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befindet. Dort hielt auch der Verein seine Sitzungen ab. Die Permittelung erfolgte unentgeltlich. Da die Nachfrage nach Kellnern über die Zahl der Mitglieder manchmal hinausging, so wurden zuweilen Inserate erlassen, zum Beispiel folgenden In- Halts:KV Kellner verlangt Burgstraße 10." Die bereinsfremden Kellner, für die die Vermittelung ebenfalls unentgeltlich war, hielten sich, wenn sie auf die Vermittelung warteten, teils im Bureau, teils in deni Gastzimmer auf und machten bei der Frau Wilhelm eine Zeche in Speisen und Getränken. Die Einnahmen der Frau Wilhelm wurden dadurch in beträchtlichem Matze erhöht. Aus Grund dieses Tatbestandes verurteilte das Landgericht Herrn Wilhelm wegen Uebertretung des Stellenvermittlergesetzes zu einer Geldstrafe, weil er gewerbsmäßig die Stellenvermittelung betrieben habe, ohne die dafür vorgeschriebene Erlaubnis zu be- sitzen. Das Kammergericht verwarf dieser Tage die vom Angeklagten eingelegte Revision aus folgenden Erwägungen: Der Verein besitze keine Rechtsfähigkeit. Somit könne nicht sein Vorstand ver- antwortlich gemacht werden. Es sei vielmehr jedes Mitglied, das für den Verein tätig werde, verantwortlich. Daraus ergebe sich die Verantwortlichkeit des Angeklagten im Hinblick auf die Stellen. vermittelung, da er sie ausgeführt habe. Es frage sich, ob er sie gewerbsmäßig ausgeübt habe. In diesem Falle hätte er die Er- laubniS haben müssen. Es sei anzunehmen, daß er die Stellen- vermittelung auf eigene Rechnung und Verantwortung, wenn auch gleichzeitig mit auf Verantwortung und Rechnung der anderen Vereinsmitglieder, betrieben habe. Ferner sei anzunehmen, daß er es gewerbsmäßig getan habe, daß er es also getan habe, um dauernd einen Gewinn daraus zu erzielen. Und zwar insofern, als er im Auge gehabt habe, in der gedachten Weise das Einkommen seiner Frau aus der Gastwirtschaft dauernd zu steigern. Es sei gleichgültig, ob die Kneipe seiner Frau oder ihm gehörte. Der Zusammenhang zwischen beiden als Eheleuten bringe es mit sich, daß auch ihm zugute komme, was die Frau mehr gewinne. Da er die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Stellenvermittelung nicht hatte, so habe er sich strafbar gemacht. Ein Streik von Landarbeiter«. Auf dem Gute Grumbkow, Kreis Siolp, einem Herrn von Livonius gehörig, waren zirka 50 galizische Arbeiter mit dem Aus- sammeln von Kartoffeln beschäftigt. Laut Vertrag sollten sie für jeden Korb Kartoffeln, deren Inhalt 60 Pfund betragen soll, 6 Pf. erhalten. Tatsächlich enthielten die Körbe aber 8080 Pfund und merkten die Arbeiter diese Differenz erst später. Natürlich ver- langten sie nun eine größere Entschädigung, die ihnen nach langem Sträuben bewilligt wurde. Da nun durch diese Täuschung das 'Mißtrauen bei den Arbeitern geweckt war, ist selbstverständlich. Als sie nun am Sonnabend nicht den vollen Lohn erhielten, sondern nur eine Abschlagzahlung, wurden sie empört und wollten nicht weiter arbeiten. Selbst als am Montag der Rest des Geldes ge­zahlt wurde, hatten sie doch in ihrer großen Mehrzahl keine Lust weiter zu arbeiten. Infolge reichlichen Alkoholgenusses entstand deS Abends eine Katzbalgerei, bei der ein galizischer Arbeiter mehrere Arbeiter bedrohte und verschiedene Gegenstände zerstörte. Außerdem sollten drei galizische Arbeiter die- anderenArbeits- willigen" durch Drohen mit Mißhandlungen genötigt haben, die Arbeit einzustellen. Tatsächlich reisten dann am anderen Tage die übergroße Mehrzahl der Arbeiter ab. Dieserhalb hatten sich vor der Strafkammer in Stolp die Arbeiter WladislauS Kowilecki, Martin Czorson und Simon Kyrotowskv zu verantworten. Sie . sollen in diesemStreik" als Rädelsführer tätig gewesen sein. Sie bestritten aufs entschiedenste ihre Schuld. Sie erklärten, sie ~ l>aben die Arbeit nur eingestellt, weil sie kein Essen bekamen. Die Arbeiter, die später arbeiteten, bekundeten, daß keine Nötigung vor- lag. Demgegenüber sagten der Inspektor und Hofmeister aus, daß ihnen mitgeteilt sek von Arbeitern, daß sie sich bedroht fühlten. Ter Staatsanwalt beantragte,da in unerhörter Weise die Notlage des Besitzers ausgenutzt wurde, sogar das Doppelte zu verlangen", eine Gefängnisstrafe von je 3 Monate, da hier eine strafbare Ver- abredung zum Zwecke, erhöhte Löhne zu verlangen, vorliege. Das Gericht konnte dieser Deduktion nicht folgen und erkannte auf Frei- sprcchung der Angeklagten. Polizeiverordnungen gegen das Konkubinat. Eine alte kurhessische Verordnung, welche Strafvorschriften mit Bezug auf das Leben im Konkubinat enthält, erklärte das Kammergericht am 6. d. M. für ungültig. Die Verordnung be- zwecke den Schutz der Sittlichkeit. Diese Materie sei aber straf- rechtlich erschöpfend im Reichs-Strafgesetzbuch geregelt. Dieselbe Materie behandelnde Verordnungen hätten daneben keinen Raum. Die Angeklagten Pape und Meier wurden freigesprochen bezw. es wurde ihre Freisprechung durch das Landgericht Kassel aufrecht­erhalten. Das Toilettenwasser der Mönche von Vonifaz Maria in Ecker (Kärnten ). Mit einem recht eigenartigen Gründungsschwindel, auf tvelchen ein österreichisches Kloster und sogar das Staatssekretariat des Vatikans hineingefallen ist, wird sich am Freitag unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Gockel die 5. Strafkammer des Land- gerichts III zu beschäftigen haben. Angeklagt des Betruges gegen mehrere bekannte Berliner Finanzleute ist der. Kaufmann Karl Gladisch, der sich zurzeit im Auslande aushält, um dort eine neue Erfindung zu realisieren. Der Angeklagte hatte vor längerer Ze,t ein neues Toilettenwasser a la Eau de Cologne erfunden, von dem er sich sehr viel versprach. Um diese Erfindung genügend ausbeuten zu können, wandte er eine neue Methode an. Er wandte sich an den Prior deS Klosters Bonifaz Maria bei Klagensurth in Kärnten und verstand es auch, diesen für seine Idee zu inter- essieren, die dahin ging, daß ein von einem Kloster vertriebenes Toilettemnittel in allen katholischen Ländern einen reißenden Ab- satz finden würde. Tatsächlich kam auch zwischen dem Prior jenes Klosters und dem Angeklagten ein Vertrag zustande, nach welchem letzterem verschiedene Räume des Klosters zur Herstellung und dem Versand des Toilettenwassers zur Verfügung gestellt werden sollten. Außerdem sollte die Etikette der einzelnen Flaschen mit den Jnsignien des Klosters versehen werden. Für diese Gefällig- keit sollte das Kloster für jeden fertiggestellten Liter des Toiletten- Wassers den Betrag von 6,25 M. erhalten. Da die Erlaubnis zu einem derartigen Gewerbebetrieb den Klöstern nur von dem Papst selbst erteilt werden kann, wandte sich der Angeklagte mit Nnter- stlitzung des Klosterpriors an den Papst selbst. Der Bertrag wurde auch von dem Staatssekretär des Vatikans genehmigt. Der Angeklagte begann nun eine ganz ungeheuerliche Reklame für das klösterliche Schönheitsmittel zu machen, und zwar Haupt- sächlich in Oesterreich , Italien und Spanien , trotzdem ihm nach dem Vertrage jede auffällige Reklame ausdrücklich verboten worden war. Als diese Reklame schließlich tn den beteiligten Kreisen selbst unangenehm auffiel, machte der Prior des Klosters von jener Be- timmung Gebrauch und teilte dem Angeklagten mit, daß er den Vertrag für aufgehoben erkläre. Der Angeklagte soll nun wie die Anklage behauptet unter Verschweigung dieses Umstandes an mehrere bekannte Geldleute in Berlin herangetreten sein und diese zur Hergabe größerer Summen für das Unternehmen verleitet habe», indem er ihnen vorgespiegelt haben soll, daß es sich um ein glänzendes Geschäft handele, welches Millionen abwerfen würde. In dieser Sache stand schon einmal Termin an. der aber der Vertagung anheimfiel, da von den Rechtsanwälten Justizrat Leonh. Fricdmann und Dr. Hevbcrt Fuchs das damalige Nichterscheinen de? Angeklagten damit entschuldigt wurde, daß diesem ein Schaden von mehreren hunderttausend Mark entstehen würde, da er sich zwecks Gründung einer Fabrik, welche eine von ihm erfundene Methode zur Herstellung von Metallfäden für Glühlampen aus- beuten solle, im Ausland befinde. Das Gericht vertagte damals die Sache mit dem ausdrücklichen Hinweise, daß für den Fall daß der Angeklagte auch zu deni neuen Termin nicht erscheine, ein Steckbrief gegen ihn erlassen werde. Ji�tvischcu ist der Abt des Klosters Bonifaz Maria in St. Veit kommissarisch vernommen worden und hat eidlich seiner Ansicht dahin Ausdruck gegeben, doß er offenbar einem Schwindler in die Hände gefallen sei. Schießerei. Eine Revolverszenc, die sich in der Nacht bor Weihnachten in der Dresdener Straße nahe am Oranienplatz abgespielt hat, hat für den 23jährigen Kaufmann Ernst Lindig eine Anklage wegen Körperverletzung und Schießen in der Nahe bewohnter Gebäude zur Folge gehabt. Als sich L. in später Nachtstunde auf dem Heiin- ivege befand, wurde er von einem Kutscher Haupt und dessen Schwager Luhv> ohne jede Veranlassung angerempelt. Mit den Worten:Tu Affe, kannst doch den Hut abnebmen!" wurde dem L. der Hut einfach vom Kopf geschlagen, und als er sich dies verbat, schlugen die Beiden auf ihn ein, so daß er zu Boden stürzte. In feister Bedrängnis zog er einen Revolver und gab einen Schreck- schuh ab. Als er dann die Flucht ergriff, setzten ihm die Exzedenten nach und der eine schleuderte einen hölzernen Weihnachtsbaum- Untersatz, den er mit sich trug, ihm nach und L. wurde im Rücken getroffen. Er gab zum zweiten Male einen Schuß ab, ohne jemand zu treffen. Die Ivilde Jagd ging weiter; L. schoß zum dritten Male. und als er den Oranienplatz erreichte, kamen von den verschieden- sten Seiten Leute berbeigestürzt und schloffen sich der Verfolgung des L. an. Dieser kam in dem Gebüsch auf dem Oranienplatz zu Fall und gab. auf dem Bauch liegend, noch einen vierten Schuß ab. Dieser traf den Haupt in den Oberschenkel. Haupt muhte nach der nächsten Unfallstation und von dort nach dem jkrankcnhause Bethanien übergeführt werden. Das Schöffengericht hatte auf Grund dieses Tatbestandes den völlig unbescholtenen L. zu 3 Mo- naten Gefängnis verurteilt, wobei es von der Ansicht ausging, daß der an sich geringfügige Exzeß zweier gleichfalls unbescholtener Leute zu einem solchen Schießen mit dem Revolver keine aus- reichende Veranlassung gegeben habe. Bei der gestrigen VerHand- lung bor der 8. Strafkammer als Berufungsinstanz machte Recht?- anwalt Tucholski für den Angeklagten geltend, daß dieser �doch zweifellos in der Notwehr gehandelt und diese höchstens über- schritten habe, so daß er Wohl nur wegen de? Schießens in der Nähe bewohnter Hänser verurteilt werben könnte. Es wurde übri- gens festgestellt, daß die beiden Exzedenten nicht unbescholtene Leute Ivaren, der eine von ihnen vielmehr schon recht erhebliche Vorstrafen aufzuweisen hat. Das Gericht bob das erste Urteil auf, kam aber nicht zur Freisprechung des Angeklagten, sondern verurteilte ihn wegen der Körperverletzung zu 300 M., wegen des Schießens an von Menschen bewobnten Orten zu 30 M. und wegen Tragens einer Schußwaffe, ohne im Besitz eines Waffenscheins zu sein, zu 10 M. Geldstrafe._ eingegangene Druchrchriften. Familtculzenen. Vierzcbn Geschichten von Weib und Kindern, von Dienstboten und von der Wrllieele. Von Walter Harlan . 2 M.®tc Erscheinung. Novelle von Anselma Heine . 2 M. Der neue König. Roman von K. v. Perfall. 1 M. E. Fleische! u. Co., Berlin W. 9. Pfadfinderbuch für junge Miidche». Herausgegeben von E. v. Hopfs« garten. 2 M., geb. 3 R. O. Gmclin, München . Deutscher GcschtchtSkalcnder für ISIS. Begründet von K. Wipper« mann. 1. Heft. l,35 M. F. Meiner, Leipzig . Neue Frauenkleidung und Franenkultur. Hest 5.®. Braun, Karlsruhe i. B. Naturlviflenichaftl.'Dechn. Volksbücherei. HerauSg.: Dr.B.Schmid. 1721. Die Metalle«ach vorkommen. Gewinnung, Verwendung und wirtschaftlicher Bedeutung von Dr. K. A. Henniger. 1 M. Die Wiffeiischaft der Dchlosser«nd Blecharbetter von L. Wunder. 40 Pf.' 2626; Die Chemie der menschlichen Nahrungsmittel von Dr. H. Bauer. 60 Pf. 3435: Heizung und Hetzungsanlage« von K. Radunz. 40 Ps. Th. Thomas, Leipzig .