CS käme vor allen Dingen darauf an. dafe man geschickt arveite. ES müßten drei bis vier Wahlzettel ausgegeben und so namentlich die indifferenten Arbeiter irregeführt werden, wohingegen natürlich die christlichen Arbeiter wissen müßten, welcher Zettel der richtig sei. So Herr Andre. Man wird sich die mit tollpatschiger Offenherzigkeit vorgetragenen Ratschläge des christlichen Führers, die Empfehlung des organisierten Wahlschwindels für kommende Fälle zu merken haben. Der Neichstagspräsident Kaempf wird nach der Meldung einer parlamentarischen Nachrichtenstelle sein angefochtenes Mandat für den Reichstag nicht niederlegen, sondern dvS Resultat der Beweiserhebungen abwarten._ Der Streik im Londoner Daten. Die Bauarbeiter kommen den Transportarbeitern z« Hilfe. London , 3. Juni. Der Verband der Londoner Bauarbeiter hat beschlossen, diejenigen Mitglieder, die im Londoner Hafen beschäftigt sind, zum sofortigen Streik aufzufordern. Der Verband beschloß ferner, die ausgeschlossenen Gewerkschaften aufzufordern, ihre Mitglieder in dem ganzen Bezirk des Londoner Hafens zum sofortigen Ausstand zu veranlassen, falls Nichtorganisierte Arbeiter mit ihnen zusammen eingestellt werden würden. Differenzen im Hafen von Sonthampton. Southampton , 3. Juni. Die hiesigen Hafenarbeiter drohen mit einem neuen Streik, der 7000—8000 Mann umfassen dürfte. Sie haben neue Forderungen über Lohn- und Arbeitsbedingungen gestellt, aber die Arbeitgeber haben wegen der im letzten Sommer bewilligten Aufbesserungen ab- gelehnt, sich in eine Erörterung der Forderungen einzulasien. OeflUrreicK-(Jngam. Leere Vcrsprechimgeu der ungarischen Regierung. Budapest , 3. Juni. In einer ausführlichen Abhandlung hat Mini st erpräsident v. Lukacz die Wahl- reform Vorschläge der Opposition beant- wartet. Den Vorschlag, daß an Stelle der definitiven Wehrreform ein Provisorium mit erhöhtem Nekrutenkontingent bewilligt werde, lehnt er ab. Die Anträge der Opposition zur Wahlreform unterzieht der Ministerpräsident einer eingehenden Kritik und weist darauf hin, daß die vor- geschlagene Erhöhung der gegenwärtigen Wählerzahl von 1,2 Millionen auf 2,9 Millionen für eine ruhige Eni- Wickelung nicht unbedenklich sei, da dies eine Ver- mchrung um 150 Prozent bedeute. Er verpflichtet sich neuer- dings zur Vorlage einer Wahlreform in der H e r b st s e s s i o n. Dieser Gesctzentivurf werde auf den Prinzipien eines allgemeinen gleichen Wahlrechts, jedoch mit gewissen Einschränkungen aufgebaut sein. Der Regierungsentwurf werde den Intelligenz- z e n s u s einfuhren, und nur für Analphabeten aus- hilfswcise einen sehr geringen Vermögenszensus zu- lassen. Demgegenüber sollen sich die oppositionellen Parteien verpflichten, an der raschesteil Erledigung der Wehrgrsetze mitzuwirken und dann ein erhöhtes Nekrutenkontingent von 136 000 Mann zu bewilligen. Auch soll im Zusammenhang mit der Wahlrcform die Hausordnung des Abgeordnetenhauses revidiert werden. Diese Anträge werden als unab- änderlicher Standpunkt der Regierung b e- kanntgegeben. Ucber das Militär als Polizei gab es im Wehrausschuß deS Abgeordnetenhauses eine Debatte. Sie war durch sozialdemokratische und tschechisch- radikale Anträge auf Streichung der Bestininiung, die das Militär auch zu Polizcizwecken zu verwenden gestattet, und durch weitere Anträge hervorgerufen, wonach die Regierung die Verwendung deS Militärs' zu Polizeizwecken in jedem Fall binnen 12 Tagen vor dem Parlament zu rechtfertigen habe. Baron H e i n o l d, der Minister des Jiluern, der den er- krankten Ministerpräsidenten vertritt, erklärte, solche Ver- Wendung des Militärs sei in allen Staaten vorgesehen und die Regierung müsse auch jetzt schon inimer ini Parlament Rede stehen. Unsere Genossen D a s z y n S k i und L e u t h n e r verwiesen aber darauf, daß leider gerade in Oesterreich Militärsalven gegen streikende Arbeiter. Hungerdemonstranten und oppositionelle Wöhlcrsin Galizien » häufiger seien, als in irgend einem zivisierten Staat, außer Italien und Nordamerika , dem Lande des kapitalistischen Absolutis- mus.— Au der Ablehnung der Anträge ist selbstverständlich nicht zu zweifeln. Namentlich die„Dcutschfreiheitlichen" be- kämpfen sie am heftigsten.___ Die christlichsoziale« Verleumder entlarvt. Wien , 3. Juni. (Privattelegramm des„Vorwärts�.) Die Leiche unseres seit 6. Januar vermißten Reichstagsabgeord- neten Genossen Franz S i l b e r e r wurde auf dem Hundstein bei Zell am See von einem Tischlergehilsen aufgefunden. Allem Anschein nach lvurde Silberer, der sich auf einer Ski- tour befand, im Abfahren von Schneemassen begraben. Die„Reichspost". das offizielle Organ der Christlich - sozialen, hatte bald nach dem Tode Silberers die schuftige Verleumdung aufgebracht, daß Silbcrer nicht verunglückt, fon- dern nach Amerika entflohen sei, nachdem er als Obmann der Bäckcrgenosseuschaft Unterschlagungen von Vereinsgeldenl ver- übt habe. Trotzdem diese Behauptungen sofort als unwahr bewiesen wurden, hielten die Chrisilichsozialen an dieser Luge fest und benutzten sie als Hauptagitationsmittel beim Wiener Gemeindewahlkampf. Sie produzierten auch ein gefälschtes Zeugnis, dem zufolge Silberer in New Jork gesehen morden sei, und beschuldigten unsere Genossen, die Nachforschungen nach Silbcrer nur lässig betrieben zu haben. Nun sind die elenden Leichenschänder völlig entlarvt. frankreicb. Vor der Entscheidung über die Wahlreform. Paris , 2. Juni. lEig. Ber.) Die Dienetagsitzung der Kammer wird für die Zukunft der französischen Teniokratie von entscheidender Bedeutung sein. Der Ministerprastoent wird in ihr die Stellung der Regierung zur Wahlreform dar- legen und die Vertrauensfrage stellen. Damit wird, wenn auch jede weitere Intrige der Reformgegner, so doch jede Ver- dunkelung der Verantwortlichkeiten verhindert sein. Das ausschlaggebende Hindernis der Wahlreform be- stand bekanntlich darin, daß in der Deputiertenkammer zwar eine entschiedene Mehrheit für den Proporz vorhanden mar. die Mehrheit der bürgerlichen Linken aber sich ihm widersetzte. Tie Regierung, deren Mitglieder � zumeist Proportionalisten sind, hatte erklärt, daß sie die Reform mir mit einer„republikanischen Majorität"— diese wird von der demokratischen Union " an. den großbürgerlichen Deputierten des linken Zentrums an gerechnet—.durchführen wolle, was für ein Ministerium, das in allen übrigen Fragen auf die Linke angewiesen ist, durchaus angezeigt war. praktisch indes als Anreiz zu immer neuen Intrigen der radikalen Proporz- gegner wirkte. Nun ist die innerpolitische Situation durch die Verzettelung der Reform einfach unerträglich ge- worden. Die Nachwahlen für die Kammer wie die Gemeindewahlen zeigten, daß der Radikalismus immerzu an Boden verliert, und die Regierung sah ein, daß sie ohne die Unpopularität des ohnehin durch die zunehmenden reaktionären Modeströmungen in den besitzenden Klassen in Mitleidenschaft gezogenen parlamen- tarischen Regimes zu steigern, die Rücksicht auf jene Radikalen, die für die Tatsachen der politischen und sozialen Entwickelung blind noch immer an die Möglichkeit eines jakobinischen Regimes glauben, oder gar nur noch daran denken, ihre Mandatseinkünste so lange wie möglich festzuhalten, nicht weiter bewahren konnte. Sie wird also, was die Anhänger der Reform längst wollten, ihre Stellung klarlegen und einen eigenen Vorschlag bekanntgeben, für dessen Annahme sie auf die Stimmen der Republikaner rechnet. Die nächste Frage ist nun, wie dieser Entwurf— das Vertrauensvotum einmal vorausgesetzt— zur Beratung kommen soll. In der Deputiertenkammer ist diese Beratung nach der Geschäftsordnung nur möglich, wenn die Dringlich- keit des in der ersten Lesung erledigten Gesetzes über die Wahlreform aufgehoben wird, andernfalls müßte die Re- gierung ihren Entwurf, um seine baldige Erledigung zu sichern, zunächst dem Senat vorlegen, der ihn schnell be- raten würde, während die Deputiertcnkammer an dem— durch den Regierungsvorschlag tatsächlich beseitigten— Gesetz weiterzukauen hätte. Die„Delegation der Linken" hat beschlossen, die Beratung der Regierungsvorlage in der Deputiertenkammer durch einen Antrag auf die Zurückziehung der Dringlichkeit des in erster Lesung beratenen Entwurfes zu sichern. Dieser Beschluß er- scheint als eine Absage an die vom Obstruktionsgeneral Breton empfohlene Taktik, die darauf abzielte, die Kammer möglichst lang mit einem aussichtslos gewordenen Entwurf zu beschäftigen und gleichzeitig von der radikalen Scnatsmehrheit die Regierungsvorlage erwürgen zu lassen. Es ist möglich, daß die Vernünftigeren unter den bis- herigen Proporzgegnern doch einsehen, daß sie durch weiteren Widerstand ihre Partei nur vollends zugrunde richten, ohne die Reform auf die Dauer aufhalten zu können. Freilich muß auch damit gerechnet werden, daß an die Stelle der Obstruktion gegen den alten Entwurf Versuche, den neuen zu obstruieren, treten werden. Die Anhänger der Reform, die sich auf den alten Entivurf nicht versteifen, wofern ihnen die Regierungsvorlage in den entscheidenden Punkten Genug- tuung gibt, werden sich jedenfalls solcher Tücken versehen müssen. Die Hauptsache ist allerdings der Inhalt der Re- gierungsvorschläge. Vermutlich wäre die Mehrheit der Reform- freunde bereit, einen Vermittelungsvorschlag anzunehmen, der die Mandate mit einer„Prämie" für die Wählermehrheit aufteilt. Aber wobei sie bleiben muß, wenn sie nicht das Prinzip der Reform überhaupt preisgeben will, ist das System des„Wahlqnoticnten", der den Minderheiten ihre Ver- tretung sichert. In keinem Fall kann sie auf die Wünsche der Radikalen eingehen, die eine einfache Wiederherstellung des Listenskrutiniums oder eine Beibehaltung des zweiten Wahlgangs wollen. Hält aber der Regierungsentwurf die Hauptgrundsätze der Reformanhänger fest, so ist die Frage, ob Poincarö sein Vertrauensvotum, wie dies nach seinen früheren Er- klärungen notwendig wäre, aus den Händen der Mehrheit der BürgerlichcnFemPfängt. Darum wird die Verhandlung am Dienstag.auch für das Schicksal der Regierung ent- scheidend sein. Marokko. Tie französische Aktion vor den Mauern von Fez. Paris, 2. Juni. General Lyautey sandte dem Mi» nister des Aeußern folgende Telegramme aus Fez unter dem 1. Juni 9 Uhr abends: Die Kolonne des Obersten Gouraud, welche fünf Bataillone Infanterie, sechs Ab» teilungen Artillerie und 2 Eskadrons Kavallerie umfaßt, rückte um 5 Uhr früh gegen den Feind vor, der sich zehn Kilo- meter nordöstlich von Fez an den Ufern des Sebu gesammelt hatte. Das Feuer wurde um 6 Uhr durch die Vorhut gegen die Feinde auf den Abhängen im Süden- von Zelagh eröffnet. Die Kolonne machte einen heftigen Angriff gegen die feind- lichcn Abteilungen, die infolge des Artilleriefeuers von-den Abhängen nicht herabsteigen konnten. Um 19 Uhr gelangte die Kolonne zu einem der großen feindlichen Lager, das von der Artillerie bombardiert und vom Feinde schnell geräumt wurde, der in hellewHaufen in die Berge floh. Eleissami. der Anführer der Ha-rka, fiel in unsere Hände. Der Feind ließ zahlreiche Tote zurück. Wir hatten 9 Tote und 28 Ver- mundete. Ein englischer Instrukteur wurde getötet. Um 11 Uhr 30 Minuten machte die Kolonne auf dem rechten- Ufer des Sebu Halt. Die Operation wird morgen fortgesetzt. Fez, 3. Juni. Die Kolonne-des Obersten Gouraud ist zurückgekehrt und hat während der Nacht bei Siha- faine gelagert. Nachdem Genietruppen den Butscharapaß für schwere Artillerie befahrbar gemacht hatten, sind diese und die Verwundeten durch den Paß gezogen-, um nach Fez zurückzukehren, während eine starke Abteilung mit Gebirgs» artillerie an den Abhängen im Norden von Zelagh entlang marschierte und den Bernussipaß benutzte. Seit gestern mit- tag ist kein Schuß gefallen. Der Feind scheint vollständig zerstreut zu sein. Die Generale Lyautey , Moinier, Brulard sowie El Mokri kamen der Kolonne entgegen, die mit Musik die Hauptstraße durchzog. Die Verluste der Franzosen be- tragen nach neueren Feststellungen 12Toteund31 Ver- wundete. Der Sultan Mulay Hasid und der Gesandte Regnault werden in Kürze gemeinsam abreisen, wenn die Lage es gestattet. Notgedrungene Milde. Paris , 3. Juni. Generalresiden-t Lyautey hat wegen der Haltung derBewohnervonFez während der letzten Ereignisse die Absicht, der Stadt die aufgelegte Kriegs- kontribution zu erlassen. Die Bevölkerung ist darüber sehr befriedigt. Die Kämpfe bei Masagan. Paris , 3. Juni. Der vorgestern aus Masagan(West- Marokko, südlich von Casablanca ) gemeldete Angriff der Uled Fre-dj richtete sich nicht gegen eine Sanitätsabteilung, son- dern gegen eine Erkundungstruppe, sechs Kilometer von dem Lager de-r Sanitätsabteilung entfernt. Der Kampf war sehr lebhaft, die Goumiers hatten- einen Tote«: und zwei Ver- letzte. Von Sidi Ali sind in den- Morgenstunden Truppen abgegangen. Wie die letzten Meldungen besagen, hat sich die Lage gebessert. Französische Verstärkungen. Toulon , 2. Juni. 867 Mann Kolonialinfanterie und eine Maschinengewehrabteilung haben sich auf dem Postdampfer „Mingrslie" nach Casablanca eingeschifft. Ein zweites Bataillon folgt nächsten Sonnabend. Auch von O r a n (Algerien ) sind Verstärkungen nach Marokko abgegangen. Französische Verluste. Paris , 2. Juni. Nach einer Zusammenstellung des „Journal" betragen die Verluste der Franzosen in Marokko vom 1. Januar bis zum 1. Mai d. I. 1 0 5 T o t e, darunter 16 Offiziere, und 239 Verwundete, darunter 9 Ossi- ziere. Die Verluste durch Krankheiten sind natürlich auch be- trächtlich. Die Eingeborenen Algeriens gegen die Dienstpflicht. Paris , 2. Juni. In N e d r o m a(Algerien ) sollten vier eingeborene Stämme 170 Militärpflichtige stellen, doch er- schien vor der Gestellungskommission nur ein einziger, der Sohn eines eingeborenen Straßenaufsehers. Aus Ne- droma sind aus Furcht vor Unruhen 280 europäische Familien geflüchtet. Ein großer Eingeborenenprozeß in Tunis . Tunis , 3. Juni. Vor dem Gerichtshof begannen heute die Verhandlungen über die Ruhestörungen auf dem moham- medanischen Friedhof im November letzten Jahres. Es wurden damals gegen mehrere Europäer Attentate verübt. 72 Personen sind angeklagt. Die Verhandlungen werden ungefähr einen Monat dauern. China . Eine Ehrengabe für Sunjatsen. Peking , den 31. Mai. (Meldung der Agence d'Exireme Orient.) Duanschikai und Tangaichac-Ui haben in VorWag gebracht, Sun- jatsen in Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um China und die Republik ein einmaliges Ehrengeschenk von 4000030 Frank und eine jährliche Entschädigung von 20000 Frank anzubieten. Die Nationalversammlung wird über den Antrag demnächst beraten. Außerdem will! man die Ministergchälter auf 2ö00 Frank pro Monat festsetzen. Ein Minister kann jedoch niemals zwei Gehälter auf einmal beziehen, auch wenn er zwei Ministerien zu gleicher Zeit zu leiten kjajt JMexiko. Ermordung eines Deutschen . Mexiko , 3. Juni. Der Deutsche Hugo Beel ist am 30. Mai in San Miguel am Rio Demesquilal von Banditen er- mordet worden. San Miguel ist ein abgelegenes Städtchen von 4000 Einwohnern im gefährlichisten Aufstandsgebiet. ES war hier bekannt, daß gegen Beel im- Februar ein« Erpressung verübt wor- den war, und daß er sich danach, entsprechend der Warnung des Gesandten, nicht in schlecht garnisonierten und abgelegenen Orten zu bleiben, mit seiner Familie nach der Gouvernementsstadt Durango begeben hatte. Von seiner Rückkehr in das gefährdete San Miguel hat man hier keine Kenntnis gehabt. Seine Frau mit zwei Kindern befinden, sich noch dort. Auf Antrag des Ec- sandten sind die mexikanischen Behörden bemüht, die Familie in Sicherheit zu bringen. Ein Rural-Korps befindet sich aus dem Marsche nach San Miguel._ Hus Induftrie und Kandel . Der Arbeitsmarkt im Juni. Während der Sommermonate herrscht in Handel und Ge- werbe gewöhnlich st i l l e Zeit. Die Zahl der in der gewerb- lichen Warenherstellung beschäftigten Arbeitskräfte erfährt selbst in Hochkonjunkturjahren von Mai auf Juni eine recht beachten-- werte Verminderung. Die infolgedeisen eintretende Mattigkeit am gewerblichen Arbeitsmarkt wird jedoch meist annähernd ausge. glichen durch die Zunahme der Arbeitsgelegenheit auf dem platten Lande. Die Landwirtschaft arbeitet in den Monaten Juni bis September mit dem stärksten Aufgebot von Arbeits- k r ä f t e n. Die Zahl der in landwirtschaftlichen Betrieben beschäf- tigten Kräfte steigt in dieser Zeit um annähernd 60 Proz. Das will bei dem Riesenheer von Kräften, das die Landwirtschaft in Anspruch nimmt, besagen, daß die Zahl der Beschäftigten auf nahezu 15 Millionen steigt. Während der Erntezeit entfallen auf die Landwirtschaft von der Gesamtzahl der Erwerbstätigen etwas über 50 Proz., in den übrigen Monaten etwa ein Drittel. Nach der Zählung von 1007 betrug das Gesamtpersonal der landwirtschaft- lichen Betriebe 15,17 Millionen Köpfe. Hiervon sind allerdings mehr als die Hälfte Familienangehörige, von denen wiederum rund 3 Millionen Köpfe nur während der Ernte und zur Zeit der Feld- bestellung in der Landwirtschaft mitarbeitet. Immerhin verbleiben noch zirka 4,5 Millionen Angehörige, die ständig in landwirtschaft- lichen Betrieben tätig sind, die Mehrzahl derselben ist weiblichen Geschlechts. Die Vermehrung der Arbeitsgelegenheit in der Land- Wirtschaft in den Sommermonaten kommt dem heimischen Arbeits. markt nicht in vollem Umfange zugute, da gleic�eitig durch die Z u» Wanderung fremder Arbeitskräfte eine starke Zu- nähme deS Angebots eintritt. Infolgedessen weist das durch- schnittliche Andrangsniveau im Juni vielfach gegenüber dem Vor- monat eine nicht unerhebliche Steigerung auf. Die Bewegung von Angebot und Nachfrage in den Monaten Mai und Juni 1006 bis 1011 ergibt sich aus nachstehender Zusammenstellung. Es kamen auf je 100 offene Stellen durchschnittlich Arbeitsuchende: 1006 1007 1008 1000 1010 1011 Mai: 08�07 07,37 138,80 147.83 140,24 126,10 Juni: 100,00 00,08 146,37 155,61 152,07 128,70 Aus verschiedenen Gründen kann im laufenden Jahre mit einer besonders starken Belastung des Arbeitsmarktes ge- rechnet werden. Die Zahl der Arbeitsuchenden war schon un Frühjahr 1912 ungewöhnlich hoch. Sie belief sich im April dieses Jahres auf 478 000 Köpfe gegen 401 000 im vorjährigen Parallel- monat. Diese starke Zunahme des Angebots erklärt sich aus den Nachteilen, die dem Stande der Kleinbauern und Jnstleute aus den abnormen WitterungSverhältniffcn und den Viehseuchen im Jahre 1011 erwachsen sind. Ein großer Teil der bisher im eigenen oder elterlichen Betriebe beschäftigten Arbeitskräfte mußte im Hin- blick auf die Verteuerung der Lebenshaltung Stellung in fremden Diensten suchen. Die Zunahme der Arbeitsgelegen- heit vollzog sich trotz der sich kräftig bessern- den gewerblichen Konjunktur nicht in so raschem Tempo wie die Steigerung des Angebots. Die Zahl der offenen Stellen betrug im April 1912 insgesamt 354 000 gegen 318 000 im vorjährigen Parallelmonat. Als weiteres un- günstiges Moment kom-mt hinzu das Daniederliegen der Bautätigkeit in verschiedenen Landestcilen. In Groß-Berlin und in einer ganzen Reihe süd- und mitteldeutscher Städte sind. die Aussichten deS Baugewerbes gegenwärtig ziemlich trübe. Die Zahl der im Baugewerbe Beschäftigten hat bei Beginn der dies- jährigen Saison nicht in gewohntem Maße zugenommen. Auch der Eingang von neuen Bauprojekten zur Genehmigung war bei den Polizeibehörden einer ganzen Reihe größerer Städte wesentlich geringer als in früheren Jahren. AuS all diesen Symptomen rann auf eine ziemlich starke Belastung des deutsch� UxbeitS- Marktes im Monat Juni 1012 geschloffen werde»,
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