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Nr. 73.

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Vorwärts

8. Jahrg.

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Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

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Freitag, den 27. März 1891.

Die Verstaatlichung

der Apotheken.

Expedition: Benth- Straße 3.

wenn wir uns nur mit einer, und zwar der preußischen, beschäftigen.

Diese zerfällt in drei Theile. Der erste Theil setzt die Preise der Droguen und Chemikalien, der eigentlichen Die sozialdemokratische Fraktion hat bei dem Reichs- Arzneisubstanz, fest, und wird alljährlich mehr oder minder tage einen Antrag auf Verstaatlichung der Apotheken in auf Grund der Preisfurante der chemischen Fabriken und Deutschland   eingebracht. Dieser Antrag ist nun von einem Droguenhäuser umgeändert. Der Preisunterschied zwischen großen Theil der bürgerlichen Presse besprochen worden den Preislisten der Großhandlungen und der amtlichen und zwar fast ausschließlich im verneinenden Sinne, wenn Arztneitage ist ein ganz bedeutender. Er beträgt 30 bis wir auch anerkennen müssen, daß einige Organe in dankens 100 pCt. und darüber. Für einen mit gewöhnlichem werther Offenheit wenigstens die gröbsten Mißstände des Menschenverstand begabten Sterblich ist es schlechter­Apothekenwesens der Oeffentlichkeit zur Kritik übergeben dings unverständlich, wie ein Kraut oder ein Salz, das haben. Wenn wir aus der Haltung der bürgerlichen durch die Hände eines Apothekers gegangen ist, dadurch Presse auf die Stimmung der Abgeordneten schließen so erheblich an Werth gewinnt. Und dabei behauptet Unser Blatt ist das Zentralorgan der deutschen   Sozial- fönnen, und wir gehen nicht fehl, wenn wir es thun, so noch die ganze Wissenschaft, daß die Alchymie, die Kunst demokratie, es vertritt durchaus den Standpunkt der modernen erscheint es uns zweifellos, daß der Antrag den gewünschten Gold zu machen, ein Unding ist. Die deutschen   Apotheker proletarischen Arbeiterbewegung sowohl in sozialer wie in politischer Erfolg nicht haben wird. Und doch ist kein Antrag so im Bunde mit den amtlichen Taykommissaren verstehen Beziehung. naheliegend und sogar für ein bourgeoises Verständniß so das meisterlich. Aber, werden die gegnerischen Stimmen Für den denkenden und aufgeklärten Arbeiter brauchen wir leicht faßlich, wie gerade dieser. Das hauptsächlichste behaupten, die sorgfältige Kontrolle, Aufbewahrung 2c. diesen Standpunkt des Näheren nicht zu erläutern. Für Jeden, Motiv, das den Antragstellern zu diesem Antrage müsse bezahlt werden. Das ist Unsinn! Die chemischen der die Spannung, welche auf unseren gesammten Verhältnissen Veranlassung gegeben hat, ist die einfache Fabriken und Droguenhäuser befinden sich z. 3. auf liegt, beobachtet, tritt derselbe klar zu Tage. Aber der gebildete natürliche Ueberzeugung, daß die Verstaatlichung des einer Höhe, was jeder Fachmann bestätigen wird, die den und aufgeklärte Arbeiter muß stets darauf bedacht sein, sein Apothekenwesens die nothwendige Konsequenz der Arbeiter- Apotheker so ziemlich jeder Mühe überhebt. Organ immer weiteren Kreisen seiner Klaſſengenoffen zugänglich versicherungs- Gesetzgebung ist, wie wir sie in der Kranken-, Noch unberechtigter sind die Anschläge im 2. Theile zu machen, für sein Organ stets neue Streiter zu suchen, die dazu Unfall- und Invaliditätsversicherung haben. Dieses unseren beitragen, daß die arbeitende Bevölkerung ihrem Ziele, der end- sozialistischen Lesern ausführlich auseinanderzusehen, hieße der amtlichen Arzneitare, nach deren Bestimmungen sich Eulen nach Athen tragen. Ja, wir wollen sogar zur das Publikum für eine Flasche 20-25 Pf., die dem Ehre der Regierung und der übrigen Urheber dieser Geseze wird sie nun allerdings von einem akademisch gebildeten Apotheker 4-5 Pf. tosiet, abziehen lassen muß. Dafür annehmen, daß bei Schaffung derselben wohl kaum die Absicht bestanden habe, auf Kosten der Kaffenbeitrag Manne ausgespült und zugekorkt. zahlenden Bevölkerung die im Besige eines Privatmonopols Der letzte Theil endlich behandelt die Arbeiten in der befindlichen Apotheker zu bereichern. Sollte die Absicht Rezeptur. Auch dieser Theil wird, was wir kurz voraus­bestanden haben, so wäre das jedenfalls eine lustige schicken möchten, gleichfalls alljährlich neu redigirt, aber eine wesentliche Aenderung ist dabei seit einer langen Reihe Illustration zur vielgepriesenen großen Sozialreform.

giltigen Befreiung der Menschheit, im Sturmschritt zueilt.

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Theil des spannenden Romans

Die Falkner von St. Vigil  

von Robert Schweichel  ,

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Die Redaktion und Expedition des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Feuilleton.

Nachdrud verboten.)

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Die Falkner von St. Vigil  . Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol von Robert Schweichel  .

Die Ausstattung des luftigen Stübchens war ein wenig einfach. Sie bestand nur aus einem Schemel, einem Tische und einer Bettstelle, alles aus weißem, ter nigem Tannenholz, wie es ringsum auf den Bergen wuchs, und in der Bettstatt lag ein Strohsack mit einer wollenen Decke.

und

Ist die Absicht aber nicht vorhanden gewesen, so muß von Jahren trotz alles Fortschrittes in der Technik kaum es einem Jeden ganz unverständlich sein, daß sich ein solcher vorgenommen worden. Wie wir gezeigt haben, ist die Zustand während einer langen Reihe von Jahren aufrecht er- Tare in den beiden ersten Abtheilungen eine riesig hohe. halten hat. Nun, wir werden ja ſehen, was die Regierung Der dritte Theil aber krönt das Ganze. Wir wollen hier zu au ihrer Rechtfertigung im Verlaufe der Reichstagsdebatten auf die technischen Einzelheiten nicht näher eingehen, ausführen wird. sondern uns bemühen, diese Thatsache von einem Gesichts­

Betrachten wir zunächst als den das Publikum neben punkte aus zu begründen, wie er Jedermann klar und der sorgfältigen Bereitung der Arzneien am meisten inter  - verständlich ist. effirenden Punkt die Preise derselben. Die Berechnung Wir müssen zu diesem Zwecke die soziale Lage der der Preise geschieht auf Grund von Arzneitaɣen, die von Apothekergehilfen heranziehen, dabei aber gch die Ver­ den   größeren Bundesstaaten alljährlich herausgegeben hältnisse in den kleinen Städten und auf dem ande aus­werden. Die kleineren Staaten nehmen die Taxe des scheiden. Hier hat sich in den meisten Fällen vas patri­nächstliegenden größeren Bundesstaates an. Im Großen archalische Verhältniß früherer Zeiten erhalten. Der

und Ganzen jedoch ist der Unterschied zwischen den ein- Gehilfe ist ein Theil der Familie und der soziale Unter­zelnen Tagen sehr geringfügiger Art, so daß es genügt, schied der Großstadt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Bruders zeigte, war etwas zu Seltenes, als daß Hannes Du jetzt Muße hast," meinte Hannes. In der Freiheit nicht von ihr bewegt worden wäre und mit einem sonnigen bist Du schwerlich dazu gekommen, Dir klar zu machen, Lichte in seinen grauen Augen fragte er: wie sehr Du gegen göttliche und weltliche Gesetze gefehlt Und wie geht es Dir, armer Brosi? Was macht hast." Dein Arm?"

"

"

"

,, Oho," rief Ambros und sprang vom Tische.

Es ist nicht der Mühe werth, davon zu reden," ver- soll gefehlt haben? Hab' ich dem Larseit nicht ein funter­setzte Ambros, der vor Hannes stehen geblieben war. Die nagelneues Kreuz machen lassen, wie es kein Anderer auf Frau Zengerl hat mir die Geschichte nachgesehen und den seinem Grab hat? Mir ist Unrecht geschehen, schreiendes Rizz verbunden. Sie ist halt ein gutes Fraule, und eine Unrecht geschehen. Aber Gewalt ist kein Recht und went Musik kann sie Ihnen machen! Da ist der Mutschleitner ich ein Messer bei mir gehabt hätte, bei Gott, ich würdeshie mit seiner Bither nichts gegen. Gestern Abend, wie ich Lümmel von Landjägern schon abgeführt haben ustre hab' auf meinem Bett gelegen und die Fenster haben offen jetzt nicht hier." gestanden, da hat sie unten in ihrer Stub' den Klavier ge­schlagen. Ja, das ist eine Musik gewesen."

Hannes pflichtete ihm bei, denn auch er hatte die Frau Landrichter einige Male, wann er an schönen Sommer­Abenden zufällig an dem Hause vorübergegangen war, spielen hören und hatte mit Wohlgefallen gelauscht, obgleich er nur wenig musikalisch war.

"

Ambros, Ambros, was für schreckliche Nebe und Wünsche," mahnte Hannes erschreckt. Ich sollte meme daß Du schon Unheil genug angestiftet haft ,, Es wünscht halt Jeder, was ihm papt versette bros finster. Ja, Du wünscheft nur, was Dir selber paßt und über­legst bei Deinen Handlungen nie, ob sie Anderen schweres Herzeleid verursachen oder nicht," rief Haunes mit vot wurfsvollem Blicke.

Und was machen sie zu Haus?" fragte Ambros. Ich hab' gesehen, daß sie heut Morgen an der monthaner Feld­mark das Korn zu schneiden angefangen haben. Und ich muß Ach, Sie meinen die Alte?" entgegnete Ambros mit lässigem Zone. Hab' ich sie denn nicht gebeten, daß sie mir die dumme Geschichte vergeben möchte? Ich könnte mich noch heut ohrfeigen, daß ich ein solcher Efel gewesen bin. Ich hab' gegen die Frau Larseit gethan, was ich gegen feinen anderen Menschen auf der Welt gethan habt wurde und sie Mordelement!"

"

Ambros saß auf dem Schemel und faute an den Nägeln seiner rechten Hand. Den linken Arm, mit dem er einen Säbelhieb hatte abwehren wollen, trug er in einer Binde. Der Hieb über den Kopf war glücklicher Weise flach ge­fallen. Er hatte den Rücken der Thür zugekehrt und rührte fich nicht, als sie aufging. Denn er wollte zeigen, daß alles, was mit ihm und um ihn während seiner Gefangen hier sitzen!" schaft geschähe, ihm völlig gleichgiltig wäre. Als er aber Sie vermiffen auch Dich auf dem Klosterhofe Alle in dem Gruß des Eintretenden die Stimme seines Bruders schmerzlich bei der Arbeit," sagte Hannes und bot dem Bruder erkannte, schnellte er auf und streckte Hannes mit unverkenn- feine Dose an. Aber wir erleichtern uns eine unangenehme barer Freude die gesunde Rechte entgegen. Lage wahrlich nicht durch Rugeduld." Der Herr Bruder," rief er." Endlich! Da setzen Sie Wo soll ich denn die Geduld hernehmen, zum Teufel?" sich her!" rief der Bruder und stopfte den Tabak rasch in die Nase. Er faßte ihn bei der Schulter und drückte ihn auf den Soll ich sie mir etwa aus den Fingern saugen? Denn Schemel  , während der engbrüstige Gefängnißwärter von weiter hab' ich ja nichts zu thun." Außen wieder die Musik des verrosteten Schlosses spielen ließ.

Die Freude, welche Ambros über den Besuch des

Mißmüthig setzte er sich Hannes gegenüber auf die

Tischkante.

Indessen giebt es doch so manches zu denken, wozu

"

Und fie?" fragte Hannes in der größten Spannung. Und sie sie hat Dir nicht verziehen?"

" Ja, wissen Sie denn nicht, wie's zwischen uns aus­gegangen ist? murrte Ambros. Freilich, Sie waren schon vorher fortgegangen. Die und mir vergeben! Die Frommen sind immer die Schlimmsten. Ganz unsinnig ist sie gewesen.