Brief, der an eine Maschinenfabrik in KottbuS gerichtet tvar undeinen Scheck auf die Potsdamer Kreditbank über 2120 M. enthieltDieser Brief kam nicht an sein Ziel. Als der Absender nachseinem Verbleib forschte, erfuhr er, dah ein junger Mann, der sichW. Diehler nannte, den Scheck der Kreditbank vorgelegt und denBetrag darauf erhalten hatte. Dieser Vorfall veranlagte einenPostinspektor, den Briefkasten in der Bernburger Strage persönlichzu beobachten, und so gelang es, den Plünderer in der vergangenenNacht zu fassen. Kurz vor 12 Uhr erschien ein junger Mann, dersich längere Zeit an dem Kasten zu schassen machte, und sich dannlangsam entfernte. Der Postinspektor, der nicht mehr daranzweifelte, den Dieb vor sich zu haben, folgte ihm heimlich, umweiter zu beobachten, was er beginnen werde. In der KöthenerStraße begab sich der Mann auf einen Hausflur und zog danneine Anzahl Briefe aus der Tasche, um sie im Verborgenen zuöffnen. Jetzt nahm der Inspektor ihn fest und übergab ihn derRevierpolizei. Der Verhaftete leugnete zunächst jede Schuld undwies sich zur Unterstützung seiner Unschuldsbeteuerungcn mit einemMilitärpaß auf den Namen eines Predigtamtskandidaten Buschaus. Gestern vormittag der Kriminalpolizei vorgeführt, bequemteer sich endlich zu einem Geständnis und entpuppte sich als der26 Jahre alte Kaufmann Ehrhardt aus der Ringstraße zu Steglitz.der bei einer Gesellschaft in der Lützowstratze beschäftigt war.Ehrhardt ist auch der Mann, der bei der Potsdamer Kreditbank au:den Scheck das Geld erhoben und in einem Tausendmarkschein11 Hundertmarkscheinen und hartem Gelde ausgezahlt erhaltenhatte. Den Tausendmarkschein fand man noch bei ihm. Er hatteihn in einen Strumpf gesteckt. Von dem anderen Geld behaupteter, daß es noch in seiner Wohnung liege. Diese soll deshalbdurchsucht werden. Ehrhardt suchte sich immer die Briefkastenaus, die bis oben an gefüllt waren. Er machte sich dann solangean dem Schlitz zu schassen, bis er einen langen Aktenbrief faßte.Mit diesem zog er dann soviel heraus, als auf ihm liegen blieb.Weil er die Schule geschwänzt hatte, sollte gestern morgen derzwölfjährige Sohn der Witwe Gottschalk abgeholt werden. Als derSchutzmann an der im Hinterhause des Grundstücks ElbingerStraße 73 befindlichen Wohnung läutete und Einlaß begehrte,sprang der Junge in seiner Angst aus dem Fenster vier Stockwerketief auf den Hof hinab. Obwohl er auf Strauchwerk und gelockertesErdreich fiel, trug er doch sehr schwere Verletzungen davon, dieseine sofortige Ueberführung nach dem Krankenhause am Friedrichs�Hain erforderlich machten.Zu einem Zusammenstoß, der durch unbegreifliches Vorgeheneines PolizeileutnanlS hervorgerufen wurde, kam eS am Freitagabendam Kaiser-Franz-Grenadier-Platz. Von den Tausenden, die zu derin der Wrangelstraße abgehaltenen Protestvcrsammlnng keinen Einlaß erhalten konnten, hatten sich gegen 9'/» Uhr etwa 1600 Personenzusammengefunden, die am Mariannenplatz entlang durch dieOranienstraße nach der Prinzenstraße zu gingen. Die Teilnehmersangen zwar Arbeiterlieder und brachten Hochs auf das allgemeineWahlrecht aus. Verkehr und Ordnung wurden jedoch nicht immindesten gestört.'Erst am Kaiser-Franz-Grenadier-Platz stellte sich ein Polizei.leutnant mit 6 bis 8 Schutzleuten den Daherkommenden entgegenDie Teilnehmer begaben sich nun vom Straßendamm, wo die Polizeistand, auf den Biirgsrsteig. um weiter zu gehen. Der Herr Leutnantwollte wohl mcht tatenlos hemckehren und so stürzte er sich, fortgesetztmit der Hand drohend, mitten in die Menge, stieß einen jungenMann, den ersten besten, den er eben fassen konnte, in das Genickund versuchte nun, die Teilnehmer zurückzudrängen. Die Genossenwichen vor den geballt zuschlagenden SchutzmannSfäusten fluchtartigzurück, wobei eine Frau niederstürzte und mit knapper Not derGefahr entging, von dem Wagen einer Möbelfabrik überfahren zuwerden.Das vollkommen zwecklose Borgehen deS Polizeileutnants löstenicht nur bei den ohne Grund und ohne vorhergebendeAufforderung zum Auseinandergehen angegriffenenArbeitern, sonder» auch bei den meisten unbeteiligten BeobachterndeS Vorganges lebhafte Entrüstungsrufe auS; aus vielen Fensternder anliegenden Wohnhäuser hörte man laute Pfuirufe und anderefür die Polizei wenig schmeichelhafte Bezeichnungen.Würden die Teilnehmer des ZugeS von denselben Gefühlenbeseelt gewesen sein wie dieser Leutnant, dann konnte bestenAttacke leicht ernste Folgen zeitige». Die Arbeiter wissen sichaber weit besser zu beherrschen, wofür u. a. die Tatsache ein Beweissein mag, daß der immerhin noch gegen 800 Personen betragendeZug. trotz des vorhergegangenen aufregenden Zwischenfalls,sofort Gesang und Hochrufe einstellte, als er an der Nordseite deSBethanien-Krankenhauses vorüberzog.Todessturz von der GroßschiffahrtSbrücke. Einen schrecklichenTod hat der' 22jährige Maler Paul Kleinert aus Eberswalde ge-funden. K. hatte an der neu errichteten GroßschiffahrtSbrücke, dieüber den Liepersee führt, den letzten Anstrich beenden wollen. Alser hoch im Eisengestell bei der Arbeit war, stürzte er plötzlich rück-lings in die Tiefe. Der Kopf des Unglücklichen schlug beim Fallenmit großer Heftigkeit auf einen vorspringenden Eisenstreber aufund wurde teilweise zerschmettert. Der Verunglückte stürzte dannin den See und ging sosort unter. ES wurde sofort von Kollegeneine Absuchung der Unfallstelle vorgenommen, doch vermochte manK. nur noch als verstümmelten Leichnam an die Oberfläche zubefördern. Wahrscheinlich war er während der Arbeit von einemLhnmachtsanfall heimgesucht worden.Straßenbahnunfälle. Vor dem Hause Große FrankfurterStraße 77 wollte am Freitagabend die siebenjährige ElseJsmar, Große Frankfurter Straße 76 wohnhaft, vor demMotorwagen 3006 die Linie 71 über den Damm laufen, wurdejedoch erfaßt und geriet mit dem Körper unter das Schutzbrett.Mittels Winden wurde der Wagen angehoben und die Kleine, dieeinen Bruch des linken Wadenb�nes, eine Quetschung am Kopfund an der linken Hand davongMmgen hatte, hervorgezogen. Diekleine I. wurde, nachdem ihr auf der nächsten Unfallstation dieerste Hilfe zuteil geworden mar, in die elterliche Wohnung ge-bracht.— Vor dem Hause Belle-Alliance-Straße 82 wollte DirektorGustav Neumann, Käiser-Wilhelm-Straße 8/9 in Karlshorst wohn-Haft, die Schienen vor einem in schneller Fahrt befindlichen Motor-wagen überschreiten, wurde jedoch umgerissen und kam neben denZug zu liegen. Der Verunglückte, der eine Wunde am Köpf davon-getragen hatte, wurde nach dem Urban-Krankenhause übergeführt.— Ter Postschaffner Friedrich Engel aus der Müllerstrahe 47awurde, als er am»Donnerstagnachmittag vor dem Hause Pank-straße 11 den Damm überschreiten wollte, von einer Kraftdroschkeüberfahren und schwer verletzt nach dem Virchow-Krankenhause ge-bracht. Dort ist er jetzt gestorben. Das Fuhrwerk entkam, ohnedaß es gelang, seine Nummer festzustellen.Einen erfreulichen Abschluß hat die KonsumgenostcnschaftBerlin und Umgegend für den Monat April zu verzeichnen. DerUmsatz betrug 1 039 753,75 M. Das ist ein Mehr von 329 707,03 M.gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres. Der genossenschaft-liche Gedanke marschiert nun auch in den Vororten Berlins, dennauch da ist der Mehrumsatz merklich höher wie im Vorjahre, Undin jenen Orten, wo die Genostenschaft bis jetzt noch keine Per-kaufsstellen hat, wird zurzeit eine intensive Agitation entfaltet.die von Erfolgen begleitet ist.In Köpenick werden nächsten? gleich drei VerkauSstelleneröffnet werden. Hoffentlich wird in anderen Orten ein ähnlichesResultat erzielt.Für die Besucher des Spreewaldes Z Die Zahl derjenigen, diede« Spreewald besuchen und dessen Naturschönheiten bewundern.vSchst von Jahr zu Jahr. Auch einige pfiffige Unternehmer habensich gefunden, die Fahrten nach dem Spreewalde arrangieren. UmParteigenossen, die solche Ausflüge beabsichtigen, vor Schröpfungenzu bewahren, sei mitgeteilt, daß der Genosse Paul Kuschy-Lübbenau, Spreewald, gern bereit ist, jede gewünschte Auskunft zuerteilen. Er übernimmt es auch, Fahrleute zu stellen, auch fürNachtlogis Sorge zu tragen.Die Taubstummcnsektion der sozialdemokratischen WahlvereiueGroß-BerlinS veranstaltet am Himmelfahrtstage einen Familien-ausflug nach Tegclort und werden hierdurch die Mitglieder zurzahlreichen Beteiligung eingeladen. Treffpunkt bei Haberland,Linienstr. 73, vormittags 9 Uhr. Abmarsch'/jlO Uhr. Gäste willkommen.Fußballwettspiel der Arbcitcr-Turn- und-Sportvereine. AmSonntag, den 12. Mai. nachmittags 6 Uhr, stehen sich die führendenMannschaften der Arbeiter-Turn- und-Sportvereine Groß-Berliusim Schlußspiel gegenüber und zwar: Turnverein Fichte, XVII. Abt.,gegen Arbeiter-Turnverein Weißensee. Da der Fußballsport in derArbeiterschaft zahlreiche Anhänger besitzt, seien diese auf obigesSpiel hierdurch besonders aufmerksam gemacht. Der Wettkampfindet auf dem Sportplatz am Bahnhof Gesundbrunnen sMillionen-brück«) statt. Vor allein werden die dem Jung-Deutschland-Bunde aiigehörigen Fußballspieler zur Besichtigung und zum Auschluß an die Arbeiter-Fußballspieler eingeladen.Vorort- l�admebteiT.Steglitz.Die Stadtwerdung unseres Dorfes stand zwar als 13. undletzter Punkt auf der Tagesordnung der gestrigen Gemeinde-Vertretersitzung, nichtsdestoweniger nahm sie aber dengrößten Teil der Sitzung in Anspruch. Der Antragsteller,meindeverordneter Winkler, nahm in seiner Begründung Bezugauf die kürzlichen Aeußerungen des Ministers im Landtag überdie Stadtwerdungsbestrebungen verschiedener Vorortgemeinden. Be-kanntlich lautete die ministerielle Antwort auf eine Anfrage, daßeine gesetzliche Regelung der Materie nicht beabsichtigt und auchnicht nötig sei, da ja Wilmersdorf und Lichtenberg bewiesen hättendaß ein Ausscheiden aus dem Landkreise auf dem Wege d»r gegen-eiligen Verständigung zu erreichen wäre und daß dann der Per-leihung der Stadtrechte an die betreffenden Gemeinden nichts imWege stehe. Um nun endlich diese Frage, die seit Jahren diehiesige Bürgerschaft und die Gemeindevertretung beschäftige, zumAbschluß zu bringen, beantrage er. die vor zwei Jahren abgebroche-nen Verhandlungen über die Bedingungen des Ausscheidens ausdem Kreise Teltow sofort wieder aufzunehmen und energisch zuordern. Je weiter die endgültige Entscheidung hinausgeschobenwerde, um so höher würden die Forderungen des Kreises werden.Der Gemeindevorsteher wandte sich gegen den Antrag und bean-tragte seinerseits, eine Deputation des Gemeindevorstandes zu demMinister zu senden, um diesem auseinanderzusetzen, daß die Ge-meindevertretung mit guten Gründen seinerzeit den Beschluß ge-"atzt habe, die Stadtrechte zu erwerben, ohne aus dem Kreise auszu-/cheiden. Von einem Redner der Linken wurde mit Recht darübergespottet, dem Minister zu erzählen, daß man auch Gründe zueinem so wichtigen Beschlutz gehabt habe. Es sei doch sekbstver-tändlich, daß solche Beschlüsse nicht ohne Grund gefaßt würden.Ein anderer Redner bezeichnete den Antrag des Gemeindevorstan-des als eine neue Verschleppung. In weiten Kreisen der Bürger-chaft herrsche die Ansicht, daß der Gemeindevorstand und dieHauSbesitzermehrheit die Stadtwerung absichtlich so lange verhin-dern wolle, bis der Bürgermeister, dessen Amtsperiode in diesemJahre ablaufe, auf weitere 12 Jahre gewählt sei. Die Mehrheitließ durch ihre Redner erklären, daß sie gegen den Antrag Winklerund für den Antrag des Gemeindevorstandes stimmen werde, weilman hoffen könfie, daß in absehbarer Zeit doch noch eine gesetzlicheRegelung der Ausscheidungsfrage erfolgen würde. Damit war dieAblehnung des Antrages Winkler so sicher wie die Wiederwahldes Bürgermeisters sicher sein wird, wenn wir dann noch Dorfsind.— Der einzige„Lichtpunkt" in der ganzen Sitzung war derBeschluß, den sogenannten Schöneberger Ortsteil elektrisch zu be-leuchten. 100 000 M., die im Etat vorgesehen sind, wurden hierzubewilligt. Für die Berg- und Bismarckstraße kommt Mittelbeleuch-tung, für die übrigen«traßen Scitenbeleuchtung in Frage, beideArten durch Metallfadenlampen.Neukölln.Ein Kind von der Straßenbahn totgefahren. Gestern nachmittagwurde an der Ecke der Kaiser-Friedrich- und Pannierstraß« der fünfJahre alte Sohn Kurt de» Portiers und Klempners Heide aus derKaiser-Friedrichstraße 284 von einem Straßenbahnwagen der Linie IIüberfahren. Da» Kind geriet mit dem ganzen Körper unter denSchutzrahmen und konnte erst nach längeren Bemühungen aus seinergefährlichen Lage befreit werden. Als man e» hervorzog, war derTod schon eingetreten. Die Leiche kam zunächst nach der Unfall-station und von dort nach dem SchauhauS. Die Schuldfrage ist nochnicht aufgeklärt,Wilmersdorf.Ein schauriger Fund wurde auf dem Grundstück Prinz-regentenstr. 82 gemacht. Ein Gärtnergehilfe fand dort im Vorgartenein Paket liegen, das die Leiche eines neugeborenen Knaben enthielt.Da» Kind war in ZeitungSpapicr des„Berliner Lotal-AnzeigerS"vom s. d. M.«ingewickelt und mit einem gewöhnlichen Bindfadenverschnürt. Am Halse deS Kleinen sind deutlich StrangulationSmerkmale sichtbar. Die Nachforschungen nach der Mutter waren bis-her ohne Erfolg.Mariendorf«Di« letzte Gemeindevertretersitzung gab zunächst die Zustim-mung zum Landaustausch zwischen der englischen Gasanstalt undder Gemeinde. Hierauf beschäftigte man sich mit den Verbesterungen der Südender Feuerwehrverhältniste. Der Gemeindevorsicher machte hierzu längere Ausführungen, die hauptsächlich einescharfe Zurückweisung von Behauptungen der hiesigen Ortspressewaren. Das Blatt hatte in einem Artikel über die Wehr in Süd-ende betont, daß dieselbe im Ernstfalle überhaupt nicht Hilfe leistenkönne. Nach den SluSführungen des Gemeindevorstehers entbehrtdieses Urteil über die Südender Wehr jeder tatsächlichen Unter-läge. So sei die zweite mechanische Leiter, die im Ortsteil Süd-ende untergebracht werden sollte, bei der Veröffentlichung derNotiz schon vorhanden gewesen. Daß sich die Lieferung solangeverzögert habe, sei nicht Schuld der Gemeindevertretung gewesen,sondern habe im Wesen des Lieferungsvertrages gelegen. Das„amtliche Publikationsorgan" in Mariendorf mußte eine Reinigunghinnehmen, die sicher tiefe Spuren hinterlassen wird. Um die er-regten Gemüter in Südende einigermaßen zu beruhigen, ersuchteder Genieindevorsteher um Bewilligung von 600 M. für die in derNähe des Feuerwehrdepots in Südende nunmehr eine Stallungnebst Wohnung gemietet wqrden sollen, damit die Pferde zurNachtzeit nicht mehr wie bisher in der Stallung Mariendorf, son-dern dort untergebracht werden können. Des weiteren wurden 1000Mark für Neuanschaffung von Geräten und Ausrüstungen derneuen mechanischen Leiter gefordert. Beide Positionen wurden ein-stimmig bewilligt.— Außerdem bewilligte die Vertretung 1800 M.zur Beschaffung einer Straßenwaschmaschine und 525 M. für eineKehrmaschine.Bei der Ersatzwahl für die dritte Klasse waren die Bürger-lichen auf das eifrigste bemüt. den Sieg zu erringen. So wurdeschon von 11 Uhr ab geschleppt. Wie wahllos man verfuhr, nurum Stimmen zu erhaschen, illustriert folgender Zwischenfall imWahllokal: Nachmittags wurden zwei bereits angetrunkene Kutscherin das Wahllokal bugsiert, die sich zunächst ganz ungehörig be-nahmen und dann— bürgerlich wählten. Also aus den Kneipen,überall wurden die Wähler geholt, kleine Geschäftsleute, die sich ausbestimmten Gründen der Wahl fernhielten, wurden zwei- und drei-mam aufgesucht, um sie zur Wahl zu veranlassen. Ihre Mühewar, wie wir bereits mitgeteilt haben, völlig vergebens.Pankow.Mit dem Gewaltakt der Gemeindevertretung beschäftigte sicheine im„Kurfürsten" stattgefundene Wählerversammlung. DerNefercut, Genosse Schmidt, wies nach, daß der von den bürger-lichen Gemeindevertretern gegen den Bürgermeister sowie denWahlvorsteher und unsere Genoffen gefaßte Beschluß, die Wahlder Genossen Eichler und Fengler für ungültig zu erklären,nichts weiter als eine Vergewaltigung der Wähler bedeute. Alleihre Protestgründe seien fadenscheinig. Die Absicht, die Wahlenfür ungültig zu erklären, sei in den einzelnen Vereinen bereitsbeschlossene Sache gewesen. Trotzdem bei der�Reichstagswahl zweiDrittel der abgegebenen Stimmen für die Sozialdemokratie ab-gegeben wurden, glaubt man jetzt bei der öffentlichen Wahl durchden bekannten Druck auf die Beamten und Geschäftsleute dieStimmenmehrheit auf sich zu vereinigen. In der Diskussion wurdevon allen Rednern betont, daß die ganze Machination der bürger-lichen Gemeindevertreter ein Faustschlag ins Gesicht der prole--tarischen Wähler bedeutet und daß es Ehrenpflicht eines jeden Ge-nassen sein mutz, alles daran zu setzen, um unseren Kandidatenmit noch größerer Mehrheit zum Siege zu verhelfen. Es müssedafür gesorgt werden, daß auch der letzte Mann in den drei Wahl-tagen an den Wahltisch gebracht wird; nur so könne der Gewalt-streich der Bürgerlichen pariert werden. Auch die Vorgänge imLandtage wurden vom Genossen Schmidt gestreift, wobei sich einallgemeiner Sturm der Entrüstung erhob. Zum Schluß wurdeeinstimmig folgende Resolution angenommen:„Die heutige öffentliche Wählerversammlung nimmt mitEntrüstung Kenntnis von dem gewalttätigen und gesetzwidrigenVorgehen des Präsidenten des preußichen Abgeordnetenhausesgegen die sozialdemokratischen Abgeordneten Borchardt undLeinert und erhebt gegen diesen Gewaltstrcich allerschärfstenProtest.Die Versammlung erklärt, den damit erneut in den Vorder.grund gerückten Kampf um das allgemeine, gleiche, geheime unddirekte Wahlrecht zum preußischen Landtag aufs tatkräftigsteunterstützen zu wollen.Die Persammlung erklärt ferner, ihrem Protest sowohlgegen die Vergewaltigung des erwerbstätigen Volkes im preußi-schen Abgeordnetenhause am 9. Mai wie auch in der PankowerGemeindevertretung am 16. April dadurch Ausdruck zu geben,daß sie mit aller Kraft bei der Gemeindewahl am kommendenSonntag, Montag und Dienstag den Kandidaten derSozialdemokratie mit überwältigender Mehrheit zum Siege ver-helfen wird."Die Gemeindewahlen finden heute, Sonntag, von 12 Uhrmittags bis 7 Uhr abends, am Montag und Dienstag von 12 Uhrmittags bis 8 Uhr abends statt.Fichtenau.Wrede-Abende. Nach Meldung deS hiesigen OrtSblatte« ist unterMitwirkung des LmtSvorsteherS Wrede-Schöneiche eine Einrichtunggeschaffen worden, die„schnell Beliebtheik und Anerkennung er-worden' hat. Unter den.nationalgesinnten Männern' unseres Amts-bezirks und persönlicher„Leitung unseres Amtsvorstehers HerrnAmtsrat Wrede' finden nämlich allmonatlich— Bierabende statt,die offiziell kurzweg mit Wrede-Abend bezeichnet werden undneben dem Biergenuß noch Aussprachen über TageSsragendienen. Da der nächste Bierabend am 16. d. M. stattfindet,dürfte eS— um dieser Einrichtung auch weiterhin„Anerkennungund Beliebtheit' zu sichern— zweckmäßig sein, als TageSsrage ein-mal das Machtgebiet deS Bierabendleiters als Aintsvorsteher vonSchöneiche zu besprechen. Bielleicht läßt sich dadurch eine schnelleFeststellung ermöglichen darüber, welchem Amtsvorsteher der Bahn-Hof Rahnsdorf und Kurpark Fichtenau unterstehen. Zweifellos wäredann der.Wrede-Abend' auch einer.Anerkennung und Beliebtheit"bei.nichwationalgesinnten Männern", den freien Turnern aus Neu-kölln, sicher.Königs-Wusterhause».Bei der Bertreterwahl zur Gemeinde-OriSkrankenkafle rücktenunter der Führung vom Schachtmeister in Kolonnen polnische Ar-beiter und Arbeiterinnen heran. Die Stimmzettel mit den Namender Kandidaten der Arbeiterschaft wurden den polnischen Arbeiternzenommen und Flugblätter und Stimmzettel mit ausgestellten Kan»üdaten der Arbeitgeber und deren Hintermänner in die Hand ge-drückt Trotz der wüsten Agitation wurven die aufgestellten Kandi-baten der Arbeiterschaft mit 180 gegen 94 Stimmen gewähltBlankenfelde.Auf strenge Sparsamkeit scheint die hiesige Gemeindeverwaltungzu halten. Vorschriftsmäßige LmtSquittungen für empfangene Gelderwerden den Geldbringe» n allem Anschein nach nicht ausgefertigt,andern hierzu werden xbeliebige Zettel benutzt. Der Fabrikarbeiter-verband. Bezirk Blankenfelde, hatte unlängst eine Frühlingsfeierveranstaltet, wofür er zwei M-nk Lustbarkeitssteuer an den Gemeinde-säckel abführen mutzte. Dem Ueberbringer deS Geldes wurde nunnicht etwa, wie das selbst. in den lleinsten Gemeindebureausüblich ist, eine amtliche Quittung, sondern ein jedenfallsvon der ReichStagSwahl zurückgebliebener Stimmzettel, auf denOberbürgermeister Oskar Ziethen-Lichtenberg lautend, ausgehändigt,auf welchem ganz kurz mit Blaustift die Worte: Lustbarkeit»,st euer BredelLM. vermerkt waren. Von wem da» Geld inEinpfang genommen, ist nicht vermerkt, auch entbehrt der Zetteljedes Stempels.Eine solche GeschäftShandhabung heißt die Sparsamkeit doch schonetwas au-* die Spitze treiben und entspricht im Zeitalter des entwickelten Handels und Verkehrs wohl noch krämerhaften Ge-pflogenhetien, nicht aber der Geschäftspraxis einer königlichpreußischen Amtsverwaltung. Der Ueberbringer desGeldes hätte recht getan, wenn er die Annahme einer solchen Quittungstrikte abgelehnt hätte.Adlershof.Durchgreifende Aenderungen sind, wie aus dem JahreSbnichtder gemeinsamen Ortskrankenkasse für Adlershof unb Umgegendhervorgeht, im Laufe des Jahres in der Verwaltung der Kasse vor-genommen worden. An Stelle des Arbeitgebers Hausen als Vor-sitzender wurde der Arbeitnehmer Max Knappe gewählt. Die Wahlder Vertreter zur Generalversammlung findet jetzt nach Bezirkenstatt und— was die Hauptsache ist— eS ist endlich im Statut be-stimmt, daß jeder Arbeitgeber, welcher Beiträge aus eigenen Mittelnzahlt, n-ur eine Stimme bei der Wahl führt; früher vereinigte ersoviel Stimmen auf sich, als er Beiträge für jedes Mitglied zahlte.An Beiträgen sind im Jahre 1911 mehr eingegangen 95 767,64 M.Diese Mehreinnahme ist weniger auf die größere Mitgliederzahlzurückzuführen, als auf die, nach vielen Kämpfen mit den Arbeit,gebern durchgeführte Bemessung der Beiträge nach Lohnklassen. DieAusgaben für ärztliche Behandlung betrug 43 011,94 M. und über-steigt das Vorjahr um 4633,86 M. Die Erhöhung dieser Position istauf den ständigen großen Krcmkenbestand zurückzuführen undspiegelt somit die ganze Misere des Wirtschaftslebens der Arbeiter-schaft wieder. Auch an Krankengeldern sind entsprechend der größerenKrankenzahl größere Summen- zur Auszahlung gelangt; die Mehr-ausgäbe von 36 313,03 M. gibt indessen nach dieser Richtung keinklares Bild, da ja mit in Erwägung zu ziehen ist, daß die Kassen-leiswngen durch die Einführung der Staffelbeiträge erhöht wurden.An Angehörigenuntcrstützungen wurden mehr ausgezahlt 1744,38Mark, die Wöchnerinnenunterstützung betrug im Berichtsjahre8030,90 M., gegen 1910 ein Mehr von 2108,79 M. Für Kur- und