teuer» wird. Bekanntlich zeigt der Konsum des Trinkbranntweins aus allerhand Gründen eine rückschreitende Tendenz. Diese Tendenz wird ganz von selbst die Mahnahmen der Spirituszentrale hemmen, wenn sie den Trinkbrannlwein schrankenlos verteuern wollie. Wir haben versucht, alle Vorsichtsmahregeln zu treffen, um den technischen Spiritus konkurrenzfähig zu erhalten. Die Kom« missionsbeichlüsse stellen ein Kompromoh dar, an dem zwar niemand in allen Einzelheiten volle Freude hat, aus dem aber auch nicht einzelne Steine herausgenommen werden dürfen, ohne daß das Ganze zerbricht. Darum wird die Mehrzahl meiner Freunde alle Abändern ngsanträge ablehnen. Wenigstens ein Teil der Liebesgabe wird durch dieses Gesetz beseitigt. Da die Regierung und ein Teil der Rechten hierzu bereit sind, wurden wir es für einen grohen Fehler halten, wollten wir das Wort.Liebesgabe' jetzt nicht aus dem politischen Wortschatz ausschalteu. Wir werden also in der großen Mehrheit für das Gesetz stimmen. � Abg. Dr. Doormaun lVp.): Die Borlage bringt in ihrer jetzigen Gestalt mancherlei Verbesserungen, wenn wir auch mit vielem nicht einverstanden fein können. Auf die Frage der Liebesgabe will ich nicht eingehen, weil wir es für ganz aussichtslos halten, dah durch eins erneute Disknssion eine Einigung erzielt wird. Jedenfalls ist e-S durchaus unrichtig, wenn behauptet wird, wir hätten in der Liebesgabe ein Werkzeug der politischen Agitation gesehen. Wir brauchen ein derartiges Werkzeug nicht. sSehr richtig! links.) Außerordentlich bedauerlich ist es, daß zwar das Kontingent fällt, aber die Kontingentierung bleibt, die alles weniger denn ein Vorteil ist. Die LergällungSpflicht hat eine ge- Wiste Berechtigung, aber sie soll nicht schikanös gehandhabt werden. Deshalb lehnen wir jede Berschärfung des Bergällungs- zwanöes ab. Der Schatzsekretär versprach sich 3ö Millionen von der Beseitigung des Kontingents, davon hat ihm die Kommission 16 Millionen weggenommen. Aber wir glauben, daß auch der rest« liche Betrag nicht herauskommen wird. Man sollte nicht die klare Sachlage verdunkeln, daß diese Steuer vom Konsum getragen wird.(Bravo I links.) Abg. Graf Mielczynski(Pole) ist mit der Vorlage einverstanden. Die Polen beantragen ähnlich wie die Sozialdemokraten die Ver« Wendung der IS Millionen zur Herabsetzung der Alters- grenze und zur Unterstützung der Veteranen und Witwen. Abg. Frhc. v. Gamp(Rp.) lobt die Wirksamkeit der Spiritus- zentrale. Die Kommission kommt den Sozialdemokraten mit den 16 Millionen auf halbem Wege entgegen..(Abg. Wurm(Soz.): Ja, nur auf halbem I) Damit können Sie schon zufrieden sein. Es gibt kein Gewerbe, das so malträtiert wird wie das Branntwein- gewerbe. Wer würde sich das gefallen lassen, wenn die Landwirte nicht so geduldig wären.(Lautes Lachen bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Will(Z., Elsässer) wünscht weitere Vergünstigungen für die kleinen Obstbrenner. Abg. Dr. Weill(Soz.): Der Abgeordnete S p e ck hat vorhin in einer sehr anerkennend werten und schönen landsmannschaftlichen und parteigenossenschafb- lichcn Solidarität den Ministerpräsidenten von Bayern , Freiherrn von H e r t l i n g, in Schutz genommen, indem er dessen Aeuße- rung zitierte, die sich gegen die Linke und besonders gegen die So- zialoemokratie richtet. Ich kann dem Abgeordneten Speck für meine ganze Partei nur das wiederholen, was ich schon vorhin im Wege des Zwischenrufes sagte: daß wir die Liebesgabe aufheben wollen. Aber es handelt sich nicht um die Aufhebung der sogenannten Liebesgabe, sondern um die sogenannte Aufhebung der Liebesgabe. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere daran, daß vorher der Abgeordnete Keinath zugeben mutzte, daß die Liebes- gäbe noch nicht vollständig aufgehoben werde. Freiherr von Gamp sah sich durch den Charakter des Gesetzes dadurch veranlaßt, eine besondere Fürsorge der Gesetzgebung für die Agrarier zu wünschen. Ich möchte ihn jedoch warne», daß er sich damit aus böse Wege locken läßt, nämlich auf die schlimmen Wege des Sozialismus.(Heiterkeit.) Es ist sehr gefährlich, Eingriffe des Staates und seiner Gesetzgebung zu provozieren! Im übrigen standen mit diesen Bemerkungen seine Ausführungen über das malträtierte SpirituSgewerbe sehr in Widerspruch.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ob allerdings Ruhe in die Gesetz- gebnng kommt, ist eine andere Frage. Länger als drei Jahre kommt man mit diesem Gesetz doch nicht aus, denn dieses bunt zu- siimincngewürfelte, um nicht zu sagen zusammengeflickte Pfuschwerk ist doch nicht länger lebensfähig. Abg. S ü d e k u m hat bereits darauf hingewiesen, daß im Text der Begründung steht, daß das Kontingent wesentlich an Bedeutung verloren hat. Die- Liemes feuiUeton. Jerome K. Jcromc über die„Unruhe der Arbeiter." Ueber die »Arbeiterunruhe", die heute ein beliebtes Diökussionsthema hildet und die Einsetzung einer besonderen Ministerialkvmmisston veranlaßt hat, äußerte sich der bekannte Humorist, der auch sonst als Dichter und gründlicher Kenner des Volkslebens geschätzt ist, in einer Rede in Cambridge i» trefflicher Weise.»Es ist wirklich rührend, dieses plötzliche Verlangen der wohlhabenden Klaffe nach einem Zeitalter der Ruhe und Sicherheit. Die Welt soll ein sicherer Platz für den gutsituierten Mann werden. Der Arbeiter muß sich die Schwank« ungen des Arbeitsmarktes gefallen lassen, aber die Werchapiere deS gutstehenden Mannes sollen eine unwandelbare Größe sein. WaS be- deutet dies plötzliche Verlangen derer, die sonst immer so tapfer vom»Kampf um die Macht, Ueberleben de« Bestangepaßten, Gott hilft dem, der sich selbst hilft", zu reden wußten? Schlimm genug: auch der Ar- beiter fängt nun an, sich zu helfen. Darum ist dies Gebot nicht mehr so beliebt wie früher. Sonst hieß es immer:»Macht ist Recht", aber der gutstehende Mann von heute scheint ein plötzlich auf- wallendes Gefühl für die Lehren der Bergpredigt zu empfinden. Es ist freilich ein bitteres Unbehagen für die guten Leute, die fordern, daß der Arbeiter ruhig bleibe, damit die Welt ein behaglicher Platz für den gutstehenden Mann fei. Jerome Klapka , wie der Dichter mit seinem bürgerlichen Namen heißt, der mit soviel Humor und scharfer Ironie die„Weltanschauung" mit dem Motto: Hier lieg ich und besitze, kennzeichnet, hat sich vor einigen Monaten öffentlich zum Sozialismus bekannt. Japanische Modetorheiten. Mit der europäischen Kultur, die in Japan Eingang fand, ist auch europäische Unrast dort eingezogen. Unter den Bevölkerungen der großen Städte kommt beinahe jedes Jahr eine neue Mode oder besser gesagt Narretei auf. Angefangen hat diese Epoche der Modetorheiten mit dem Jahre 1873. Damals war„das Kamnchenjabr". Kaninchen hatte es bis dahin in Japan nicht gegeben: sie wurden als Kuriositäten eingeführt und mit un- erhörten Preisen(bis zu 1000 Dollar) bezahlt: es gab eine richtige Gpekulation in Kaninchen. Dann folgte das„Hahncnkampfjahr" (1874). Eine historische Uebersichi über die folgenden, einander jagenden Moden ist in einem bei Hans Bondy eben erschienenen Werk„Allerlei Japanisches" zu finden, das B. H. Chamberlain geschrieben Hot. Jhmzufolge war das Jahr 1882 die Parole zur Herausgabe von Diktjonäre». Um 1883 war auch die große Zeit für das Gründen von Gesellschaften, gelehrten und anderen, gekommen. Darauf kam Gymnastik und Sport auf im Jahre 1884—85. Eine wahre Lust an riesigen Leichenbegängnissen kennzeichnete die Jahre ���Während dieser Jahre herrschte auch in den Bcamtenkreisen -ine Evidemie von— wie man es am Platze nannte—„German measles"— die Manie, alles Deutsche nachzutfhmen, ohne Zweifel. ™ Yr Deutschland weniger„gefährlich", unverfälschter mvnarchisch man als das freie Angelsachsenwm. Das folgende Jahr schlug rmir neuen Kurs ein, indem man MesmerismnS, Trschrucken jmh iß km&ctte Tn Mode brachte: das Jahr 1888 erhob die Ring. �pft an- dem Niveau einer vulgären Volksbelustigung zum Range «wer Modenarrheit, ber der der damalige Pmmermimster, Gras selbe Anschauung finden wir in zahlreichen AeußerutkgSn von Fach- leuten und Interessenten wieder. Eine Resolution der Groß- destillateure und Branntweingroßhändler erklärte sogar, daß dieser Gesetzentwurf nur eine verschleierte Erhöhung der Berbrauchsabgabe sesi durch die der Konsum von neuem schwer belastet würde. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Am Schluß der Resolu- tion wird auch ausdrücklich gefordert, daß gleichzeitig mit dem Kon- tingent die gesetzlichen Vorschriften über den Durchschnittsbrand und den Vergällungszwang aufgehoben werden.(Erneutes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten). Wir haben dagegen in unserem Antrage zu Absatz 1 des 8 1 den Weg gewiesen, auf dem die Liebes- gäbe nicht scheinbar, sondern wirklich aufgehoben werden kann, »nd ich muß mich wundern, daß sich der Abg. Speck mit so billigen Einwendungen über den Antrag hinweggesetzt hat. Wir haben in der Kommission ausdrücklich erklärt, daß wir den aus der Vorlage erjvarteten Ertrag nicht einfach vernichten wollen, sondern daß wir bereit sind, eine Deckung für den Aussall zu finden, indem wir diese indirekte Steuer in dem Maße, in dem sie aufgehoben wird, durch eine direkte Steuer, z. B. die Erbschaftssteuer, ersetzen. (Hört! hört! links.) Der Einwand des Reichskanzlers, er wüßte nicht, ob i» diesem Haüie eine Mehrheit für die Erbschaftssteuer vorhanden sei, und habe sie deshalb nicht vorgeschlagen, existiert nach dieser Erklärung der Sozialdemokratie nicht mehr.(Sehr richtig! links.) In der Kommission aller- dings hat sich eine Mehrheit für diesen Antrag nicht gefunden, aber das lag an den Gründen, die bereits Dr. S ü d e k u m angegeben hat. Es kam daher, daß nur ein Drittel der nationalliberalen Ver- treter sich der Versprechung erinnert hat, die ihre Partei in der Wahlkampagne vertreten hat. Gerade die Na t i o n a l l i b e ra- l e n haben den ganzen Wahltampf im Zeichen der Erbschaftssteuer geführt, an die sie jetzt nicht mehr zu denken scheinen. Dieser Vorgang steht leider auch nicht im Gegensatz zu den anderen Vor- kommnissen, die wir dieser Tage in der Budgetkommission zu der gleichen Frage erlebt haben. Die Nationalliberalen werden aber bei der namentlichen A b st i m m u n g hier im Plenum die Möglichkeit haben, dem Volke zu zeigen, ob ihr Gedächtnis noch bis zu den Zusicherungen der Wahlkampagne zurückreicht. Die Extradeckungsvorlage, die der Abg. Speck aus unserem ersten Antrag befürchtet, wäre beinahe notwendig geworden qus Grund der von der Kommission gemachten Abstriche, die sich nach einer Zusammenstellung des Reichsschatzamtes auf 17!� Millionen Mark belaufen. Mit diesen Abstrichen hat sich allerdings die Re- gierung abgefunden, namentlich mit den 16 Millionen, die für den technischen Spiritus Verwendung finden sollen. Durch diese 16 Millionen wird aber der T r i n k b r a n n t w e i n belastet, während ein großes Geschenk an die Industrie gemacht wird. Der wahre Grund ist der, man fürchtet, daß der technische Spiritus bei einer Preissteigerung mit dem Petroleum nicht mehr konkurrenz- fähig wäre, und daß durch die Ueberproduktion eine allgemeine Preissenkung erfolgen würde.(Sehr richtig! bei den Sozi aide mo- kraten.) Es ist deshalb unrichtig, wenn der Abg. Speck ins Blaue hinein die Behauptung aufstellte, die 16 Millionen bedeuteten ein Geschenk an die 5lvnsumenten. Nein! Sie bedeuten in Wahrheit eine Versicherungsprämie, die die Konsumenten an die Brenner bezahlen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Mit diesen 16 Millionen kann dagegen der Reichstag eine alte Aufgabe erfüllen, die schon seit Jahren der Erfüllung harrt. Wir stellen deshalb den Antrag, diese Summe dazu zu verwenden, um die Beihilfen an die hilfS- bedürftigen Kriegsteilnehmer zu erhöhen und die Herabsetzung der Altersgrenze bei der Altersversiche- rung vom 70. auf daS 65. Lebensjahr zu ermöglichen. Die polnische Fraktion spricht durch ihre Resolution einen ähnlichen Gedanken aus. Wenn sie aber sich an Stelle des Antrages mit ihrer be- scheidencn Resolution begnügt, so erweckt sie den Verdacht, als wolle sie in Wirklichkeit die Durchführung der angestrebten notwendigen Reformen gar nicht unterstützen. In jedem Jahre, noch zuletzt bei der Reichsversicherungsordnung, ist eingewendet worden, es sei kein Geld vorhanden. Durch die Kommissionsbeschlüsse haben wir jetzt die Mittel. Anstatt das Millionengeschenk an die Industrie zu machen, lassen Sie wenigstens einen Teil deS Ertrages dieses Gesetzes denjenigen zukommen, die die Unter- stützung gebrauchen und ihrer würdig sind. Stimmen Sie für unseren Antrag: Sie erfüllen damit das Gebot Ihres eigenen so- zialen Gcioissens.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Kölsch(natl.): Der Vorredner hat sich unnütze Sorge gemacht. Ich glaube nicht, daß unter uns Nationalliberalen ein Kuroda, an der Spitze marschierte. 1880 erlebte man das plötzliche Aufblühen von Aktiengesellschaften, zusammen mit einer allgemeinen Renaissance aller einheimischen japanischen Amüsements, der japanischen Kleidung und der Agitation gegen alles Fremde usw. DieS war das große Jahr der Reaktion. 1890 und die folgenden Jahre— Eisenbahnspekulationen. 1893 kam die ganze Nation aus dem Häuschen über deS Obersten Fukushima erfolgreichen Ritt quer durch Sibirien ; ein Blick in die Zeitungen dieser Zeit kann allein eine Vorstellung von der allgemeinen Verrücktheit geben. 1396: Briesmarkensammeln. 1898— 1900 Gartenfeste. Eins von ihnen währte fünf Tage. Weitere Modenarrheiten der letzten Jahre waren die für Büsten und Statuen, die Vevanstaltung von Riesenausflügen für Kinder und Arbeiter(eine der führenden Zeitungen arrangierte einen Ausflug nach Tokio für 120 000 Arbeiter), Lampionprozessioncn zur Feier militärischer Erfolge. Vor einigen Jahren übten sich die Jünglinge, die sich an Schapen- Hauer und Nietzsche berauscht hatten, in der„Verneinung des Willens zum Leben" dadurch, daß sie in den großen Wasserfall von Rego» zu Nilko sprangen. Theater. DaS Münchener Künstlertheater auf der eben er- öffneten»Bayerischen Gewerbeschau" begann seine im Zeichen Reu- Berliner Jnterpretations- und Ausstattungskunst stehende Tätigkeit mit dem phantastischen Festspiel„Circe " von C a l d e r o n in deutscher Nachdichtung von Georg Fuchs, dem Direktor eben des KnnstlertheaterS. inszeniert von Direktor Ha km-Berlin. Man kann bei dieser Wahl an den JanuSkopf des spanischen Klassikers denken, der nicht nur der Dichter des fanatisch Orthodoxen, auch der Meister der befreiten Poesie des Fedcrbuches, der Toledanerilinge der Verfasser glänzender Festspiele am Hofe Philipp» IV. war. Ein solche? Festspiel mit»Extranummern", Tänzen, romantischen Ver- kleidungSszenen. heidnischem FaunSspuff, eine grandiose Fcerie monumentalen Stils war die Episode vom verschlagenen liebe- durstigen Ulysses auf CirceS Zauberinsel. ES lag schließlich im Zug der Zeit, daß daS modern- Theater des dekorativen Uebrrgewichts h la Reinhardt diesen Calderon neu entdecken mußte. Hirl- D e r o n i o S überladener Prunkstil an'Dekorationen und Gewandern tat da» Möglichste mit dem Effekt, daß unter dem Zuviel an Schau- bndenzauber das Wort des Dichters oft überhört wurde. Die Akte und Bilder wurden gewaltsam in Situationen mit dem Schwer- gewicht aus malerischer Wirkung zerstückt. Die Gymnastik englischer Tanzgirls hätte man sich schenken können. Tillon Durieux spielte wie immer interessant und exzentrisch die Titelrolle. Der Beifall klang nicht recht erfolgverheißend. tn. Notizen. — Die Arbeiter an StrindbergS Bahre. Strind- bergs Beerdigimg war auf Wunsch der Stockholmer Arbeiterschaft auf Sonntag früh verschoben worden und gestaltete sich zu einer großen Kundgebung des Stockholmer Proletariats. Die Stockholmer Arbeiter beteiligten sich 30 000 Mann stark am Zuge, in dem 80 um- florte Fahnen mitgeführt wurden. Arbeiter trugen den Sara zu Grabe und der Arbcitersängerbund sang eine Hymne auf den»Sohn der Magd". Außer den Arbeitern waren auch Studenten Von allen schwedischen Universitäten zahlreich vertreten. einziger sitzt, iki nicht für die Erbschaftssteuer ist. Ich halte es für richtig, den sozialdemokratischen Verwcndungsantvag anzu- nehmen und durch ein« Erbschaftssteuer für die Deckung zu sorgen. Abg. Wurm(Soz.): Jedesmal, wenn hier ein Spiritusgesetz behandelt wird, ent- brennt der Streit darübev, wer eigentlich die Kosten trägt. Die Landwirte haben von der ersten Stunde an erklärt, daß sie eigentlich die Opfer für das deutsche Volk brächten, in- dem sie es sich gefallen ließen, daß das Branntweingewerbe durch die hohe Besteuerung dem Militarismus die Mittel gibt. Dil K o n s u me n t e n aber haben sehr bald gesehen, daß diese beweg« liche Klage der Agrarier durchaus ungerechtfertigt ist. Der Preis des Spiritus ist fortwährend gestiegen, und schließlich hat bei der letzten Finanzreform der Staatssekretär Sydow selber das Wort geprägt daß diese Branntweinsteuergesetzgebung eine Fürsorgcgcsetzgebung für die Branntwein brennende» Landwirte fei. Sie(nach rechts) haben eben P c ch. Alle die Schlagwortc. von denen Sie behaupten, daß wio sie aus agitatorischen Gründen ausbrächten, werden von Herren geprägt, die Ihre Interessen wahrnehmen wollen. Glauben Sie doch nicht, daß das Volk auf diese Witzchen hineinfällt, daß jetzt gesagt wird: Wir schaffen die Liebesgabe ab. Die Tatsachen werden ja doch dagegen sprechen. Der Spiritus wird nicht billiger werden, sondern teurer. Darauf rechnen Sie, die Herren Brenner, doch selber. Herr K r e t h. der Direktov der Spirituszentrale, hat in ihrer General- Versammlung erklärt, daß die Spirituszentrale durch dre geplanten Maßregeln ge st ärkt werden wird. Solange die Paragraphen von 1909 im Gesetz bleiben, die der Zentrale eine allmächtige Ge- Walt geben, die Paragraphen über den Vergällungszwang, den Durchschnittsbrand und Ueberbrand, solange ist es ein Märchen. wenn hier erzählt wird: Die Liebesgabe wird aufgehoben. Sie wird nur dem Namen nach beseitigt, und statt der Liebes- gäbe durch das Kontingent tritt die Liebesgabe durch den Ber - gällungszwang usw., die der Zentrale die Möglichkeit geben, die Preise in die Höhe zu treiben. In einer Eingabe, die das Mit- glied des Herrenhauses, Dr. v. B ö e t t i n g e r, unterzeichnet hat. wird hervorgehoben, daß die Preise für Alkohol ausschließlich von der Spirituszentrale diktiert würden und erklärt: „Die durch die Beseitigung des Kontingents erfolgende Erhöhung der Berbrauchsabgabe auf Branntwein würde daher nicht von den Produzenten, sondern allein von den Konsumenten gezahlt werden." Und in einer Petition des Verbandes pfälzi- scher Spirituoseninteressenten heißt eS:„Durch die Spirituszentrale ist das Gewerbe in ein unmoralisches Abhängigkeitsverhältnis gebracht worden, welches uns Interessenten zu Bürgern zweiter Klasse degradiert."(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auch die Interessenten der chem i- scheu Industrie sehen voraus, daß die Mehreinnahme des Reiches aus dem Wegfall der Liebesgabe lediglich den Branntweinvcr- brauchern aufgebürdet wird. In der Tat werden dem Gewerbe und den Spiritus ver- brauchenden Industrien ungeheure Lasten auferlegt. Eine Grenze für die Preissteigerung, die die Zentrale herbeiführen kann, kennen wir ja gar nicht. Wenn jemand vor drei Jahren behauptet hätte, daß die Zentrale dfn Preis für Spiritus um 70 bis 50 Proz. er- höhen würde.— ich hätte das Geschrei der Rechten über eine solche Verleumdung hören mögen. Und heute ist der Preis von Spiritus glücklich von 40 auf 75 gestiegen.(Zuruf: Durch den Kartoffelmangel I) Nun, die Preissteigerung der Kartoffeln steht zu der des Spiritus in gar keinem Verhältnis. Die Preise sind sukzessive von der Zentrale erhöht worden, je nacktem der Bundesrat die Maßnahmen traf, die im Interesse der Zentrale lagen. Er hat ja die Befugnis, den Durchschnittsbrand herauf- und herunterzusetzen. Das ist ja das Eigentümliche dieses Gesetzes. daß man ruhig überall, wo im Gesetz steht: die näheren Bc-' stimmungen trifft der Bundesrat,— die Worte setzen könnte: Die näheren Bestimmungen trifft die Spirituszentrale. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) DaS, was wir bei diesem Gesetz verfolgen, ist folgendes: Wenn sich herausstellt, daß eine Mehrheit für die Erhöhung der Steuer auf 125 M. im§ 1 vorhanden ist. aus deren Erträgnissen ein Teil für andere Zwecke abgezweigt wird, dann muß dafür gesorgt werden, daß diese Liebesgabe in einer modernen Form einer recht großen Anzahl mittlerer und kleiner Brennereien zuteil wird. Das ist der einzige Weg, um den Einfluß der Zentrale zu brechen. Wenn wieder mehr neue Brennereien, kleine und mittlere, entstehen, kann der durch die Gesetzgebung künstlich zu Grunde gerichtete freie Markt wieder hergestellt werden. Tann können keine Monopolpreise geschaffen werden. Nun scheinen Sie die Verteuerung des Branntweins durch die Zuwendung, die dem gewerblichen Spiritus wird, wieder gut machen zu wollen. Sie wollen den gewerblichen Spiritus billiger und damit konkurrenz- fähig machen. Sehr schön! Aber wie liegt es in Wirklichkeit? Da liegen die Dinge so. daß trotz aller künstlichen Einschränkung der Produktion ein Ueberschuß an Spiritus fabriziert wird, der in den Konsum nicht hineingehen kann, da nicht zum wenigsten durch unsere Bekämpfung der Schnapspest der Branntweinverbrauch zurückgegangett ist. Was fängt nun die Brennereiindustrie mit dem SpirftuS an. wenn sie nicht den Zuschuß bekäme? Sie muß den Spiritus billiger verlaufen, muß ihm, wenn sie nicht in der eigenen Spiritusflut ertrinken will, einen Markt schaffen, und da der Aus- landsmarkt so gut wie verloren ist, so muß sie einen Jnlandmarkt schaffen, oder die Produktion einschränken. Dasselbe Gesetz aber, das tatsächlich die Produktion einschränken will, r-izte bisher zur Produktion, eben mit Hilfe der Liebesgabe. Es ist also nur e i n Schein Manöver, wenn man so tut, als ob die 16 Millionen Mark, die aus der Verbrauchsabgabe genommen werden, nun rein zum Nutzen der vergällten Spiritus verbrauchenden Bevölkerung von den Brennereibesitzern hergegeben würden. Nicht einen Pfennig geben sie her. sie nehmen das Geld den Branntwein- trinkcrn und machen dabei noch ein Geschäft, daß der Markt verringert wird, daß weniger Spiritus da ist, und daher der Preis des gesamten Spiritus, des Trinkbranntwems und des vergällten Spiritus auf einer gewissen Höhe gehalten werden kann. Wenn man nicht künstlich den gewerblichen Spiritus im Preise durch diese einseitige Zuwenduntj herabsetzte, dann würde sein Preis doch sinken müssen, weil er eben vcrkaust werden muß um jeden Preis. Die Behauptung, der gewerbliche Spiritus sei dem Pc- troleum und Benzin gegenüber konkurrenzfähig, ist ein bewuh- ter oder unbewußter Irrtum. Er kann dem Petroleum gegenüber nicht lonkurrenzfahrg sein, weil er nur die Hälfte Wärmeeinherten hat, wre das Petroleum, dafür ist aber das Petroleum um ein Drrttel billiger. Wir können also durch die künstliche Begünstigung des Brennspiritu» uns keineswegs vom auslandischen Petroleummarkte frei machen. Das ist nicht möglich, es sei denn, daß wir den Spiritus aus ganz anderen Stoffen herstellen, als heute Wir wollen die 16 Millionen anders verwendet haben, als die Kommission beschlossen hat. Die Ehrenschuld an die Veteranen des Kriege»»md ae dre Veteranen der Arbeit soll damit abgetragen werden. Die Herren auf der Rechten er- zählen unS immer, wie hoch sie den schäfeen. der im Dienst deS Militarismus für da? Vaterland tätig ist. Mögen sie letzt den Ehrensold für die Veteranen aus dem Gelde erhöhen, daS der ärmsten Bevölkerung genommen wird. In dem Dreimilliardenetat de» Reiche» fehlten seiner Zeit lumpige acht Millionen für die Verbesserung der Altersrenten- bezüge durch die Herabsetzung der Altersgrenze auf das 65. Jahr. Jetzt ist da» Geld da Nun haben Sie Gelegenheit, Ihr gutes Herz zu beweisen und die 16 Millionen im Interesse der armen Bevölkerung zu verwenden. Damit würden Sie einen Teil des Unrechts wieder gut machen, das durch die ganze Branntwein.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten