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Raupten, dah der Schiedsrichter die Absichten des Gesetzgebers nicht beachtet, daß er sich an die Höhe der Gedinge und nicht an den Durchschnittslohn gehalten habe. Aehnliche Klagen über die falsche Auslegung des Gesetzes kommen aus Norchumberland, Ivo die Mindest- löhne der Hauer als zu niedrig empfunden tverden. Am besten scheinen noch die Bergarbeiter Lancashircs abgeschnitten zu haben, die für die Hauer 7 Schilling verlangten und ö'/z Schilling erzielten und die Mindestlohnforderungen für die anderen Arbeiterkategorien glatt durchgesetzt haben. Es scheint durchaus kein Zufall zu sein, dah man in Südwales , wo man am ehesten bereit war. die Arbeit wieder aufzunehmen, am wenigsten und in Lancashire , wo man am längsten und hartnäckigsten kämpfte, am meisten erzielt hat. Die bis jetzt bekannten Abmachungen und Entscheidungen beweisen aber auch die Richtigkeit der Behauptungen der Bergarbeiter während des Streiks, daß nämlich unter dem von der Regierung vor- geschlagenen System der Schiedsrichter die Arbeiter ganz von dem sozialen Verständnis oder Unverständnis der als Schiedsrichter fungierenden Person abhängig sind. In Lancashire hatten die Berg- arbeiter das Glück, die Unternehmer zu bewegen, eine von der Arbeiterschaft geschätzte Person, den Grafschastsrichter Bradburh, als Schiedsrichter anzunehmen. Derselbe Herr setzte auch für Nordstafford- shire die Lohnsätze fest. In einem Begleitschreiben an das Distriktsamt dieses Reviers äußert sich der Richter wie folgt in bezug auf die Grundsätze, die ihn bei der Fällung des Entscheids leiteten:.Wenn nicht ganz außergewöhnliche Umstände bestehen, ist nach meiner Ansicht ein Mindestlohn von b Schilling den Tag für einen arbeitstüchtigen, unterirdisch beschäftigten Mann nicht zu hoch, wenn man die besonderen Schwierigkeiten und Ge- fahren, die die Arbeit in einer Kohlengrube mit sich bringt, in Be- tracht zieht." Auf den 21. Mai ist eine Konferenz der Bergarbeiterföderation Großbritanniens nach London einberufen worden, auf der die in den einzelnen Revieren erzielten Resultate erörtert werden sollen. Die Bergarbeiter von Südwales und Northumberland werden hier ihre Klagen vorbringen. Nachstehend sei eine Zusammenstellung der schon festgesetzten hauptsächlichen Mindestlöhne nebst den ursprünglichen Forderungen der Arbeiter gegeben: ) In Northumberland und Durham erhalten die verheirateten Arbeiter freie Kohle, freie Wohnung: auch wird die Gemeindesteuer von den Zechen bezahlt, so daß der Mindesllohn der verheirateten Arbeiter in Wirklichkeit täglich mindestens einen Schilling höher ist al» der angegebene._ Sericbts- Leitung. Nach dem Kaisermanövcr. In den Kaisermanövern des JahreS 1907 scheint die Schieß­lust bei den Truppen einiger Regimenter nicht groß gewesen zu sein. Das ist wenigstens aus den Umständen zu entnehmen, die der vorliegende Rechtsstreit enthüllt: Bei den Westfälischen Kaisermanövern im Jahre 1907 hatte das 82., 83. und 158. Jnfanterie-Regimcnt in der Nacht vom 10. zum II. September Biwak bei Daseburg in der Nähe von Warburg bezogen. Als die Truppen wieder abgerückt waren, wurden auf den Biwakplätzen unheimlich viel Platzpatronen gefunden. Das ganze Terrain soll übersät mit Platzpatronen ausgesehen haben. Bon den Lumpensammlern sind etwa 42 Zentner Patronen ge- sammelt und verkauft worden. Zum Teil wurde mit den Pa- tronen Unfug getrieben. Knechte und Mägde steckten die gefun- denen Patronen zwischen die Garben des Hafers und ließen sie in der Dreschtrommel zerspringen, einzelne Schmiedegesellen legten sie auf den Herd und erschreckten damit den Meister. Dem Bei- spiel der Großen folgten die Schuljungen, welche die noch glim- wenden Biwakseuer durch Brennniaterial von neuem speisten und dann Patronen hineinwarfen. Hierbei ist der neunjährige Sohn des Kaufmanns St. aus Daseburg verunglückt. Ein Stück der Patronen sprang ihm ins rechte Auge und machte es untauglich. St. hat darauf Klage gegen den RcichSmilitärfiskus erhoben und auSgesuhrt. daß der Fiskus dafür einzustehen habe, daß die Pa- tronen nickst von der Bagage gesammelt und die Biwakfeuer nicht gelöscht worden find. Das Landgericht Paderborn und das QberlanbeSgericht Hamm vertrat die Ansicht, daß der FiskuS in Ausübung eines staatlichen Hoheitsrechtcs gehandelt Haide und deshalb nicht verantwortlich zu machen sei. DaS ObcrlandeSgericht lehnte diesen Gesichtspunkt ab, es führt zur Begründung aus, daß die privatrcchtlichc Haftung Geltung gewinnt, wenn der Fiskus bei der Bcrwahrung dcS fis- kalischcn GutcS die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt. Zu dem erwähnten fiskalischen Gut rechnet das Oberlandes­gericht auch die Verwahrung der Munition. DaS Oberlandes- gericht entnimmt aber aus den Zeugenaussagen der Offiziere und Unteroffiziere, daß die Biwakseuer beim Verlasien des Biwaks nicht mehr gebrannt haben. Allerdings feien besondere Anwcisun- gen zum Absuchen der Biwakplätzc nach Patronen nicht gegeben worden, doch sei cS ganz natürlich, daß Gegenstände, die nach dem Biwak noch gefunden wurden, abgegeben würden. Ein Fehler im System sei nirgends zu ersehen. Auch auS§ 831 B. G.-B. sei der Anspruch nicht begründet. Der Beweis einer schuldhaften Unter- lassung auf feiten der Offiziere oder Unteroffiziere sei nicht ge- führt. Um Verrichtungen besonderer Art habe es sich nicht gehan- delt: die in Frage kommende Aufsicht habe jedem Unteroffizier anvertraut werden können. Gegen das Urteil des Oberlandes- gerichts hatte der Kläger Revision beim Reichsgericht eingelegt, jedoch ohne Erfolg. Das Reichsgericht hat die Revision am Diens- tag zurückgewiesen und daS Urteil dcS Oberlandesgerichts bestätigt. Rennunfug. Eine Radauszene, die sich bei dem Sechstagerennen abgespielt hatte, beschäftigte gestern bas Schöffengericht Berlin-Schöneberg . Angeklagt war derManager" Max Moses. Der Angeklagte war anläßlich der six days im Sportpalast als Manager für die amerikanischen Rennfahrer tätig. Am 7. Februar befand sich der Kaufmann L. auf der Bahn und warf, als er anläßlich eines Spurts" der Rennfahrer von dem anstürmenden Publikum an die Barriere gedrückt wurde, mehrere auf der Brüstung stehende Biergläser auf die Bahn herunter, die dort in tausend Stücke gingen und die dort stehenden Ablösungsmannsckxisten der Ameri- kaner in Gefahr brachten. Der Angeklagte geriet hierüber, da er der Meinung war. daß L. die Gläser absichtlich auf die Bahn ge- warfen habe, um die Siegeschancen der Amerikaner zu verringern, in große Erregung und versetzte dem L. einen regelrechten Box- hieb vor die Brust. Als der Angeklagte zwei Tage später den Zeugen mit einer nicht gültigen Karte im Jnnenraum der Bahn Wiedcrtraf. wiederholte sich diese Szene. Vor Gericht behauptete der Anaetlaat-, daß er durch daS ganze Auftreten deS Zeugen siK zu der Mißhandlung habe hinreißen lassen. Das Gericht erkannke an, daß der Ang'eklägle Iii eined vofi seinem Standpunkt aus begreiflichen Erregung gehandelt habe und verurteilte ihn nur zu 25 M. Geldstrafe, Der Untergang derTitanic" vor dem Schöffengericht. Die Erörterungen über den Untergang derTitanic " haben eine Privatklage gezeitigt, die Herr Guglielmo Marconi zu Eagle- hurst, Fawley in England, und der geschäftsführende Direktor der Marconi " Wircles; Telegrap Campany Limited" gegen den ver- antwortlichen Redakteur der ZeitungDie Welt am Montag", Alfted Scholtz angestrengt haben. Der Privatkläger Marconi ist der weltbekannte Erfinder der drahtlosen Telegraphie, der zweite Privatkläger Godfrcy Charles Jsaacs zu London , der Direktor der in London domizilierenden, der Verwertung der drahtlosen Tele- graphie dienenden Gesellschaft, deren Direktion u. a. Marconi selbst angehört. DieW. a. M." veröffentlichte am 29. April unter der UeberschristDer Gemütsmensch Marconi " einen Ar- tikel, in welchem behauptet wurde, der geniale Erfinder habe skrupellos bei derTitaiiic"-5batastrophe den Schmerz und die Qual Tausender zugunsten seiner Gesellschaft in bar gemünzt. Er habe bei der Untersuchungskommisiion in Washington selbst zuge- geben, daß mit feinem Wissen und Willen die Gesellschaft zu selbst- süchtigen Zwecken die Katastrophe ausgebeutet habe. Von der Marconi -Gesellschaft seien absichtlich die Folgen des Unglücks ver- schwiegen, sie habe zu diesem Zweck den Telcgraphisten des Schiffs Carpathia " bestochen und Marconi habe selbst hinter diesem pein- vollen Schweigen gestanden, welches tagelang über dem Schicksal der 2500Titanic "-Menschen lag und die vielen Tausende der An- gehörigen auf den Gipfel der Verzweiflung ftieb. Marconi und der Direktor seiner Gesellschaft haben auf Grund dieses Artikels eine Privatklage angestrengt, die sich auf die ZZ 185 und 186 stützt. Die Privatkläger wollen gerichtlich festgestellt sehen, daß die in dem Artikel behaupteten Tatsachen erweislich unwahr seien. Weder Marconi selbst noch die Gesellschaft habe den Ver- such unternommen, aus den Vorgängen beim Untergange derTi- tanic" einen Vorteil herauszuschlagen, insbesondere sei es völlig erfunden, daß der Telegraphist derTitanic " oder der derCar- pathia" von irgendeinem Mitgliede der Gesellschaft veranlaßt wor- den sei, Nachrichten zurück zu halten oder daß eine irgendwie ge- artete Beeinflussung stattgefunden habe. Die Verhandlung dieser Klagesache, bei welcher es Voraussicht- lich zu einer umfangreichen Beweiserhebung kommen wird, wird vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte möglicherweise noch vor den Gerichtsfcrien stattfinden. Hus der fraiienbewegung* Dienstmädchenbewegung. Die Dienstmädchenbewegung in Oesterreich macht langsame aber sichere Fortschritte. Kürzlich fand die erste Generalversammlung der Einigkeit" statt, bei der berichtet wurde, daß im ersten Jahr fast 1000 Mädchen dem Vereine beigetreten sind. Auch eine Stellen- vermittelung fungiert bereits. Eine eigene Zeitung besteht nun auch schon ein ganzes Jahr und erfreut sich großer Beliebtheit. Rechts- schütz wurde schon vielen Mädchen mit Erfolg gewährt. Die �Christ- lichsozialen, die fich früher nie um die Dienstmädchen gekümmert haben, obwohl seit 1903 ein Verein christlicher Dienstmädchen besteht, läßt die Tätigkeit unsere» Dienstmädchenvereins nicht ruhen. Am 12. Mai veranstalteten sie eine christliche Dienstmädchen- Versammlung, bei der die bekannten christlichsozialenAr- beiterführer" Kunschok und Spalovsky als Redner erschienen. Selbst der V i z e b ü r g e r m e i st e r der Stadt Wien hielt vor den Dienstmädchen eine Rede. Und alle, alle schimpften sie über die Sozialdemokraten. Es war aber auch eine ganze Gruppe von unserer.Einigkeit" anwesend und eines der Mädchen meldete sich zum Wori. Mutig interpellierte sie den Vize- bürgermeister, warum die Christlichsozialen, die doch im Landtag die Majorität besitzen, kein besseres Gesetz für Dienstmädchen geschaffen haben. Als sie die Lage der Dienstmädchen schilderte, erntete sie stürmischen Beifall auch bei den christlichen Mädchen, die von Nonnen in die Versammlung geführt worden waren. Die Christlichsozialen entzogen dem klassenbewußten Dienstmädchen das Wort. Die Sozialdemokraten hätten so viel verlangt, behaupteten sie, daß nicht mehr gemacht werden konnte. Zur Beleuchtung wollen wir nur anführen, daß die Sozial- demokrateu im niederöstcrreichischen Landtag eine gesetzliche unterbrochene achtstündige Nachtruhe verlangt haben. Und diese Forderung wurde abgelehnt! Schließlich wurden die Mädchen aufgefordert, ihre Frauen beim Kaffee, wo sie ge- wöhnlich guter Laune sind, zu bitten, auch dem Verein beizu- treten I Und daS wichtigste: Zwei Stunden täglich, nach getaner Arbeit, solle jedes Mädchen für den e u ch a r i st i s ch e n Kongreß Blumen machen und Spitzen häkeln. Im übrigen solleit sie sich in alle» Notfällen an die Schutzpatroninnen der Dienstmädchen, an die .heilige Notburga" und an die.heilige Zita" wenden. Zur Vekämpfung des Mädchenhandels. Die seit 1885 in England bestehende Jüdische Vereinigung zum Schutze von Mädchen und Frauen gibt in ihrem Berichte für 1911 bemerkenswerte Angaben über die Ursachen der Prostitution und die Wirksamkeit der heute geübten Abhilfemahregeln. Die in Häfen, auf Bahnhöfen, in Obdach- und Fürsorgeheimen geleistete Hilfs- aroeit erstreckte sich 1911 auf 541 weibliche Personen, wovon 69 nichtjüdische, von denen 17 zeitweilig in Heimen untergebracht, 524 an Londoner Adressen, Schiffe oder Eisenbahnstationen geleitet wurden. Darunter waren 15 alleinreisende Mädchen unter 14 Jahren. Einschließlich dieser reisenden Personen hatte die HilfSarbeit 692 neue Fälle zu behandeln. In 158 Fällen handelte es sich um Ueberwachung während der ganzen Auslandsreise bis zum Bestimmungsort. In 132 Fällen wurden Erkundigungen ein- gezogen und Rat erteilt. Unter den übrigen Fällen handelte es sich in 55 um Mädchen, die ein unsittliches Leben führten, 6 Ueber- wachungen von Kindern(darunter auch schon sittlich verdorbene) und 43 Untersuchungen von Häusern oder Personen, die im Ver- dacht des Mädchenhandels standen. Nur in 3 Fällen war es mög- lich, Mädchen der Gefahr zu entreißen und wieder ihrer Heimat zuzuführen. Ein mageres Ergebnis bei einem Jahresaufwand von fast 37 000 M.! Dabei soll die ersprießliche Wirksamkeit dcS Vereins außer- halb des eigentlichen Gebiets des Mädchenhandels nicht verkleinert werden. Wie wenig Wirkung aber all dies Kurieren an Symtomen nur haben kann, zeigt die Aeußerung des Berichts:Wir alle waren betroffen über die Zunahme der Zahl junger Mädchen von 16 bis 20 Jahren, die zu einem unsittlichen Leben verleitet wurden.... Ein wohl zu beachtender ursächlicher Faktor ist hierbei Unsicher- heit der Arbeit, namentlich in den Saisongewerben.... Aeußerste Armut und elende Umgebung auf der einen Seite, Ver» führung und der Schein von Freude und Fülle auf der anderen!" Ein erfreulicher Fortschritt der Einsicht ist es, wenn die Schluß- bemerkurig dieses Teils als wünschenswertes Heilmittel die Ver- besserung des Schulwesens bezeichnet. Noch besser wäre es, wenn die neugewonnene Erkenntnis sich dahin erweiterte, daß mit der Ertüchtigung zum Leben und zur Arbeit die Verbesserung der Arbeits, und Lohtibedingungen, die Hebung des Solidaritäts- gefühlS und die Ausdehnung der sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten Hand in Hand gehen muß. Versammlungen. Ein Protest der Zelluloidarbeitcr. Seit Jahren schon steht die Arbeiterschaft der Zelluloidindustrie in einer Bewegung, um die Behörden zu veranlassen, Schutz- bestimmungen gegen die große Feuersgefahr bei der Verarbeitung wo Zelluloid zg gewähren.£« Verbände der Holzarbeiter, FabrifaiMke'r ÜnS Buchbinder sind MMkisM fföMWW'iM 1 haben am 8. März 1010 an Reichstag und Bundesrat eine Petition! gerichtet, in der ausreichender Schutz für die Zelluloidarbeiter ge- fordert wurde. Daraufhin hatten die Zelluloidindustriellen eine Gegenschrift herausgegeben und Stellung genommen gegen die Forderungen der Arbeiter. Die Regierung verhandelte mit bett Vertretern der Industriellen, weigerte sich aber, auch die Ver, treter der Arbeiter zu hören und erklärte sogar, daß die Organi- sationsvertreter der Arbeiter nicht die geeigneten Leute wären, unr in dieser Frage mitsprechen zu können. Die Petition hatte nicht den gewünschten Erfolg, trotzdem sie von der Petition skommissiow der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen wurde und der Reichstag dieser Empfehlung zugestimmt hatte. Von einer reichs- gesetzlichen Regelung dieser Angelegenheit will man nichts wissen und verweist auf die landesgesetzlichen Vorschriften, die aber den Forderungen der Arbeiter nicht gerecht werden. Am 7. Mai 1910 ist eine Verordnung in Preußen erlassen worden,Grundsätze", welche die Gewerbeinspektoren als Anhalt bei ihren Maßnahmen zu benutzen haben. Aber diese Verordnung soll nicht allgemein gelten; die Beamten sindbei der Anwendung derGrundsätze" nicht unbedingt an ihren Wortlaut gebunden", sondern dem eigenen Ermessen der Beamten ist viel Spielraum gelassen. Mian hielt diese Verordnung zuerst geheim und händigte sie nurinteressierten Unternehmern" aus, bis es den Arbeitern endlich gelang, sich Kenntnis davon zu verschaffen. Seit 1903 haben die Arbeiter die Frage in der Oeffentlichkeit behandelt, denn zahl- reiche Brände von Zelluloidfabriken, die viele Menschenopfer koste- ten, machten die Frage eines ausreichenden Schutzes immer drin­gender..,'', 1 In einer Versammlung der Arbeiter und Arbeiterinnen der Zelluloidindustrie, die am Montagabend imEnglischen Garten ") stattfand, besprach Julius Hildebrand die Situation, Wiek sie durch die abweisende Behandlung der Petition füv die Arbeiter gegeben ist. Er legte die dringende Notwendigkeit deS geforderten Schutzes dar und erklärte, daß die Arbeiter nicht nachlassen könnten» Schutzbestimmungen zu verlangen. In den letzten 10 Jahren zählte man, soweit Nachrichten zu erlangen waren, 222 Tote bei Bränden und Explosionen in Zelluloidfabriken. Schras kritisierte der Redner die preußische Verordnung, deren Ausführung auch noch zweifel- hast sei, wenn das Interesse der Unternehmer in Frage kommt'- Gegen die Behauptung des Regierungsvertreters, daß die Vertreter- der organisierten Arbeiter nicht geeignet wären, in Angelegen- heiten, wo es sich um Lcbensinteressen der Arbeiter handelt, eint entscheidendes Wort mitzusprechen, legte er energischen Protest eim und unterbreitete den Versammelten die folgende Resolution: Die Versammlung der Arbeiterinnen und Arbeiter der Zelluloidindustrie protesttert mit aller Entschiedenheit gegen di« Stellung des Bundesrats in der Frage de» größeren Schutzes der Arbeiterschaft gegen die Brandgefahren des Zelluloids. Di? preußische Verordnung entspricht bei weitem nicht den Anforde- rungen, die die Arbeiter zu stellen berechtigt sind. Die Freigab» von 5 Kilo Material trägt die Gefahr aus der Fabrik auch iw die Wohnhäuser und setzt nicht nur die Arbeiter der Industrie� sondern auch unbeteiligte Mitbewohner den Gefahren aus> Nach wie vor halten wir an der Forderung fest, daß in solchem gefährlichen Betrieben jugendlichen Personen bis zum 13. Lebens-- Mhre die Beschäftigung untersagt wird. Gleichzeitig protestiert die Versammlung gegen die Behauptung des Ministerialdirektors Herrn Dr. Caspar in der Reichstagssitzung vom 20. März d. F., daß Arbeiter, insbesondere Organisationsvertreter, als Sachver- ständige ungeeignet sind. Gleichzeitig ersucht die Versammlung den Vorstand des Verbandes, die Petition vom Februar 1910' unter Nachtragung des neuen Materials bei Reichstag unde Wundesrat wiederum einzureichen." i Der Reichstagsabgeordnete Brey- Hannover hielt als Vtt« treter der sozialdemokratischen Fraktion eine Ansprache, in der et hervorhob, daß Arbeiterforderungen immer erst nach heißen Kämpfen zur Anerkennung gelangen, und wenn sie noch so sehr von Recht und Billigkeit diktiert werden. Er ermunterte zum AuS- harren und versicherte, daß die sozialdemokratische Fraktion der Frage des ArbeiterschutzeS stets die gebührende Aufmerksamkeit widmen werde.> Die Reden wurden sehr beifällig aufgenommen. Der Vor- sitzende wies dann auf die Notwendigkeit der Organisation be- sonders hin und wandte sich ebenfalls gegen die Herabsetzung der Organisationsvcrtreter als Sachverständige in Arbeiterangelegen» heiten. denn diese seien jedenfalls viel besser geeignet, ein sachver- ständiges Urteil zu fällen, als irgendein Kaufmann, der als Fabri» kant nur seinen Profit im Auge hat, der aber von dem Regie- rungsvertreter andächtig angehört wird. Die vorgelegte Resolu­tion wurde einstimmig angenommen. i Die Zahlstelle Berlin des BuchbinderverbanbeS hielt am Man- tag im Gewerffchaftshause ihre Generalversammlung ab, in der der Geschäfts- und Kassenbericht vom ersten Quartal auf der Tagesordnung stand. Er liegt in denMitteilungen" der Zahlstelle gedruckt vor. Die Mitgliederzahl ist wiederum gestiegen, und zwar um 850, so daß die Zahlstelle am Quartalsschluß 891® Mitglieder hatte, unter ihnen 5184 weibliche. Den stärksten Anteil an dem Mitgliederzuwachs hat diesmal die Kartonbranche, die be- kanntlich eine Lohnbewegung durchzukämpfen hatte, welche zum Abschluß eines Tarifvertrages führte. Es sind in dieser Branche auch viele Heimarbeiterinnen ftir den Verband gewonnen worden, und es werden besondere Maßnahmen getroffen, sie der Organi- sation dauernd zu erhalten. Im übrigen zeigt der Bericht, daß in den verschiedenen Branchen viel darauf verwendet tverden mußte. bestehend« Tarisvörträge voll zur Geltung zu bringen und Tarif- brüchen entgegenzuwirken. Der Bericht vom paritätischen Arbeits- Nachweis weist an eingetragenen Arbeitslosen 784 männliche und 1225 weibliche auf. Stellen wurden gemeldet für Gehilfen 1467, davon besetzt 1307; für Arbeiterinnen 2202, von denen 1788 durch den Nachweis besetzt wurden. Aus dem Bibliotheksbericht ist her» vorzuheben, daß der Bücherbestand von 2012 auf 2022 Bände ge- stiegen ist. Die Quartalsabrechnung schließt für die Zentrallasse mit der Bilanzsumme von 62 725,60 M. ab. An Arbeitslosen» Unterstützung wurden für weibliche Mitglieder 7646,25 M., für männliche 11748,85 M. ausgegeben; an Krankenunterstützung für weibliche Mitglieder 3564,20 M., für männliche 2741,15 M. Irr- folge des Lohnkampfes in der Kartonbranche ist diesmal der größte Ausgabeposten der ftir Streikunterstützung, und zwar mit 26 588,65 Mark. Außerdem verursachte die Streikbewegung noch 11 323,85 Mark Ausgaben der Lokalkasse. Die Einnahmen der Lokalkasse betrugen samt dem alten Bestand 95 929,49 M., ihre Ausgaben 26 058,20 M., so daß als Bestand am Quartalsschluß 69 871,29 M. übrig blieben. Die Generalversammlung erteilte den beiden Kassierern sowie der ganzen Ortsverwaltung einstimmig Dccharge. Es folgte dann die Aufftellung der Kandidaten für eine Ersatzwahl zum Verbandsvorstand; die Wahl selbst findet durch Urabstimmung statt, deren Termin noch bekannt gegeben wird. Ergänzung. In den» Bersammlungsbcricht der gestrigen Numn, er unter Verband der Bureaunngestellten muß eS im zweiten Absatz heißen: In der Diskussion wurde scharf gerügt, daß in den wichtigsten Fragen die Angestellten von den Rendanten und den V o r st ä n d e n gar nicht gehört würden. IZus aller(Hielt. JMittel gegen Clnzufriedenheit Aus London wird uns geschrieben: Die Unzuftiedenhett der Massen, der Ursprung dieser Erscheinung und die Frage, wie diese Unzufriedenheit aus der Welt zu schaffen ist, bilden seit einiger Zeit das Hauptthema der bürgerlichen Zeitungen und Zeitschriften Groß- britanniens. Besonders ergiebig ist die Diskussion über das ver- trackle Problem, an dem alle bürgerliche Sozialreformer arbeiten, nämlich wie man Omeletten machen kann, ohne Eier zu zerbrechen. Die.Daily Mail" veröffentlichte in den letzten Tagen eine Artikel-