend erhöht werden,während bei einem höheren Mebrvcrdienst eine Reduzierung vonder Firma nicht vorgenommen werden soll. Außerdem wurde denRohrrcinigern ein gleicher Mchrvcrdienst zugestanden, während dieFirma hier zunächst irgendwelche Zugeständnisse nicht machenwollte. Daneben sollen die Vergünstigungen, die bisher bestanden,als Kastengeld, Rcinigungsgeld usw., weiter gewährt werden, obwohl deren Entzug zunächst vorgesehen lvar. Ter Plattenschichtwird außerdem ein Ankleidcraum, den diese bisher nicht hatte, zurVerfügung gestellt, wie auch ein Speiseraum eingerichtet werden soll.Das Ergebnis ist um so höher zu werten, als es mit der Organisa-tion der Arbeiter, dem Deutschen Metallarbeiterverband, abgeschlossenworden ist. Darin liegt auch die Garantie, daß wenn die Arbeitertreu zur Organisation halten, sie das Erreichte halten können. Siehaben jetzt um so mehr Veranlassung dazu, als durch das Eingreifender Orgnisation ihr Verdienst sich so gebessert haben dürfte, daß einweit, höherer Mehrverdienst herauskommt, als der Verbandsbcitragausmacht.Der Verband der Schneider und Wäschereiarbciterim Jahre 1911.Ein Jahr schwerer Lohn- und Tariskämpfe hatte der Verbandim Vorjahre zu bestehen. In der Herrenmaßschneiderei, Damen-schneideret und Uniformbranche wurden 53 Tarifverträge durch Verbandlungen erneuert, womit die Lobnbewegung für die beteiligtenOrte erledigt war. In Breslau. Aschaffenburg und dem weiterenGebiet der süddeutschen Herrenkonfektion wurden teils durch Ver-Handlungen, teils durch Streik Tarifverträge abgeschloffen oder er-neuert, desgleichen in der Berliner Stapelkonfektion. In der BerlinerWäicheindustrie wurden die seit dem Jahre 1005 bereits bestehendenTarife einer Revision unterzogen. Die Verhandlungen hierüberwurden unter dem Vorsitz des Magistratsrats v. Schulz geführt.Außerdem wurde noch eine größere Zahl kleinerer örtlicher Kämpfemit Erfolg geführt. Erfolglos war nur der Versuch, in derBerliner Damenkonfektion tariflich geregelte Arbeitsverhältnisie ein-zuführen.Der Verband hat eine Mitgliederzunahme von 2406 männlichenund 1557 weiblichen Mitgliedern zu verzeichnen. Die Zabl dermännlichen Mitglieder ist damit auf 37 086. die der weiblichenaus 10 400 gestiegen. Die Fluktuation ist allerdings noch immeriebr groß, denn von insgesamt 10 070 aufgenommenen Mitgliedernsind 15 017 dem Verband wieder verloren gegangen.Die Jahreseinnahme betrua 000 066 M., davon 857 644 M. anMitgliederöeiträgen. Da die Gesamtausgabe sich auf 606 255 M.beziffert, so ist ein Ueberschuß von 204 711 M. zu verzeichnen. Dergesamte Kassenbestand betrug am Schluß deS Jahres 1911873 013 M. oder pro Kopf der Mitglied« 17,26 M. Außerdemhatten die Lokalkassen einen Bestand von 175 514 M. An Kranken-Unterstützung wurden aus der Hauptkaffe 119 914 M. an die Mit-glieder gewährt, an Reiseunlerstützung 29 088 M. Tie Lohn-Tb- Glocke, Berl'n. Druck u. Verlag.'Vorwärts Buchor. u Verlagsanstalt'bcwegungen mit und ohne Arbeitseinstellung verursachten derHauptkaffe eine Ausgabe von 08 356 M. Dazu kommen noch14 020 M. fiir die Erledigung von Tarisstreitigkeiten durch dieHauptvorstände unter Zuziehung örtlicher Vertreter. An Gemäß-regelten-Unterstützung wurden aus der Hauptkaffe 12 126 M. veraus-gabt; die Tabakarbeiter wurden mit 9000 M. unterstützt.Nochmals die Sicherheitsmännerwahl im Ruhrgebiet!Von der am 20. April stattgefundenen Wahl der SicherheitS-männer liegt jetzt ein übersichtliches Resultat vor. Es wurden auf112 Schachtanlagen 607 Sicherheitsmänner bezw. Arbeiterausschuß-mitglieder gewählt. Davon erhielten:Bergarbeiterverband........ 344Christlicher Gewerkverein und Gelbe... 201Polen 62Wieviel Mandate der christliche Gewerkverein aus eigener Krafterhielt, ist nicht festzustellen, da er mit den Gelben bezw. den Zechen-parteilern vielfach gemeinsame Kandidatenlisten � aufstellte. DieSicherheilsmännerwohl hat jeden Unterschied zwischen dem christlichen Gewerkverein und dem Zechenparteiler verwischt. Allerdingslassen sich die Gelben nur dort auf Kompromisse mff dem christ-lichen Gewcrkverein ein, wo sie aus eigener Kraft nichts erzielenkönnen. Sobald sich die Gelben auf irgend einer Zeche stark genugfühlen, bekommen die Christlichen, wenn sie von Kompromissenreden, einen gehörigen Fußtritt. Ganz nach Verdienst werdensie behandelt.Der Wahlausgang bedeutet einen scharfen Protest gegendas System der Sicherheitsmänner. Als die Gesetzesvorlageim Jahre 1900 im Landtage eingebracht wurde, ersuchte derMinister die Landtagsmehrheit, nur ja der Gesetzesvorlage zuzu-stimmen, denn dadurch könnten die Seelen der Bergarbeiter wiedergerettet werden. Der Bergarbeiterverband lehnte das Gesetz, weilungenügend, ab, und forderte unabhängige Arbeilerkontrolleure.Eine schärfere Absage, wie die Bergarbeiter jetzt diesemSystem erteilt haben, gibt es nicht mehr. Doch davon fühlen diechristlichen Agitatoren und Gewerkvereinsleiter nichts mehr. Siereden jetzt nach der Wahl von einem herrlichen Siege des Streik-bruchgedankens, weil sie einige Mandate erhalten haben. Allerdingserhielten sie diese nur, weil die Bergarbeiter der Wahl fernblieben.Nachstehende Stanstik gibt Aufschluß:ES beteiligten sich an der Wahl Tav. erhielt d. Gewerkver. Stimm.auf Zeche 1010 1012 1910 1012Mathias Slinncs 3 u. 4 032 138 325 16Nordstern 1 u. 2... 636 335 234 67Graf Schwerin... 447 125 85 16Zollverein 3 u. 7... 401 361 103 100Alma....... 828 443 321 171Konsolidation 1 u. 6. 511 220_ 248 160Summa. 3895 1622 1406' 520Auf diesen 6 Schächten haben 2273 Bergarbeiter weniger gewählt wie bei der erste» Wahl im Jahre 1010. Die Gewerkvereins-stimmen gingen von 1406 auf 520 zurück. Dennoch aber reden dieHerren von einem herrlichen Sieg! So wie auf den 6 Schächtendie Bergarbeiter der Wahl fernblieben, so ist es allgemein. Derchristliche Gewerkverein aber hat„gesiegt".Der Streik der städtischen Arbeiter in Tilsit ist wegen Ab-lehnung von Verhandlungen auch auf die anderen städtischen Betriebeübertragen worden und streiken jetzt 125 Arbeiter.Ausland.Lohnkämpsc in Norwegen. Als die norivcgischc Arbeiterschaftden 1. Mai feierte, und das Parlament für diesen Tag seineSitzung aufhob, um den sozialdemokratischen Abgeordneten Ge-legenheit zur Teilnahme an der Meifeier zu geben, waren zugleicher Zeit mehrere Tausend� Arbeiter in den Streik getretenund unter ihnen rund 2000 staatsarbciter. Es handeltsich hier um die bei den neuen Eisenbahnanlagen beschäftigtenArbeiter, die Verkürzung der Arbeitszeit auf 8 Stunden und ent-sprechende Lohnerhöhung fordern. Die Regierung hat es abgelehnt,mit ihrer Organisation, dem Norwegischen Arbeiterverband, zuverhandeln, und behauptet, die Forderungen seien so außerordeni-lich hoch, daß sie dem Staate 26 Millionen Kronen Erhöhung derAusgaben für die im Bau begriffenen Eisenbahnen kosten würden.Das ist jedoch, abgesehen davon, daß diese Arbeiten 12 Jahre inAnspruch nehmen, eine maßlose Uebertreibung. Die gefordertenLohnerhöhungen machen pro Mann und Jahr nicht viel mehr a!s100 Kronen aus, also etwa 200 000 Kronen nn Jahre für alle.Der sozialdemokratische Abgeordnete Magnus Nilßen hat nun imSwrthing die Regierung über die Angelegenheit interpelliert undvom Minister Bräune die Antwort erhalten, daß ein Komitee mitden Vertretern der Arbeiter verhandeln solle. Vorläufig dauertder Streik jedoch fort.Ferner sind die ungefähr 1500 Arbeiter der Fisch-konservenfabrik in Stavanger in den Streik getreten.die ebenfalls Verbesserung ihrer Lohn- und Arbeitsverhältnisseverlangen. Es handelt sich hier um eine Industrie, die für denWeltmarkt arbeitet und die überall bekannten norwegischen An-chovis fabriziert. Ein unparteiischer Vermittler hat bereits ver-sucht, eine Einigung zustande zu bringen, aber die Unternehmerlehnten den von den Arbeitern anerkannten-Schiedsspruch ab.Außerdem ist in D r a m m c n ein allgemeiner Streik imBaugewerbe ausgebrochen, und in Fredrikstad stehen dieMaurer und Maurerhilssarbeiter im Streik. InKristiania haben die Gerber die Arbeit eingestellt undfordern Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszett.Letzte rtachrlchtcn«Tie Türken melden einen Sieg.Konstantinopel, 6. SDlai.(W. T. 53.) Wie das Kriegs«Ministerium mitteilt, haben die Italiener am 2. Mai einenAusfall an der Küste östlich von Homs versucht, sind aber ausheftigen Widerstand gestoßen, so daß sie über die amMeere gelegenen Ruinen von Lebia nicht vordringen konnten DieItaliener, die von einem Kriegsschiff unterstützt wurden, habennach Schätzungen mehr als 70 Tote verloren'. DieTürken und Araber hatten drei Tote und drei Verwundete. �Eine Schiffsmannschaft vom Hungertode gerettet.Marseille, 6. Mai.(P. C.) Der Kapitän des heute hier ein-gelaufenen Dampfers„Felix Tausche" berichtet, daß er am 3. lllaiim Mittelländischen Meere die englische Brigg Birkdate" ausLiverpool in größter Not angetroffen habe. Das Schiff signalisiertedem„Felix Touache". daß seine Mannschaft dem Hungertode nahesei. da sie schon 40 Tage long infolge eines Maschinendesektsplanlos umhertrieben. Der„Felix Touache" gab dem britischenSchiffe daraufhin sofort die nötigen Lebensmittelvorxätc. um seineFahrt fortsetzen zu können.Massenimpfung zum Schutz gegen Pocken.Krakau. 6. Mai. sP.-C.) Die aus R u h l a n d eingeschlepptenschwarzen Pocken derbreiten sich in der Stadt immer mehr.Neuerlich sind wieder acht Fälle gemeldet worden. MehrereKlassen der hiesigen Schulen wurden vorsichtshalber bis aufweiteres geschlossen und die Impfung aller Schulkinder sowie derübrigen Bevölkerung angeordnet.Eisenbahnunglück in Ämerika.New Orleans, 6. Mai.(W. T. B.) Ein Sonderzua. d«r Ve-terancn von Texas nach Macon(Georgia) zu dem dort stattfindendenVeteranenkongreß bringen sollte, ist in der Nähe von.Hattiesburg entgleist. Zehn Personen wurden getötet, 26 verlebt.Paul Singer<5- l£o., Berlin LW. Hierzu 3 Beilagen u.vnterhaltungsbl.