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Jetzt«Hielt der Beschuldigte vom Staatdanwalt die Nachricht, daß das Verfahren eingestellt ist. Die Essener politische Polizei hat damit wieder ein Zeugnis ihrer Tüchtigkeit und Unentbehrlichleit ausgestellt bekommen._ Tie Kulturbedeutung der Sozialdemokratie. In einer der letztenM onistischen Sonntags. predigt: n", die der bekannte Gelehrte Wilhelm-Ostwald als Vorsitzender des Deutschen MonistenbundeS herausgibt, finden sich einige bemerkenswerte Auslassungen über die Sozialdemokratie. Csrwald bemerkt darin, dag die Sozialdemokratie alsroter Teufel" auf politischem Gebiete ungefähr dieselbe Rolle spiele wie ehedem derschwarze Teufel" auf religiösem Gebiete. Sie gelte ihren Gegnern auf konservativer und ultramontaner Seite als der Jnbgrifi alles Bösen, und sie zu bekämpfen sei kein Mittel scharf genug. Namentlich werde ihr das Eintreten für die Republik schwer angerechnet. Der Gedanke, daß etwa durch einen Mehrheitsbeschluß des ganzen deutschen Volkes die Verfassung des Deutschen Reiches in solchem Sinne geändert werden könnte, daß das Kaisertum durch eine Republik ersetzi würde, erscheine den Vertretern des Monarchismus als ein so außerhalb des Zulässigen und Denkbaren stehender Gedanke, daß sie jeden, der eine solche Idee erörtert, schon deshalb als einen Vaterlandsverräter zu betrachten gewohnt seien. Lstwald selber bekennt sich als Anhänger der Monarchie in Deutschland , aber er ist doch vorurteilslos genug, der> Sozialdemo- krähe das Recht, für die Repiublik einzutreten, nicht zu verwehren. Er schreibt: Ucberlegt man, daß eine so verehrungswürdige Persönlich- reit wie Kaiser Wilhelm l. zu der Zeit, wo er nur noch erst König von Preußen war, es, um mit den Worten der Bibel zu reden, nicht für Raub gehalten hat, einen anderen legi- t i m e n König(den König von Hannover) mit Gewalt zu entthronen und sich seines Landes zu bc- mächtigen, so mutz man zugeben, daß derartige Vorgänge doch wohl nicht so als Gipfel aller Schlechtigkeit beurteilt werde» dürfen, wie das die Konservativen in anderem Zusammenhange darzustellen belieben. Die politischen Ereignisse des letzten Jahr- sehnts entHallen eine ganze Anzahl von Fällen, wo Völker, welche mit ihrer bisherigen monarchi - schcn Regierung begrün dcterweise unzu- frieden waren, ihre Regierungsform geändert und sich fast ausnahmslos in Republiken umge- wandelt haben. Das ist mit Portugal und mit China geschehen, und in jedem dieser Fälle ist die Umwandlung nicht wie in früheren Jahrhunderten mit Strömen Blutes erkauft worden, sondern hat sich nahezu vollkommen friedlich vollzogen, zum Zeichen dafür, in welchem Maße das Recht eines Volkes, sich selb st die ihm am richtig st en erscheinende Regicrungsform zu wählen und einzurichten, gegenwärtig schon zu praktischer Anerkennung gelangt t st." Zu einer besonders bemerkenswerten Acußerung kommt Ost- Wald, als er Kaisertum und Liberalismus an ihre Pflicht erinnert. den Kulturforderungen der Zeit gerecht zu werden, statt diese allein der Sozialdemokratie zu überlassen und so zur Stärkung dieser Partei beizutragen. Er schreibt: .Warum sind denn bei den letzten Reichstags- wählen so außerordentlich viel Spzialdemo- kraten gewählt worden V Die Ursache ist für jeden, der an den Bewegungen der letzten Jahre teilgenommen hat, so tlar wie nur möglich: Die Sozialdemokratie hat diesen un- geheuren Zulauf erfahren, weil sie dieeinzigepolitische Partei war. welche die freiheitlichen Forde­rungen in Bezug auf die Verwaltung von Kirche und Schule, in bezug auf die Verwaltung der großen E n e r g i e v o r r ä t e des Landes und auf eine Reihe von anderen fundamentalen Fragen vertrat. Weil die liberalen bürgerlichen Parteien nicht recht- zeitig darauf geachtet hatten, diese wahrhaft freiheitlichen An- - Gelegenheiten zu den ihrigen zu machen list doch das funda- mentale Schulproblem erst in allerjüngster Zeit von den bürger­lichen Parteien in seiner überragenden Bedeutung halbwegs er- kannt worden), weil die Sozialdemokraten die einzigen waren, die sich dieser grundlegenden Dinge politisch bemächtigt haben, darum suchten alle diejenigen, welche die erwähnten .Kulturforderungen für die Ivichtigsten An(je- legenhei ten der Reichsverwaltungen halten, Hilfe bei den Sozialdemokraten, denn sie kann- iten eine Unter st ützung ihrer Forderung bei den anderen Parteien nicht finde n." Es ist nicht das erste Mal, daß ein Mann der Wissenschaft, der sich im Leben der Gegenwart umgesehen hat, der Sozialdemo- kratie ihre Bedeutung als Kulturpartci bescheinigt. Wir erinnern nur an Theodor Mommsen . Anwaltstreik am Bochnmer Landgericht. Infolge der außerordentlich starken Inanspruchnahme der Sitzung Zräume des Bochumer Landgerichts zur Aburteilung von Streikvergehen, haben die Zivilkammern in ganz unzulänglichen, kleinen Zimmern untergebracht werden müssen. Da dieser Zustand bei der Verteidigung zu sehr unangenehmen Folgen geführt hat, so haben 1s Rechtsanwälte in einer schriftlichen Eingabe angekündigt, nicht eher auftreten zu wollen, bis Wandel geschaffen worden ist. Eine nationalliberale Grütze als Steuerdcfraudant. Der ehemalige Reichs- und Landtagsabgeordnete Oberbürger- meister Dr. Haarmann-Witten , dem man in nationalliberalen Kreisen den Titel.Der sozialpolitisÄe Oberbürgermeister" zugelegt hatte, hat, wie jetzt bei der Regelung des Nachlasses sich herausgestellt hat, jahrelang Steuerhinterziehungen in großem Umfange begangen. Die Erben werden vom Steuerfiskus einsprechend herangezogen. Der Januschauer vor Gericht. Die Konservativen kämpfen nach ihren eigenen Angaben stets mit den v o r n e h m st e n Waffen, so vornehm, daß das Schöffen- gericht in Elbing den Herrn v. Oldenburg-Januschau wegen Beleidigung zu 400 M. Geldstrafe verurteilen mußte. Er hatte den Kläger , seinen Gegenkandidaten, Geheimrat Ziese, offenbar zu vor- nehm behandelt._ Gehorsamsverweigerung im Lazarett! Eiserne Disziplin und unbedingten Gehorsam bis ins Kranken- bett verlangt der Militarismus. Ist der Soldat auch noch so krank, jeder Befehl de» AuffichtspersonalS und der Aerzte muß ihm heilig fei». Und wagt sich ein Kranker der auch während seines Lazarettaufenthalts unter den Militärgesetzen steht auch nur ein bißchen diesem Kadavergehorsam zuwider zu handeln, so wird daS schwerste Geschütz gegen ihn aufgefahren. So erging eS auch dem ehemaligen Schützen Hennrg. der im Jahre 1010 vorüber- gehend im Dresdener Garnisonlazarett war. Hier soll er einem Stabsarzt eine unwahre Antwort gegeben, und als er zur Rede ge- stell! wurde, sich entgegen einem Befehl nicht ins Bett ge­legt und die Hände nicht an die Hosennaht ge- nommen haben! Auch sonst soll er sich ungebührlich und achtungsverletzend benommen haben. Gleich nach seiner Entlassung wanderte der junge Mann nach England aus, als er aber vor einiger Zeit nach Deutschland zurückkehrte, wurde er noch zur Rechen. schüft gezogen I Das Dresdener Kriegsgericht v-rurtetlte den Angeklagten zu der ungemein harten Strafe von* Wochen strengen Arrest!- im Interesse der Disziplin l Ein Offizier als Gehorsamsverweigerer! Das Oberkriegsgericht in Dresden verurteilte nach geheimer Verhandlung den Oberleutnant Uhle- in a n n vom Trainbataillon Nr. 12 wegen ausdrücklicher Gehorsams- Verweigerung und Achtungsverletzung zu drei Monaten Festungshaft. Der Oberleutnant war mit seinem Hauptmann, von dem er sich schikaniert und ungerecht behandelt glaubte, in Differenzen geraten, bis er sich eines Tags weigerte, zum Dienst zu kommen._ Italien . Tie Wahlreform. Rom , 11. Mai. In der Kammer wurde in namentlicher Ab- stimmung mit 31S gegen 0 Stimmen beschlossen, gemäß dem Vor» schlag des Ministerpräsidenten Gtolitti in die Spezialdebatte der einzelnen Artikel der Wahlreform einzutreten. Cnglanä. Die Beziehungen zu Deutschland . London , 10. Mai. Bei einer Versammlung deS konservativen­sogenannten Primelbundes in Albert-Hall hielt Bonar Law eine Rede, in der er unter anderem sagte: Niemand fühlt mehr als ich, daß es kaum ein größeres Unglück geben könnte, als einen Krieg zwischen England und Deutschland , welchen Ausgang er auch immer haben sollte. Bekanntermatzen sind wir jetzt in ein Wettrüsten mit Deutschland verwickelt, und am Ende wird der Sieger bleiben, der die größte Börse besitzt. Die Bevölkerung, die Macht und der Reichtum Deutschlands wachsen weit schneller, als es in England der Fall ist, und wenn wir uns auf die Hilfsmittel unseres Landes allein der- lasten wollten, so wäre eS für uns in kurzer Zeit, in einem einzigen Menschenalter, unmöglich, eine Seemacht zu unterhalten, die aus- reicht, uuS in der Stunde der Not zu schützen. Sollte die unionistische Partei wieder ans Ruder kommen, so wird sie sich bemühen, ein Uebereinkommen zustande zu bringen, welches unser Land verstärkt durch die unerschöpflichen, jetzt über den ganzen Erd- ball verstreuten Hilfsquellen der großen Schwester- Nationen. Die Bagdadbahnfrage. London , 10. Mai. Wie das Neutersche Bureau erfährt, sind der britischen Regierung bezüglich der B a g d a d b a h n keine türkischen Gegenvorschläge formell zugegangen. Die Verhandlungen zwischen dem türkischen Botschafter in London und Sir Edward Greh über die Bahn dauern an und machen seil einiger Zeit Fortschritte. Sie beziehen sich auf eine Anzahl von Anfragen meist technischen Charakters, welche die türkische Regierung auf die im Juli letzten JahreS erfolgte englische Mitteilung machte, und auch aus die Klä- rung gewisser Materien, die man in Konstantinopel gewünscht hatte. Alles das ist noch Gegenstand freundschaftlicher Besprechungen, und eine Entscheidung ist noch nicht gefallen; man ist aber überein- gekommen, die jetzt zur Diskussion stehenden Gegenstände geheim zu behandeln._ Tom Mann verurteilt. London , II). Mai. T o m Man n wurde gestern in Man- chester nach einem veralteten, aus dein Jahre 1797 stammenden Gesetz wegen eine an die Soldaten gerichtete Aufforderung zur Meuterei zu 6 Monaten Gefängnis in der zweiten Ab- teilung verurteilt. Die Strafe ist etwas milder als die ge- wohnliche Gefängnisstrafe: die Gefangenen der zweiten Ab- teilung haben gewisse Vorrechte. Tom Mann führte seine Verteidigung selbst. Er wies darauf hin, daß der Soldat, wenn er der Zivilbehörde zu Hilfe komme, nur ein einfacher Bürger sei und für seine Handlungen, wenn sie das bürger- liche Gesetz nicht rechtfertige, vor Gericht verantwortlich ge- macht werden könne. Er habe sich an die Soldaten nur in ihrer Eigenschaft als Bürger gewandt und sie ermahnt, die Gefetze nicht zu übertreten. Er müsse nach den Ereignissen der letzten Zeit zur Ueberzeugung komnien, daß nrnit ihn nicht wegen des Briefes an die Soldaten, sondern wegen seiner stzudikalistischen Ueberzeugung verfolge. Andere Personen hätten in derselben Weise geschrieben und gesprochen wie er utid es sei ihnen nichts geschehen. Er hege keinen Wunsch, der Freiheit beraubt zu werden, aber er wolle nicht um Gnade bitten. Die Regierung hat mit der Verfolgung Tom Manns keine Lorbeeren geerntet. Selbst in ihrem eigenen Lager fehlt es nicht an Stimmen, die das Vorgehen der Behörden als dumm und ungeschickt verurteilen. Dagegen befindet sich die Regierung in einem verteufelten Dilemma. Sie wagt sich nicht an die Führer der rnscheit Unionisten heran, die eine viel aufreizendere Sprache führen als die Syndikalisten. Jene reden von der offenen Empörung und erklären, daß sie die protestantische Bevölkerung Nordirlands einexerzieren und bewaffnen werden. Noch vor einigen Tagen versicherte einer von ihnen im Parlament, daß sich die Einwohner Bel> fasts schon im Besitze von 00 000 Revolvern befändetz. Und dieser Unterschied in der Behandlung der Syndikalisten und der irischen Unionisten akzentuiert den Eindruck, daß es sich bei der Verfolgung T o nt M a n n s um einen Akt der Klassenjustiz handelt. Der Prozeß ist ein Tribut an das stupide Spießbürgertum, das in den wirtschaftlichen Kämpfen der letzten Zeit nicht das heiße Strebe» der Arbeiterklasse nach einein besseren und nienschenwürdigeren Dasein sieht, sondern die ganze großartige Manifestation des Volkswillens als eine mutwillig von einigen Agitatoren angezettelte Mache betrachtet. ScKtveclen. Der Kampf gegen den Militarismus. Genosse B r a n t i n g schreibt uns: ?jinVorwärts" vom 7. Mai wurden einige Vorkommnisse in chwedischen sozialdemokratischen Bewegung und in der allge- meinen Politik der Partei in einer Weise besprochen, die offenbar auf Wißv erständnissen beruht, und die infolgedessen auch ganz natürlich zu der Ncflexion Anlaß gegeben hat, daß jcb bei einer gewissen Gelegenheitin für uns völlig unbegreiflicher Weise" aufgetreten sei. Sie werden mir sicher erlaube» in möglichster Kürze die Sachlage richtig zu stellen. Die 1. Mai-Rosoltition, welche der Vorstand der Stockholmer OrtSorganisation als Zusatz vorgelegt hatte, ist nur dann richtig zu würdigen, wenn man sie in Zusammenhang mit der besonderen Agitation unserer rührigen und für die Ideale der Sozialdemokratie begeisterten, aber nicht selten auf die Gebiete der Tätigkeit der Partei hinübergreifenden Jugendorganisation sieht. Die geistigen Führer der Jugendbewegung sitzen zur selben Zeit in dem Stockholmer Borstand. Sie hatten schon am Anfang des ahreS gegen die geplante Bersuchsmobilisierung die brigcns in Vergleich mit anderen militärischen Anforderungen wirklich keine allzu große Sache ist, die Kosten werden aus S00000 Kronen geschätzt, die Mobilisierung scheint auf etwa drei Regimenter beschränkt zu iverden eine besonder« Agitation inszeniert. Die ReichstagSsraktion hat sich diesem Unternehmen gegenüber inso« weit ablehnend verhalten, als sie allgemein dem Wunsche Aus- druck gab. die Vorlage der Regierung erst zu sehen,«he zu der- selben Stellung genomme«»erb«« Mm«,«u»»««riitck«. mftß schon im Artikel vom 7. Mai wesentlich richtig angegeben find, faßte die Fraktion die Frage als eine praktisch« Detatlftage«rf, welche nicht so über alles Matz aufgebauscht werden durfte, ww tt einige Genossen von Anfang an versuchten. Die Lgttateon w«rd« jedoch von den Rednern der Jugendorganisation fortgesetzt und die Genossen, welche nicht mitmachen wollten, ziemlich unverblümt als militaristisch" angehaucht denunziert.,. Ende April kam endlich die Borlage. Sie zeigt« sich, trotz gewisser Rücksichten auf die Arbeiter- so ist z. S. ei» besondere« Gesetz vorgelegt, das den Mobilisierten ihre frühere» Plätze garantiert ledoch viel ausgedehnter und für die Bevölkerung der berührten Landesteile viel mehr drückender, als man erwartet hatte. Infolgedessen hat die Fraktion fich sofort in der Ansicht geeinigt. daß dieser Vorschlag bekämpft werden müffe. ES war indessen vorauszusehen, daß eine Mehrheit im Reichstage, diesmal von Liberalen und der Reckten gebildet, sich momentan zu- sammenfinden würde, um den Vorschlag durchzudrücken. Man wollte jedoch die Möglichkeit einer Ermäßigung der fünfzehntägigen Uebungs» zeit, höherer Entschädigung der Reservisten usw. nicht ohne weiteres fallen lassen. und so hat die Fraktion in bester Eintracht sich dafür entschieden, die beiden Linien gleichzeitig für die Kommission vorzuführen, und die beiden Genossen Brantmg und B. Eriksson beauftragt. dafür zu sorgen. In der Tat scheint die Kommission auch einige von unseren Vor- schlagen betreffend der Entschädigung akzeptieren zu wollen: der hierzu bestimmte Vorschlag wird also, wenn der Reichstag der Kommission folgen wird, den Einberufenen etwas helfe«. Gleich« zeitig werden aber unsere Anträge auf Verkürzung der Uebergangs» zeit wahrscheinlich niedergestimmt werden, und wir werden uns folg» lich bei der letzte» Entscheidung alle auf der gleichen Linie gegen diesen Regierungsvorschlag zusammenfinden. Ich muß daher daran festhalten, daß die Zusatzresoluhon, wie ,ch in der Maffenversammlung am I.Mai gesagt habe, als Direktive für die ReichstagSsraktion überflüssig sei. ES ist auch eine Tatsache, daß die Schlußworte dieser Resolution:Dem Militarismus keinen Mann und keinen Groschen!" in Schweden gewissermaßen eine SpezialParole d« r Richtung in unserer Partei geworden ist, die von der Sozialdemokratie das Eintreten für augenblickliche Entwaffnung des Landes fordert. Wir sind selbstverständlich alle darin einig, daß nach dem Wortlaut dem Militarismus' absolut nichts gegeben werden darf. Das habe ich persönlich auch bei dieser Gelegenheit betont. Da» gegen ivill die Mehrheit der Partei diesen Satz nicht so au§- gelegt haben, daß wir jeder militärischen Verteidigungsmaßnahme zur Wehr unserer nationalen Selbständigkeit prinzipiell feindlich gegenüberständen. Die deutschen Genossen, die die Er- ziehung der Nation zur Wehrhaftigkeit fordern, die für die Volks» miliz eintreten, werden es gewiß verstehen, daß die schwedische Partei, wie die Verhältnisse leider noch liegen, mit dem Zarismus als Nachbar, ganz- bestimmt sich' weigern, die völlige Wehrlosigkeit ihres Landes zum Prinzip zu erheben. Dagegen marschieren wir auf demselben Wege wie unsere Bruderparteien, indem wir immer gegen die Nüstungsvermehrungen aufgetreten und statt besten sehr beträchtliche Linderungen unserer hohen Militärausgaben, Berlürzung der Dienstzeit usw. immer energisch gefordert haben. In de» inneren Parteilämpfen der letzten Jahre, die ziemlich heftig entbrannt waren, hat die Jugendorganisation ganz besonders die E n t w a f f n u n g s- Forderung auf den Schild gehoben. Die Annahme der Zusatzresoluhon niußie, meiner Ansicht nach, innerhalb wie außerhalb der Partei so ausgefaßt werden als entspreche diese sektiererische Entwaffnungslehre der wirklichen Stimmung der großen Massen. Ich habe es folglich für meine Pflicht gehalten, so weit es auf mich ankam, einer solchen Ausfassung entgegenzuwirken. Und ich konnte eS mit um so besserem Gewissen wagen, weil eS. gelinde gesagt, zweifelhaft bleibt, ob der örtliche Vorstand, als er diese Scparatparole neben der gemeinsamen, vom Parteivorstand vor- gesckilagenen ausführlichen Resolution ausgab, sich wirklick ganz erinnert hat, daß der 1. Mai vor allem ei» Tag der Einigkeit fein möchte. Schließlich ein paar Worte über den republikanischen Antrag L i n d h a g e n. Ihr Berichterstatter zitiert ziemlich aus- sührlick, was ich im Reichstage bei der GeschäftZordnungSdebatte darüber gesagt habe, er schließt aber unglücklicherweise eben daS entscheidende Moment g a n z a u S, die Ursache, warum ich diesem Antrag so scharf entgegengetreten bin. Genosse Lind» Hagen ist nämlich auf die unglückliche Idee gefallen. seinen Gedanken so vorzuführen, daß er vorschlägt, der Reichs» tag wolle beschließen, den König auszufordern, VerfassungSände» rungen ausarbeiten zu lassen, wonach Schweden von der Monarchie zur Republik übergehen könne II Der König wird also aufgefordert, die nötigen Schritte vorzunehmen, um sich selb st abzuschaffen!! Es ist ja selbstverständlich ausgeschlossen, daß ein solcher Borschlag ernst genommen werden kann, und ich habe auch ausdrücklich im Reichstageals alter Republikaner von meiner Jugend ab und meinen Jugendidcalen getreu" gegen solche Art und Weise, eine ernste Sache zu behandeln, protestiert. ES macht die Sache gar nicht besser, daß der Antrag ganz ohne jedwelche Be> ratung mit der sozialdemokratischen ReichstagSsraktion eingebracht worden ist. DaS einzige. waS die Fraktion in der Sache getan hat, ist, daß sie es fast einstimmig abgelehnt hat, einen Republik- antrag einzubringen. Und doch nachher diese Farce eines vereinzelten Mitgliedes, daS übrigens erst vor drei Jahren nach politischer Wirksamkeit von mehr als einem Jahrzehnt bei den Radikalen zur Partei gekommen ist! Hoffentlich werden diese Erklärungen zu den TageSereignisten in der schwedischen Bewegung eS den deutschen Genossen ermöglichen, ein richtigeres Urteil zu sprechen, als nach den ersten Berichten möglich war. Gewisse Verschiedenheiten der Verhältniste zwischen Skandinavien und Deutschland bedingen ganz natürlich gewisse Ver- schiedenheiteu der Taktik. Wir sind aber viel zu viel die Schüler der deutschen Sozialdemokratie, um nicht immer unserer Schuldigkeit gegen die internationale Einheitlichkeit der Bewegung voll bewußt zu bleiben. MroKKo. Befürchtungen in Fez. Paris, 11. Mai. Wie aus Fez gemeldet wird, hat die dortige Militärintendantur angesichts der unter den um- wohnende» Stämmen herrschenden Gärung den Befehl er» halten, möglichst große Lebens mittel Vorräte an- z u s ch a f f e n. Das Krankenhaus ist mit Lebensmittel für 1000 Mann, sowie mit 1000 Gewehren und 60000 Patronen ausgestattet worden. Die Eingeborenen von Algeriens gegen die Wehrpflicht, Paris , 11. Mai. Wie aus Algier gemeldet wird, hat die Absicht der französischen Regierung, ein Verzeichnis der Eingeborenen anzulegen, unter den Beni Bube Jacob große Erregung hervorgerufen. Ein französischer Vcrwaltungs» beamter, der zu diesem Zweck bei dem Stamme erschien, wurde mit Steinen beworfen und hatte es nur dem Ein» schreiten des Kaids zu danken, daß er vor schweren Verletzungen bewahrt blieb. Mexiko . Erfolge der RegierungStruppe». New Dork, 11. Mai. AuS E l Paso wird gemeldet: Die Borhut OroScoS ist auf Eskalon, die Operationsbasis der Insurgenten, zurückgeworfen worden. Im Norden Mexiko » zwangen die Bundestruppen in den letzten 24 Stunden die Rebellen, ungefähr 30 Kilometer nach Norden zurückzugehen