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Satzungen der Kricgerdcreine und dem ReichSbereinSgesetz.(Sehr richtig! links.) Abg. v. Mcding lWelfe) hält den Nationalliberalen Vor, dav sie zuerst die Politik in dieKriegervereine getragen hätten. Abg. iviumm(Wirtsch. Vg.): K r a a tz hat sich gegen da? Urteil seiner Obrigkeit im Falle Jatho von der Kanzel aus scharf auS- gesprochen. Dazu war er nicht berechtigt.(Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Denken Sie an Ihren Fall Hilde nbrand. lLachen bei den Sozialdemokraten.) Das Verlangen, dah jüdische Offiziere unter allen Umständen angestellt werden müssen, findet bei der überwiegenden Mehrzahl des Volkes kein Verständnis. (Lachen links. Zuruf bei den Sozialdemokraten: Wie ist eS mit den getauften Juden?) Das kommt darauf an, ob sie innerlich etwas anderes geworden sind.(Große Heiterkeit links.) Abg. Heyn(Vp.): Der Vorredner meinte. Pfarrer Kraatz hätte nicht gegen seine vorgesetzte Behörde auf der Kanzel Stellung nehmen müssen. Wenn Luther ebenso gedacht hätte, wäre es nie zum Protestantismus gekommen.(Lebhafte Zustimmung links.) Ich be- daure das Verhalten der Offiziere aufs tiefste. Das höchste Gericht sollte in diesem Falle, der so klar liegt, endlich zu einer Entscheidung kommen. Von einer verhetzenden Sprache in der Predigt des Pfarrers Kraatz ist keine Rede. Er hat lediglich den Standpunkt vertreten, daß in Glaubenssachen einzig und allein dasGewissen des einzelnen entscheidet.(Sehr gut I links.) Ich frage die Herren Konservativen: Sind Sie denn der Meinung, daß in der Bibel vom ersten bis zum letzten Blatt weiter nichts als g ö t t- liche Worte enthalten sind?(Große Unruhe rechts. Rufe unerhört: Pfui!) Die moderne Welt verlangt heute von ihren Geist- lichen, daß er die Zeitvorgänge in den Kreis seiner Betrachtungen zieht. Die Herren irren, wenn sie glauben, das Hinausführen der Mannschaft auS der Kirche werde verhindern, daß diese AehnlicheS hören, wie das, was ihnen Pfarrer Kraatz gesagt hat. (Sehr wahr l links.) Die Autorität wollen wir auch schützen und die Disziplin. Sie beruht aber nicht allein auf dem Kommando, fondern auf derGerechtigkeit und auf dem Geist, der im Heere gepflegt wird. In der Kirche kommen Sie erst recht nicht mit Zwangs- matzregeln aus. Da entscheidet allein der Geist und die Freiheit.(Leb- hafte Zustimmung links.) Abg. Zürn(Rp.): Es ist bedauerlich, daß ein Mann, wie der Vorredner, Prediger an der Kaiser-Wilhelm- Gedächtniskirche ist. Auf die Kanzel einer evangelischen Kirche gehört da» Evangelium(Bravo I rechts) und keine Kritik des Spruchkollegiums. Was die Soldaten in der Predigt hören sollen, ist Gotteswort. Wir können das Verhalten der Offiziere nur billigen. (Lebhafter Beifall rechts.) Abg. SchSpflin(Soz.): Der Kriegsminister sagte, durch unsere Kritik würde da» Ansehen der Armee im Auslande untergraben. Wenn wir Mißstände zur Sprache bringen, so tun wir das in dem Bestreben, sie zu beseitigen (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten), und wenn eine Institution an sich gesund ist, kann sie auch die Kritik vertragen. Der sozial- demokratischen Kritik, die vor langen Jahren vom Abg. Bebel begonnen worden ist und dann jahraus jahrein fortgesetzt wurde, ist es zu verdanken, daß die militärischen Instanzen ge- zwungen worden sind, gegen die Soldatenmißhand- lungen vorzugehen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Kriegsminister»on Hecringcu: Ich habe nicht gesagt, daß die sozialdemokratische Partei mit ihrer Kritik die Absicht hätte, da» Ansehen der Armee im Anstände zu untergraben, aber tatsächlich ist im vorigen Jahre jenseits der Grenzen die Auffassung vertreten worden, als ob das Verhältnis zwischen Offizieren und Mannschaften in der deutschen Armee derartig durch die Mißhandlungen getrübt sei, daß die Schlagfertigkeit der deutschen Armee dadurch herab- gesetzt werde.(Hört! hört! recht».) ES ist doch nicht richtig, daß die sozialdemokratische Kritik die eigentliche Ursache des Herabgehens der Mißhandlungen ist(Lebhafter Widerspruch bei den Sozial- demokraten), das ist vielmehr der Einfluß der Borgesetzten. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Generaldebatte. Beim Kapitel.Höhere Truppenbefehlshaber' bemerkt Abg. Dr. Quessel(Soz.): Da» hessische Generalkommando läßt bei AuS- führung der kriegsministeriellen Bestimmungen jeden Eifer ver- missen. Militärpferde und Fuhrwerke werden zu privaten und gewerblichen Zwecken benutzt, trotz entgegenstehen- der Bestimmungen. Auch zu humoristischen Veran- staltungen werden dienstliche Pferde und Wagen benutzt. Das sollen die Herren Offiziere gefälligst auf eigene Kosten und nicht au Kosten der Steuerzahler tun.(Sehr richtig!> Auch werden die Soldaten, welche bei solchen Veranstaltungen beschäftigt werden, überanstrengt. Starkes Aergcrnis muß es auch erregen, wenn Soldaten zu gewerb- lichen Zwecken verwendet werden. Obwohl 241 arbeitslose Maurer in Griesheim vorhanden waren, ließ man 40 Pioniere aus Mainz kleines feiäUewn. Ein Verehrer des TodeS. Der englische Arzt William Osler , Professor in Oxford , ist in seinen Vorträgen für die Ueberzeugung eingetreten, daß die Krankheiten dem Menschen ein Segen seien, schon allein aus dem Gesichtspunkt, daß sie ihn auf eine Lebens- gefahr aufmerksam machen und ihm.die Möglichkeit geben, sie abzuwende». In folgerichtiger Fortspinnung dieses Ge- dankens ist Osler auch, man möchte fast sagen: ein Ver- ehrer des TodeS/ und hat sich jetzt mit lebhaftem Unwillen gegen die Schrift von Maeterlinck über den Tod gewandt. Er wirst dem Dichter vor, daß in seinen Worten ein leichen- hafter Modergeruch liegt, der auch durch die Schönheit der Sprache nicht verdeckt werden könne. Besonderen Anstoß nimmt Osler an der reichlichen Verwendung solcher Phrasen wie»die Torturen der letzten Krankheit" oderdie Oualen des Todes", seineSchrecken" und dergleichen. Er findet solche Ausdrücke durchaus ungerecht und erinnert an den Ausspruch eines großen Fachgenossen auS früherer Zeit, daß der Tod ebenso natürlich sei, wie die Geburt, aber nicht halb so schmerzhaft. Auf Grund seiner großen Erfahrung behauptet Osler, daß nur sehr wenige Menschen im Sterben körperlich schwer leiden, noch weniger geistig. Er geht sogar so weit, den Schrecken des Todes lediglich als eine Erfindung der Religion zu bezeichnen. Daß dem Sterben oft eine peinvolle Krankheil vorausgeht, kann Osler selbstverständlich nicht leugnen. Er bezeichnet sie aber erstens als in vielen Fällen durch die eigene Schuld des Menschen hervorgerufen und zweitens als meist durch die Güte der Natur selbst gemildert. Osler tritt dann noch unverhüllt dafür ein, den Menschen, die unter dem Sterben leiden, diese Leiden zu erleichtern. Das Gesetz und auch die Ver- treter der Medizin sollten sich dazu entschließen, dem Menschen die- selbe Gnade zu erweisen, die man einem geliebten Tier gewährt. Theater. Neues Schauspielhaus(Sommergastspiel de? Karl- Schultze-Theaters aus Hamburg ):Parkettsitz Nr. 10". Posse von Haller und Wolfs nach einem Schwank von Neal und G e r b e ck. Musik von Götze. Die Masse muß es bringen, scheint der geschäftliche Grundsatz der Autoren. Sie ließen nach Ueberlieferung der früheren Adolf-Ernst-Possen ganze Scharen, darunter einen Heerbann von zwanzig Kellnerinnen, aufmarschieren und stopften in den Rahmen einer dürstigen Handlung so viel Couplets und Tanzduette, daß die Abwickelung des Programms an dreieinhalb Stunden, die Dauer eines Klassikerabends, m Anspruch nahm. Und die Masse schien mit dieser Massenaufmachung zufrieden. Mit einem Kainpf um den Parkettsitz Nr. 10 setzt die Aktion mitten im Zuschauerraum ein. Erst die unnatürlich effektvoll knallende Ohrfeige, die der ältere der beiden Konkurrenten, ein spindeldürrer Herr, dem Gegner applizierte, ließ es erraten, daß das kommen für die Bauarbeiten auf dem Truppenübungsplatz. Aber auch Arbeiten für Private übernimmt die Militärbehörde. Der Kriegsminister sieht recht ungläubig drein, ich will ihm daher einige typische Fälle nennen. Der Redner führt mehrere Fälle an, in denen Soldaten Maler-, Tischler- und andere Arbeiten für Private ausführten. Die Kinder des Proletariat» sollten doch nicht dazu ein und zwei Jahre länger in den Kasernen zurückbehalten werden, als die einjährig dienenden Söhne deSA d e l» und der B o u rf- g e o i f i e, um ihren eigenen Brüdern Schmutzkonkurrenz zu machen. Wenn die einjährige Dienstzeit aus alle Militärpflich- tigen ausgedehnt wird, würden solche Dinge nicht mehr vorkommen. (Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Generalmajor Wandel: Die Beschwerde des Vorredner», daß den Einjährigen während der Truppenübung verboten ist, m Hotels zu wohnen, wundert mich bei einem Vertreter der Linken außerordent- lich: die Einjährigen sollen eben alle Strapazen mitmachen. (Zustimmung rechts.) Die übrigen Beschwerden sollte der Vorredner bei der Stelle anbringen, die der schuldigen Stelle unmittelbar vor- gesetzt ist. Dann wird auch Abhilfe geschaffen werden. Die Zentralbehörde kann da nichts tun. Abg. Dr. Weill(Soz.): Ich meine, die Zentralinstanz könnte sehr wohl eingreifen. Auch in Metz klagen die Droschkenkutscher und Wagen- f ü h r e r, auch die D i e n st l e u t e über die S ch m u tz k o n» kurrenz der Soldaten. 430 Wagen aller Art werden mit Dienstpferden bespannt und sowohl von den Offizieren und ihren Damen benutzt, als auch gegen Entgelt Fremden zur Ver- fügung gestellt.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Eine Beschwerde kann immer nur einen bestimmten einzelnen Fall be- treffen; wir verlangen aber, daß hier durchgreifend Abhilfe ge- schaffen wird.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Beim KapitelG e l d v e r pfl e g u n g der Trappen' kommt Abg. Gothein(Vp.) auf die Frage der jüdischen Reserve- offi ziere zurück. Vor allem ist zu protestieren gegen das herrschende Geheimverfahren, wonach der Betreffende absolut nicht erfahren kann, auS welchem Grunde man ihn nicht zur Wahl stellt. Die Auskunft, die uns gestern der Kriegsminister im Fall Liebe gab, war recht merkwürdig. In der JnstruktionSstunde könnte es etwa in folgender Weise den Soldaten klargemacht werden: Wenn Du noch einen Vater hast, Und der hat einen offnen Laden. So muß, gehst Du einmal hinein, Dir das in der Karriöre schaden. (Heiterkeit), oder: Wenn Du noch eine Tante hast, Laß sie nicht mit Eiern handeln, Das muß nun mal es ist kein Spaß Den Sommerleutnant Dir verschandeln. (Heiterkeit links, Unruhe rechts.) Wenn Du noch eine Tante hast, Laß Stotternde sie nicht kurieren, Denn so was wird für immer Dir Die Epauletten ruinieren. (Erneute Heiterkeit.) Das merkwürdigste bei der Sache ist, daß die Tante gar nicht seine richtige Tante ist, sondern seine Stief- tante,mit welcher", ichreibt er,über zwanzig Jahre keinerlei Beziehung, weil unverträglich".(Stürmische Heiterkeit.) Da muß man wirklich sagen: Wenn Du noch eine Tante hast Und ist es gar nicht Deine Tante, So legt man sie Dir doch zur Last Und Du gehst dennoch um die Kante. (Erneute Heiterkeit.) Diese ganze Art, so leichtfertig Mit der Ehre von Mitmenschen umzugehen, werde ich nie aufhören aufs schärfste zu kritisieren, sei es in gebundener oder ungebundener Rede.(Heiterkeit und Bei- fall links.) Kriegsminister v. Heeringen: Die Auskunft in dem erwähnten Fall lautete dahin, daß das ganze Milieu der Familie des Betreffenden den Ansprüchen de» Offizierskorps nicht genüge.(Unruhe links.) Soll man nun dem Mann noch die Gründe mitteilen, was ihm doch nicht angenehm sein kann. Da ist es besser, man sagt ihm: Bleib du davon, denn du wirst nicht gewühlt. Abg. Zubeil(Soz.): Die Musiker führen einen erbitterten Kampf gegen die Militär musiker. Wenn der Kapitalismus ohne Musik keine Schlachten schlagen kann, müssen die nötigen Mittel für die Musiker in den Etat eingestellt werden, nicht etwa dürfen die Militärmusiker durch ihre Konkurrenz die Rencontre nicht zur Welt der Wirklichkeit, sondern bereits zu der des künstlerischen Scheins gehöre. Der Attentäter, ein bei aller Gebrechlichkeit noch unternehmungslustiger Partoffelheld, beleidigt den herbeigerufenen Polizisten wir sind doch nicht im preußischen Abgcordneienhause, meint er empört durch eine dreimal wieder- holte Eseltitulatnr. Aber statt die schändliche Beamtenbeleidigung mit drei Tagen Haft, die das Gericht ihm zudiktiert hat, reuig ab- zubüßen, besticht er seinen Neffen, einen Luftikus von Flieger, für ihn ins Loch zu gehen. Die so gewonnene Zeit will er be- nutzen, um, der Obhut der strengen Gattin entronnen, nach alter Possentradition sich in den Strudel der Weltstadt zu stürzen. Es gibt da Diwans, die beim Niedersetze» kxaft eines geheimnisvollen Mecha­nismus in die Höhe schnellen, Fliegergesellschaften, die ihn zu einem Fluge mit dem Aeroplan des Neffen zwingen, Sorwers, die er für andere bezahlen muß, ein Hin und Her von Liebespärchen, spiri- listische Seancen, in denen er als Geist verkleidet von der nachge- reisten Gattin schnöde entlarvt wird, und schließlich entpuppt fich der Geohrfeigte, der ihn noch tüchtig mit der Pistole in der Hand ver- folgt, als Verlobter seiner Tochter. Indes nur selten hier und da taucht in der turbulenten Hetzjagd der Unmöglichkeilen ein wirklich ainüsanter Scherz auf. Man merkt zu aufdringlich die Abficht in der Mache, um nicht verstinimt zu werden. Herr G e ß n e r zeigte in den Verlegenheiten und phantastisch lügenhaften Ausflüchten des alten Sünders ein ausgezeichnetes Talent für trockene Koniik. Sehr drollig wirkte Karl Gepperts giraffenlanger Fliegerpräses, namentlich ini Tanz mit einer winzigen ihm kaum bis zu seinein Mannesherzen hinaufreichenden Partnerin. Anni Danninger spielte die junge Fliegerfrau in munterer Soubrettenlaune. ät. Humor und Satire- Wer ist ein Mann? Nichts erbaut den schlecht und rechten Preußen so, als wenn er stehen darf dabei, wo mit Schießen. Hauen, Schimpfen, Schmeißen sich ergötzt die brave Polizei. Und so gafften denn mit off'nem Rande m dem preußisch-russ'schen Parlament Zierde ihrem ganzen Vaterlande I Hunderte..., die man nicht näher nennt. Sahen zu. wie einer ihresgleichen (wenn ihn der Vergleich nicht zu sehr kränkt!) unerhörtem Angriff mußte weichen. ihre Hand ins Höschen tief versenkt. ' Wo. zum Teufel, wo steckt, ihr famosen Volksvertreter, eure Mannbarkeit? Zieht sie doch mal aus, Ihr Herrn, die Hofen, und beweist uns, daß Ihr Rann«« seid! Franz. wirtschaftliche Existenz der ZivIlkerufSmufiker«ntergralea. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wie entbehrlich die Militärkapellen find, zeigt sich, daß sie bei manchen Regimentern monatelang zu Konzertreisen beurlaubt werden. Genau wie die Zigeunerkapellen ziehen fie dann von Stadt zu Stadt und drücken die Arbeitsmöglichkeit der Zivilberufsmufiker herab. In Berlin haben diese Kapellen in 14 Tagen den Zum« musikern über 25 000 M. entzogen. Den Löwenanteil dleier Einnahmen bekommen die Musikmeister, die sich jährlich auf 10 20 OVO M. stehen. Trotz der starken Zunahme von Konzert- lokalen wird die Arbeitsmöglichkeit der Zivilberufsmufiker immer geringer. Sogar das vorzügliche philharmonische Orchester kann iich während der Sommermonate nicht halten und hat deshalb eine Unterstützung von der Stadt erhalten müssen. Aus dem NachtcafS Colosseum in der Beuthstraße in Berlin ist eine Zivilkapelle herausgedrängt, weil eine Militär- kapelle sich billiger anbot. Nun dürfen freilich Mlitärtapellcn in NachtcaföS nicht spielen. Deshalb wurde das Coloffeum einfach als K o n z e r t h a u s ins Handelsregister eingetragen. Zu der Schmutzkonkurrenz, die die Militärkapellen treiben, kommt häufig noch eine Täuschung deS Publikums. An den Säulen werden Konzert« von Militärkapellen angekündigt, und tatsächlich wirken dann abends nur einige Militärmusüker bei einer im übrigen aus Beamten bestehenden Kapelle»nit. Der Kampf, den die Zivilberufsmufiker führen müssen, ist ein Kainpf mit ungleichen Waffen. Deshalb hat der Reichstag die Pflicht, einzugreifen und diese Konkurrenz der Militärkapellen auf das Mindestmaß einzuschränken.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Oertzen(Rp.): Ich bin immer für die Zivilmusiker ein- getreten, aber die Ausführungen des Vorredners krankten an Ueber- treibung. Wenn die allgemeinen Bestimmungen für die Militär- musiker immer beachtet würden, so würden die berechtigten Klagen der Zivilmusiker verschwinden. Generalmajor Wandel: Wir werden bemüht sein, Mißbräuchen der Militärnmsiker nach Kräften entgegenzutreten. Bon der Kapelle des Gardekorps ist keine Schmutzkonkurrenz verübt worden. Biel mehr Konkurrenz machen den Zivilmusikern die aus Ausländern zusammengesetzten Kapellen. Abg. Gothein(Vp.): DaS beste wäre, die Militärkapellen auf das geringste Maß zu beschränken; dann würden diese Klagen am ehesten verstummen. Abg. Zubeil(Soz.): Gegen die Konkurrenz der ausländischen Musiker können fich die Zivilberufsmufiker durch ihre Organisation schützen, nicht aber gegen die Militärmusiker. Beim Gardekorps ist die Bezahlung im ganzen wohl dieselbe, aber 25 Militärmusiker erhalten dasselbe Entgelt wie 12 Zivilmusiker. Ich halte also meine Be- hauptung aufrecht. Abg. Keil(Soz.) führt Beschwerde über die Arbeitsverhältnisse der Proviantarbeiter in Stuttgart . Die Löhne sind zum Teil durchaus unzu« länglich, wenn sie auch etwas erhöht worden find. Sie verlangen. daß die Spannung zwischen dem Anfangs- und Höchstlohn wenigsten» 3 M. beträgt. Ferner wünschen die Arbeiter längere Ferien als sie jetzt haben. Die Arbeiter, die schmutzige, staubige Arbeiten zu verrichten haben, verlangen mit Recht besondere Ueberkleider. Auch über die zu starke und rücksichtslose Kontrolle wird geklagt; beim Stuttgarter Proviantamt kommt auf anderthalb Arbeiter ein Auf- stchtsbeamter. Württembergischer Bevollmächtigter Generalmajor v. Graevenitz: Die Beschwerden sollen erwogen werden. Aber die Löhne in Stuttgart sind nicht so gering, wie der Vorredner anführte. Abg. Allrccht(Soz.): Statt der Oekonomiehandwerker sollte die Militärverwaltung Z i v i l h a n d w e rker beschäftigen. Diese Forderung ist früher auch von der Rechten und dem Zentrum erhoben worden. Aber ieZ geht nur sehr langsam mit der Abkehr vom System der Oekonomie- Handwerker, namentlich in Preußen. Wir bestreiten der Militär- behörde das Recht, Leute auszuheben und nicht als Soldaten zu verwenden. ES ist geradezu eine Vorspiegelung falscher Tatsachen» Leute' auszuheben und dann als AuSbeutungSovjekte im Interesse des Reiches zu verwenden.(Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten.) Gerade daS Handwerk wird dadurch aufs schwerste geschädigt, und da sollten doch die Rechte und daS Zentrum dagegen auftreten. Außer den Oekonomiehandwerker» machen auch die Regimentsschneider und Schuhmacher den privaten Handwerkern eine Konkurrenz, die bekämpft und beseitigt werden müßte. Wir verlangen Bekleidungsämter mit er- weitertem Betriebe. In der Beziehung stehen wir nicht auf dem Standpunkt der Rechten und des Zentrums. Deren Wettrennen um die Gunst der Handwerker machen wir nicht mit. Trotz» dem verstehen die Handwerker, daß wir ihre Feinde nicht sind. Das beweisen die Wahlen. Bekleidungs- ämter verlangen wir, weil die Heeresverwaltung nicht die Aufgabe hat, die rückständigste Betriebsform künstlich mit Reichsmitteln aufrecht zu erhalten. Die ArbeitSverhälwiffe in Bekleidungsämtern sind bedeutend bester als in den Kleinbetrieben; deshalb treten wir für sie ein.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Herr v. G a m p hat im Wahlkainpf den Schuhmachern in Jastrow versprochen, dafür sorgen zu wollen, daß ein Teil des Bekleidungs- amteS nach Jastrow verlegt werden soll. Solche Wahlpolitik machen wir nicht mit. Damit hilft man den Handwerkern auch nicht, ebenso wenig wie mit der neuen Wehrvorlage, die Hunderte vo n�M illionen dem Volke wieder auf- erlegt, wovon auch die Handwerker ihr Teil zu tragen haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Freilich gehen uns auch von den Bekleidungsämtern noch manche Beschwerden zu. Die ArbeiterauSschüsse werden dort viel- fach nur zur Dekoration eingerichtet. Die Arbeiter werden in manchen Bekleidungsämtern mit Worten bedacht, die ich Ihnen lieber ins Ohr sagen möchte. Aber so große Mißstände im einzelnen auch vorkommen mögen wir können bei den Bekleidungsämtern auf Abhilfe dringen, während das nicht möglich ist, wenn die Ar- beiter in Kleinbetrieben verzettelt sind.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das Zentrum verlangt in einer Resolution. bei der Vergebung von Lieferungen Vereinigungen von Heimarbeitern zu bevorzugen, dem können wir nicht zustimmen; es fehlt ja bei den Heimarbeitern jede Möglichkeit der Kontrolle der Arbeitsverhältnisse, trotz des Heim- arbeiterschutzgesetzeS. Der zweiten Zentrumsresolution, welche die Berücksichtigung von selbstständigen Handwerksmeistern. Handwerker- genossenschaften und Innungen bei der Vergebung von Arbeiten verlangt, werden wir zustimmen; doch beantragen wir, hinter Innungen noch einzufügensowie die Arbeiter- genossenschaften'. das ist ein einfaches Gebot der Gerechtig- keit.(Beifall bei den Sozialdemokraten). Abg. Chrysant (Z.) befürwortet die Annahme der beiden Resoku» tionen deS Zentrums. Abg. Frhr. v. Gamp(Rp.) behauptet unter dem Gelächter der Sozialdemokraten, daß diese kein Interesse für die Handwerker hätten. Abg. Pauli-Hagenow(k.) tut dasselbe und verlangt B e s e i t i- gung der Konsumvereine. Generalmajor Staads: Die Heeresverwaltung hat ein dringendes Interesse an der Beseitigung des Systems der Oekonomiehandwerker nicht. Der Abg. A l b r e ch t beschwerte sich auch über den Umfang der privaten Tätigkeit der Regimentsschneider. Hierfür bestehen be- stimmte Vorschriften, deren Jnnehaltung streng überwacht wird. Mit Klagen über Mißstände sollten die Arbeiter sich nicht an sozialdemokratische Agcordnete wenden, sondern an ihre Vorgesetzten. Dann wird ihnen sicher ihr Recht.