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Nr. 120. 29. Jahrgang.

1. Beilage des Vormärts" Berliner Volksblatt. Sonnabend, 25. Mai 1912.

Die preußischen Sparkassen

im Jahre 1910.

Die Zeitschrift des Kgl. Preußischen Statistischen Landesamts" beröffentlicht, wie alljährlich, eine Statistik der preußischen Spar­kaffen. Die Bearbeitung lag diesmal in den Händen des Re­gierungsrates Hoepker, der mehr als seine Vorgänger es als Auf­gabe angesehen hat, die Politik der Regierung gegenüber den Spar­faffen zu verteidigen und den Charakter dieser Institute als an­geblichen Wohlfahrtsanstalten hervorzuheben. Aber diese etwas gefärbte Darstellung wird durch die mitgeteilten Zahlen gerade widerlegt.

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besteht und daß höchstens die eigentlichen Sparer( Handwerker, Die Göppinger Freie Volkszeitung" bemerkt fleine Gewerbetreibende, Beamte und dergleichen) für die geplante unter anderem, daß Genosse Brückner mit seiner Beschwerde gegen Einrichtung in Frage kommen könnten. Das Guthaben des ein- den Beschluß der Bezirkskonferenz an die zuständigen Instanzen zelnen Sparers im Kontoforrentverkehr möge deshalb auf verwiesen worden sei. Der Kreisausschuß erläßt zu dem 3000 Mart nach oben begrenzt werden. Plakatanschlag die folgende Erklärung:

Parteigenossen des Bezirks Göppingen .

In einem gestern verbreiteten Plakat wendet sich Julius Brückner gegen den von der Bezirkskonferenz am letzten Sonntag mit Zweidrittelmehrheit gefaßten Beschluß, den Genossen G. Kinkel als Landtagskandidaten für den Bezirk Göppingen aufzustellen. Gleichzeitig werden die Genossen, die mit der Auf­stellung des Genossen Kinkel nicht einverstanden sind, aufge­fordert, sich einem dem Kreisausschuß zu unterbreitenden Antrag anzuschließen, nach welchem die Wahl des Landtagskandidaten durch Urabstimmung vorgenommen werden soll. Demgegenüber verweisen wir die Genossen darauf, daß die Parteikandidaten in ganz Württemberg , mit Ausnahme Stuttgart , in dazu einberufe­nen Bezirkskonferenzen aufgestellt werden und auch für den Bezirk Göppingen stets in Bezirkskonferenzen aufgestellt wur den. Die auf letten Sonntag einberufene Konferenz fand im Beisein eines Vertreters des Landesvorstandes ordnungsgemäß statt und besteht daher der dort gefaßte Beschluß zu Recht. Diesem Beschluß hat sich jeder Parteigenosse zu fügen. Wer dies nicht tut, stellt sich von selbst außerhalb der Partei. Einem Antrag auf Urabstimmung könnte zudem der Kreisausschuß gar nicht entsprechen, da er dazu kein Recht hat. Mit Parteigruß: Der Kreisausschuß. Wenn sich Genossen wirklich mit einer Erklärung an den Hohenstaufen " gewandt haben, so ist das ein skandalöses und allen Parteigrundfäßen ins Gesicht schlagendes Verhalten, das hoffent­lich bald seine Sühne finden wird.

Die Kammer schlug ferner vor, den Zinssah für den Konto­torrent- und Schedverkehr dem der Banten für tägliches Geld möglichst anzunähern. Die Stadtverwaltung ist auf diese Vor­ftellungen nicht eingegangen; sie hat Einlagen bis zu 10 000 Mark zugelassen und hält den Binssah ständig über dem der Banken. Er beträgt zurzeit 3 Proz. gegen etwa 2 Proz. für tägliches Geld bei den Banten. Die Folge davon ist, daß die Banten eine An­zahl Stunden aus Handel und Industrie bereits an die Sparkaffe verloren haben. Die Sparkasse hat noch einen weiteren Anreiz für die Gewerbetreibenden dadurch gegeben, daß sie sich mit 16 Am Schluß des Rechnungsjahres 1910 bei einzelnen Kaffen anderen Sparkassen des Rheinlandes zu einer Girozentrale in schließt es erst mitte 1911 ab tvaren 1711 Sparkassen gegen Stöln zusammengeschlossen hat, der im ganzen etwa 2000 Giro­1692 im Vorjahr vorhanden. Die Zunahme tvar relativ am funden angehören; davon etwa 400 in Elberfeld ; überwiegend find größten bei den Kassen von Landgemeinden. Die Städte mit es Gewerbetreibende. Inwieweit diese Maßnahmen auf die Ent­774 Kassen übertreffen die der Landgemeinden( 272) und Kreise widlung des Kontoforrent- und Scheckverkehrs bei der hiesigen ( 473). Die privaten und Vereinssparkassen sind in den letzten Sparkasse eingewirkt haben, darüber haben wir statistische Belege Jahren absolut zurüdgegangen. Die 1711 Sparkassen besaßen bisher noch nicht erlangen können, hoffen sie aber bis Anfang 6330 Sparstellen. Auf jede Filialtasse entfallen jest nur noch Mai nachzuliefern. Wie weit das Streben der Sparkassen geht, 55,37 Quadratkilometer, während 1900 erst je 80,74 Quadratkilo- ihren Geschäftskreis mit allen Mitteln zu erweitern, beweist das meter eine Kaffe besaßen. Einzelne Kassen( Frankfurter Private, Rundschreiben einer Sparkasse unseres Bezirks an die Kranken­Schöneberger Stadtsparkasse) haben außerdem noch das System faffen, in welchem sie denjenigen Kaffen, die ihre gesamten Bar­der Abholung im Hause eingeführt. Die Zahl der Sparkassen- bestände bei ihr anlegen, 4 Broz. Zinsen für tägliches Geld ber­bücher belief sich auf 12,9 Millionen, und hat damit ſeit 1900 spricht. Neuerdings wird der Städtischen Sparkasse Elberfeld eine Zunahme von über 4 Millionen erfahren. Wenn daraus von Sparkassen kleinerer Gemeinden der Umgegend mehr als gefolgert wird, daß nun 85,7 Prozent aller selbständigen früher Konkurrenz gemacht; allein in der Zeit vom 2. bis 30. März Personen Preußens im Besize von Sparbüchern seien, so ist das b. 3. annoncierten in einem hiesigen Blatte wiederholt nicht ganz irrig. Einen Grund für die hohe Bücherzahl gibt. selbst weniger als 8 auswärtige Sparkassen und versprachen sämtlich, an: auf viele Familien entfallen mehrere Bücher. Ebenso wesent- in der Regel unter gleichzeitiger Angabe des Postscheckkontos, lich ist, daß sehr viele Vereine, selbst Behörden kleine Summen 4 Proz. Zinsen bei täglichem Abruf. Eine solche Ausdehnung auf Spartassen geben. Rechnet man außerdem die zahlreichen des Geschäftsbereichs der Sparkassen über ihren örtlichen Wirkungs­Mündelgelder u. a. ab, so bleibt für die eigentlichen Selbstsparer freis hinaus widerspricht dem Sinn und Wesen des Sparkassen- Bartei zählt ungefähr 500 Mitglieder und befämpft die ihrer eine weit geringere Zahl von Büchern zurüd. Es ist daher gänz- wesens und verdient ernstlich bekämpft zu werden." lich verfehlt, aus der Zahl von Büchern, die durchschnittlich auf 100 Einwohner entfallen, den" Sparsinn" der Bevölkerung er­schließen zu wollen. Vielleicht hat H. von seinem Standpunkt aus darin nicht ganz unrecht, daß die Spartätigkeit auch durch die Beiträge zu den verschiedenen Gewerkschaften und Ver­bänden ungünstig beeinflußt wird".

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Unter der Bücherzahl nehmen die mit hohen Einlagen einen immer größeren Prozentsak ein. Die Bücher mit Einlagen bis zu 60 Mark zeigen, von geringen Schwankungen abgesehen, im lekten Jahrzehnt weder eine Zu- noch Abnahme. Die mit Ein­lagen zivischen 60 und 600 Mart haben zwar eine absolute Zu­nahme aufzusveisen; aber ihr prozentualer Anteil sinkt. Am wichtigsten unter allen Büchern werden die mit Einlagen über 600 Mark. Den zwingenden Schluß aus dieser Tatsache, daß die große Zunahme an Einlagen mehr und mehr auf das Konto der wohlhabenderen Bevölkerung zu sehen sei", sucht. zu um gehen. Eine Berufszählung der Konteninhaber der städtischen Sparkasse in Königsberg i. Pr. hat nämlich festgestellt, daß von 1921 Konten über 3000 Mart etwa 440 Konten auf Lehrlinge, Arbeiter und Dienstboten entfielen. Aber zu diesen Büchern tourden nur die von Personen nicht von Vereinen mitgezählt, so daß der Anteil des Proletariats größer erscheint. Auch die andere Beweisführung, daß die Schrankfächer der Stahlkammer einer großen Sparkasse an 289 Arbeiter, 89 Dienstboten, 171 Laden­inädchen, 13 Kontoriſtinnen, 47 Näherinnen usw. bermietet waren, ist in dieser Hinsicht nicht schlüssig. Es ist mehr als ein bloßer Scherz, daß die Fächer häufig zum Aufbewahren von Liebes­briefen und Urkunden jeder Art benutzt werden.

Die Spareinlagen haben sich seit 1900 fast berdoppelt; fie betrugen 11,107 Milliarden Mark. Im Jahre 1910 betrug der Gesamtzuwachs 774,6 Millionen Mark, davon der Zuwachs durch Zuschreibung von Zinsen allein 331,5 Millionen Mart . Die Höhe der Einlagen in den einzelnen Provinzen ist wesentlich davon ab hängig, welches Maximum in den Kassen angenommen und ver zinst wird. In Frage kommt weiter, wie die Kassen geleitet werden. Bekanntlich nähern sie sich in ihrem Charakter immer mehr den Bantinstituten. Kassen mit Kontokorrentverkehr gab es bereits 151 gegen 111 im Vorjahr. In welcher Weise Kassen mit­unter den fleinen Bankgeschäften Konkurrenz machen, geht aus einem interessanten Schreiben der Handelskammer zu Elberfeld an den Deutschen Handelstag hervor. In dem Schreiben heißt es u. a.: Die Städtische Sparkasse in Elberfeld hat seit dem 1. April 1910 den Scheck, Depofiten-, Kontokorrent- und Giro­berkehr eingeführt. Auf Anregung der hiesigen Banken hat die Handelskammer vorher in einem Gutachten zu dem Plane Stel lung genommen und darin die Ansicht vertreten, daß bei der Ausbreitung des Bankwesens in Elberfeld für die Handels- und Gewerbetreibenden im allgemeinen kein Bedürfnis für die Ein­richtung der genannten Arten des Geldverkehrs bei der Sparkasse

Kleines Feuilleton.

Die Anlegung der Sparkassengelder geschieht vornehmlich in städtischen und ländlichen Hypotheken( 39,6 beztv. 19,9 Proz.), in Inhaberpapieren( 23,6 Proz.) und bei Gemeinden und öffent lichen Korporationen( 12,4 Pro3.). Die Bevorzugung der Anlage in Hypotheken ergibt sich daraus, daß sie sich weitaus am besten berzinst und größere Sicherheit bietet. Allein 67 Proz. der städtischen Hypotheken und 51 Proz. der ländlichen Hypotheten brachten mehr als 4 Prog. Die Inhaberpapiere, darunter insbe sondere Anleihen von Staat und Reich, dagegen verursachten bei niedrigerer Verzinsung noch Kursverluste. Der Bilanzwert der Inhaberpapiere stand im Jahre 1910 gegen den Ankaufswert um 156 Millionen Mark geringer. Allein im Jahre 1910 betrug dieser Verlust 8 Millionen Mark.

Die Zinsüberschüsse stellten sich auf 92,63 Millionen Mark, wovon für Verwaltungskosten 20,56 Millionen Mark abgingen. Für öffentliche 8wede wurden davon nur 25,68 Millionen ber­wendet.

Aus der Partei.

Bum Göppinger Kandidatenstreit.

Das volksparteiliche Organ Der Hohenstaufen " in Göppingen veröffentlicht eine Erklärung, von der er sagt, daß fie ihm aus den Kreisen unserer Partei mit der Be­merfung zugegangen sei, daß das eigene Parteiblatt sie ja doch nicht aufnehmen würde. Beigelegen habe ihr eine Liste mit zahl­reichen Unterschriften, unter denen fich die Namen von vielen be­tannten Personen aus den Bezirksorten befinden sollen. Die Er­klärung lautet:

Der dritte Parteitag der sozialdemokratischen Partei Hollands fand am legten Sonnabend und Sonntag im Haag statt. Die Meinung nach zu reformistische Taktik der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands . Die Debaiten des Parteitags waren größtenteils von Polemiken gegen die S. D. A. P. und die Gewerk­fchaftszentrale ausgefüllt. Außerdem wurde dem Parteitage ein neu formuliertes Brogramm vorgelegt.

Henriette Roland Holst ist aus der S. D. A. P. Hollands ausgetreten und gehört, wie man uns mitteilt, jetzt feiner politischen Organisation an.

Parteilitteratur.

Co., Reichenberg( Desterreich), ist soeben erschienen: Der Arbeiter Im Verlag der Drud- und Verlagsanstalt Zukunft", Runge u. und die Nation. Bon Josef Straffer. Die Broschüre ist 64 Seiten start, in schöner Schrift auf gutem Papier gedruckt, in Umschlag geheftet und kostet 40 Bf. Wiederverkäufer erhalten Rabatt. Die Broschüre ist zu beziehen durch die Wiener Boltsbuchhandlung und durch den Verlag felbft.

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Polizeiliches, Gerichtliches ufw. Ein charakteristischer Preßprozeß. In einem Gerichtsbericht der Niederrheinischen Arbeiterzeitung" in Duisburg war der Transport des zum Sprengen in der Grube benötigten Dynamits auf gewöhnlichen eisernen Grubenwagen anstatt auf den bergpolizeilich vor­geschriebenen besonderen Holzwagen- ein unverantwortlich leicht finniges Spielen mit Menschenleben" genannt worden und die Hauptschuld der Betriebsleitung der Beche Westende" beigemessen. Nicht die Betriebsleiter der genannten Beche, sondern die gesetzlichen Vertreter der Bergwerks- Aktiengesellschaft Hütte Phönir" in Gelsen firchen, welcher Gesellschaft vielleicht ein Dußend Gruben und Es ist nun zur Tatsache geworden, daß Gottfried Kinkel Hütten, darunter auch die Grube Westende" gehört, strengten dann Dr. Lindemanns Nachfolger werden soll. Somit tritt nun jedem Bribattlage gegen den verantwortlichen Redakteur der Arbeiterztg.", Wähler klar vor Augen, warum die jahrelange Hehe gegen den Genossen Thielhorn, an. Das Schöffengericht wies die Klage Dr. Lindemann inszeniert wurde. Auf dem Lande wird dies von aber zurück, da die Kläger nach Ansicht des Gerichts nicht den vielen Mitläufern bei der Wahl viel besprochen. Es wird berechtigt zur Klage waren. Auf Beschwerde an die Straftammer gefagt, Dr. Lindemann habe doch seine Pflicht und Schuldigkeit aber mußte das Schöffengericht doch noch der Klage nähertreten. in hohem Maße getan. Wollen also die Göppinger einen Sozial- Der als Beuge geladene Betriebsführer der Beche Westende", der in demokraten weniger im Landtag haben, so wollen wir sie hierbei dem Prozeß, über welchen die Arbeiterzeitung" berichtete, aus­nicht stören. Eines aber ist sicher, Kinkel wird nicht gewählt gefagt hatte, den Leuten fehle bei der Haft, in der sie arbeiten werden, vielmehr wählen wir jebt erst recht müßten, manchmal die geit, die entfernter stehenden Holzwagen Dr. Lindemann. So viel Geld wird zusammengebracht wer- herbeizuschaffen", beschwor, diese Aeußerung vor Gericht nicht getan den, um Stimmzettel drucken zu laffen, und am Wahltag wird zu haben, obwohl einer der bürgerlichen Berichterstatter, ebenfalls der Kampfruf viel tausendmal erschallen: Nicht Kinkel, sondern Lindemann! Dr. Lindemann wird ein Vertrauensvotum aus­gestellt werden, wie es sich unsere Göppinger nicht träumen lassen. Eines jedoch möchten wir die Göppinger bitten: Verschont uns mit Euren Versammlungen auf dem Lande! Spart Euer Geld und bleibet zu Hause, daß wenigstens das Land rein erhalten bleibe!

fich zweimal verheiratete und ebensooft scheiden ließ, rund 5 850 000 Mark erhalten. Lediglich an Gehaltszulagen bewilligte die Ge­sellschaft über 2 Millioner Mart. Die Unterhaltung der Gebäude Das Recht auf Strafe. Einst predigte das Christentum das verursacht erhebliche Kosten, und ein ansehnlicher Posten der Aus­Recht auf die Existenz, jetzt kommt die Beitschrift für christliche gaben bezieht sich auf die Beeinflussung der europäischen Tages­Erziehungswissenschaft" und predigt des Kindes Recht auf Strafe." presse, die reichliche Gelder erhält, soweit sie fich verpflichtet, Monte Die neue Heilslehre wird dort durch den Mund des Kreisschul- Carlo zu verherrlichen oder mindestens alle unliebsamen Bivischen­inspektors Dr. Rauh in Waldenburg i. Schl. verkündigt. fälle, namentlich Selbstmorde, zu unterdrüden. Der Rohgewinn In schöner Ausführlichkeit und durch feine historische Be- der Gesellschaft dürfte nicht zu hoch mit 30 Millionen Mart be­mertungen gewürzt, präsentiert uns der fromme Schulmann eine rechnet werden. Der Umsatz der Spielbank läßt sich nicht an. ganze Reihe von Rezepten, wie dieses heilige Recht in der Praxis nähernd feststellen. Nimmt man an, daß der Gewinn der Bank der Schule verwirklicht werden muß. Die eigentlichste Strafe ift 1 Prozent ausmacht, so würden die Einfäße etwa 3 Milliarden und bleibt die Prügelstrafe"- daher gilt ihr vor allem die schwierige Mark jährlich betragen haben. In Wirklichkeit mögen sie noch Forscherarbeit. Bon welch' tiefer und gründlicher Sachkenntnis zeugt erheblich höher gewesen sein. 3. B. folgender Ausspruch:" Die ausführlich angedrohte und mit Bedacht egekutierte Brügelstrafe lehrt mehr die Unentrinnbarkeit der Gesetzesmacht fühlen, die plöglich und unerwartet voйzogene bringt die stete Bereitschaft der Gerechtigkeit ins Bewußtsein."

Wo das Spiel blüht, gedeiht auch das feile Weib. Vor sieben­hundert Jahren dichtete Freidants Bescheidenheit:

Weibern und dem Spiel zuliebe, Wurde mancher Mann zum Diebe.

Welch' rührende seelische Beklemmung spricht sich aus dem Be­kenntnis, daß gerade diese unvorhergesehenen Brügel, deren" Thpus veranlagten Lydier, sollen das Glüdsspiel erfunden haben. In dem Die berüchtigsten Venusberehrer des Altertums, die spekulativ die Ohrfeige oder der" Jagdhieb" ist, dem Schüler überzogen, wo er gerade sigt", durch schulbehördliche Vorschriften start eingeschränkt heutigen Monako würden sie alle ihre Liebhabereien zusammen­sind. Aber die Prügelstrafe fann unmöglich aus der Erziehung ver­schwinden, dessen ist der gute Christ ganz sicher: denn nur der Rohr­stod sagt dem Rinde: gehorche!

Und um das Gehorchen dreht sich eben alles. Eine Erziehung," donnert der fromme Mann. die teine Strafe kennt, die jede Ueberzeugung des Kindes respektiert.... bildet Anarchisten, Ge­fetzesverächter, Rebellen. Wer als Kind stets die Straße der Selbstbestimmung geführt wurde, wird als Erwachsener den Pfad der Autorität nicht finden. Autorität aber ist nicht der selbstgekürte Herzog, sondern der angestammte Souverän.

Man fennt die Weise, und doch ist es erfreulich, daß sie hier so frisch und unverblümt vorgetragen wird. Sonst pflegen die Herr schaften nich. so offenherzig zu sein. Wie schön, wie bezeichnend ist es auch, daß dieses Jdeal der namenlosen Barbarei gerade im Namen dessen, der die Kindlein zu sich tommen ließ, berteidigt

wird.

Die europäische Spielhölle. Im Juniheft des Türmers" finden wir folgende nachdentsame Gloffe: Mit einem Reingewinn bon 14,4 Millionen Mark hat die Gesellschaft der Spielbank von Morato ihre lettes Geschäftsjahr abgeschlossen. Der Rohgewinn muß mindestens doppelt so hoch gewesen sein. Denn große Aus­gaben sind zu machen. Als Anteil an dem Ertrag der Spielhölle für das Jahr 1911 bis 1912 hat Fürst Albert von Mongto, der

finden.

Humor und Satire. Landtagsmarterl Abgeordnetenhaus.

Steh still, Wanderer, und mach' die Ohrwascheln auf!

An diesem Palast in der Prinz- Albrechstraß' tannst erkennen der Welten Lauf. Du g'scheerter Rammel meinst, dös wär' ein Parlament und fein Ort für Bub'n;

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Da bist aber ang'ichmiert, dös ist igo die königlich preußische Oberpolizeiwachtstub'n.

Wenns nit grad Ferien hätten, könntst sehen drin Herrn gar für­nehm und g'recht,

Lauter wohlgeborne und chriftgläubige Leut', bis auf die sechs fnallroten Hecht',

Die die ehr- und tugendfame Gesellschaft dadrinnen verschimpfier'n, Bis fie der Herr Bolizeiwachtmeister am Schlafitel tut' naus­expedier'n.­

Was sagst Du, Kamel?- Dös wär fein fürnehm und christlich Betragen?

Iko halt aber bein Maul! Ansonsten friegt der Büttel auch dich am Kragen!

Die Herrn aus der guten Kinderstub' tun da gar nit lang fadeln,

eidlich, das genaue Gegenteil bekundete. Als nun Genosse Thiel horn die Heranziehung der Aften beantragte und noch vier Zeugen für seine Behauptung benannte, wurde diese Beweiserhebung rund weg abgelehnt. Genosse Thielhorn sowie sein Verteidiger erklärten darauf, daß fie auf jede weitere Verteidigung berzichteten und sich nicht mehr an der Verhandlung beteiligen würden. Und dann er­fannte das Gericht auf 300 Mart Strafe!

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Und hezen den Bello Staatsanwalt auf die Proletenladin. Gelt, da schaust her? Na, geh' in ein Edert fein still und ber­stohlen, Bet' drei Rosenkränz', daß die Boltsvertretung der ttt Gottjei beiuns mög' bald Lotweise holen! Herrenhaus. frommer Christ, mach Halt in dieser Leipziger Sündenstraßen, Adieweil aus diesem stattlichen Beinhaus Kirchhofswinde blasen. In dieser hochadligen, zehnmal geweihten Reichenkammer Spürst du des ganzen irdischen Daseins Jammer. Auf seinem Dach rammeln Karnidel und wächst die größte Kartoffel, aber drunten ärgern sich hochedle Herren über den preußischen Stoffel. Die von und zu, die schon in den Windeln zum Regieren erloren, Winseln hier, daß die Welt so berderbt und verloren. Sie möchten gern alles wieder nach der alten Patriarchen Weise, Und hadern mit Gott und. Welt wie alle Mummelgreise. Vertveile nicht lange in diefer hochfeudalen Verwesungsflur; Schlag drei Kreuze und bet' für ihr Seelenheil drei ve mur. Requiescant in pace!

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Notizen.

Ernst.

Monatsblätter für Polemit, Wissenschaft, Kunst, Literatur und andere Kulturfragen" nennt fich eine neue Zeitschrift. Sie will eine Freistatt für jeden sein und er­scheint im Verlag der Monatsblätter für Polemit, Herrenalb . Das Blatt wird zweifellos viele berechtigte Bedürfnisse befriedigen. Kunstchronit. Französische und deutsche Graphit wird in der dritten Ausstellung der Zeitschrift" Der Sturm", Königin- Augusta- Straße 51, gegenüber der Von der Hehdtstraße, zu sehen sein. Die Ausstellung wird Sonnabend, mittags 12 Uhr, eröffnet. Bühnenchronit. Zwischen Rosa Bertens und Direktor Lank ist ein Vertrag geschlossen worden, gemäß dem die Künstlerin ins Deutsche Schauspielhaus eintritt.

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Das Belle- Alliance- Theater, das in den letzten Jahren so viele Wandlungen durchgemacht hat, darf aus Gründen der Sicherheit vom 1. September an nicht mehr zu Auf­führungen benutzt werden. Vielleicht wird aber auf dem gleichen Plage ein neues Theater errichtet werden.

-Gine Strindbergbiographie, die jebt besonderes Interesse erivedt, erschien bereits vor einigen Jahren aus der Feder Hermann weins: Strindberg im Lichte seines Lebens und seiner Werte.( Verlag von Georg Müller in München .)