Nr. 121 29. Zahrgavg. 1. KnlM des„Nmiirls" Kerlim WllisdlÄ Sovvtllg, 26. Mai 1912. ver iismpf«ler rrsnzportzrdeiter. London , 24. Mai. (Eig. Bor.) Ein n«uer gewaltiger Kampf zwischen Arbeiterschaft und Unternehmertum in der britischen TranZportindustrie ist ausge- brachen. Diesmal sind es die Londoner Transport- a r b e i t e r, die dem Unternehmertum, das seit dem Streik der letzten Jahre nichts unversucht gelassen hat. um den Arbeitern die damals errungenen Vorteile wieder zu entreißen, als erste auf dem Kampfplatz erscheinen. Der Streik wegen eines Unorganisierten gab nun den Anstoß zu dem Emporlodern des Feuers, das schon seit mehreren Monaten im Verborgenen brannte. Hundert- tausend Mann feiern heute im Londoner Hafen und das starke Solidaritätsgcfiihl der Transportarbeiter, das sich seit dem letzten Kampf in einer gewaltigen Stärkung der Organi- sationen offenbart hat, wird mit Notwendigkeit zu einer Ausbreitung des Streiks auf andere Häfen des Landes führen, wo die Unzufriedenheit unter den Arbeitern übrigens nicht minder groß ist als in London . Der allgemeine Streik der Londoner Transportarbeiter wurde Hestern erklärt, nachdem der Exekutivausschuß des Transport- arbeiterverbandes und des Londoner DistriktÄomitce desselben Verbandes eine gemeinschaftliche Sitzung abgehalten hatten. In der Sitzung wurde folgende Resolution angenommen: „Nachdem dieses gemeinschaftliche Komitee des Exekutivaus- schusses und des Londoner Distriktskomitecs die wesentlichen Streitfragen!, die die Transportarbeiter im Londoner Hafen be- rühren, gründlich beraten hat und die Boykottierung von Gewerkschaftsmitgliedern und den vorsätzlichen Vertragsbruch der Arbeitgeber wie auch deren all- gemeine vexatorische Behandlung der Arbeiter des Hafens in Bc- tracht gezogen hat, ist es zur Entscheidung gekommen, daß ihm unter diesen Umständen keine andere Wahl bleibt, als olle Transportarbeiter aufzufordern, heute abend die Arbeit nieder- zulegen, um eS dem Verband zu ermöglichen, ihre Beschwerden abzustellen." In einer Massenversammlung, in der dieser Beschluß bekannt- hemacht wurde, erklärte der Vorsitzende des Verbandes, G o r l i n g: »Ein Wort der Warnung! Ich glaube, wir haben einen sehr großen Kampf vor uns und ich glaube nicht, daß wir ihn in ein oder zwei Wochen beenden werden. Ihr müßt zusammenhalten, was auch die Folgen sein mögen, und den Kampf zu Ende kämpfen, und wenn ihr euch alle loyal gegen uns erweist, so wenden wir die Sache für euch durchführen wie im letzten Jahre." Ben Tille t. der in derselben Versammlung sprach, bemerkte:«Ich möchte nachdrücklich betonen, daß dieser Kampf nicht notwendig auf den Londoner Hafen beschränkt sein wird, daß er ein nationaler Kampf werden wird. Was uns die Reeder vorher sagten, das sagen wir jetzt ihnen: Dies ist nicht die Zeit zum Reden; dies ist die Zeit zum Handeln." Die letzte Wendung T i l l e t S bezieht sich auf das Eingreifen der Regierung, die ein« UntersuchungSkommission eingesetzt hat, an deren Spitze Sir Edward Clarke steht, der eben als Schiedsrichter für die Bergarbeiter Svdyorkshires den höchsten Minimallohn für Hauer(6% Schilling)- festgesetzt hat. Die Arbeiter sind gern bereit, der Kommission eine Reihe schwerer Vertrags- brüche der Unternehmer zu unterbreiten; sie denken jedoch nicht daran, die Streitfrage von einer Regierungskommission ver- schleppen zu lassen. Der Standpunkt deS Transportarbeiterverbandes wird durch folgendes Manifest an seine Mitglieder erläutert: „Nach sorgfältiger und langer Prüfung der bei den Arbeits- einstcllungen im Hafen in Betracht kommenden Streitfragen be- trachtet es das Komitee als seine Pflicht, den im Kampfe ver- wickelten Arbeitern das Tatsachenmaterial vorzulegen: 1) Erstens haben die verantwortlichen Beamten der GeWerk- schaften jede Anstrengung gemacht, eine Arbeitseinstellung in jedem Reibungsfall zu vermeiden. Wir bedauern die vexatorische Ein- Mischung von Arbeitgebern in die Rechte des Individuums, Mit- glied einer Gewerkschaft zu werden und zu bleiben. Wir kon- statieren ferner, daß uns die Weigerung der Ttzjbcitgeber, Verträge zu halten, die Hände gebunden hat. Wir haben jeden Fall der Nichtbeobachtung von Verträgen seitens der Arbeitgeber wie auch Im Sonnenlancl Algerien. Von Paul Zschorlich. Die Eisenbahn geht heute von Constantine bis Biskra . Also biS an den Rand der eigentlichen Sahara . In zwei Jahren soll die Strecke bis Tuggurt und Wargla eröffnet werden, also weitere 400 Kitomewr. die bereits in die Region der Sanddllnen reichen. Von da ab werden die Wüstenfahrten sicher«ine Zeitlang Mode werden. Zumal da bald darauf auch die große Transsaharabahn, die nahe der marokkanischen Grenze läuft, in ihrer ersten Etappe fertig gestellt sein wird. Heute ist es noch immer sowohl mit Schwierigkeiten wie mit Gefahr verbunden, in die Sahara einzu- dringen. Aber die Sahara kommt uns entgegen. In Wahrheit schiebt sie sich vor bi« hinauf in die südlichen Berge des AtlaS. Zwar fehlen die Dünen, an Stelle des Sandes treten die Steine und die Felsen, aber die Charakteristika der Wüste sind doch vorhanden: weite, baumlose, unkultivierbare, wasserarme Strecken, in denen man nur hier und da einige Nomaden antrifft, trostlos« Flächen von un- endlicher Ausdehnung, in denen so gut wie nichts wächst, unter- brachen von den köstlichen Oasen, in denen Tausende von Dattel- palmen in Wäldern zusammenstehen. Auch die Sahara selber bildet ja keine einheitliche Fläche. Wir wissen heute, daß sie Gebirge auf- weist und sogar unterirdische Flüsse, daß sie nicht völlig unkultivierbar ist und nicht lediglich aus Sand besteht. Es ist also nicht ganz genau und einheitlich auszumachen, wo die Sahara beginnt und wo sie aufhört. Man kann nur feststellen, wo Wüste ist. Von Philippeville herauf nach Constantine fährt man durch kulti- viertes Land, auf dem Plateau überwiegt dann die Steppe. doch findet man auch dort noch Secker und Bäume. Bald hinter Constantine aber tritt der wüstenhafte Charakter deutlich hervor. Man wundert sich, daß aus diesen rötlichbraunen und gelblich weißen Bergen kein Löwe heraustritt, unS zu begrüßen oder zu verschlingen. Gleich bei Batna ist ja die Heimat deS Berber- löwen. Aber eS sind nur noch ein paar abgezählte Exemplare vor« handen, die nur geschickte Jäger zu Gesicht bekommen, niemals aber ein Wanderer. Die Wüste hat hier ihre Schrecken wie ihre Romantik eingebüßt, denn auch Schakale und Hyänen sind selten geworden, Strauße gibt«s überhaupt keine mehr und nur drüben in den Bergen des Djebel AureS sollen noch prächtige Steinadler horsten. Mit einigem Glück findet man Eidechsen von gut einem halben Meter Länge, auch die Käfer- und Jnsektenwelt unterscheidet sich merklich von der Europas , im großen und ganzen aber find die großen wilden Tiere dem Zivilisationswerk der Franzosen gewichen, und man glaubt es kaum, daß es hier einst Elephanten gegeben hat, wie uns romische Schriftsteller bezeugen. Erst von Batna ab ge- wahrt man Kamele und in ihnen eigentlich das erste wirklich afri- Hönischs Tier. zahllose Fälle von Boykott geduldig und diskret behandelt. In dem Fall, der die jetzige Stockung herbeigeführt hat, hat man dem in Frage kommenden Individuum Monate gelassen, einer GeWerk- schaft beizutreten; olle Ueberredungsversuche sind angewendet worden, doch ohne Erfolg und die Arbeitgeber haben zu dieser orgamsationsfeindlichen Haltung aufgemuntert. 2) Der vorliegende Streifall hat eine Verschwörung der Ar- beitgeber aufgedeckt, die sogleich ihre Karten zeigten und sich ge- meinschaftlich des Geschäfts der feindlichen Finna annahmen und dadurch das Kampffeld ausdehnten. 3) Die Weigerung der Arbeitgeber der Lichterführer, den Ver- trag vom letzten Herbst anzuerkennen, ist eine ungesetzliche Hand- lungsweise, was durch die Urteile des Oberrichter und des Lord Justice Celeridge bewiesen wird. 4) Seit der Abmachung des letzten Jahres sind zahllose Fälle von Vertragsbruch vorgekommen und trotz unserer Proteste und friedlichen Bemühungen, Kämpfen aus dem Wege zu gehen, haben unsere Anstrengungen meist fehlgeschlagen. S) Wir behaupten, daß die gegenwärtige Stockung gänzlich dem vexatorischen Verhalten der Arbeitgeber zuzuschreiben ist. Wir sind jedoch gern bereit, mit den Arbeitgebern zusammenzu- kommen, um ein Abkommen über die Regelung von Beschwerden herbeizuführen." Anwachse» deS Streiks. London , 25. Mai. Der Transportarbeiterstreik hat heute be- deutend zugenommen. Die Rollkutscher haben sich dem Streik angeschlossen. Alle Docks machen einen verödeten Eindruck. Nur die von der Londoner Hafenbehörde angestellten Arbeiter sind bei der Arbeit geblieben. Die Rollkutscher fordern die Festsetzung einer sechzigstündigen Arbeitszeit für die Woche und allgemeine Auf- besserung der Löhne. Die Eisenbahnbehörden haben die Ueberführung von Gütern nach dem Hafen eingestellt. Auch einige Dampf- schiffahrtSgesellschaften haben den Betrieb ge- schloffen. »Daily Herald" versichert, daß innerhalb acht Tagen die Zahl der ausständigen Arbeiter auf eine Million angewachsen sein werde Die Eisenbahner der Great Eastern Eisenbahn weigern sich, die boykottierten Waren zu transportieren. Im Lager von Aldcrshot werden Truppen bereit- gehalten, um nach London abzugehen. AuS Woolwich sind bereits zwei Regimenter Husaren abgegangen. In den Häfen von Hull und Manchester ruht die Arbeit vollständig. Die Arbeiter- führer versichern, der Ausstand«erde am nächsten Mittwoch allgemein sein._ Aittichsstllcher Aachenberrcht. Hochkonjunktur, .In bezug auf den Etat habe ich Zweifel, ob sich die Hoffnung des Finanzministers erfüllen kann, daß dies der letzte Defizitetat sein wird. Ob die jetzige günstige Konjunktur noch von langer Dauer sein wird, ist doch sehr zu bezweifeln. In unserem Zeitalter der Elektrizität verlausen die Wellen von Ebbe und Flut kürzer als früher. Es sind Anzeichen vorhanden, daß die Woge sich zu über schlagen droht. Wir haben bereits zwei oder dvei Jahre aufsteigender Konjunktur hinter uns." An diese Worte aus der HerrenhausredS des Direktors der Deutschen Bank v. Gwinner hat sich in der abgelaufenen Woche in der bürgerlichen Presse eine lebhafte Debatte darüber entsponnen, ob die günstige Konjunktur vorüber sei. Einzelne Blätter stellten mit Genugtuung fest, daß Herr v. Gwinner nicht gesagt habe, die Hochkonjunktur scheine zu Ende zu sein, sondern daß er nur ge- zweifelt habe, ob die jetzige günstige Konjunktur noch von langer Dauer sein werde. Die Börse hat sich in ihrer günstigen Beurtei lung der augenblicklichen Situation überhaupt nicht irre machen lassen. Selbst die wilde Spekulation, die in Zeiten der Hochkonjunktur notwendig eintritt, hat sich nicht stören lassen. Sogar das Spekulationspapier, das den Staatskommissar der Berliner Börse , All das läßt sich wohl auch von der Eisenbahn au » feststellen. ES ist aber doch gut ein Stück zu marschieren. Ich halte eS in dieser Beziehung mit dem alten Fontane, der vollkommen recht hat, wenn er sagt: die Natur lernt nur kennen, wer sie zu Fuß durch- wandert. An und für sich ist eS ein Wahnsinn, in der Wüste zu Fuß zu marschieren, aber man muß eS sich einmal praktisch klar machen, warum eS Wahnsinn ist. Ich wählte die Strecke von der Bahnstation LeS TamarinS bis zur ersten Oase El Kantarah. DaS sind 24 Kilometer. Eine Kleinigkeit von fünf Stunden, wenn man durch deutschen Tannen- wold marschiert, ein plätschernde» Bächlein zur Seite, im Schatten kühlender Bäume. Eine Qual. wenn man weit und breit sonnenverbrannte Felsen sieht und nicht einen einzigen Baum, wenn die afrikanische Sonne durch Hut und Hosen sticht und die Augen blendet, wenn die Steine heiß find, auf die man sich setzen will, wenn man das Wasser wieder ausspuckt, das man etwa in einer Bachrinne findet, weil eS von schaler Wärme ist und ekelhaft schmeckt, wenn man keinem Menschen begegnet außer einigen Nomaden, deren mörderische Hunde mit Gewalt festgehalten werden müssen, weil sie den Fremden am liebsten zerfleischen, wenn man. schon nach kurzer Zeit stumpfsinnig geworden vor Hitze und Langeweile, apathisch seines Weges trollt und nur noch einen Gedanken hat: Wassert Frisches Wassert RohlfS hat einmal in seinen Reise- schilderungen gesagt, er verstehe es sehr gut, wie ein Mensch in der Wüste binnen zwölf Stunden verdursten könne. Man braucht nur die eigene kleine und bescheidene Erfahrung von sechs bis sieben Stunden zu vervielfachen, um die Qualen und� Sorgen all der Menschen ermessen zu können, die das Schicksal zwischen den 25. und 35. Breitegrad verwiesen hat. Selbst wenn man in der Eisenbahn sitzt, wird einem die Fahrt durch die Wüste lang, und so sehr man auch die Augen aufreißt, wenn man diese eigenartige Landschaft zum erstenmal gewahrt, so gern schließt man sie, wenn man sich über- zeugt hat. daß eS immer dasselbe ist, immer dasselbe. Unser europäisches Auge insbesondere, scheint mir, fühlt sich unbeschäftigt und also erniiidet, wenn eS keine Bäume und überhaupt keine Details in der Landschaft wahrnimmt. Als ich mit sinkender Sonne in El Kantarah eintraf, wo ein einziges, aber gutes Hotel steht, hatte frisches Wasser für mich einen Liebhaberwert gewonnen. Ein Frank für ein GlaS schien mir durchaus angemessen. Ich ließ aber den Wirt nichts merken und nahm meinen Trunk, als ob ich nur gerade ausprobieren wollte, ob das Wasser kalkhaltig sei oder nicht. Ja, nach zwei Stunden, als ich gut diniert hatte, war ich bereits geneigt, die Preise hoch zu finden. Die Wüste lag hinter mir, ich fühlte mich geborgen. Nur zu schnell verliert man den Maßstab. Es ist ein ewiger Kampf zwischen dem wandernden Touristen und dem seßhaften Wirt, dem Nehmen seliger scheint als Geben. El Kantarah heißt im Arabischen: die Brücke. Und wie eine Brücke mutet in der Tat der Uebergang an von dem letzten Hochtal des«ltlas in die erste Oase. El Kantarah ist die nördlichste Goeppert, zu seiner Warnung veranlaßte, hat trotz dieser seine schwindelhafte Höhe wiedergewonnen: die Aktien der Vogtländischen Maschinenfabrik stehen noch immer 690. Die Ereignisse der letzten Woche: Mitteilungen des Stahlwerksverbandes über günstige Aus- sichten. Veröffentlichungen über Rekordzahlen im deutschen Inlands- und Auslandshandel. Verlängerung der Trägerhändlervereinigun- gen. Erhöhungen für Erzeugnisse der Eisen- und Schwachstrom- industrie waren auch nur dazu angetan, die Hochkonjunkturstimmung zu erhöhen. Tie Besserung der wirtschaftlichen Lage hat schon seit zwei bis drei Jahren eingesetzt. Im vergangenen Jahre wurde sie durch die widrigen politischen Verhältnisse gehemmt. In dem ver- floffenen Teil dieses Jahres zeigt sie sich aber in voller Deutlichkeit. ?lls allgemeiner- Maßstab für die Konjunkturverhältnisse kann der Verkehr auf den Eisenbahnen dienen. Die Verkchrseinnahmen dev deutschen Eisenbahnen erhöhten sich im April d. I. gegen den gleicher» Monat des Vorjahres: aus dem Personenverkehr um 2,97 Millionen, aus dem Güterverkehr um 19,87 Millionen Mark. Die Einnahmen der ersten vier Monate stiegen im Personenverkehr um 14,93 Millionen, im Güterverkehr um 53,91 Millionen Mark. Bilden diese Verkehrseinnahmen über die Höhe de? Binnen« handeis fast den einzigen Anhaltspunkt, so liegen für den Außen» Handel genauere statistische Einzeldaten vor. Seit einem Rückschlag von 1997 auf 1998 sind Aus- und Einfuhr stark gestiegen. Durch besondere günstige Umstände(Streiks in England und Amerika , kriegerische Berwickelungen, Dardanellensperre usw.) ist die Ausfuhr schneller gewachsen als die Einfuhr, so daß sie beide fast die gleiche Höhe haben. Es betrug in dey Monaten Januar bis April in Wil - lionen Mrk:. m Einfuhr Ausfuhr 1997... 181,25 142,95 1911... 197,35 183,7» 1912... 293.94 293,68 Von den einzelnen Industrien bietet die Montanindustrie ulk - zweifelhaft daS günstigste Bild. Die Kohlenproduktion im Deutschen! Reich zeigt eine erhebliche Zunahme, die durch den englischen Berg- arbeiterstreik noch weiter angeregt wurde. Statt rund 82 Millionen Tonnen Kohlen und Koks der ersten vier Monate des Vorjahres sind in diesem Jahre etwa 199 Millionen Tonnen gefördert worden. Die entsprechenden Zahlen für die Ausfuhr betragen 195 und 121' Millionen Tonnen. Das rheinisch-westfälische Kohlensyndikat hat z. B. in den Monaten Februar und April fast die gesamte Produk- tionsbeteiligung(99,57 und 98,29 Proz.) absetzen können. Die Preise sind natürlich erhöht worden, was durch die Einigung mit dem preußischen Fiskus und den Anschluß außenstehender Werke cc- leichtert wurde. Auch die Shndikatsumlagen wurden daher für Kohlen und Briketts(um je 3 Proz.) herabgesetzt.»>. Noch günstiger liegen die Verhältnisse für die Eifenindustrieit. Trotz erhöhte« Produktion können die Werke gar nicht der Nachfrage genügen. Die Lieferfristen sind außerordentlich verlängert worden. Betrugen sie früher einige Tage, so sind sie jetzt auf ebensoviel Wochen ausgedehnt worden. Lieferfristen von zwei bis drei Wochen sind dagegen auf gleich viel Monate erhöht worden. Der lebhafte Abruf gilt für alle Zweige der Eifenfabrikation. Noch in dieser Woche erhöhte der Stahlwerksverband die Preise für Träger- und Formeisen und ermäßigte die Ausfuhrvergütung. Die Weltmarhich- preise haben sich so verbessert, daß die Unternehmer eine Export- Unterstützung entbehren können; zudem macht die starke Nachfrage im Inland eine Ausfuhr nicht so nötig. Aber auch vom schlesischen, belgischen, französischen und englischen Eisenmarkt laufen dauernd Nachrichten über Preiserhöhungen ein. Eine Folge der günstigen Situation war auch die Aufhebung der L-Syndizierung des Stahl- werksverbandcs vom 1. Juli ab; um die Situation ganz ausnutzen zu können, haben die Werke bereits jetzt die Freigabe der B-Pro» dukte beschlossen. Die Ausfuhr von Eisen und Eisenwaren ist vom Januar bis April 1912 gegen die gleichen Monate des Vor- jahres von 16,45 auf 19,26 Millionen Doppelzentner gestiegen. Aber auch die Einfuhr wuchs von 1,87 auf 3,42 Millionen Doppel« zentner. Ebenso hat der übrige Metallmarkt fast durchgängig eine erheb- liche Besserung erfahren. So stieg die Ausfuhr von Metallen und Maschinen um 3,14 Millionen auf 22,69 Millionen Doppelzentneo afrikanische Oase. Die erste für uns Europäer, die letzte für die Eingeborenen. Sie umfaßt etwa 199 999 Dattelpalmen, in denen drei arabische Dörfer zerstreut liegen. Foum-eS-Sahara, den offenen Mund der Sahara , nennen die Araber diesen Eingang. Den Schuh deS Herkules nannten ihn die Römer. Eine Oase muß man des Abends sehen, wenn die Sonne unter» gehen will und in gelben, roten und violetten Farben an den Wänden deS Gebirges spielt. Erinnerte nicht ein vermaledeites Froschkonzert an die harte Wirklichkeit, man glaubte im Paradies zu fem. In Europa , selbst an der Riviera, kennt man die Dattelpalme nur als Einzelbaum, sozusagen als Persönlichkeit für sich. In Wahrheit ist sie ein gesellschaftliches Wesen, und man empfängt erst den richtigen Begriff von ihr. wenn man sie in Mengen zusammensteben sieht. Aber merkwürdig, man gewöhnt sich auch an diesen Anblick sehr rasch. Man bemerkt, daß die Zweige trocken und verdorrt scheinen, daß sie jedenfalls das saftige Grün vermissen lassen, das wir an unseren Buchen und Eichen gewöhnt find. Die Palme ist ein orienta- lischer, man möchte beinahe sagen: ein biblischer Baum. Sie ist und bleibt für unS von der Romantik umsponnen, die alle» Ferne und schwer Erreichbare nun einmal für uns hat. In Wirklichkeit ist sie ein nüchterner und unheimlich praktischer Baum, der sich von der Wurzel bis zur Krone zu gewerblichen Zwecken aufteilen läßt. Die Palme spendet wenig Schatten. Sie hat nichts Labendes. Er- frischendes. Und doch ist uns so eigentümlich zumute, wenn wir in ihrem Bereich weilen. KinheitSvorstellungen, die unter der Schwelle des Bewußtseins schlummern, Ausstrahlungen einer romantischen Sehnsucht, die im Exotischen das Bessere und Wertvollere zu sehen geneigt ist. Versteckt unter diesen vielen tausend Palmen liegen drei arabische Dörfer, alte Ansiedelungen mit puppenhaften Häuschen, engen, winkligen Gaffen, weiß- und blaugetünchten Mauern, die aus dem Grün hervorleuchten, und einem Gewirre von Gängen, Ver- bindunaswegen und Sackgaffen, die wie ein Labyrinth anmuten. Die eine Gaffe ist ganz leer und wie ausgestorben, in der nächsten liegen Dutzende von weißgekleideten Arabern mitten im Wege.� die ihr Schläfchen halten oder sich ihre dürftigen Er- lebniffe erzählen. Zidci Männer, die sich gegenübersitzen und die Beine ausstrecken, können sich berühren: so eng sind die Gassen. Hier und da wird Domino gespielt oder ein Brettspiel, das unserer «Dame' ähnlich ist. Die Jugend zieht ein Würfeln mit Kugeln oder daS kunstgerechte Werfen einiger Hölzer als Unterhaltung vor. Hier wie immer in den arabischen Dörfern sieht man die Männer saulenzen. Der Araber tut nur so viel, als er»»bedingt muß, um feine bescheidenen Ansprüche ans Leben befriedigen zu können. Die Art des Eigentumsrechtes bringt es zudem mit sich, daß sehr viele an dem mehr oder minder großen Ertrag eines Ackers gar kein Interesse haben. DeS Morgens um fünf Uhr kann man die Eingeborenen in Gruppen schwatzen sehen. deS Abends um zehn Uhr sind sie noch nickt fertig. Man sieht auffallend wenig Frauen. Die wenigen, meist älter«», die sich auf de» Straße» blicken lasse», sind tief verschleiert.
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