Wivetsßkiich M Ser Mschied'w anNmilikaristischcn Stellungnahme seiner Gründer. K Gewöhnlick, wenn die Zentrumsspitzen sich in Not befinden. beschwören sie die Geister der großen Führer aus der Kulturkampf- zeit. Das soll speziell die Arbeiter, die mit der Sozialpolitik des Zentrums unzufrieden zu sein sehr oft Veranlassung haben, in eine Stimmung versetzen, aus der heraus sie im Interesse der Kirche alles Ungemach über sich ergehen lassen. Beim besten Willen können die Zentrumsmatadore ober für ihren Militärfanatismus teinen der Großen als Vorbild in Anspruch nehmen. Im Gegenteil, gerade die veränderte Haltung in der Frage des Militarismus beweist deutlich, daß das Zentrum von heute andere Bahnen wandelt als seine Vorgänger. Es ist eine ausgesprochen kapitalistische Partei geworden, die den religiösen Mantel nur benutzt, um den verhetzten Arbeitern ihren wahren Charakter zu verbergen. Nun hat es sich auch m i t Haut und Haaren dem Militarismus verschrie- b e n. Je volksfeindlicher das Zentrum wird, um so mehr segelt es in das Fahrwasser der großkapitalistischen Scharfmacher und Kriegshetzer. Die großen Zentrumsführer bekämpften den Militarismus als Feind des Volkes; sie erkannten ihn ganz richtig als das gefährliche Instrument der herrschenden Sippe. Bei einer großen Militärdebattc im Reichstage am 14. April 1874 präzisierte der Abg. v. Malinckrodt den Standpunkt des Zentrums in der Rüstungsfrage mit folgenden Darlegungen: „Man sagte früher, der Leib sei zu schmal und die Rüstung sei zu groß für Preußen; wenn aber erst Teutschland geeinigt sei, dann würden sich die Dinge ändern; die Lasten würden leichter zu tragen sein. Und was ist die Wahrheit? Wir haben mehr Rekruten, wir brauchen mehr Geld, wir fordern längere Dienstzeit, und Teutschland, das geeinigt, wandelt sich jetzt insgesamt in einen Militärsiaat um, und die Folgen davon sind nicht ausgebliebe» und werden nicht aus- bleiben. Der Begriff des Militarismus nimmt mehr und mehr Gestalt und FleischundBlutan. Tie ungeheure Summe der fünf Milliarden— wieviel ist heute davon übrig? Wieviel davon ist verwendbar gefunden worden für andere als militärische Zwecke? Man hat Eisenbahnen ge- baut, aber Eisenbahnen in erster Linie als Militärbahnen. Meine Herren, wenn es sich heute um ähnliche Fragen handelt, wenn es sich in dem einen oder dem anderen größeren Orte um einen Streit handelt über Bahnhofsanlagen und dergleichen,— gar häufig sind es militärische Gesichtspunkte, die sich den Forde- rungen des bürgerlichen Interesses entgegenstellen. Sehen Sie sich um in der zahlreichen Beamtenwelt, in dem Subaltern- personal,— überall begegnen Sie alten Soldaten, und die Rück- sichten auf die Armee nehmen auch für jenes Gebiet einen der ersten Plätze ein. Sehen Sie sich um in der Richtung des Unterrichts,— auch da findet sich in der Armee, dem Militärstaate, das Ideal, welches schon der Jugend vorgezeichnet wird. So durchdringt der militärische Gedanke alle Ber- Hältnisse des Volkes." Nun hat der imperialistische Koller das Zentrum erfaßt. Selbst sn den Blättern der katholischen Arbeitervereine treibt eS sein Uwensen. Was einst als Teufelswerk bekämpft wurde, das soll nun der Zlrbeiter gläubig anbeten. So liest man in der „Westdeutschen Arbeiterzeitung", das Organ zahlreicher katholischer Arbeitervereine— Nr. 18— folgendes: „Noch harrt ein Teil der Welt der Erschließung für euro- päischcs Kulturschaffen(Klcinasien, Persien , China ). Wem wer- ! den die Tore zuerst geöffnet werde», welche Natron wird den Löwenanteil nach Hause tragen? Diejenige, die die Macht hat. I Wer nichts einzusetzen hat, hat nur zu verlieren... So orakeln die ultramontanen Staatsmännchen von heute! Ganz anders argumentierte der große Führer W i n d t h o r st. Zur Begründung der Forderung, das Mlitärbudget zu ermäßigen, sprach er sich am 11. Januar 187S im Reichstage wie folgt aus: „TaS wird mir niemand beweisen, daß eine Armee wie die jetzige dauernd erforderlich sein wird. Und wäre sie das, dann wäre dies für Deutschland wahrlich eine traurige, sehr entsetzliche Perspektive. Denn immer in diesem Feld- lager zu bleiben, in dem wir uns heute befinden, das wäre gewiß fein normaler Zustand.... Ich bin der Ueberzeugung, daß nicht allein Deutschland , sondern daß ganz Europa mehr und mehr sich zu einem Feldlager ausbildet, und daß eS eine Torheit ist, daS nicht anerkennen zu wollen. Der Versuch, dieses Feldlager zu perpetuieren, wie es jetzt... gemacht wird, kann nicht genug bekämpft werden." Tie Wichtigtuer in der M.-Gladbacher Zentrale sind klüger, die versetzen dem toten Zentrumsführer noch moralische Fußtritte. Wird doch in dem angezogenen Artikel der„Westdeutschen Arbeiter- zeiiung" weiter ausgeführt, daß die Nation die„schlaueste" ge- Wesen sei, die bisher am meisten gerüstet. Nun weiß inawsl Die alten Zentrumsführer waren— nach der Logik der Giesberts und Konsorten— Dummköpfe— oder bewußte Vaterlandsverräter, die Teutschland schwächen und dem Erbfeinde ausliefern wollten! Tie ZentrumSmacher praktizieren mit ihrem MilitäcfanatiS- muS zwar den Panzerplattenpatrioten Millionen- g« w i n n e in den Säckel, aber das geschieht auf Kosten der armen, betrogenen Arbeiter. Ganz hübsch charakterisierte das der Ab- geordnete Freiherr v. Schorlemer-Alst bereits am 11. Ja- nuar 1875 im Reichstage. Unter anderem bemerkte er:„Das Militärbudget ist sozusagen das Faß der Danaiden; wir werfen in jedem Jahre neue Millionen hinein, aber ausfüllen können wir es nicht. Erschöpft wird nur der Säckel derSteuer- zahle r." Mögen die Steuerzahler bluten, wenn nur das Kapital gut dabei fährt und die heutigen Zentruinsgrötzen sich in der Gnaden- sonne der Junker, Scharfmacher und der Regierung wärmen dürfen. Gesinnungsschnüffelei. Die preußische Eisenbahnverwaltung hat der elsässischen Maschinenbaugesellschaft in Grafenstaden die Lieferungen für die preußischen Staatsbahnen im Betrage von jährlich 5 Millionen Mark entzogen, weil der Direktor angeblich deutschfeindliche Ge- sinimngen hegt. Der Borfall wurde kürzlich schon in der Ersten Kammer kritisch besprochen und beschäftigte Dienstag den Landtag in süiisstündiger, stürmischer Sitzung. Von verschiedenen Seiten war die Regiermig interpelliert worden über diese Gesiiniungsschnüftelei und über da« Eingreifen der preußischen Regierung in die industriellen Verhältnisse Elsaß -Lothringens . Unter stürmischem Beifall der gesamten Kammer wurde von allen Rednern das Verhalten der preußischen Eisenbahnverwaltung, die von der Maschinenfabrik die Entlassung des Direktors getordert hat. wenn sie die Aufträge weiterhin erhalten will, auf» schärfste krü'nert. Aber auch die elsaß -lothringische Regierung bekam sehr scharfe Worte zu hören, weil sie nicht nur den Mittelsmann bei der Gefinnungs- schnüsselei gemacht hatte, sondern auch aus eigene Faust Erhebungen über die Gesinnung und die politische Betätigung der Kresse an- gestellt hatte, die mit der Grofenstader Maschinetssabril in Be- ziehungen stehen. ES wurde eine Resolution einstimmig angenommen. die der Regierung Mißbilligung ausspricht, und ein Zusatzantrag der sozialdemokratischen Fraktion, durch den auch die GesinnungS- schnüffelet verurteilt wird, fand die starke Mehrheit der Kammer. Branntweinsteuergesetz und Spiritns-Zeutrale. Die„Köln . Ztg." veröffentlicht eine Zuschrift, die die SpiniuS- zentrale in schärfster Weise kritisiert. Nicht durch Warenknappheit sind die letzten Preissteigerungen zu begründen,„wenn auch die durch das Gesetz von 1900 künstlich hervorgerufene Produktionseinschränkung infolge Einführung des Durchschnittsbrandes und des Bergällungs- zwangeS ohne Rücksicht auf schlechte Erntejahrs die Spiritus- bestände stark beeinträchtigt hat". Die Zentrale hätte es ja leicht in der Hand gehabt, die Maisbrennereien durch Er- höhung des Abschlagspreises(des den Brennern gezahlten Preises) zur Mehrerzeugung zu veranlassen. Die eigentlichen Absichten der Zentrale werden vielmehr durch zwei Artikel des mächtigen süddeutschen Großbrenners Rob. Sinner verraten. Der erste Artikel wendet sich gegen die Liebesgabe, der zweite redet dem Staatsmonopol daS Wort. Auf das Kommen des Monopols bereitet man sich in der Zentrale nach allen Richtungen vor, um bei der Uebernahme der Regierung die Bedingungen diktieren zu können. So trägt sich die Zentrale„mit der Absicht, den bis Oktober 1918 bestehenden Vertrag mit den ihr angeschlossenen Brennereien jetzt schon auf 20 bis 30 Jahre zu verlängern". Auch die dauernden Preis- erhöhungen dienen nur dazu, später vom Staat einen möglichst hohen Preis zu erzwingen. Allein innerhalb der letzten neun Monate sind die Preise um 44 Proz., seit Bestehen der Zentrale um etwa 100 Proz. in die Höhe getrieben worden. Der AuSlandspirituS bewegte sich in den letzten Jahren nur zwischen 18 M.. und 26 M., während der Preis in Berlin seit August 1911 von 62,90 M. auf 75,60 M. gestiegen ist.„Es ist nun zu natürlich, daß durch ein solches Preisverhältnis zwischen In- und Ausland viele Industrien geradezu gezwungen werden, ihre Betriebe ins Ausland zu verlegen." Eine Wirkung der hohen Preise war, daß die Destillateure den Alkoholgehalt ihrer Fabrikate verringerten. Dagegen suchte die Zentrale einen bestimmten Alkoholgehalt zu erzwingen..Nachdem 1909 die Festlegung des Mindestalkohol- gehalts vom Reichstag abgelehnt war, veranlaßte sie nunmehr 1911 die Nahrungsmittelchsmiker, auf Festlegung eines Mindestalkoholgehalts der Liköre zu drängen. In den zu diesem Zweck einberufenen Ver- sammlungen versuchten die Direktoren der Zentrale einen möglichst hohen Mindestalloholgehalt zur Annahme zu bringen I" In den neuen Gesetzentwurf ist ja auch seine Festlegung auf 25 Proz. hinein- gekommen: .In welcher Weise die Zentrale zum Zweck der vollständigen Beherrschung des Marktes und der ganz unabhängigen Preis- bestimmung vorgeht, erhellt noch auS folgender Mitteilung, die uns aus den Kreisen rheinischer Destillateure und Brenner zugegangen ist. Hiernach hat die Spirituszentrale an'den Rheinischen Destillateur- verband daS Ansinnen gestellt, er möge dafür sorgen, daß die ganze Produltion der noch ausstehenden, d. i. dem Ring nicht angeschlossenen rheinisch-westfälischen Brennereien, bis 1918 aufgekauft würde. Sich sträubende Brennereien sollen einfach boykottiert werden. Die Spiritus- zentrale bemerkte dabei, sie könne diese Maßnahme nicht s e l b st ergreifen, da ja diesen noch außenstehenden Brennereien be- deutend höhere Preise zu zahlen wären als die der Zentrale bereits angeschlossenen Brenner erhalten und dies würde bei den letztern natürlich böses Blut machen." Wenn diese Mitteilungen der Wirklichkeit entsprechen, erfährt die Politik der Schnovsbrennerxentrale.eine pcue Beleuchtung. Aufgabe des Reiches ist es, der geplanten Schröpfung seiner Kassen schon jetzt zu begegnen und das Branniweinst�tergesetz der Schutzbistimmungeii privater Profitgier zu entkleiden. Englanck. Kombmationen. Paris, 8. Mai.„Echo de Paris" veröffentlicht unter dem Titel: „Die Unterhandlungen mit Deutschland und die Ver- setzung des Barons Marschall" ein längeres Telegramm aus Lon- don, welches die ganze Geschichte der deutsch -englischen vnterhand- lungen zusammenfaßt, wie sie sich nach der Reise Lord Haldanes nach Berlin gestaliete. Es heißt darin, daß Lord Haldane nach seiner Rückkehr aus Berlin seiner Regierung folgenden Vorschlag unterbreitete: Ohne eine formelle Verpflichtung einzugehen, sollten die Staatsmänner ihr möglichstes tun, um sich an dem Flotten- Programm, welches 1908 festgelegt war. zu halten und sich damit begnügen, es zur Ausführung zu bringen, wie es durch das Flotten- gesetz vereinbart worden war. Außerdem' sollten sie anerkennen, daß England besondere Interessen im Persischen Golfe besitzt. Da- gegen wurde England an Deutschland territoriale Abtre- tun gen in Afrika machen. TaS englische Kabinett beriet über diese Vorschälge und lehnte sie schließlich ab. Die Ablehnung er- folgte jedoch in sehr vorsichtiger Weise und die Unterhandlungen wurden bald wieder auf Grund der Rede Winston Curchills im Unterhause Ende Februar eröffnet. Deutschland hatte vorher ver- sucht, folgende Borschläge von England gutheißen zu lassen,: Ein gemäßigtes Marinebudget gegen eine koloniale Abtretung auszutauschen. DaS Londoner Kabinett veranlaßte, daß diese Frage eine Budgetfrage wurde. Gegen jeden Neubau seitens Deutschlands außerhalb des vorgesehenen FlottenprogramenS wird England je zwei Schiffe bauen. Eiste Verminderung des deutschen Flottenprogramms würde eine entsprechende VerminderungdesenglischenFlottenprogramms herbeiführen. Von deutscher Seile ließ man aber durch- blicken, daß, obgleich die Unterhandlungen fortgesetzt wurden, dies nur der Form halber geschehe. Hierauf wurde dann auch das neue Flottenprogramm in« Reichstage eingebracht und die Unterhandlun- gen im März wieder angeknüpft. Von liberaler englischer Seite wurde befürchtet, daß die Unterhandlungen scheitern würden,, was auf die Beziehungen der beiden Länder zueinander nicht ohne Rück- Wirkung bleiben würde. Es wurde daher vereinbart, die Fl o t t e n- frage außerhalb der Beratungen zu stellen, und man wird sich nunmehr darauf beschränken, die Kolonial- angelegenheite» zu regeln, und zwar auf Grund einer gegenseitigen wirtschaftlichen Kooperation. Die Unterhandlungen sind bis zu diesem Stadium gelangt, und man ist in Berlin der Ansicht, daß«ine Aenderung des Londoner BotschasterpostenS die Unterhandlungen nur begünstigt, da Zwischenfälle, wie sie zwischen dem jetzigen deutschen Botschafter Woljf Metternich und �ir Edward Grey vorgekomuner« sind, den, Verhandlungen nur im Wege stehen. AuS diesem Grunde ist die Besetzung deS Londoner Postens mit Herrn Marschall v. Bieberstein a'» ein vielversprechendes Moment anzusehen. Marokko. Ueier den Ueberfall einer dentschen Für«» der Farm Re n s ch li a u.s c n bei Ukvar, durch eine französische Truppe laufen allerlei alarmierende Nachrichten durch die bürgerliche Presse. Bestimmte Meldungen liegen aber noch nicht vor, jedoch ist es bei den jetzigen unruhigen Zuständen in Marokko nicht ausgeschlossen, daß Uebergriffe von der einen oder anderen Seite vorikosimien. Die deutschen Marokkolreiber wiKern abek wieder Morgenlust und bnttg'en allerlei aufreizende Einzelheiten, für die vorläufig noch jede Unterlage fehlt. Auch von der gefährdeten Lage Deutscher in Südmarokko wird allerlei gefabelt. Es sei daher vor- läufig festgestellt, daß die Zahl wirklicher deutscher Staats- angehöriger in jenen Gegenden sehr gering ist; es wird sich im wesentlichen um Eingeborene handeln, die man anläßlich des Agadir -Rummels zu deutschen Schutzbefohlenen ge- macht hat._ Jaurds gegen das Marokkoprotektorat. Paris , 8. Mai. In der„H u ni a n i t 6" erhebt I a u r 8 s von neuem sehr heftige Anklagen gegcit die Urheber der marokkanischen Jnvasionspolitik Frankreichs . Diese hätten unaufhörlich wiederholt, daß der Sultan und alle aufgeklärten Marokkaner aus eigenem Antrieb die Franzosen in das Land gerufen hätteit, uud jetzt sähe man, daß das bloße Protektorat einen allgemeinen Aufstand entfessele. Ihr Faktotum Regnault habe fortwährend Frankreich getäuscht, und eins Anzahl unglücklicher Franzosen hätten diese unheilvolle Un- klugheit mit ihrem Leben bezahlt. Unter dem Vorwande, daß man den Aufstand unterdrückeit müsse, werde man jetzt Tausende von Marokkanern niedermachen, deren Verbrechen einzig darin bestehe, daß sie zur Gewalt ihre Zuflucht nahmen, um ihre Unabhängigkeit zu verteidigen. Die Abreise des Sultans aufgeschoben. Paris , 8. Mai. Wie aus Fez gemeldet wird', yäk de? Sultan infolge der eindringlichen Vorstellungen des Ge- sandten Regnault uud des Generals Moinier eingewilligt, seine Abreise zu verschieben und die Ankunft des General« residenten Lyautey abzuwarten. Die französischen Verstärkungen für Marokko . Paris , 8. Mai. Die Regierung hat nunmehr beschlossen, bedeutende Truppenverstärkungen nach Marokko zu ent- senden. Zwischen dem Ist. und 24. Mai sollen 1 Batterie Gebirgsartillerie, 3 Bataillone Schützen, 2 Bataillone Senegalschützen sowie 2 Eskadrons Chasseurs d'Afrique dorthin ab- gehen. Außerdeni sollen 3 Bataillone Scnegalschützen und 1 Bataillon Kolonialinfanterie, die in der nächsten Zeit in die Heimat zurückkehren sollten, in Marokko zurückbehalten werden, so daß General Moinier im August über 4st ststst Mann verfügen wird, Soziales. Gesundheitsschädliche Betriebe. Nach§ 120s der Gewerbeordnung sind die Gewerbeunternehmer verpflichtet, die Arbeitsräume, Maschinen usw. so einzurichten und zu unterhalten, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind. Und§ 124 der Gewerbeordnung be- stimmt, daß die Arbeit vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit ver- lassen werden darf, tvenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben und die Gesundheit der Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrags nicht zu er- kennen war. Mit Bezug auf diese gesetzlichen Bestimmungen klagte gestern vor dem Gewerbcgericht eine Arbeiterin gegen den Knopffabrikan- ten Fiirstcnberg auf Zahlung von 24 M. Lohn als Entschädigung für die sticht innegehaltene vierzehntägige Kündigungsfrist. In den Betriebsräumen des Beklagten sind die Fenster nur durch einen Schlüssel zu öffnen, den der erstere selbst in Veavahrung hat. Geöffnet wurden diese Fenster während der Arbeitszeit nicht, und zwar, wie der Beklagte auf Befragen angab, deshalb nicht, weil einmal eine Scheibe eingedrückt worden sei und weil halb, wüchsige Burschen mehrmals Gegenstände durch die geöffnete:« Fenster geworfen hätten. Infolge der dauernd geschlossenen Fenster herrschte in dem Arbeitsräume stetig eine schlechte Luft, die noch durch den beim Auskehren verursachten Staub verschlechtert wurde. Als wieder einmal dieser Mißstand den dort beschäftigten Arbeite- rinnen unerträglich erschien, begehrten sie von dem Beklagten die Hergabe des Schlüssels zwecks Oeffnung der Fenster, was dieser aber verweigerte. Das gesamie Personal ließ deshalb die Arbeit vorübergehend ruhen und verließ den Raum. Am darauffolgenden Sonnabend wurde die Klägerin nebst einer Kollegin ohne Einhal- tung der Kündigungsfrist entlassen, weil diese beiden nach Ansicht des Beklagten die Rädelsführerinnen bei der Arbeitsniederlegung waren. Die Kammer 4 des Gewerbcgerich-tS unter Vorsitz deS Ma< gistratsrats Dr. Gerth gelangte zwar zu keinem Urteil, da die Parteien sich zu einem Vergleich auf die Hälfte der geforderten Summe bereit erklärten. Die Bedenken des Gerichts, ob der Aufent- halt in dem Arbeitsraum wirklich gesundheitsschädlich gewesen sei. dürften hinfällig sein. Dadurch, daß alle Arbeiterinnen das Oeffnen der Fenster verlangten und. als dies verweigert wurde, die Zlrbeit niederlegten, spricht dafür, daß der Aufenthalt dort unerträglich war. Der Beklagte hatte auch keinen stichhaltigen Grund, dem berechtigten Wunsche der Arbeiterinnen nicht nach- zukommen. Ein Urteil hätte also zuungunsten deS Beklagten aus- fallen müssen. Gewöhnung an den Verlust ber Hand! Ein rigoroser Fall von Rentenquetscherei beschäftigte daS Schiedsgericht für Arbeiterlvrsicherunfl der sächsischen Staatsbahn in Dresden . Bei fast allen Rentenstreitsachen, wo es sich um Ermäßigung oder Entziehung der Rente Unfallverletzter handelt. spielt die„Gewöhnung an die Unfallsfolgen" eine große und oft ausschlaggebende Rolle. Nach Ansicht der Vertrauensarzte muß sjch ein Unfallverletzter an alles gewöhnen, selbst an den Verlust eines ganzen Körperteiles— wie im vorliegenden Falle. Der 40 Jahre alte ehemalige Streckenarbeiter Sonntag erlitt im Jahre 1905 im Eisenbahnbetriebe einen Unfall, bei dem er eine schwere Zer- trümmerung der rechten Hand davontrug. Die Verletzungen waren so erheblich, daß an die Heilung nicht zu denken war und sich des- halb eine Amputation des unteren Drittels des Unterarmes not. wendig machte. Nachdem der durch den»Verlust der ganzen rechten Hand zum Krüppel gewordene Mann für einige Zeit die Voll- rente bezogen hatte, setzte der Staatsfiskus die laufende Rente auf, 75 Proz. fest. Der zuständige Bahnarzt hatte sich damals dahin ausgesprochen, daß der Verletzte zu allen Arbeiten unfähig sei, bei denen beide Hände erforderlich sind. Weil dadurch die Er- werbsbeschränkung eine ganz erhebliche war, schlug er Arzt dtc 75prozentige Rente vor. Von der mäßigen Rente konnte der be- dauernswerte Mann mit seiner Familie naturgemäß nicht leben. er versuchte noch etwas nebenbei zu verdienen. Das sollte sich aber rächen. Der Staatsfiekus erfuhr von dem„glänzenden" Ein- kommen und ordnete eine neue Untersuchung an. Der Arzt sollte nicht etwa feststellen, ob die Hand nachgewachsen war, sondern nur, ob„Besserung" oder„Gewöhnung" eingetreten seil Und richtig. derselbe Arzt, der erst einige Jahre vorher gesagt hatte, der Ver- letzte sei zu allen Arbeiten, bei denen zwei Hände gebraucht werden, unfähig, erklärte jetzt, daß Besserung insofern eingetreten sei, als die„Gewöhnung" bedeutende Fortschritte gemacht habe. Der Ver- letzte könne leichte Arbeiten verrichten und durch die„Gewöhnung an den Verlust der rechten Hand" sei die Erwerbsfähigkeit gehoben worden; eine Herabsetzung der Rente sei mithin gerechtfertigt. Eine 60prozentige Rente wurde als genügend bezeichnet! Der Staatsfiskus beantragte darauf beim Schiedsgericht die Herab- setzung der Rente und trotz des Widerspruchs des Verletzte» wurde mit Rücksicht auf die eingetretene„Gewöhnung" demgemäß er» ftmatU
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