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Dr.tIZ. 29. IahtgW 2. ökilligr Ks Jdtiiiiitts" ßctliutr WlliMM Somtitg, 19. Ma!l912. Reichstag 'N> 65. Sitzung. Sonnabend, den 18. Mai 1912, nachmittags 1 Uhr. Am Bundesratstisch: von Bethmann Hollweg , Dr. Delbrück, v. Kiderlen-Waechter, Dr. Lisco. Auf der Tagesordnung steht der Etat des Reichskanzlers in Verbindung mit dem des Auswärtigen Amtes. Abg. Dr. David(Soz.): Da? Gefühl, dah uns andere Völker hinsichtlich der Leistungs- fähigkeit und Tüchtigkeit unserer Diplomatie überlegen sind, ist im deutschen Volke wohl allgemein. Das liegt zunächst daran, dab die Auslese bei der Besetzung der Stellen im auswärtigen Dienst nur aus einer ganz kleinen Kaste borgenommen wird, die sich durch ihre Ahnentafeln auszeichnet. Im Jahre 1910 hatten wir unter 49 Botschaftern und G e» sandten nur sechs von bürgerlicher Herkunft, und diese sechs auf untergeordneten Posten, und unter den Legationssekretären sah es noch schlimmer aus, da hatten wir nur zwei bürgerliche. Die Kaste, die das Privilegium auf den auswärtigen Dienst zu haben glaubt, zeichnet sich aber keineswegs durch besondere Intelligenz und Tüchtigkeit aus, in den letzten Jahren find sogar eine Reihe von Erscheinungen an Gerichtsstelle kon- statiert, aus denen hervorgeht, daß sich in diesen Kreisen mehr als in anderen Degenerationserscheinungen geltend machen. (Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Aus dieser Kaste selbst ge- schiebt die Auslese nach gesellschaftlichen Qualitäten, ein witziger Anekdotenerzähler hat Aussicht, Botschafter zu werden. ES ist ein schwerer Schaden, dost die Auslese dieser Funktionäre von einem Manne vorgenommen wird, der lediglich auf sein persönliches Urteil ange« wiesen ist, und der sich darin, was noch schlimmer ist, häufig bestimmen läßt von allen möglichen nichtkontrollierbaren Instanzen. In England, Frankreich , Amerika findet eine Auslese unter Männern statt, die sich im öffentlichen Leben bewährt haben. Daher ihre Ueberlegenheit über unsere Diplomaten. Ein weiterer Grund liegt in der nicht genügenden Ausbildung unserer diplo matischen Vertreter. Junge Leute, die sich in höfischen Formen aus- zeichnen, in Eigenschaften, die einen jungen Mann geeignet machen zum Löwen des Salons, haben Ausficht, im diplomatischen Dienst vorwärts zu kommen. Das mag zur Zeit Katharinas von Rußland gut gewesen sein, in unsere Zeit paßt e« nicht mehr hinein. In der Budgetkommission haben Vertreter aller Parteien über die «angelhafte Ausbildung unserer Diplomatea geklagt. Man sollte den diplomatischen Dienst nicht als gesonderte Karriere bestehen lassen, sondern mit dem Konsulatsdienst verschmelzen, so daß niemand in den diplomatischen Dienst eintreten darf, der nicht längere Zeit im Konsulatsdienst tätig gewesen ist. Der Konsulatsdienst bringt die Leute in viel engere Berührung mit den wirtschaftlichen Interessen des eigenen Landes sowie der Lander, in denen sie tütig sind. Unsere Diplomaten glauben immer noch, Geheimnistuerei gehört zum diplomatischen Beruf. Auch der jetzige Staatssekretär ist sehr darauf bedacht, die Mitarbeit der Volksvertretung in seinem Restart zu erschweren. Man weigert sich, dem Parlament Auskunft zu geben. Eine Folge dieser Geheimtuerei ist, daß unsere Diplomatie über die Verhältnisse des eigenen Landes schlecht informiert ist. Nicht einmal auf eine so bescheidene Anfrage wie die nach dem Stande der Verhandlungen über die Schiffahrts- abgaben mit Holland hat mein Freund Frank eine Ant« wort erhalten. Man erklärt einfach, man wolle keine Antwort geben und noch dazu in einem Tone, als ob man anderen Abgeordneten das Fragen verleiden will. Die Regierung sollte vielmehr das Jnstilut der kleinen Anfragen benutzen, um hier Aufklärung zu geben und dadurch den Leuten, die die Völker verhetzen, das Hand- werk zu legen. Auch in der Kommission, wo doch die Vertraulich keit gewahrt bleiben kann, bekommen wir keine Wir sollten nach dem Vorbild anderer Parlamente tag eine beständige Kommission für Angelegenheiten einsetzen.(Sehr richtig I Demokraten.) Augenblicklich flammen auf dem Erdenrund vier große Kriegs- brande. Man erlebt überhaupt nicht mehr die Zeit, daß nicht irgendwo geschossen und gemordet wird. Dieser Zustand entspricht gewiß nicht dem Jntereste der Menschheit, dem Interesse der Völker, dem Interesse des Fortschritts. Diesen Zustand zu beseitigen, mutz Aufgabe jedes Kulturmenschen sein. Es ist das alte christliche Ideal, aber auch das allgemein menschliche Ideal. (Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) ~>aS Borgänge in Ostasien anbelangt, so begrüßen wir es daß die Monarchie in China , u l a m m e n a e b r o ch e n ist und statt besten sich ein modernes Staatswesen herausbildet, daß das größte der Welt sein wird, dem Aufklärung. auch im Reichs- auswärtige bei den Sozial- Die Sinfonie der Caufend. Die loaenannte.Sinfonie der Tausend", v. i. die stNll Si'n?ni von Gustav Mahler . wurde für Berlin zum erstenmal am Freitag aufgeführt. Zwei wertere Aufführungen (ind für Sonnabend und Sonntag angesagt(jede im Z i r! u s Schumann). Wer sich es leisten kann� dem dürfen wir, auch um der hohen Verdienste der Ausführenden willen, mit gutem Ge- wissen raten, sich für heute das Anhören zu leisten. Wer Gelegen- heit hat. sich darauf vorzubereiten, versehe sich vorher Mit der Thematischen Analyse"(60 Vf.). lasse jedoch die Emleitung un- gelesen, um sein Gehirn nicht zu crnxichen. Wer eS nicht so weit bringt, versenke sich in den Schlußteil von Goethessauft, be- ginnend mitWaldung, sie sckwantt heran". Eine musikalische Landschaftsschilderung vom Orchester und von den Chören mit dem obengenannten Text leitet den zweiten der beiden Teile ein. aus denen das Ganze besteht. Es führt den Faust "text durch bis zu dem Endgesang!Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis usw. Vorbereitet wird er. bis in Einzelheiten hinein, durch den ersten Teil mit dem alten Kirchentext:»Komm. Schöpser Geist'. Wem mir noch weiter raten sollen, der mache sich auf eimgeS Ertragen gefaßt. Haben wir auch anfangs manchmal den Eindruck, als kreischten Ertrinkende, fojnirb doch sicher auch der ganz Unvor- bereitete und allesErklären Hassende mehr und mehr mitgerissen von den immer deutlicher und mächtiger Herportretenden großen und gewaltigen Grundzu�en des Werkes, das nun gleichsam als die böänte Steigerung dessen vor uns steht, was die nichtdramatische Musik bis dahin überhaupt erreicht hat. Ueber alles Süße und Reizende, über alle Tanz- und Tafelmusik hinaus ist das Werk so weit hinaus, daß man von ihm aus schwer zurückkehren wird zu der Alltagsleier, deren Minderwertigkeit wir solange nicht genügend gewahr werden, als uns nicht mif solche Weise gezeigt wird, was musikalische Vernunft ist. Allerdings nicht etwa Vernunft allein I Zwar liegt die größte Kraft deS Komponisten hier im RythmuS. und schon der Sprung gleich anfangs aus dem Vierviertel- in den Drei. viertel- und den Zwcivierteltakt, dann jedoch gleich zurück in die vier Viertel bis sich nach und nach der Rhythmus beruhigt und «u den stillen Höhen ein fach fester, tief imlkrM packende»Mdla-l nicht weniger als der fünfte Teil der Menschheit angehört. Wir billigen es durchaus, daß unsere Regierung erklärt, nicht irgendwie in die inneren Verhältnisse der jungen Republik eingreifen zu wollen. Es scheint aber, daß man von russischer Seite aus diese Politik nicht befolgt, sondern die Mongolei zu einem russischen Vasallen st aat zu machen sich bemüht. Das ist ebenso bedauerlich, wie daß man Rußland in die Lage gebracht hat, in P e r s i e n eine Raubpolitik zu treiben, die es dem Lande unmöglich macht, sich zu modernen Zu- ständen hindurchzuringen. Daß man in der Mongolei und in Persien Rußland freie Hand gelassen bat, erklärt sich aus der Spannung zwischen Deutschland und England. Dieser Spannungszustand beherrscht ja unsere ganze auswärtige Politik, Er gibt der ganzen politischen Situation, die wir vor uns haben, sein Gepräge. Auch die Borgänge bei dem italienisch- türkischen Kriege lassen die Wirkung dieser Spannung erkennen. Frhr. v. Marschall ist aus Konstantinopel weggegangen in dem Augenblick, wo es den Anschein hat, als ob die deutsche Politik in der Türkei gegenüber der englischen Fiasko erlitten hat. Die über- raschende Wendung, daß Italien eine Anzahl Inseln im Aegäischen Meer besetzt hat, steht im Widerspruch zu den Nachrichten, daß Italien von den europäischen Mächten die Bedingung auferlegt war, die Kriegssphäre nicht weiter auszudehnen, Man sagt, Italien habe sich über die Besetzung der Inseln mit England verständigt. Natürlich ist das dementiert worden, aber wenn man die Dinge betrachtet, so scheint es glaubhaft, und wenn das zutrifft, so hat England diese Konzession an Italien sicherlich nicht umsonst gemacht, und der Dreibund hat wiederum einen neuen Stoß bekommen. Wir stehen dann einer Konstellation von Frankreich , Italien und England gegenüber, durch die unsere wirtschaftliche Position auch m der Türkei erheblich verschoben werden kann. In der Kommission ist jeder Aufschluß hierüber verweigert worden und er wird auch wohl hier im Plenum verweigert werden. Alle diese Dinge sind zu verstehen aus der Spannung, die zwischen England und Deutschland herrscht, und noch weitere Schwierigkeiten werden sich darüber ergeben. Die große Frage der auswärtigen Politi! ist für die nächste Zeit die Entspannung zwischen Deutschland und England. Die Herbeiführung eines Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden großen Nationen. Trotz unserer Warnungen hat man die neuen Rüstungen bewilligt und wird sie wahrscheinlich auch in dritter Lesung bewilligen. Wenn etwas geeignet wäre, diesen Beschlutz noch zu erschüttern, so sind eS die jüngsten Erklärungen des englischen Marineministers Churchill. Was wir vorausgesagt haben, ist eingetreten. Im Hinblick auf unsere Flottenvermehrung wird in England noch in diesem Jahre ein Ergänzungsetat eingebracht werden,»m den Vorsprung, den Deutschland sich verschaffen will, um das Doppelte zu übertrumpfen. Das geschieht heute in Eng- land und bei einem liberalen Ministerium. Nach dem Burenkriege erklärten liberale Staatsmänner in England es für eine vor- nehme liberale Tradition, die F r a g e der friedlichen Ver- ständigung und die Frage der Rüstungseinschränkungen endlich zu lösen. Der Morineminister Goschen kündigte damals an, da- mit es nicht nur bei Worten bleibe, fondern der gute Wille gezeigt werde, daß das Marinebudget für 1906 um 160 Millionen Mark gekürzt werden solle. Diese Verringerung wurde auch vor- genommen.(Lebhaftes Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Nicht von einer Abrüstung wurde gesprochen, wohl aber von einer Begrenzung der Rüstungen, die geeignet fei, einen Still- stand im Weiterrüsten herbeizuführen. Aber von Deutschland wurde dies zurückgewiesen, und' die Folge war, daß die chauvinistischen Strömungen auch in England Oberwasser bekamen. Diese Wendung in England ist die Folge der Rüstungstreibereien in Deutschland . Kein geringerer als Herr«Holstein hat da» ein frevelhaftes Spiel genannt. Unsere Position zur See ist durch die Marinevorlage nicht gebeffert worden, der englische Minister Churchill hat voll- kommen recht, wenn er ausführt, daß, je weiter die Sache getrieben würde, desto günstiger die englische Position werde. Churchill ließ aber auch keinen Zweifel darüber, daß auf jede Verzögerung im deutschen Flottenbau auch prompt eine solche in England erfolgen werde. Die BerständigungSaktion ist eingeleitet worden durch die Entsendung deS englischen Ministers Haldane, und der Reichskanzler hat erklärt, es seien die Fragen der Kolonialpolitik mit ihm erörtert. Es wäre sehr wertvoll, wenn wir über den Stand der Angelegenheit Auskunft erhalten, nachdem der epileptische Anfall deS RüstungSkollcrs vorbei ist. Neun Zehntel aller Deutschen wünschen dringend eine friedliche Verständigung mit England, und ebenso neun Zehntel aller Engländer. So gut zwischen Frankreich und Rußland eine Verständigung mit England möglich war, obwohl diese Länder viel mehr Reibungsflächen mit England haben als wir, so gut mutz auch zwischen Deutschland und England eine Verständigung möglich sein. Der Kanzler mutz auch dem lärmenden Treiben der Minderheit ent« gegentreten, die ans mißverstandenem Patriotismus sich chauvinistisch geberdet. AuS mißverstandenem Patriotismus tun es freilich nur wenige Ideologen. Allerdings gibt es solche. dien" ansteigt: dieser Sprung entrückt uns machtvoll in die Eigen weit des Komponisten. Aber sie ist mehr, als sich irgendwie vernünftig" beschreiben läßt..- Der Dirigent hat zu seiner Linken ein Harmonium, bor sich ein Klavier, dann kommt die(wirklichhimmlisch" wirkende) Eclesta", dann das Harfenpaar, weiterhin der Spieltisch der Orgel. Im Halbkreis um den Dirigenten seitlich die Streicher, hinter dem Orgeltisch die Bläser, die mehrfach ergänzt und verstärkt sind, samt den ebenfalls reichlich vertretenen Schlaginstrumenten. Weiterhin zur Rechten der eine, zur Linken der andere Chor, jeder von ihnen in bekannter Weise aus Frauen, und Männerstimmen zusammen- gesetzt. Rückwärts, von einem zweiten Dirigenten geleitet, ein Kinderchor. In der Mitte die acht(5-f 8) Solisten. Ganz hoch oben auf der einen Seite ein Sonderorchester von 4 Trompeten und 3 Posaunen, daS erst zum Schluß mit einfällt. Man sage es nur offen, daß man manchmal den Eindruck deS Tollen oder selbst Scheußlichen hat, zumal im ersten, vorbereitenden Teil! Das liegt an zweierlei: erstens an dem. der den Riesenbau der Komposition noch nicht ganz durchblickt, und zweitens an der tödlichen Akustik. In unseren gewöhnlichen Raumordmmgen, und gar in einem Rundbau, wird derartiges zu einer Unmöglichkeit. Am günstigsten mag eS noch auf denschlechtesten" Plätzen sein. Anderswo bekommt man gleichsam losgerissene Trümmer ins Ohr geschleudert, die Violinen und Ehorposaunen kreischen, die Soli hören sich an, als kämpften sie um ihr Leben. Die gesamten Mitwirken- den stehen in einer Achse, die mindestens den halben Durchmesser deS Zirkus faßt. So geht eS nicht. Die Hörer müßten vor allem in der Fortsetzung der Längsachse gruppiert sein, und wirklich schön" klingen wird es doch nur, wenn auch dafür daSverdeckte Orchester" geschaffen sein wird. MahlerSachte" ist genugEr eignis", um mit der Zeit auch das zu vermittelll. 6Z. Humor und Satire. Die Verfassung. Hier die Konstitution l Meichsland, selbst regier' dich kiiiiftig, reif bist du ja lange schon, und, so hoff' ich, auch vernünftig. Hat doch neulich ein solcher einen Abgeordneten zur Ordnung ge- rufen, weil er den Krieg einen Hohn auf die Menschheit nannte. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Wie mag es in dem Kopf eines solchen Mannes aussehen, der sich noch dazu einen Christen nennt, und dann den Krieg als eine feste Institution des christlichen Glaubens und der Kultur anficht.(Sehr gut I bei den Sozial» demokraten.) Aber der Ideologen sind sehr wenige, die meisten Chauvinisten sind Geschäftspatrioten, die Millionen und aber Millionen an den Panzerplatten und am Kriegsmaterial verdienen. Gewissenlose Menschen, denen ihr Geldbeutel und ihre Karriere höher stehen als das Wohl ihrer Mitmenschen sind es, die Reklame für ncue Rüstungen machen. Ihnen das Handwerk zu legen, sollte die Aufgabe aller Parteien sein, die es gut mit dem Vaterlande meinen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Diese Hetzpatrioten sind in Frankreich und England an der Arbeit. Das ist ein Gr- schüft auf Gegenseitigteit. Aber die Arbeiter in allen Ländern wissen, daß ihre Interessen nur durch den Frieden gewahrt werden können. Sie(nach rechts) sagen zwar, in England und Frankreich machen unsere Parteigenossen die Rüstungen mit und seien gute Patrioten in Ihrem Sinne. Aber am 18. Februar wurde im englischen Parlament unserem Genossen Keir Hardie gegenüber ausgeführt, daß die deutschen Sozialdemokraten doch ganz andere Kerle seien, sie seien gute Patrioten und keine Revolutionäre.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten, Zuruf rechts: Da kennt man Sie eben nicht!) Aber Sie(nach rechts) kennen unsere auswärtigen Parteigenossen noch viel schlechter. Millionen und Abcrmillionen von Arbeitern stehe» mit UN» nnf dem Boden des Weltftiedens. Das tun sie nicht aus antinationalen Anschauungen, sondern im Interesse unserer Nation, zum Wohle unseres Vaterlandes. Denkt wirklich jemand daran, wir wollen wie die Normannen in Eng- land einbrechen und uns ein Stück Land aneignen?(Zuruf: rechts: Nein!) Ich konstatiere, daß auch auf der rechten Seite das als ausgeschlossen erscheint. Aber ebenso ausgeschlossen ist eS, daß in England jemand daran denkt, derartiges gegen uns tu unter­nehmen. Unser Handel mit England und seinen Kolom�i umfaßt jährlich drei Milliarden Mark. Im Falle eines Krieges würde dieser gesamte Handel sofort auf der Nase liegen. Man sagt, England hindert uns bei der Austeilung der Welt. Auch diejenigen. welche immer mehr Kolonien haben wollen, müssen sich doch sagen, daß sie das am ersten erreichen durch friedliche Verständigung mit England.(Sehr wahr I bei den Sozialdemolraten.) Die Regierung sollte die ganze Intelligenz, über die sie verfügt, aufbieten, um zu einer Verständigung mit Eng- land zu kommen. Das ganze deutsche Volk würde dann hinter ihr stehen. Damit wäre man der Idee der Sicherung des Weltsriedens um einen guten Schritt entgegengekommen. Auch in der Frage der Beseitigung des Seebeute­rechts würde man dann vorwärts kommen. Bor wenigen Tagen hat in diesem Hause ein hervorragender Staatsmann Australiens denselben Ideen Ausdruck verliehen. Möchte daS auch ein deutscher Staatsmann einmal tun l Möchten unsere Staatsmänner sich klar darüber werden, daß es die höchste Aufgabe ist, an der jede Nation mitzuarbeiten hat, bei Jnteressenkonflilten die friedliche Verständi- gung und den dauernden Frieden durch internationale Ver- träge sicherzustellen.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemolraten.) Seitens des Zentrums ist eine Resolution eingegangen, die einen Gesetzentwurf zur Regelung der Arbeitsverhält» nisse der fremdländischen Landarbeiter wünscht. Abg. Dr. Spahn(Z.): Die Verhältnisse in dem italienisch» türkischen Krieg sind durchaus noch nicht verändert. Die Einigkeit der Großmächte ist erhalten geblieben, und da? ist die Hauptsache. Was wir von dieser Einigleit erwarten können, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Von den Verhältnissen in Tripolis ist sehr viel gesprochen worden, von denen in Marokko aber noch gar nichts. Einige Ausführungen des Redners über Marokko und China bleiben völlig unverständlich. Auch wir wünschen, daß das Verhältnis zu England, das auch wirtschaftlich von größter Bedeutung ist, das beste, aber um nicht den Anschein der Schwäche zu erwecken, müssen wir unsere Flotte stark erhalten. Die Aufrecht» erhaltung des ScebeuterechtS ist eine dauernde Friedens- gefährdung. Die Ernennung deS Frhrn. v. Marschall zum Botschafter in London wird und kann die Richtlinien unserer Politik gegenüber England nicht ändern. Der Redner scheint Marschalls Ernennung nicht enthusiastisch zu begrüßen. Die letzte Rede Churchills war eine neue Bekräftigung seiner schon früher ge- äußerten Ueberzeugung von der Notwendigkeit der stärksten Flotte für England. Wir wünschen eine gründliche ökonomische Ausbildung unserer Konsularbeamten, die nicht einer beschränkten Zahl von Familien enmommen werden sollen. 40 000 M. für diese Aus­bildung sollen in den Etat für das nächste Jahr eingestellt werden. Maßgebend darf nur das nötige Wissen sein für die. Er- nennung der Konsuln.(Zuruf: Auch Journalisten!) Gewiß auch die. Die Schlußworte des Redners bleiben unverständlich. Abg. Dr. Oertcl(k.): Unser Vetternvolk jenseits des Kanals hat ja, wie uns Abg. Dr. David sagte, auch manche schöne Eigen- Sitz' im Landtag unverzagt und bedien' dich deiner Rechte. Aber das sei dir gesagt stets nur so, wie ich es möchte! Denn, o Reichsland , fällt'S dir ein, meine Pläne zu verderben, sagst du, wo ich ja will, nein schlag ich alles dir in Scherben. Bist du nicht ganz brav und still, willst dich nicht gehorsam ducken. willst nicht so, wie ich wohl will,. dann werd' ich dich überschluckcn. Das Dementi. Und schreit ihr euch auch heiser dort, die Wirkung zu vereiteln, bedenkt:an einem Kaiserwort soll man nicht drehn noch deuteln". Franz. Nottzen. Die Bayerische Gewerbeschau wurde in München am Sonnabend eröffnet. Sie soll nach der Festrede den Nachweis liefern,daß alles, was an Menschenwerk in die Erscheinung tritt, einem jeden, auch den mit Glücksgütern nicht Gesegneten, in einem echten, zweckmäßigen und künstlerischen Gewände dauerhaft und preiswert dargeboten werden kann".(Ein schönes Ziel, das aber in einer kapitalistischen Gesellschaft weder für die Produzenten noch für die Benutzer erreichbar ist.) Ein bedeutsamer Altertumsfund wurde in Uchtenhagen(Allmark) gemacht. Beim Pflügen fand man unter Steinen ein Gefäß mit einer Anzahl Bronzegegenständen, darunter schwere Arm« und Fußringe, zwei Spiralröhren und eine gerillte Mamchette. Der Fund wiegt annähernd 6 Pfund und gehört der ältesten Bronzezeit an. Neue Funde i» Pompeji . Bei den AiiSgrabiinaen in Pompeji wurde» neuerdings sechs aufjerordeiillich schöne ßreSlert' geiinilde in dcrselvcn Villa aufgefunden, wo bereits vorher verschiedene wertvolle Gemälde entdeckt Ware». ES handelt sich wahrscheinlich um das Werk eines griechische» Meisters. Der jetzige Annd ist der interessanteste an» den sämtlichen Ausgrabungen.