Tritt. Sie mit Ihrem ganzen Jimierheer. die die Ungerechiig- keit und die Lüge auf Ihrer Stirn geschrieben habe», und die Gerechtigkeit, und Khristlichkeit allen Hohn spotten. Die wenn ein Armer Mann Ihnen Ihre Himmelichreiende Ungerechtigkeit bor » bällt, herausgeworfen und Mißhandelt wird. Die Welt wird über kurz oder lang in Staunen versetzt werden, und befriedigt iverden." Jeder nicht an Nervenüberreizung leidende Mensch würde solche Zuschriften nach flüchtigstem Lesen als dumme Witze dem Papierkorb überliefern; wenigstens haben es bisher sozialdemokratische Redakteure und Abgeordnete stets so ge- halten, trotzdem die ihnen zugegangenen Schmäh- und Droh- briefe noch viel zahlreicher waren und gar noch schauderöser lauteten. Nur in ganz seltenen Fällen hat einmal ein Sozial- demokrat des Scherzes wegen solch eine Stiliibung ver- öffentlicht. Dem Präsidenten des preußischen Abgeordnetenhauses blieb es vorbehalten, solch ab- gcschmackte Albernheiten tragisch zu nehmen I Es ist nur gut, daß sich daS Abgeordnetenhaus schon am 23. vertagen will, sonst wäre eS allerhöchste Zeit, den Präsidenten schon vorher in Urlaub zu schicken! Die Begeisterung für den Luftmilitarismus hat auch eine Anzahl ostprcußischer Städte erfaßt. Die Stadt Alle»stein hat den Einfall gehabt, dem neue» 20. Armeekorps ein Flugzeug.Allenstein ' anzubieten. Die Stadtverordneten- Versammlung hat— vorläufig— ganze 6000 Mark bewilligt. Sollte durch die.freiwilligen� Sammlungen, die von den.Damen der Gesellschaft' besorgt werden, nicht die erforderliche Summe zusammenkommen, so will die Stadtverwaltung großmütig auch bis zu 10 000 M. spenden. Andere Städte wollen nun nicht zurückstehen und so beabsichtigen zwanzig masurische Städte ein Flugzeug mit dem Äamen „Masuren ' zu stiften. Die Aufbringung der erforderlichen Mittel soll durch Beiträge der Kreise und Städte, sowie durch Sammlungen in den einzelnen Städten erfolgen. In der Hauptsache sollen also auf Kosten der Steuerzahler die Flugzeuge gestiftet werden. Dabei herrscht in den meisten oft- preußischen Städten große Finanznot. Fast überall sind die Ge- meindesteuern enorm hoch; für gemeinnützige Zwecke ist herzlich wenig übrig. Die Stadt Allenstein . die hier.bahnbrechend" vorgegangen ist, hat noch bis in die letzte Zeit hinein ganz arme Dien st boten und Witwen besteuert. Kürzlich wurde in der Stadtverordnetenversammlung erklärt, die Dienstboten könnten auch nach wie bor Steuern bezahlen. Um wenigstens völlig arme Witwen von der Einkommensteuer zu befreien, hat man beschlossen, Einkommen st euer erst bei einem Einkommen von 3 0 0 M a r k an pro Jahr zu erheben. Und diese selbe Stadtverwaltung fyendet Tausende für den LuftmilitariSmuS. Die erste Parade deS Wehrverews. Der deutsche Wchrverein hielt am Sonntag in Berlin seine recht mäßig besuchte Hauptversammlung ab, die auch ziemlich stim- -mungSloS verlief. Der Vorsitzende, General Keim, berichtete, daß der verein 33 000 Einzelmitglieder und 10 000 körperschaftliche Mitglieder erworben hat, bedauerte jedoch, daß gerade in den Ercnzprovinzcn, die doch besonders interessiert sein müßten, die Sache nicht recht vorwärts gehe. Aus den langen Reden, die Ge- ncral Keim sowohl am Beginn der Versammlung wie während ihres Verlaufes hielt, mag nur eine Klage darüber hervorgehoben sein, daß man den Wehrverein dcS EhauviniSmuS bezichtigte. Er wies diese im Reichstage und selbst vom Reichskanzler geübte Kritik zurück und meinte, daß eine größere Empfindlichkeit der amtlichen Stellen für Deutschlands Ehre und Würde gar nicht schaden könnte. Natürlich protestierte er auch unter lebhaftem Beifall der ver- sammelten Reserveoffiziere dagegen, daß man eS in Deutschland wagen dürfe, sein Vaterland herabzusetzen. Ter Generalleutnant a. D. Litzmann sprach über die Stellung des Wehrvereins zur HcereSvorlage. Er spendete den I ärgerlichen Parteien deS Reichstages zwar Anerkennung für ihre Vewilligungsfreudigkcit und meinte, daß die Regierung hieraus doch den Schluß ziehen werde, im nächsten Jahre zur 100jährigen Feier deS sogenannten Befreiungskrieges mit recht viel höheren Forderungen herauszuloinmen. Dann kritisierte er die eben an- genommene HcereSvorlage als durchaus unzureichend, wobei er be- sonders bemerkte, daß unsere Wehrpflicht keine allgemeine sei, und jährlich 70 000 wehrpflichtige junge Männer nicht militärisch ausgebildet werden. ES wurde dann nach dem Beispiel Frank- reich» gefordert, daß schon im Frieden die Offiziere und Unter- ofs-ziere für die im Kriegsfälle zu bildenden Reserveregimenter aitiv vorhanden sein sollten. Eine entsprechende Resolution, in der auch sonstige Forderungen auf Verstärkung der Rüstungen ent- halten sind, wurde einstimmig angenommen.„,- Hierauf sprach der greise Natwnalökonom Professor Adolf Wagner über Deutschland » Wehrmacht. Seine Anschauungen sind belannt. es mag nur hervorgehoben werden, daß er betonte. die sozialdemokratische Arbeiterschaft müsse doch auch einsehen, daß die Rüstunacn die Vorbedingungen des wirtschaftlicheu Gedeihens sind; und daß die Kosten für diese Rüstungen dann auch bezahlt werden müßten. Am Schluß forderte er jedoch, daß die erhöhten Lasten für militärische Ztvecke, die er vom deutschen Volke ver- laugt, gerecht verteilt werden müßten, und ztvar durch direkte Steuern auf Besitz und Reichtum. LöhnnngSerhöhung bei der Marine. Wie bei der Armee, so wird auch bei der Marine vom 1. Oktober 1912 eine Erhöhung der Löhnung eintreten und zwar sollen erhalten: für Obermatrosen. Ob-rmasckiinistenanwärter.«rtilleriemechanlker- nnd Funkentelegraphic-Oberanwärter als Kapitulanten 3V9,S0M. für Mairosen. Maschinlstenanwärlcr.«rtilleriemeckaniker und Funkenlelegrapbieanwarter als Kapitulanten 381.60 M. für alle übrigen Kapitulanten(ausschließlich Marineinfanterie) � 884,80 M. M für Gemeint mit Obermatrosenrang(ausschließlich Marineinfanterie) 280.80 M. für Gemeine und Schiffsjungenunteroffiziere(auSschließltch Marine- infanterie) 262,80 M. für Kapitulanten der Marineinfanterie 226,80 M. für Gefreite der Marineinfanterie 172.30 M. für Gemeine der Marineinfanterie 164.80 M. für Seekadetten 614.30 M. Auch die UebungSgelder der Mannschaften de» Beurlaubten- standeS werden erhöht und zwar für Unterofsiziere um 12, für Gemeine um 8 Pf. pro Tag._ Dem Verdienste seine Krone. Als Nachfolger deS kürzlich verstorbenen LelterS der sozialpoli- tischen Abteilung der Hamburg-Amerika-Linie Direktor Huber ist der Rcichstagsabgeordnete und.große" Sozialpolitiker Dr. Heckscher in da» Direktorium der Hamburg-Amerika-Linie berufen worden. frznhrcxdy. Das Ergebnis der Stichwahlen. Paris , 13. Mai. (Eig. Ber.) Was die gestrigen Stich- Wahlen für die Gemeindevertretungen ck)arakterisiert, sind die die Erwartung der meisten Parteigenossen übertreffenden Erfolge der geeinigten Sozialisten. Sowohl in Paris und seiner Umgebung, wie auch in großen und kleinen Provinzgemeinden hat die Partei die Zahl ihrer Vertreter vermehrt. Eine Reihe wichtiger großer Provinzgemeinden, die ehemals von ihr verwaltet waren, hat sie zurückgewonnen, in einer Menge kleinerer Orte zum erstenmal Fuß gefaßt. In Paris hat sie fünf neue Bezirke gewonnen und von den zwei in der Stichwahl stehenden einen behauptet, so daß die Zahl der sozialistischen Vertreter nunmehr 15 beträgt. Bedauerlich ist die Niederlage N a v a r r e s im 13. Arron- dissement, doch ist zu bedenken, daß Navarre 1908 als„un- abhängiger" Sozialist gelvählt worden und erst später der Partei beigetreten lvar. Unter den gestern Gewählten sind D o r m o y, der Sekretär der Seine-Föderation, C a ch i n, einer der vom Parteivorstand angestellten Propagandisten, und Genosse Reiß, ein in Partei, Gewerkschaft und Ge- nossenschaft gleichermaßen tätiger Veteran der Pariser Ar- beiterbewegung, zu nennen.— Die Zeche des gestrigen Tages haben ausschließlich die R a d i k a l e n zu tragen. Die Rechts- Parteien hielten ihren Besitzstand aufrecht. Sehr bemerkens- wert ist, daß die Sozialisten ihre Siege den Stimmen der „unabhängig-sozialistischen" Wähler verdanken, die zum Teil der Ordre ihrer Kandidaten entgegengesetzt stimmten. Der „Radical" schreit schon über Verrat, aber sogar ein der ge- einigten Partei mit solchem Haß gegenüberstehendes Organ wie die„Petite Republique" muß zugeben, daß die Partei ihre Pariser Siege nicht einer„Allianz mit der Reaktion" zu danken hat. Sehr schöne Resultate hat die Partei in den Vororten aufzuweisen. St. Denis, das schon längere Zeit von den Sozialisten verwaltet worden war, wurde zurückgewonnen. A l f o r t v i l l e und Kremlin-BicStre behauptet, Saint- Quen und P u t e a u x erobert. In Cham - p i g n y drangen 10 Sozialisten durch und sind jetzt die stärkste Gruppe im Gemeinderat. Von besonderer Bedeutung ist die Zurückeroberung der drei großen Städte Toulouse , Brest und N o u b a i x. Toulouse , die politische Hauptstadt des Südens, war zuletzt in den Händen der Radikalen. Brest war 1908 der Partei von den vereinigten Bürgerlichen abgenommen worden, nach einer wüsten, in Büchern und Zeitungen betriebenen verleumderischen Hetze, deren übelriechendste Unratprodukte ein Export- artikel für die internationale Scharfmacher- und Pfaffenpresse wurden.— Gestern drangen 18 Sozialisten durch, 3 waren schon im 1. Wahlgang gewählt, die anderen Parteien haben 15 Vertreter.— Nicht minder erfreulich ist der Sieg in Roubaix , dem„sozialistischen Mekka", wie die Bourgeoispresse einst höhnend sagte. Die sozialistische Verwaltung dieser � mit Lille — ersten großen Gemeinde, die eine von der organi- sierten Arbeiterschaft gewählte Vertretung hatte, spielt in der Geschichte der sozialistischen Kommunalpolitik eine dem inter - nationalen Proletariat bekannte Rolle. Behauptet wurde die Mehrheit in Nim es, erobert Dragnignan im Departement Var im äußersten Süden, in A n k i ii siegte eine gemischte sozialistische und radikal- sozialistische Liste über die Radikalen, De na in wurde von der Partei behauptet. In T o u l o n wurde die Partei in die Minderheit gedrängt, sie behält 14 Mandate gegen 22. In Lyon , wo die Partei bisher nur einen Vertreter im Gemeinderat hatte, hat sie jetzt 12. In B o r d e a u x wurde die gemeinsame Proporzliste gewählt. Die Sozialisten haben 17 von 36 Mandaten.— Die Fortschritte in kleineren Orten sind sehr beträchtlich, in ihrer Gesamtheit aber noch nicht zu überblicken. So läßt sich aus den diesjährigen Gemeindewahlen ein Vormarsch der sozialistischen Partei feststellen, der freilich in der offiziellen Statistik, die nach„Hauptorten" der Depar- tements rechnet und dabei mit ganz unvergleichbaren Größen operiert, nicht zum Ausdruck kommt. Sicher hat die Partei auch empfindliche Verluste erlitten— vor allem ist hier Mar- seille zu nennen—. aber sie werden durch Gewinne in den meisten großen Städten mehr als wettgemacht. Wichtiger noch ist aber das Eindringen des Sozialismus in die kleinen Jndustricgemeinden namentlich des Nordens und in die länd» lichen Orte des Südens. Und die Partei darf auf diese Rc- sultate mit um so größerer Befriedigung zurückblicken, als sie sie— mag bei den Stichwahlen auch manche Kombination ntit den Linksparteien oder auch mit den proporzfeindlichen Progressisten mitgeholfen haben— vor allem einer mit Eifer und prinzipieller Entschiedenheit geführten Propaganda verdankt. England. Ein Umschwung i» der englischen Zeitimgöindustrie. London , 11. Mai. (Eig. Ber.) von Montag, den 18. Mai, ab wird sich da« historische linksliberale Blatt, die„Daily News", das einmal von Charles Dickens redigiert wurde, mit dem links- liberalen„Morning Lcader" verschmelzen und unter dem Namen „Daily New« und Leader" erscheinen. Beide Blätter vertraten bis- her die Poliiik der entschiedenen Linksliberalen und legten zuweilen einen solchen Grad von«rbeiterfrcundlichkeit an den Tag, baß manche, die die Taktik deS englischen Liberalismus nicht verstehen, glaubten, sie steuerten auf den Sozialismus hin. Beide Blätter haben sehr tüchtige Mitarbeiter und eS kann daher nicht die zwei- malige Darbietung des gebotene» Lesestoffes sein, die den für die Verschmelzung verantwortlichen Rückgang der Leser- zahl vermocht hat. Die Ursachen des LeserschwundeS liegen in einer anderen Richtung. DaS Bürgertum wendet sich immer mehr der Sorte des Liberalismus ab, die in L l o y d E e o r g e ihren Houptvertreter findet, nachdem er eingesehen hat, daß die liberale Sozialreform die Unzufriedenheit der Mafien nicht ver- ringern und die EntWickelung der Arbeiterschaft zur politischen Selbständigkeit nicht aufhallen kann. Zudem hat sich die Londoner Arbeiterschaft im„Daily Herald" ein eigenes Organ geschaffen, daS nach den Angaben der ZeiiungSverkäufer täglich an Lesern gewinnt. Vereint werden nun die„Daily News" und der„Morning Leader" den Kampf gegen die„Daily Ehronicle" aufnehmen, die mit ihrem großen Leserkreis und elastischem Gewissen der liberalen Partei daS ist. was die„Daily Mail" der konservanven Partei ist. Zur Verschmelzung der beiden Blätter wird auch der Drang nach Konzentration beigetragen haben, der sich in den letzten Jahren in der kapitalistischen ZeitungSindustrie Großbritanniens äußerst stark geltend gemacht hat. Ein«einer Betrieb nach dem anderen geht ein oder wird von dem stärkeren aufgekauft. Gegenwärtig suchen nicht weniger al« vier Londoner Blätter, die nur noch schwer mitmachen können,«inen Käufer. Im konservativen ZeitungSlager vollzieht sich eine ähnliche Wandlung wie im liberalen. � Einige der altmodischen konservativen Blätter haben einen schweren Stand. Namentlich die keit kurzem von dem Draufgänger Garbin, dem Redakteur deS Wochenblattes„Obscrver", redigierte„Poll Mall Gazette" zieht die sonservativen Leser zu Tausenden an sich. Die Vorgänge im Zeitungswesen sind sehr bezeichnend für die innerpolitische EntWicke- lung Englands._ Die Regelung der MindestlShne. London . 14. Mai. In Steffordfhire und L a n- c a s h i r e sind von der Lohnkommission Mindest löhne festgesetzt worden. Die Lohnsätze, welche in einer ganzen Reihe von Fällen das von den Arbeitern geforderte Minimum von fünf Schilling übersteigen, sind unter Zustimmung der Arbeit- geber und der Arbeiter zustande gekommen.— Die Lohnkommission von Süd-Wales beschloß, mit der Beratung der Mindestlöhne nicht fortzufahren, so lange die Delegierten der Bergleute sich fernhalten. Der Vorsitzende der Kommission Lord St. Aldwin lehnte sowohl die Anträge der Arbeiter auf Erhöhung der Lohnsätze als auch die Anträge der Arbeitgeber auf Herabsetzung ab. Marokko. Verstärkung der nordafrikanischen Truppe«. Paris , 14. Mai. Die Zuaven-Bataillone. die in Paris und Lyon in Garnison standen, werden nach Algerien und Tunesien zurückkehren, um die dort nach Marokko entsandten Truppenteile zu ersetzen. Die Affäre der Farm Renschhausen. Dresden , 14. Mai. Zu der Nachricht französischer Blätter, daß die Farm Renschhausen in Marokko Deserteure versteckt habe, hat Adolf Renschhausen in Kötzschenbroda von seiner Firma in Tanger folgendes Telegramm erhalten: Französische Preßnachrichten sind unzutreffend. Unsere Leute in Ulad- Bessam verneinen aufs bestimmteste, Deserteure auf der Farm versteckt zu haben. Am 7. Mai hat die französische Gesandt- schaft in Tanger auf Grund der vom kaiserlichen Gesandten Freiherrn v. Seckendorff gemachten Vorstellungen durch Eil- boten vom französischen Kommando Aufklärungen verlangt. Die sind bis heute nicht eingetroffen, obgleich die Antwort bereits am 10. Mai hätte in Tanger sein können. Em der Partei. Mein letztes Wort. Daß KautSky den von ihm und dem Genossen Bebel ohne jede Not an die OeffeiUlichkeit gezerrten Streit jetzt abzubrechen wünscht, ist mir begreiflich. Ich bin ihm auch dankbar dafür, daß er mir er- leichtert, seine Wünsche zu berücksichtigen, indem er Waffen wählt, die ich verschmähen muß, weil sie die einfachsten Gebote der Schick- lichkeit und des Takts verletzen. Der„große Unbekannte", mit dem KautSky mich zu verhöhnen sucht, ist eine verehrungswürdige Per- sönlichkcit, die ihm ungleich näher steht ol« mir. In der Tat, die Wahl der Waffen zeugt für die Güte der Sache. Es bleibt dabei, daß KautSky zweimal— in Anknüpfung an einige, dem Parteivorstande mißfällige Artikel— die kategorische und positive Forderung an mich gestellt hat, ich solle mir daS feit 21 Jahren gewohnte Maß publizistischer Bewegungsfreiheit ein- schränken lassen. DaS ist dieselbe Methode, die in der kapitalistischen Presse herkömmlich ist, um unbequemen Mitarbeitern die Pistole auf die Brust zu setzen. Gegen die Tatsache kann KautSty nichts ein- wenden, als daß ich den Vorschlag gemacht habe, während seiner Abwesenheit von Berlin die Spitzartitel einzustellen. Dieser Vor« schlag, der jeden Konflikt ausgeschlossen hätte, soll ihn berechtigt haben, mir ztveimal eine schimpfliche Demütigung anzusinnen l WaS den Parteivorstand anbetrifft, so sagt dieser in seiner neulichen Erklärung, zu dem Tadel meines Artikels:.Kronprinzliche Fronde" fei er durch die Jenaer Resolution gezwungen gewesen, die ihn beauftrage, gegen jede„gehässige persönliche Art der Diskussion" einzuschreiten. Das erkenne ich gern an. Aber KautSky verdächtigt mich, wegen diese? Tadels hätte ich dem Parteivorstand ewige Rache geschworen. Du lieber Himmel I ES gibt Dutzende von Parteigenossen, denen ich den Tadel auS freien Stücken mit- eteilt habe, und jeder von ihnen könnte mir bezeugen, daß ich da- ei schlechterdings nichts von irgendwie düsteren Enipfindungen ver- raten habe. Und wie hätte ich bis auf den Tod betrübt sein sollen, nachdem ich schon vor dem Tadel des Parteivorstandes das Lob Knutslys eingeheimst hatte:„Ich habe den Artikel mit großem ästhetischen wie politische» Vergnügen gelesen. Er ist ebenso frisch und fein in der Forin wie kernig in: Inhalt, er zeigt Sie wieder ganz auf der Höhe. Ich freue mich sehr darüber." In der Tat hat mich daS Lob des Einen so wenig erschüttert wie der Tadel der Anderen. Ich tue meine Partcipflicht nach bestem Wissen und Ge- wissen und halte mich übrigen? an den alten Spruch i Wer da bauet an der Straßen, muß die Leute reden lassen. _ F. Mehring. Totrnliste der Partei. In Elberfeld starb im Atter von 40 Jahren Genosse Emil Backhaus an einem Krebsleiden. Der verstorbene ist seit Jahren in der gewerkschaftlichen und politische» Arbeiterbewegung hervor» ragend tätig gewesen, von 1900 bis 1906 hat er an oen Kämpfen der Arbeiter von Hagen und Umgegend teilgenommen. Am 1. Sep- tember 1906 wurde Genosse Backhaus in Elberfeld als Sekretär de? Verbandes der Maler und Lackierer jc. Deutschlands angestellt, welchen Posten er bis zu seinem Tode in treuer Pflichterfüllurg aus- füllte. Aber nicht nur in den gewerlschastlichen, sondern auch in den politischen Kämpfen stellte unser nun toter Genosse seinen Mann. Seit etwa drei Jahren war Genosse Backhaus ferner Mitglied des Niederrheinischen sozialdemokratischen AgitationSkomitecS. das in ihm einen gewissenhaften und sachkundigen Mitarbeiter verliert. Auch gehörte er in letzter Zeit der Preßkommission unserer Elberfelder Parteileitung an. Die Partei wird sein Andenken in Ehren hakten. In C h e in n i tz starb im Alter von 33 Jahren Genosse Franz Zuckschwerdt. Unter dem Sozialistengesetz wirkte der Per- storbene für Ausbreitung der gewerkschaftlichen und politischen Organisation in Leipzig und fiel schließlich der Ausweisung zum Opfer. Damals wandte er sich nach Chemnitz , wo er in' ver- schiedenen Fabriken arbeitete, sich bald aber durch seine Agitations- und Organisationsarbelt bei dem Unternehmertum verhaßt niachtc, daS ihm keine Beschäftigung mehr gab. Durch einen Kohlenhandel hat er sich eine lange Reihe von Jahren durchs Leben geschlagen. Bis an sein Lebensende bat er in den Reihen der tätigen Genossen gestanden und mitgearbeitet an dem Aufstieg der Arbeiterklasse. Ein Irenes Andenken ist dem Genossen Zuckschwerdt sicher. Sozialdemokratische Wahlcrfolgr in ber Schweiz . In den Kantonen Solothurn und Neuenburg fanden am Sonntag die kantonalen und kommunalen Wahlen statt, die der Arbeiterschaft Erfolge brachten. Die nach dem Proporz borge- nommenen solothurnischen KantonsratLwahlen ergaben für die so- zialdemokratische Partei 4424 Stimmen und 25 Mandate(1908: 4000 bzw. 22). � Die Gemeindewahlen im Zhanton Neuenburg fanden eben- falls nach dem Proporz statt und es wurden gewählt in Chaux de Fonds 19 Sozialdemokraten, 14 Radikale und 7 Liberale; in Le Loclc 27 Sozialdemokraten und 13 Radikale; in Neuen- bürg 15 Liberale, 14 Radialle und 11 Sozialdemokraten. Auch im Kanton T es sin brachten die jüngsten Gemeinde» Wahlen der Arbeiterschaft hübsche Erfolge, so namentlich in der Kantvnshauplstadt Bcllinzona, wo 8 Sozialdemokraten, 32 Radi- kale und 10 Konservative gewählt wurden. Unsere Partei gewann zwei Sitze auf Kosten der letzteren.
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