Gewcrhrchaftlkbes»„Verwendung von Hrbeitergrofcben."Alljährlich zur Zeit der sauren Gurke bemüht sich irgend-ein bürgerlicher Zeitungsschreiber vergeblich, die Abrechnungder Gewerkschaften zu verstehen. Diesmal hat sich anscheinendein Beauftragter des Reichsverbandes zur Bekämpfung derSozialdemokratie der für ihn nutzlosen Mühe unterzogen, dieAbrechnung des Schneiderverbandes zu zergliedern. Er hatdarin entdeckt, daß für einen Posten von 323 251 Mk. jederNachweis fehlt, und er hat diese exorbiant hohe Sunune inbekannter Reichsverbandsmanier dann einfach als Verwal-tungskosten(Bureaukosten, Gehälter der Verbandsangestell-ten und Spesen) gebucht.Natürlich ist. wie in allen solchen Millen, auch in derAbrechnung des Schneiderverbandes der Nachweis für diesenPosten zu finden. In diesem Betrag sind zunächst 3146,67Mark für Unterstützung und 3514,17 M. für Rechtsschutz.Ter größte Teil— 171 345,29 M.— ist aber den 300 Orts-gruppen des Verbandes zur Verfügung geblieben. Es sinddas die 20 Proz., die den Filialen zur Bestreitung ihrer ort-lichen Ausgaben verbleiben, und die also an die Hauptkassegar nicht abgeliefert werden. Dazu kommen noch 13 270,38Mark, die als Bestand in den einzelnen Ortsvereinen vor-handen sind. Ferner sind in dieser Summe enthalten 39 500Mark für den Druck der Fachzeitung.Für Gehälter und Entschädigungen der im Hauptver-band beschäftigten sieben Angestellten wurden insgesamt nur18 907 ausgegeben, das inacht im Durchschnitt pro Person2700 M. Was dann noch für Agitation(einschließlich derGehälter für fünf Gauleiter), Verwaltungsmaterial, Porto,Delegationen, Beiträge an die Generalkommission usw. aus-gegeben wurde, darüber gibt die Abrechnung hinreichendAuskunft.Die Beweisführung über die kolossale Verschwendungvon Arbeitergroschen durch die Gehälter der Gewerkschafts-angestellten ist weder neu noch für denkende Menschenirgendwie überzeugend, denn daß der Schneiderverband mitso wenig Angestellten nicht über 300 000 M. für Gehälter ver-ausgabt, könnte selbst Karlchen Miesenick begreifen. Wenntrotzden: die bürgerliche Presse solche albernen Reichsver-bansnotizen übernimmt, und nachdem eine Berichtigung derOrganisation ablehnt, wie das die„Hamburger Nachrichten"getan haben, so beweist sie damit nur. daß bei ihr schüler-hafte Dummheit mit journalistischer Unanständigkeit auseinem Holze wachsen.__Berlin und Omgcgend.Metallarbeiter! Die Firmen Siemens u. Halske undSiemens u. Schuckert stehen bei. der Arbeiterschaft infolge desin den Betrieben gezüchteten gelben Vereins in sehr schlechtem Ruf.Arbeiter und Arbeiterinnen, die es unter ihrer Würde halten, gelbzu werden, meiden die Siemens-Betriebe. Jnfolgedesien leiden dieSiemens-Werle unter großem Arbeitermangel und bemühen sich nun,durch Inserate in bürgerlichen Blättern vornehmlich gelernte Ar-beiter unter grotzen Versprechungen in die Betriebe zu locken.Wer in den Siemens-Werken Arbeit nimmt, muß auf demgelben Nachweis 50 Pf. an die Obergelben entrichten. In den Lohn-bureaus werden die Neueingestellten unter allen möglichen Mani-pulationen zur Mitgliedschaft beim� gelben Verein, genannt Unter-"stützungsverein, veranlaßt.— Von frei organisierten Arbeitern undArbeiterinnen verlangt man bei der Einstellung die Abgabe derMitgliedsbücher ihrer Gewerkschaft.Nur durch unbeschränkte lleberstunden erreichen die ArbeiterVerdienste, wie sie anderwärts bei normaler Arbeitszeit üblich sind.Diese Zustände bei der Weltfirma Siemens veranlassen uns,alle Metallarbeiter aufzufordern, unter solchen entehrenden Be-dingungen keine Arbeit in den SiemenS-Werken anzunehmen.Arbeiterfceundliche Blätter werden um Abdruck gebeten.Deutscher Metallarbeiter-Verband. Ortsverwaltung Berlin.Die Lohnbewegung der Werkzeugarbeiter in denSchraubenfabriken beendigt.Am Mittwoch nahmen die in den Schraubenfabriken beschäftigtenWerkzeugmacher, Werkzeugdreher und Reparaturschlosscr den Berichtder Lohnkommission von den Verhandlungen mit den Unternehmern(Vereinigung der Berliner Schraubenfabriken) entgegen. Handleberichtete. Die Verhandlungen gestalteten sich sehr langwierig, dadie Unternehmer sich durchaus nicht auf den geforderten Mindest-lohn einlassen wollten und erst nach längerem Widerstande soweitentgegen kamen, daß sie sich mit einem Mindcstlohn von 70 Pf. ein-verstanden erklärten, jedoch erst nach vierwöchiger Beschäftigung.Ebenso ablehnend standen sie einer allgemeinen Lohnzulage gegen-über und es dauerte auch hier geraume Zeit, ehe sie sich zu den untenwiedergegebenen Zugeständnissen herbeiließen. Die wesentlichstenForderungen hatten gelautet: als Mindestlohn ist 70 Pf. pro Stundezu zahlen, des weiteren ist eine allgemeine Zulage von b Pf. proStunde auf all« bestehenden Löhne zu gewähren. Das Resultat derVerhandlungen sind nun folgende Vorschläge, die von der Versamm-lung der Arbeitnehmer nach längerer Debatte angenommenwurden:Werkzeugmacher erhalten»ach vierwöchiger Beschäftigung 70 Pf.Stundenlohn: denselben Lohn erhalten Maschinenbauer. Werk-zeugmachcr, welche im Betriebe ihre Lehrzeit beendet haben, er-halten nach Beendigung der Lehrzeit im ersten halben Jahr einenStundenlohn nach freier Vereinbarung; dieselben erhalten imzweiten halben Jahr einen Stundenlohn von 60 Pf.Als Werkzeugmacher werden betrachtet Arbeiter, die minde-stens eine der nachgenannten Arbeiten ausgeführt haben, wie: Her-stellung von Schneid, und Zieheisen, von Bohrern, Gewindebohrern,Fassonstählen, Fräsern, von Schnitten und Stanzen.— Die Herstellung von Werkzeugdreharbeilen oder Dreharbeitcn an der Leit-spindelbank, welche zu Werkzeugen gehören.Werkzeugmacher, deren Stundenlohn jetzt noch nicht 80 Pf. be-trägt und die seit dem 1. März 1012 noch keine Zulage erhaltenhaben, bekommen eine Zulage von 2% Pf. pro Stunde. Ueber-stunden werden mit 25 Proz. Aufschlag bezahlt. Sonntag Sarbeit, soweit solch« zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig ist, mit50 Proz.— Etwaige bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen dürfendurch diese Vereinbarung nicht verschlechtert werden.Diese Vereinbarungen sollen nunmehr auch den Nichtmitglie-dern der oben genannten Vereinigung unterbreitet werden.Von der G rosten Berliner.Bekanntlich ist die liebe„Große" daS umfangreichste Unter-nehmen aller Straßenbahnbetriebe: aber inbezug auf Lohn undArbeitsverhältnisse bestehen leider bei dieser Millionengesellschaftrecht verbesserungsbedürftige Zustände. Unter diesen leidennicht nur die Angestellten des Fahrpersonals, sondern in erster Liniedie Handwerker und Arbeiter. Die SnfangSlöhne für Handwerkerbetragen 42>/z Pf. und für ungelernte Arbeiter 35 Pf. proStunde. Daß auf Grund dieser besonderen niedrigen Löhne dieFluktuation im Betriebe groß ist. versteht sich am Rande.Da die Leute nun aber bei einer Arbeitszeit, welche 60 Stundenwöchentlich beträgt, nicht so viel verdienen, um damit eine Familieernähren zu können, wird von feiten einiger Aufsichtsbeamlen dasUeberstundenwesen direkt künstlich eingeführt._ Es würde begreiflichLerantw. Redakteur: Albert Wach«, Berlin. Inseratenteil verantwl;erscheinen, wenn solche bei wichtigen aus den Verhältnissenheraus sich notwendig machenden Arbeiten zu leisten sind;aber zum Streichen von Haltern oder Richten der Mastenbrauchten wirklich keine lleberstunden geleistet zu werden.Diese Arbeit kann in der so wie so schon zu langen Arbeitszeit er-ledigt werden. Anders denkt jedoch der Herr Revisor Bollof. Der-selbe erklärt: Wer auf Verlangen keine lleberstunden macht, gleich-viel, ob dieselben notwendig oder nicht, der fliegt. Notwendig sindsie nicht, das wurde in einer Betriebsbesprechung des Bahnhofs 15an der Hand von Beispielen von dem Referenten Ortmann nach-gewiesen und von den Versammelten bestätigt. Die sonst so spar-same„Große" scheint hier also mit dem Gelde der Aktionäre nichtgerade wirtschaftlich umzugehen.Vielleicht sucht man hier einen andern Modus, die Handwerkerund Arbeiter mehr verdienen zu lassen. Die beste Lösung dieserFrage wäre eine Erhöhung des miserablen Lohnes.Vielleicht interessieren sich die neugebackenen Direktoren für dieseAngelegenheit? Es würde im Interesse der Gesellschaft sowie zumNutzen der Beschäftigten sein, wenn den Herren Bollof und Genossenetwas mehr auf die Finger gesehen würde.Ter Streik der Sattler im Deutschen Offizierverein dauert ent-gegen den Erklärungen der Geschäftsleitung unverändert fort. EineVermittlung durch das Einigungsamt des Berliner Gewerbegcrichtswurde von der Direktion mit der Begründung abgelehnt, daß dieSattler seit dem 27. April entlassen seien und da keiner von diesenwieder eingestellt würde, müßte man auf eine Vermittlung desEinigungsamtes verzichten. Trotz dieser Erklärung bemüht sich derAbteilungschef, Herr Knetsch, durch Vermittlung eines Arbeits-willigen, verschiedene Streikende zur� Wiederaufnahme der Arbeitzu bewegen; nur solle es nicht so aussehen, als wenn die Sache Vonder Geschäftsleitung ausginge. Alle diese Versuche sind aber bishergescheitert. Da es der Geschäftsleitung auch sonst nicht gelingt, ge-nügenden Ersatz ftir die Streikenden zu finden, so ist das Prinzipder Eigenproduktion heute schon stark durchlöchert. Denn wennauch die paar Arbeitswilligen jetzt Gelegenheit haben, in unbe-schränkte! Arbeitszeit zu schaffen und außerdem noch Arbeit mitnach Hause zu nehmen, so genügt dies doch nicht, um den Bedarder Firma annähernd zu decken. Wir ersuchen daher, die Kollegen,Arbeitsangebote des Deutschen OfftziervercinS nach wie vor strengzurückzuweisen.Die Ortsvcrwaltung Berlin des Verbandes der Sattler undPortefeuiller.Deutsches Reich.Ter Strastcnbahnerstrcik i» Königsberg.Zwecks Bekämpfung von Streiks haben die Direktorender Straßcnbahnbetriebe und Elektrizitäts-werke einen Ring geschlossen, der jetzt in Königsberg seineerste Kraftprobe ablegt. Hier versucht der llking zu beweisen, waser zu leisten vermag, daher auch der hartnäckige Kampf im Be-triebe der Straßenbahn. Noch nie hat ein Straßenbahnerstreiksolange gedauert wie der Königsbergec. Wie der Direktorenringvorgeht, ersieht man aus folgenden Zeilen:„Bricht der Streikaus. so sind alle Direktoren verpflichtet, das entbehrliche Personalsofort in das Streitgebiet zu senden."Um nicht Erregung unter den Straßenbahnern über die Ab-schickung der Arbeitswilligen herbeizuführen, teilt man den Streik-blechern erst kurz vor der Abreise mit, zu welch ehrender Missionsie auserwählt seien. Befürchtet man aber dennoch, daß dieStraßenbahner unruhig werden könnten, so schickt manjiur K o n-trolleure und Burcaupcrsonal in das Streikgebiet.Zur glcick)en Zeit werden Hintzebrüder angeworben, die den Auf-trag erhalten, die Depots zu schützen. Dazu sind sie ja leicht im-stände, da sie alle mit Schießwaffen ausgerüstet sind.Die auswärtigen Straßenbahner, Kontrolleure, Schreiber usw.haben im Streikgebiet vor allem die Aufgabe, die angeworbenenArbeitswilligen, die man Aspiranten nennt, in die Führung derWagen und als Schaffner auszubilden. Daneben lassen auch inanderen Städten die Direktoren Aspiranten ausbilden, um siedann in den bestreikten Betrieb zu senden. Tie Hintzebrüder lverdenauch auf Lager gehalten, damit sie zur Aushilfe verwendet werdentönnen, falls etwa die Arbeiter des Elektrizitätswerks in denStreik treten.In Königsberg wird nach diesem Programm des Direktoren-ringes gearbeitet. Geld spielt gar keine Rolle. Hinter dem Kampfsteht ja auch die A. E. G., der es auf einige hunderttausend Marknicht ankommt, wenn Arbeiter niedergcknültelt und ihresKoalitionsrcchtes beraubt werden, sollen. Daß die Verhandlungen,die in den letzten Wochen stattgefunden haben, nur Komödiewaren, hat man selbst in bürgerlichen Kreisen anerkannt. DieDirektoren kamen mit ganz unannehmbaren Bedingungen, nurdamit eine Einigung nicht zustande kommen sollte. DaS vomDirektorenring festgelegte Programm sollte eben erprobt werden,und deshalb durfte es zu einer Einigung nicht kommen. Hiersieht man so recht, wie der Großkapitalistenklüngel immer frechersein Haupt erhebt.Mit den Hintzebrüdern kann die Direktion übrigens sehrwenig anfangen. Täglich gibt es zahlreiche Zusammenstöße derStraßenbahnwagen mit Fuhrwerken. Am Mittwoch wurden zehnHintzegardisten verhaftet, weil sie in der Nacht einenDroschkenkutscher überfallen und in der schwersten Weise miß-handelt hatten. Am Montag fand eine von 6000 Personen be-suchte Volksversammlung statt, die zum Ausstand Stellung nahmund zum Ausdruck brachte, daß die gesamte Arbeiterschaft in diesemschweren Kampfe den Straßenbahnern den weitgehendsten Bei-stand leisten werde.Vom Hamburger Hafen.Der mit dem Verband der Heizer und Maschinisten für dieFkußdampfschiffmaschinisten abgeschlossene Tarif wird auch mit demTransportarbeiterverband für die diesem angeschlossenen Arbeiter ab-schlössen werden.Der Verein Hamburger Reeder hat den Vertretern der Seeleutedie iu Ausficht gestellten Erläuterungen zu der Erhöhung der lieber-stundenlöhne usw.� nunmehr übermittelt. Im Anschluß daran istbezüglich des VeköstiguiigSwesens eine bessere Auswahl der Köcheund eine geregelte Kontrolle des Essens zugesichert. Endlich ist eineanderweitige Ordnung der Beschwerdekommifsion für das An-heuerungswesen vorgesehen. Die Seeleute werden zu dieser Angelegen-heit nocb Stellung nehmen.Es bedürfen jetzt einer Regelung nur noch die Forderungen derDcckslcute und Molorschiffer und der Speditionsarbeiler.Die im Anschluß an die große Hafenarbeiterbewegung ent»standene Lohnbewegung der Werkstaltarbeiler der Amerika-Linie istgleichfalls beendet; sie brachte eine Reihe materieller Verbesserungennickt unwesentlichen Umfanges, mit denen sich die Arbeiter zufriedenerklärten.Kusland.Ende des Londoner Tchneiderstreiks.London, 5. Juni 1012.(Eig. Ber.) Ter Londoner Schneider-streit endete gestern nach einer Dauer von über 5 Wochen mit derNiederlage der Arbeiter. Zwar gewährten etwa 50 kleinere Ge-schäfte die Forderungen der Arbeiter im Laufe des Kampfes, aberdie großen Firmen, meist Gesellschaften mit beschränkter Haft-Pflicht, weigerten sich bis zuletzt, auch nur mit der Organisation derArbeiter zu verhandeln. Was zur Niederlage führte, war nament-lich die Zersplitterung der gewerkschaftlichen Kräfte und die Soli-darität der oberen Zehntausend. Der Kampf um bessere Lohn, undArbeitsverhältnisse wurde von der Gewerkschaft der LondonerSchneider und Schneiderinnen, eine Absplittcrung des ZlllgemeinenSchneiderverbandes, begonnen. Viele der Londoner Mitglieder desletzten Verbandes machten de» Kampf mit, obwohl ihre Organisationden Streik mißbilligte und während des Kampfes gegen die Lon-doner Gewerkschaft polemisierte. Aber mehr»och als dieser innereZwist wird die feindselige Haltung der feinen Welt zum Mißerfolgbeigetragen haben. Die Geschäfte erklären, daß sich ihre KundenTh. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr.lt Verlagsanstallgern bereit finden, mit der Ausführung von Auftragen zu Warden;einige Kunden gaben ihre Aufträge nur unter der Bedingung, dagdie Geschäfte die Forderungen der Arbeiter nicht bewilligen dursten.Ein netter Kommentar zu den Bestrebungen, die Arbeiterklasse zuheben und zufrieden zu stellen, die jetzt so teilnahmsvoll von derherrschenden Klasse Großbritanniens diskutiert werden!Hus der frauenbewegung*Wahl einer Frau in den böhmischen Landtag,In Jungbunzlau hat heute bei der Wahl in den böhmi-scheu Landtag eine Frau, die Schriftstellerin Bozena Vik-Kuneticky, die meisten Stimmen erhalten, und nach der Ver-teilung der heute abgegebenen Stimmen auf die Kandidatenist es zweifellos, daß bei der entscheidenden Stichwahl die ab-solute Stimmenmehrheit auf sie entfallen wird. Zum ersten-mal wird damit in Oesterreich bei der Wahl in eine zur Ge-setzgebnng berufene Körperschaft eine Frau gewählt. FrauKuneticky dürste den böhmischen Landtag vorläufig kaum be-treten, da Statthalter Fürst Thun die Wahl einer Frau nachder geltenden böhmischen Landesordnung für ungesetzlichhält und das Wahlzertisikat verweigern will. Es wird je-doch, auch ohne daß Frau Kuneticky zur Ausübung desMandats kommt, einen bleibenden Eindruck in der Oeffent-lichkeit hinterlassen, daß die Mehrheit der männlichenWähler eines großen städtischen Landtagswahlbezirkes inBöhmen die Vertretung ihrer Interessen einer Frau über-geben will. Die Kandidatur der Schriftstellerin Frau Ku-ncticky, die eine der Vorkämpferinnen der tschechischen Frauen-bewegung ist und seit Jahren für das Wahlrecht der Fraueneintritt, war eine Demonstration zugunsten des Landtags-Wahlrechtes der Frau. Bei den Verhandlungen über die neueLandtagswahlordnung, die im Zusammenhang mit demnationalen Ausgleich in Böhmen geführt wurden, haben dietschechischen Parteien Anträge auf Erteilung des Stimm-rechtes an die Frauen gestellt. Die Kandidatur und Wahleiner Frau in dem nächsten frei gewordenen Bezirke sollteder Forderung nach dem Frauenwahlrecht Nachdruck ver-leihen. Diese Demonstration für die tätige Teilnahme derFrau an dem wichtigsten politischen Rechte hat mit einemgroßen Erfolge geschlossen._Bund zur Bekämpfung der Frauenemanzipation.Unter diesem Namen hat sich ein Verein gebildet, der in einemAufruf, den reaktionäre Blätter veröffentlichen, seine Leitsätze klar-legt. Sie lassen sich kurz dahin zusammenfassen:1. Die schematische Gleichstellung von Mann und Frau istwidersinnig.2. Das aktive und passive Wahlrecht für Landesvertretungen,sowie für Gemeinden und kirchliche Körperschaften muß demMann vorbehalten bleiben.3. Staalsderwaltung. geistliche und richterliche Acmter müssen,wie bisher, dem Mann belassen werden.4. Frauen dürfen nur solche Sludienzweige eröffnet werden, indenen sie ihre Eigenart zur Geltung bringen können; fürdiese weiblichen Studierenden sind besondere Akademien zugründen.5. Die Auswüchse der Mutterschaftsbewegung sind zu be-kämpfen.Die Mitglieder des Geschäftssührenden Ausschusses, an dessenSpitze ein Professor Dr. Sigismund- Weimar steht, sind in denweitesten Kreisen völlig unbekannt. Dem Aufruf haben sich u. a.angeschlossen Minister a. D. Matthias v. K ö l I e r und GeneralKeim— zwei waschechte Reaktionäre.Versammlungen— Veranstaltungen.Sechster KreiS. Die Genossinnen der 18. und 19. Ab-teilung veranstalten am Montag, den 10. Juni, im Nestau-rant von Schüßler,„Schloßpark Nicderschönhausen". ein Kaffee-kochen. Treffpunkt 2 Uhr: Prinzenallee Ecke Soldiner Straße.Spandau. Am Sonntag, den 9. Juni, findet ein von den organi-sierten Frauen veranstalteter FamilicnauSflug nach Restaurant„Weinmeistcrhorn", an der Scharfen Lanks, statt. Der Ab-marsch nach dort erfolgt nachmittag 2 Uhr vom Restanrant„Flora", Pichelsdorf« Str. 39, au». Für Nachzügler Motor-bootverbindungen ab Scharfe Lanke(Waldow), pro Person10 Pf._Hetzte JVacbrichten«Ter französische Senat über die Kriegsbereitschaft.Paris, 6. Juni. Im Senat wurde heute die Jnter-pellation betreffend die gesetzliche Organisation der nationalenVerteidigung, insbesondere die Frage der Regierungsweise in Frank-reich während eines Krieges verhandelt. Die Konstitution von 1875regelt diesen speziellen Punkt nicht. Kriegsminister Milleranderwiderte auf die Interpellation, es seien eine Reihe von Projektenseit längerer Zeit in Vorbereitung, um diese Frage zu regeln. Diegegenwärtige Regierung werde nichts verabsäumen, um allen künf-tigen Notwendigkeiten zu begegnen, und werds ihrer Pflicht voll«kommen genügen für den Fall, daß unglücklicherweise einKrieg ausbrechen sollte. Es sei unmöglich, Einzelheitendieser Projekte anzugeben, aber alles werde dem einen Gedankenuntergeordnet werden, Frankreich den Sieg um jeden Preis undmit allen Mitteln sicher zu stellen. Deshalb werde der militärischenAutorität uneingeschränkte Freiheit eingeräumt werden und jedeandere werde demgegenüber verschwinden.(Lebhafter Beifall.) DieDiskussion wurde alsdann geschloffen und eine Tagesordnung an-genommen, durch die die Erklärungen des Ministers gut-geheißen werden._Eine lästige Gesellschaft.Madrid, 6. Juni.(P. E.) Da die aus Portugal aus-gewanderten Rohali st en infolge ihrer MittellosigkeitSpanien lästig fallen, so beschäftigte sich heute der Minister-r a t mit der Frage, wie sie abzuschieben seien und beschloßsich dieserhalb mit der portugiesischen Regierung in Verbindungzu setzen._Italienische Äriegsführung.Benghasi, 6. Juni.(Meldung der Agenzia Stefan i.) Einlenkbares Luftschiff hat heute das feindliche Lager überflogen undmehrere Bomben hineingeschleudert, die alle imLager selbst explodiert sind.Tödlicher Absturz beim Probeflug..Hamburg. 6. Juni.(W. T. B.) Heute abend stürzte auf demFlugplatz Fulhsbüttel bei einem Probeflug für den über.morgen beginnenden Hamburger Flugwettbewerb derFlieger Gottlieb Rost ab und erlitt tödliche Verletzungen.Durch Blitzschlag verunglückt.Königsberg i. Pr.. 6. Juni.(W. T. B.) J» dem Neubau desKrüppelheims schlug heute nachmittag der Blitz ein. Durchden Schlag wurde das Gerüst zertrümmert und drei Ar-bester stürzten zwei Stockwerke tief herab. Sie erlitte« sämtlichschwere Verletzungen.Paul Singer& üO.,S3erIin SW. Hierzu 2 Beilagen u.UnterhaltungSbl.